BVwG W185 2103927-1

BVwGW185 2103927-15.5.2015

AsylG 2005 §5
BFA-VG §52
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8 Abs1
EMRK Art.8 Abs2
FPG §61
AsylG 2005 §5
BFA-VG §52
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.8 Abs1
EMRK Art.8 Abs2
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W185.2103927.1.00

 

Spruch:

W185 2103927-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.03.2015, Zl. 1045116204-140166761, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Beistellung einer Vertretung für das Beschwerdeverfahren wird gemäß

§ 52 BFA-VG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger aus Syrien, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte hier am 12.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine EURODAC-Abfrage hat ergeben, dass der Beschwerdeführer am 09.11.2014 in Italien erkennungsdienstlich behandelt wurde.

Am 18.11.2014 erfolgte eine Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Daten, seinem Gesundheitszustand sowie zu seiner Reiseroute befragt wurde. Diesbezüglich gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können und keine Medikamente zu benötigen. In Österreich befinde sich der Onkel des Beschwerdeführers, XXXX, als Asylwerber. Am 20.08.2014 sei der Beschwerdeführer legal mittels PKW in den Libanon gereist, von wo aus er mit einer Fähre legal in die Türkei gelangt sei. Von der Türkei sei der Beschwerdeführer schlepperunterstützt mit einem Schiff nach Libyen gelangt. Mit einem Schiff sei er schließlich nach Italien gelangt, wo ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Einen Asylantrag habe er in Italien nicht gestellt. In Italien habe er sich insgesamt eine Woche lang aufgehalten, davon zwei Tage in einem Flüchtlingslager.. Die italienischen Polizisten hätten dann gesagt, dass der Beschwerdeführer nun nach Österreich reisen könne. Er sei dann in der Folge mit dem Zug über Klagenfurt nach Wien gefahren. Sein Zielland sei immer Österreich gewesen, da sich hier sein Onkel aufhalten würde, welcher nur Gutes über Österreich erzählt habe. Italien sei ein sehr armes Land. Nach Italien zurückkehren wolle der Beschwerdeführer nicht; in Österreich befinde sich ja sein Onkel.

Das Bundesamt stellte am 19.11.2014 ein Aufnahmeersuchen gemäß Artikel 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge Dublin III-VO) an Italien. Mit Schreiben vom 23.01.2015 wies das Bundesamt die italienischen Behörden auf das Verstreichen der Antwortfrist und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Aufnahme des Beschwerdeführers hin.

Am 03.22.2015 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt im Beisein eines Rechtsberaters nach durchgeführter Rechtsberatung einvernommen. Hierbei gab der Beschwerdeführer an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die ihm gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Er sei gesund und müsse keine Medikamente einnehmen. Hinsichtlich seiner familiären Verhältnisse führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Onkel XXXX seit eineinhalb Jahren in Österreich lebe und bereits anerkannter Flüchtling sei. Ansonsten habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen in Österreich. Er lebe nicht in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. In Italien habe er nicht um Asyl angesucht. Zwei Tage sei er in einem Flüchtlingslager gewesen, vier Tage sei er "auf der Straße" gewesen. Nach Italien wolle er auf keinen Fall zurückkehren. Erst als er gesagt habe, "Italien ist gut, Italien ist die Nummer eins" habe er zu Essen bekommen. Sowohl die Behörden als auch die Bevölkerung in Italien sei ausländerfeindlich. Er sei sehr schlecht behandelt worden und habe gegen seinen Willen die Fingerabdrücke abgeben müssen. Die Behörden hätten ihn auch angelogen. Er sei beschimpft und erniedrigt worden; geschlagen worden sei er von der Polizei jedoch nicht. Der Rechtsberater verwies auf die schlechte Versorgungs- und Unterbringungssituation in Italien, auf die Zuständigkeit Italiens durch Verfristung sowie auf die verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.03.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

In dem genannten Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht an schweren psychischen Störungen und/oder an schweren oder ansteckenden Krankheiten leide. In Österreich befinde sich der volljährige Onkel des Beschwerdeführers. Eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe nicht. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Italien systematischen Misshandlungen bzw Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei bzw diese dort zu erwarten hätte.

Die Feststellungen zur Lage in Italien wurden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 8.1.2015, Statistik Anträge und Entscheidungen; Stand 19.12.2014 (relevant für Abschnitt 2/ Allgemeines zum Asylverfahren)

Die italienischen erstinstanzlichen Asylbehörden berichten für 2014 (bis 19. Dezember) von 64.194 Asylantragstellern.

Im selben Zeitraum gab es 35.723 Entscheidungen in Asylverfahren:

3.602 positiv, 7.976 Subschutz, 9.949 humanitärer Aufenthalt und 13.063 negativ oder unzulässig. 1.107 Antragsteller haben sich dem Verfahren entzogen.

(VB 23.12.2014)

Quellen:

VB des BM.I Italien (23.12.2014): Auskunft des VB, per E-Mail

KI vom 15.12.2014, Statistik Anträge und Entscheidungen; Stand 5.12.2014 (relevant für Abschnitt 2/ Allgemeines zum Asylverfahren)

Die italienischen erstinstanzlichen Asylbehörden berichten für 2014 (bis 5. Dezember) von 61.152 Asylantragstellern.

Im selben Zeitraum gab es 33.294 Entscheidungen in Asylverfahren:

3.492 positiv, 7.268 Subschutz, 9.136 humanitärer Aufenthalt und

12.317 negativ oder unzulässig. 1.056 Antragsteller haben sich dem Verfahren entzogen.

(VB 15.12.2014)

Quellen:

VB des BM.I Italien (15.12.2014): Auskunft des VB, per E-Mail

KI vom 13.11.2014, Statistik Anträge und Entscheidungen; Stand 7.11.2014 (relevant für Abschnitt 2/ Allgemeines zum Asylverfahren)

Die italienischen erstinstanzlichen Asylbehörden berichten für 2014 (bis 7. November) von 54.775 Asylantragstellern. Das ist zum Stand 31. Oktober (53.063) eine Zunahme von 1.712 Antragstellern.

Im selben Zeitraum gab es 30.463 Entscheidungen in Asylverfahren:

3.281 positiv, 6.837 Subschutz, 8.534 humanitärer Aufenthalt und

10.828 negativ oder unzulässig. 964 Antragsteller haben sich dem Verfahren entzogen.

(VB 12.11.2014)

Quellen:

VB des BM.I Italien (12.11.2014): Auskunft des VB, per E-Mail

KI vom 11.11.2014, Statistik Anträge und Entscheidungen 2014 (relevant für Abschnitt 2/ Allgemeines zum Asylverfahren)

Die italienischen erstinstanzlichen Asylbehörden berichten für 2014 (bis 31. Oktober) von 53.063 Asylantragstellern. In der Statistik mit Stand 10.10. (siehe KI vom 20.10.) waren es noch 47.130.

Im selben Zeitraum gab es 29.543 Entscheidungen in Asylverfahren:

3.245 positiv, 6.498 Subschutz, 8.279 humanitärer Aufenthalt und

10.552 negativ oder unzulässig. 950 Antragsteller haben sich dem Verfahren entzogen.

(VB 11.11.2014)

Quellen:

VB des BM.I Italien (11.11.2014): Auskunft des VB, per E-Mail

KI vom 20.10.2014, Statistik Anträge und Entscheidungen 2014 (relevant für Abschnitt 2/ Allgemeines zum Asylverfahren)

Die italienischen erstinstanzlichen Asylbehörden berichten für 2014 (bis 10. Oktober) von 47.130 Asylantragstellern.

Im selben Zeitraum gab es 27.293 Entscheidungen in Asylverfahren:

3.079 positiv, 6.060 Subschutz, 7.789 humanitärer Aufenthalt und

9.564 negativ oder unzulässig. 885 Antragsteller haben sich dem Verfahren entzogen.

(VB 16.10.2014)

Quellen:

VB des BM.I Italien (16.10.2014): Auskunft des VB, per E-Mail

Allgemeines zum Asylverfahren

Antragsteller

2012

Italien 15.715

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 22.3.2013)

Antragsteller

2013

Italien 27.930

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 24.3.2014)

Erstinstanzliche Entscheidungen 2013 Gesamt Flüchtlings-status Subsidiärer Schutz Humanitäre Gründen NEGATIV

25.245 3.110 5.550 7.525 9.060

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 24.3.2014)

Kürzlich vorgenommene Änderungen im italienischen Asylsystem betreffen zum einen die Übernahme in nationales Recht der Neufassung der EU-QualifikationsRL (2011/95/EU). Dadurch wurden mehr Schutzvorkehrungen für UMA getroffen, die Aufenthaltsgenehmigung für subsidiär Schutzberechtigte wurde jener von Flüchtlingen angeglichen und auf 5 Jahre erhöht und Subschutzberechtigte erhielten mehr Rechte, speziell im Bereich Familienzusammenführung. Für das nationale Unterbringungssystem SPRAR wurde eine Aufstockung der Kapazität von momentan 13.020 auf bis zu 20.000 Plätze bis 2016 beschlossen (AIDA 4.2014).

Asylanträge sollen binnen 8 Tagen eingebracht werden, eine "verspätete" Antragsstellung hat aber keine negativen Auswirkungen auf das Verfahren.

Asylanträge können in jeder Grenzpolizeidienststelle, die den AW dann zum zuständigen lokalen Polizeipräsidium (Questura) weiterleitet, oder gleich bei der Questura gestellt werden. Für Reisekosten von der Grenze zur zuständigen Questura kommt der Staat nicht auf, aber NGOs helfen oft aus. Bei Antragstellung in einer Questura muss, im Gegensatz zur Antragstellung an der Grenze, eine Wohnadresse angegeben werden. In Rom genügt eine Bestätigung einer NGO, in anderen Städten ist eine Meldebestätigung erforderlich. [zu Unterbringung siehe das gleichnamige Kap. 6.1., Anm.] In der Questura erfolgt die formale Registrierung des Antrags (Verbalizzazione) und erkennungsdienstliche Behandlung (Fotografieren, Fingerabdrücke nehmen; sogenanntes Fotosegnalamento). Normalerweise erfolgen Fotosegnalamento und Verbalizzazione gleichzeitig. In großen Städten können jedoch einige Wochen zwischen diesen beiden Formalakten vergehen. Das kann zu Schwierigkeiten für die betroffenen AW führen, die in dieser Zeit keinen Zugang zum Unterbringungs- und Gesundheitssystem haben (außer in Fällen der medizinischen Notversorgung). Es gab zuletzt aber Bemühungen etwas gegen diese Verzögerung zu unternehmen (AIDA 4.2014).

In der Questura wird auch abgeklärt, ob Italien gemäß Dublin-VO für das Asylverfahren zuständig ist. Für das inhaltliche Verfahren zuständig sind die 10 über das ganze Land verteilten Territorialkommissionen (Commissioni Territoriali per il Riconoscimento della Protezione Internazionale), welche dem Innenministerium unterstehen. Vor der zuständigen Territorialkommission hat binnen 30 Tagen ein inhaltliches Interview zu erfolgen und binnen weiterer 3 Tage sollte eine Entscheidung fallen. In der Praxis dauert das Verfahren aber normalerweise einige Monate. Es gibt kein beschleunigtes und auch kein Grenzverfahren. Unter bestimmten Bedingungen können Anträge im prioritären Verfahren behandelt werden, das dann kürzer ist. Dies betrifft offensichtlich begründete Anträge; vulnerable Antragsteller; Anträge aus Abschiebezentren (CIE) heraus; Anträge aus CARA (außer die Unterbringung dient der Identitätsfeststellung); usw. Dann muss die Befragung innerhalb von 7 Tagen durchgeführt werden. Die Entscheidung hat dann nach max. 2 Tagen zu erfolgen. Meistens wird das prioritäre Verfahren bei Personen in CIE angewendet (AIDA 4.2014).

Beschwerdemöglichkeiten

Eine Beschwerde muss innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt der negativen Entscheidung (binnen 15 Tagen wenn der AW in einem CARA oder CIE untergebracht wurde) von einem Anwalt beim zuständigen Gericht eingebracht werden.

Das Gericht soll binnen 3 Monaten entscheiden, in der Praxis dauert es aber ca. 6 Monate. Die Beschwerde hat automatisch aufschiebende Wirkung. Keine automatische aufschiebende Wirkung ist gegeben bei Beschwerden gegen offensichtlich unbegründete oder unzulässige Anträge; wenn der AW in einem CARA untergebracht wurde weil er beim illegalen Grenzübertritt oder beim illegalen Aufenthalt betreten worden ist; wenn das CARA ohne rechtfertigenden Grund verlassen wurde. In diesen Fällen kann die aufschiebende Wirkung bei Gericht beantragt werden.

Wird die Beschwerde abgewiesen, ist binnen 10 Tagen Beschwerde vor dem Appellationsgericht möglich (Entscheidungsdauer lt. Gesetz: 3 Monate; in der Praxis: ca. 5 Monate). Diese Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, es ist aber möglich eine solche aufgrund wohlbegründeten ad hoc-Antrags des AW zu gewähren. Wird auch diese Beschwerde abgewiesen, ist binnen 30 Tagen eine kassatorische Beschwerde an das höchste Appellationsgericht möglich (AIDA 4.2014).

AW haben das Recht auf rechtliche Beratung und Vertretung, müssen diese aber selbst finanzieren. In der Regel erhalten AW Beratung/Rechtsbeistand über NGOs, was aber von deren Finanzierungslage abhängig ist. Lediglich in der Beschwerdephase ist ein Recht auf kostenfreie staatliche Rechtsbeihilfe (gratuito patrocinio) vorgesehen, wenn finanzielle Bedürftigkeit vorliegt. Diese kann durch eine Selbstdeklaration nachgewiesen werden. Berichten zufolge soll es in der Stadt Rom diesbezüglich Schwierigkeiten mit der Anwaltskammer geben (AIDA 4.2014).

Folgeanträge

Folgeanträge sind zulässig, wenn sie neue Elemente enthalten. Um festzustellen ob das der Fall ist, nimmt die zuständige Territorialkommission eine entsprechende Bewertung vor, ohne die neuen Elemente inhaltlich zu prüfen. Wird der Folgeantrag nicht zugelassen, ist eine Beschwerde möglich. Diese hat keine aufschiebende Wirkung, es ist aber möglich sie zu beantragen (Entscheidung soll binnen 5 Tagen fallen). Ansonsten gelten für Folgeanträge dieselben Bestimmungen wie im ordentlichen Verfahren. Folgeantragsteller haben dieselben rechtlichen Garantien, können in CARA untergebracht werden und haben im Beschwerdeverfahren die Möglichkeit auf kostenfreie Rechtshilfe (AIDA 4.2014). Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

Eurostat (24.3.2014): Pressemitteilung 46/2014, http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/3-24032014-AP/EN/3-24032014-AP-EN.PDF , Zugriff 24.6.2014

Eurostat (22.3.2013): Pressemitteilung 48/2013, http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/3-22032013-BP/DE/3-22032013-BP-DE.PDF , Zugriff 24.6.2014

Dublin-Rückkehrer

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen am Flughafen Fiumicino in Rom, einige auch am Flughafen Malpensa in Mailand. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist welche Questura für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab.

Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in IT gestellt hat, kann er dies tun wie jeder andere auch.

Ist das Verfahren des AW noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere AW.

Hat er beim ersten Aufenthalt in Italien eine negative Entscheidung erhalten und dagegen keine Beschwerde eingelegt, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE gebracht werden.

Wurde das Verfahren des Rückkehrers negativ entschieden, dieser aber nicht informiert (weil er etwa schon weg war), kann er Beschwerde einlegen.

Hat der AW Italien vor seinem persönlichen Interview verlassen und erging folglich eine negative Entscheidung, kann der Rückkehrer ein neues Interview beantragen (AIDA 4.2014).

Die Oberverwaltungsgerichte Rheinland-Pfalz bzw. Nordrhein-Westfalen haben judiziert (OVG RP, 21.02.2014, 10 A 10656/13.OVG <5563063>; OVG NW, 07.03.2014 - 1 A 21/12.A <5462775>), dass nach der EuGH-Rechtsprechung von der Rückführung in den nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat grundsätzlich nur dann abgesehen werden muss, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen dort an systemischen Mängeln leiden und der Asylbewerber deshalb ernsthaft Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Zwar ist das italienische Asylsystem insbesondere mit den hohen Antragszahlen der Jahre 2008 und 2011 überfordert gewesen und hat noch immer Mängel. Dabei handelt es sich aber nicht um solche systemischer Art. Zum einen hilft Italien den mangelhaften Zuständen ab, so dass sich die Situation in bestimmten Bereichen verbessert hat. Zum anderen sind die Defizite nicht flächendeckend, sondern nur punktuell unzureichend. Das Asyl- und Aufnahmesystem ist mithin nicht faktisch außer Kraft gesetzt. Systemische Mängel ergeben sich auch nicht für Personen, denen bereits ein Schutzstatus zugesprochen wurde. Nach Ausstellung der Aufenthaltsberechtigung sind sie italienischen Staatsangehörigen beim Zugang zu Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem gleichgestellt. Im Vergleich zu Deutschland bedeutend schlechtere Fürsorgeleistungen begründen keinen Anspruch auf Aufenthalt in der Bundesrepublik. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe vorliegen (BAMF 12.5.2014)

Landesweit stehen ausreichende öffentliche und karitative Unterkunftsmöglichkeiten - bei teilweise lokaler Überbelegung - sowie staatliche bzw. nichtstaatliche Unterstützung einschließlich medizinischer Versorgung bereit. Zudem haben Asylsuchende und Flüchtlinge eine reale Chance, ihre Rechte zeitnah bei Gericht durchzusetzen. Zunehmendes Betteln, insbesondere in Großstädten, lässt sich auf die Hoffnung zusätzlicher Einkünfte zurückführen. Dass keine systemischen Mängel der Aufnahmebedingungen vorliegen, wird durch den EGMR bestätigt (OVG ST, 18.11.2013 - 4 L 44/13 <5521465>). Die prekäre Situation Asylsuchender in besetzten Häusern in Rom, Mailand, Florenz und Turin muss nicht auf landesweit fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten beruhen. Sie kann, wie die Schweizer Flüchtlingshilfe anführt, auch daran liegen, dass die staatlichen Unterbringungszentren auf Sizilien und in Unteritalien verlassen wurden, weil der Aufenthalt in Rom oder in großen Städten Norditaliens attraktiver erschien. Etwaige kurzfristige Überforderungen lokaler Unterbringungskapazitäten begründen keinen Mangel des gesamten Systems. Systemische Mängel sind auch nicht festzustellen bei der Unterbringung der Dublin-Rückkehrer, die bereits einen Asylantrag in Italien gestellt haben und deren Verfahren seit über sechs Monaten läuft. Zudem geht mittlerweile auch der UNHCR davon aus, dass Italien die Entwicklung des Flüchtlingsaufkommens - im Gegensatz zu Griechenland - nicht tatenlos hingenommen hat, sondern die Anzahl der Unterbringungsplätze temporär deutlich erhöht und das Aufnahmesystem insgesamt verbessert hat. Die italienische Regierung realisierte in den letzten Jahren Strukturveränderungen im Asylverfahren auch für Dublin-Rückkehrer. So wurden speziell für sie temporäre Aufnahmezentren geschaffen, in denen vor allem besonders schutzbedürftige Personen untergebracht werden können, bis eine andere Unterbringungsmöglichkeit gefunden ist (VG Hannover, U.v. 13.09.2013) (BAMF 16.1.2014). Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.5.2014):

Entscheiderbrief 5/2014

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (16.1.2014):

Entscheiderbrief 1/2014

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Bei Zweifeln über das Alter eines Antragstellers kann jederzeit eine medizinische Altersfeststellung durchgeführt werden. Die Zustimmung dazu muss eingeholt werden. Eine Verweigerung derselben hat keine negativen Auswirkungen auf das Verfahren. Zu den anzuwendenden Methoden gibt es keine spezifischen Vorgaben, außer dass sie nicht invasiv sein sollen und bevorzugt in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen mit pädiatrischen Abteilungen durchgeführt werden sollen. Meist werden Röntgenbilder verwendet. Im Zweifel ist die Minderjährigkeit anzunehmen (AIDA 4.2014 vgl. auch UN 21.5.2013).

Stellt ein unbegleiteter Minderjähriger einen Asylantrag wird das Verfahren sofort suspendiert und das Jugendgericht (Tribunale per i minorenni) und der Vormundschaftsrichter (Giudice tutelare) informiert. Letzterer soll binnen 48 Stunden einen Vormund ernennen, welcher dann bei der Questura die Wiederaufnahme des Verfahrens bewirkt und die Maßnahmen zur Unterbringung und Versorgung des UMA überwacht. Die 48-Stunden-Regel wird kaum eingehalten, sondern es dauert eher Wochen. Der Vormund kümmert sich während des gesamten Verfahrens um den UMA, im Falle einer negativen Entscheidung auch darüber hinaus. Vor allem während des Interviews ist seine Anwesenheit unerlässlich.

Beschwerden gegen negative Entscheidungen sind selten, weil entweder ein anderer Schutztitel oder eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 18. Geburtstag gewährt wurde.

Der Vormund ist für das Wohlergehen des Kindes verantwortlich. In der Praxis ist es eher so, dass die Vormünder viele Personen zu betreuen haben und daher ihre Schützlinge nur bei der formalen Registrierung des Asylantrags und dann beim Interview treffen, was gesetzlich unbedingt verlangt ist. Auch die Ernennung eines freiwilligen Vormunds ist möglich, wird aber nicht oft angewendet (AIDA 4.2014).

In Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen werden die zuständigen Justizbehörden und die lokalen Sozialdienste immer über die Anwesenheit von Minderjährigen informiert und diese dann an sichere Orte gebracht. Zusätzlich zur Hilfe durch NGOs während der polizeilichen Überprüfungen gibt es bei unbegleiteten Minderjährigen einen ersten Kontakt mit Psychologen und Mediatoren.

Bei Minderjährigen in Begleitung von Erwachsenen, die keine Verwandtschaft beweisen können, sehen die Bestimmungen wiederum die Einbeziehung von NGOs vor, die mit der Hilfe von Übersetzern, Mediatoren und Psychologen die Existenz eines Verwandtschaftsverhältnisses feststellen. Liegt ein solches vor, werden Minderjährige und Begleitperson im Verfahren nicht getrennt. Ansonsten werden sie getrennt und wird der Minderjährige wie ein unbegleiteter Minderjähriger behandelt.

UMA werden wie oben beschrieben behandelt und dieselben Mechanismen angewandt um einen Platz in einer adäquaten Fürsorgeeinrichtung zu finden. (UN 21.5.2013)

In den SPRAR-Zentren wird bei Überstellung eines vulnerablen Antragstellers dessen genauer Bedarf festgestellt. Unbegleitete Minderjährige dürfen nicht in CARA untergebracht werden. Behauptet ein in einem CARA Untergebrachter, minderjährig zu sein, muss eine Altersfeststellung durchgeführt werden. Ist er tatsächlich minderjährig muss er in eine SPRAR-Einrichtung überstellt werden. Ist dort kein Platz frei, ist Unterbringung in einem Kinderheim möglich. In der Praxis kann es aber passieren, dass ein Vulnerabler in einem CARA bleiben muss, weil die Kapazitäten im SPRAR fehlen (AIDA 4.2014).

In den CARA werden Vulnerable identifiziert und angemessene Initiativen zu deren Unterstützung werden umgesetzt. Adäquate Unterbringung wird garantiert.

UMA werden in speziellen Einrichtungen untergebracht und es werden individuelle Erziehungslösungen gesucht - entweder in Schulen oder in Berufsausbildung. Jedenfalls sind alle minderjährigen Fremden wie ital. Minderjährige zum Besuch des ital. Pflichtschulsystems berechtigt. (CoE 18.9.2012)

Von den ital. Behörden wurde zugesichert, dass die vulnerablen Fälle (z.B. Minderjährige, Kranke, alleinstehende Mütter) bei der Zuweisung eines Platzes in ein SPRAR-Zentrum bevorzugt würden und keiner von ihnen das Verfahren in einem CARA-Zentrum abwarten müsse. (VB 9.10.2013)

Familien mit beiden Elternteilen gelten in Italien (anders als Ein-Eltern-Familien) nicht als vulnerabel. Das allgemeine Kinderschutz-Recht in Italien, verlangt zwar, dass jedes Kind untergebracht werden muss. Es besteht aber kein Anspruch, zusammen mit den Eltern untergebracht zu werden. Dies führt angeblich oft zu Familientrennungen, vor allem in Mailand, was viele veranlasse staatliche Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen oder gar nicht erst zu suchen. (SFH 10.2013)

Seit Juni 2012 existiert eine Kooperation der Verbindungsbeamten Österreichs und Deutschlands, bezüglich der Dublin-Rücküberstellung Minderjähriger nach Italien.

Die deutsche Verbindungsbeamtin für Asylfragen, welche direkt in der Dublinabteilung im italienischen Innenministerium ihren Sitz hat, hat sich bereit erklärt, in Einzelfällen bei der Abholung von unbegleiteten Minderjährigen behilflich zu sein. Dies geschieht in dem Rahmen, dass sie die zuständigen NGOs, welche die Betreuung und Abholung der unbegleiteten Minderjährigen vom Flughafen durchführen, kontaktiert und die Ankunftszeiten und Personendaten bekanntgibt. Am Tag der Abholung wird sie dann durch die jeweilige NGO informiert, dass die Übernahme geklappt hat und meldet dies per E-Mail an das BFA weiter. Seit Bestehen dieser Kooperation gab es nicht mehr als 4 derartige Fälle. (VB 13.3.2013) Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

CoE - Council of Europe (18.9.2012): Commissioner for Human Rights:

Comments by the Italian Authorities on the Commissioner for Human Rights- Report on Italy,

http://www.refworld.org/docid/5058423c2.html , 24.6.2014

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (10.2013): Italien:

Aufnahmebedingungen. Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1382438928_1310-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen.pdf , Zugriff 24.6.2014

UN Human Rights Council (21.5.2013): Report by the Special Rapporteur on the human rights of migrants, François Crépeau.

Addendum. Mission to Italy: Comments by the State on the report of the Special Rapporteur,

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/A-HRC-23-46-Add6_en.pdf , Zugriff 24.6.2014

VB des BM.I Italien (13.3.2013): Auskunft des VB, per E-Mail

VB des BM.I Italien (9.10.2013): Auskunft des VB, per E-Mail

Non-Refoulement

Grundsätzlich bietet Italien Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. Einige NGOs äußern hier aber Kritik im Zusammenhang mit italienischen Terrorismusgesetzen (USDOS 27.2.2014).

Bereits 2012 und 2013 gab es Berichte, dass in den Adriahäfen Ancona, Bari, Brindisi oder Venedig (sogen. "offizielle Grenzpunkte") direkte und informelle Rückschiebungen von Italien nach Griechenland stattfinden. Es gab Kritik bezüglich eines mangelhaften Screenings der illegal Ankommenden nach Schutzbedürftigen und unbegleiteten Minderjährigen. (vgl. Pro Asyl 7.2012 / HRW 1.2013 / UN 30.4.2013) Italien entgegnete, dass an allen Grenzübergängen volle Information und Hilfe für alle garantiert sei, die Anrecht auf Schutz haben, auch wenn sie zur Einreise nach Italien nicht berechtigt seien. Entlang der Adriaküste arbeiten die Büros der Grenzpolizei eng mit NGOs zusammen. Das beinhalte auch sprachliche und kulturelle Mediation. Das Recht einen Asylantrag zu stellen existiere an allen Grenzübergängen in ganz Italien. Unbegleitete Minderjährige würden sofort auf dem ital. Territorium zugelassen und spezialisierten Fürsorgeeinrichtungen anvertraut. (UN 21.5.2013)

Die ital. NGO Medici per I Diritti Umani (MEDU) erneuerte in ihrem Bericht von November 2013 die og. Kritik. Zufolge Daten des ital. Innenministeriums seien 2012 1.809 Migranten in den genannten Adriahäfen bei der illegalen Einreise betreten worden, von denen 90% im Rahmen des bilateralen Rückübernahmeabkommens zwischen Italien und Griechenland von 1999 zurückgeschickt worden seien. Aus den Aussagen betroffener Migranten destillierte MEDU, dass 66 Betroffene, zumeist Syrer und Afghanen, insgesamt 102 Mal zurückgeschickt wurden, davon hätten 49 Fälle im Jahre 2013 stattgefunden und 26 Fälle unbegleitete Minderjährige betroffen. Kritisiert wird unter anderem, dass die Betroffen kaum Zugang zu Dolmetschern bzw. den in den Häfen präsenten NGOs hätten; die Rückschiebungen summarischen Charakter hätten, die Migranten ohne Formalitäten (und damit ohne Beschwerdemöglichkeit) auf derselben Fähre wieder zurückgebracht würden auf der sie ankamen und dass die Migranten oft keine Chance hätten einen Asylantrag zu stellen bzw. ihren Status als Minderjährige vorzubringen (MEDU 11.2013).

Ende März 2014 hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren u.a. gegen Italien wegen des möglichen Refoulements syrischer Flüchtlinge eröffnet. Als erster Schritt im Vertragsverletzungsverfahren wurde eine Letter of formal notice an das Land geschickt, in der dieses aufgefordert wird, seine Sicht der Dinge zu präsentieren. (ECRE 4.4.2014) Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

ECRE - European Council on Refugees and Exiles: Weekly Bulletin 4 April 2014, per E-Mail

MEDU - Medici per I Diritti Umani (11.2013): Unsafe Harbours. The Readmissions to Greece from Italian Ports and the Violations of the Migrants' basic Human Rights,

http://www.mediciperidirittiumani.org/pdf/UNSAFE_HARBOURS_Summary_2013.pdf , Zugriff 24.6.2014

USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Italy,

https://www.ecoi.net/local_link/270737/400847_de.html , Zugriff 24.6.2014

Versorgung

Unterbringung

AW mit mangelnden finanziellen Mitteln haben das Recht auf Unterbringung. Diese Bedürftigkeit bestätigen sie mittels Selbstdeklaration, die nicht nachgeprüft wird. AW müssen die Unterkunft bei Asylantragstellung auf der Questura gleich mitbeantragen (ad hoc-Obdachlosigkeitserklärung). Die Questura leitet diesen Antrag an die Präfektur weiter, welche für die Verwaltung der lokalen Unterbringungsplätze verantwortlich ist. Obwohl die Berechtigung zur Unterbringung bereits mit dem Fotosegnalamento entsteht, kann es in der Praxis vorkommen, dass der tatsächliche Zugang erst mit der Verbalizzazione entsteht, also vor allem in den großen Städten mitunter Wochen oder Monate später. Aber hier kommt es stark auf die Region und die Antragszahlen an. In dieser Zeit sind die AW Berichten zufolge auf private Möglichkeiten angewiesen, also Freunde, Notunterkünfte oder Obdachlosigkeit.

Die für die Unterbringung zuständige Präfektur hat zwei Hauptmöglichkeiten AW unterzubringen: im CARA oder im SPRAR-System (AIDA 4.2014).

Die landesweit unterschiedlichen Standards in den Unterbringungszentren werden kritisiert (USDOS 27.2.2014, vgl. auch AIDA 4.2014).

SPRAR

Das Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati (SPRAR) ist das staatlich finanzierte, lokal in kleinen Strukturen organisierte System der Zweitunterbringung von Asylwerbern und Schutzberechtigten in Italien. Neben Unterkunft werden auch Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen bereitgestellt. Die Dauer der Unterbringung liegt in der Regel bei 6 bis 12 Monaten. Das SPRAR-System verfügt über insgesamt 13.020 Plätze in ca. 456 Aufnahmeprojekten, wovon 57 UMA vorbehalten und weitere 32 für geistig beeinträchtigte oder behinderte Personen reserviert sind. 75% der SPRAR-Unterbringungen sind Wohnungen. Es wurde 2013 gesetzlich beschlossen, die Kapazität des SPRAR im Zeitraum 2014-2016 auf bis zu 20.000 Plätze aufzustocken (AIDA 04.2014). SPRAR-Zentren bieten laut Gesetz Übersetzung und sprachlich-kulturelle Vermittlung, Rechtsberatung, Krankenversorgung, sozial-psychologische Unterstützung insbesondere schutzbedürftiger Personen, Integrationsberatung, Beratung zur freiwilligen Rückkehr und Informationen über Freizeitaktivitäten. Untergebrachte im SPRAR-System erhalten ein Taschengeld, das regional unterschiedlich ausfällt (EUR 1,50/Tag im Süden, bis zu EUR 2,- im Norden) (AIDA 4.2014).

CARA

Centri d'Accoglienza Richiedenti Asilo (CARA) sind Aufnahmezentren für Asylwerber. Die Unterbringung in CARA ist vorgesehen, wenn die Identität eines AW überprüft werden muss (max. 20 Tage Aufenthalt) bzw. bei Antragstellung z.B. nach Aufgriff nach illegaler Einreise (max. 35 Tage Aufenthalt). Ist in den SPRAR kein Platz verfügbar, können aber alle AW in den CARA untergebracht werden. Der tatsächliche Unterbringungszeitraum liegt jedoch in der Regel bei 6 Monaten und mehr, da die Asylverfahren so lange dauern und auch in der Beschwerdephase ein Recht auf Unterbringung besteht. Eine Überstellung in SPRAR-Unterkünfte erfolgt nach vorhandener Kapazität und der Dringlichkeit bzw. Vulnerabilität der Fälle (AIDA 4.2014). Es gibt ca. 7.866 Plätze in den 10 CARA Italiens, die zurzeit regional unterschiedlich verteilt ca. 9.600 AW beherbergen sollen. Folglich kämpfen einige CARA mit Überbelegung. CARA bieten grundlegende Versorgung mit Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Basisinformationen inkl. rechtlicher Beratung und medizinische Notfallbehandlung. Jeder AW erhält EUR 2,50 Taschengeld pro Tag. Das Leistungsspektrum in CARA ist regional unterschiedlich. Es sollen darunter auch Zentren sein, die ungenügende rechtliche bzw. psychosoziale Beratung bieten (AIDA 4.2014).

Wenn ein Asylverfahren nach sechs Monaten nicht abgeschlossen ist, haben AW das Recht zu arbeiten. Wenn sie tatsächlich arbeiten, müssen sie zu den Kosten ihrer Unterbringung etwas beitragen. In einem etwaigen Beschwerdeverfahren haben AW mit Arbeitserlaubnis kein Recht mehr auf Unterbringung (AIDA 4.2014). Italien geht ab diesem Zeitpunkt davon aus, dass sie für sich selbst sorgen können. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise sei es laut SFH aber fast unmöglich Arbeit zu finden um eine Wohnung zu mieten und die Existenz zu sichern (SFH 10.2013).

Ist kein Platz für einen AW in einer der beiden Strukturen vorhanden, wäre eigentlich ein Taggeld vorgesehen. In der Praxis wird dieses aber nicht ausbezahlt, sondern der AW trotzdem untergebracht und eine gewisse Überbelegung in Kauf genommen (AIDA 4.2014).

Es gibt Berichte über Fälle, vor allem in den großen Städten, in denen AW in selbstorganisierten Behausungen leben sollen. Als Beispiel wird der sogenannte "Salam-Palace" in Rom genannt, ein leerstehendes Gebäude, in dem angeblich ca. 800 Ostafrikaner leben (AIDA 4.2014). NGOs sprechen von insgesamt 7 solcher Gebäude in Rom mit hunderten Bewohnern (USDOS 27.2.2014) Angeblich ziehen manche Betroffene dies wegen der strengen Regeln der staatlichen oder kirchlichen Unterkünfte, die sich oft auch in entlegenen Gegenden befinden, bewusst der offiziellen Unterbringung vor. Für die meisten sollen mangelnde Aussichten auf einen offiziellen Unterbringungspatz ausschlaggebend sein. In Mailand werden Hausbesetzungen angeblich weniger toleriert, doch soll es ein Areal von besetzten Bahnhofsgebäuden und ein besetztes Spitalgebäude geben (SFH 10.2013).

AW können in CARA auf dem gesamten italienischen Territorium untergebracht werden. Oft aber weigern sich Betroffene abseits großer Städte untergebracht zu werden und bleiben lieber außerhalb des CARA-Systems (AIDA 4.2014).

Gemeindeunterkünfte

Sowohl die Gemeinde Rom, als auch die Gemeinde Mailand betreiben Informationsschalter, wo sie Unterkunftsplätze auf Gemeindeebene vermitteln. In Rom gibt es 1.300 Plätze (darunter auch die örtlichen SPRAR-Plätze), die Wartezeit soll mind. drei Monate betragen. Häufig sind es nur nachts geöffnete Notschlafplätze. Die Aufenthaltsdauer beträgt sechs bis zwölf Monate. Die Gemeinde Mailand betreibt 400 Plätze des Morcone-Systems (sogen. Centri polifunzionali). Da es in Mailand keine CARA gibt, bilden sie dort die Erstaufnahme. AW können dort zehn Monate lang unterkommen. Die Zentren für Männer sind nur nachts geöffnet. Keinen Zugang hat, wer schon in einem SPRAR-Projekt war (SFH 10.2013).

NGOs

Kirchliche und andere NGOs bieten zusätzlich Notschlafstellen an. Zudem gibt es städtische Notschlafstellen für Obdachlose. Diese Angebote sind nicht spezifisch für Asylwerber und Schutzberechtigte vorgesehen, stehen ihnen aber offen. Aufgrund der starken Fragmentierung des Systems und fehlender Koordination zwischen den einzelnen Akteuren ist es unmöglich, einen Überblick über die gesamte Anzahl an Angeboten und Plätzen zu erhalten. Jedenfalls sind die Kapazitäten beschränkt. Es gibt am Hauptbahnhof Mailand eine Notschlafstelle, die in Zusammenarbeit der Gemeinde Mailand und einer NGO geführt wird. Während der Wintermonate führt die Gemeinde Mailand zusätzliche Notschlafstellen für sämtliche Obdachlose (Italiener und Ausländer). Im Winter 2011/2012 wurden dort 2.506 Personen aufgenommen, davon waren 31% AW oder Schutzberechtigte. Generell sind die staatlichen Notschlafstellen in Mailand für Männer vorgesehen, Frauen können eher in den kirchlichen Strukturen unterkommen. Für Mütter mit Kindern gibt es in Mailand drei Einrichtungen mit insgesamt circa 65 Plätzen. Da die Gemeindeunterkünfte für Männer in Mailand nur nachts geöffnet sind, bieten die NGOs Naga und Asnada tagsüber verschiedene Freizeitaktivitäten, Sprachkurse und Beratung an (SFH 10.2013).

Abgesehen von den staatlichen Unterbringungsmöglichkeiten existiert noch ein Netzwerk privater oder kirchlicher Unterbringungen. Zahlen oder Gesamtkapazitäten sind schwierig festzumachen. Sie erfüllen aber eine wichtige Funktion bei der Unterbringung von Notfällen oder Familien (AIDA 4.2014).

Außer diesen Unterbringungsmöglichkeiten sind noch die Schubhaftkapazitäten Italiens zu erwähnen:

CIE

In den Identifikations- und Abschiebezentren (Centri d'Identificazione ed Espulsione, CIE) werden in der Regel Fremde untergebracht, die außer Landes gebracht werden sollen. Die maximale Aufenthaltsdauer liegt bei 18 Monaten, durchschnittlich liegt sie laut italienischem Innenministerium bei 38 Tagen.

2013 waren gesamt 6.016 Migranten in CIE inhaftiert. AW dürfen in Italien nicht wegen Asylantragstellung inhaftiert werden. Ebenso dürfen Kinder nicht inhaftiert werden, es sei denn zusammen mit Familienangehörigen, was aber selten vorkommen soll (AIDA 4.2014).

Stellt ein Fremder in einem CIE einen ersten Asylantrag hat das auf die Außerlandesbringung grundsätzlich aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über den Antrag (UN 30.4.2013).

In Italien sind momentan 5 CIE mit einer Maximalkapazität von 1.828 Plätzen operativ (7 weitere sind temporär geschlossen). Mit 19.3.2014 waren in diesen 5 Zentren genau 367 Personen inhaftiert (AIDA 4.2014).

Die Bedingungen in den CIE sind regional unterschiedlich, sollen Berichten zufolge aus Finanzierungsmangel aber eher schlecht sein (AIDA 4.2014). Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (10.2013): Italien:

Aufnahmebedingungen. Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1382438928_1310-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen.pdf , Zugriff 24.6.2014

UN Human Rights Council (30.4.2013): Report by the Special Rapporteur on the human rights of migrants, François Crépeau. Addendum. Mission to Italy (29.9-8.10.2012), http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/A-HRC-23-46-Add3_en.pdf , Zugriff 24.6.2014

USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Italy,

https://www.ecoi.net/local_link/270737/400847_de.html , Zugriff 24.6.2014

Dublin-Rückkehrer

Als größtes Problem für Rückkehrer wird die Unterbringungssituation betrachtet. Dublin-Rückkehrer, die zuvor in Italien nicht untergebracht waren, haben bei Rückkehr Zugang zu Unterbringung. Eine Aussage darüber, wie lange es dauert bis auch tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich.

Rückkehrer, die bereits untergebracht waren, haben zum Teil bereits abgeschlossene Verfahren in Italien und gelten somit bei Rückkehr nicht als AW und sind zur Unterbringung in CARA nicht mehr berechtigt (AIDA 4.2014). Außerdem verliert ein AW, der dem Unterbringungszentrum ohne Genehmigung fernbleibt, seinen Platz und bekommt diesen während der ersten sechs Monate nicht wieder zurück (SFH 5.2011).

Rückkehrer, die bereits einen Schutzstatus in Italien haben, und zuvor bereits in CARA untergebracht waren, haben bei Rückkehr kein Recht mehr auf Unterbringung dort. Wenn allerdings Plätze in CARA frei sind, können sie dennoch untergebracht werden, während sie versuchen ihre Aufenthaltserlaubnis zu erneuern (AIDA 4.2014).

Laut SFH machen Dublin-Rücküberstellte nur einen kleinen Teil der im SPRAR Untergebrachten aus (SFH 10.2013). Laut AIDA kommen Rückkehrer, die schon einmal im SPRAR untergebracht waren, für eine weitere Unterbringung dort gar nicht mehr infrage (AIDA 4.2014).

Es werden Versuche unternommen die Unterbringungssituation zu verbessern. In den letzten Jahren wurden mit Hilfe des Europäischen Flüchtlingsfonds (ital.: Fondo europeo per i rifugiati, FER) vermehrt temporäre Unterkünfte für Dublin-Rückkehrer im Bereich jener Flughäfen finanziert, an denen diese hauptsächlich ankommen. Zurzeit sind 13 dieser Unterkünfte operativ (Gesamtkapazität: 572 Plätze), davon 7 speziell für Vulnerable. 4 solche Unterkünfte befinden sich in Rom, 3 in Mailand, je 2 in Venedig, Bologna und Bari.

In Rom gibt es das A. M. I. C. I. (Accogliere, Mediare, Informare, Curare, Integrare)-Projekt, das sich um die medizinisch-soziale Versorgung vulnerabler Dublin-Rückkehrer kümmert, das von der Università Cattolica del Sacro Cuore und dem Roten Kreuz betrieben wird. In Rom gibt es noch andere Unterbringungsmöglichkeiten speziell für Dublin-Rückkehrer, wie etwa das Projekt Centro Dublino, das öffentlich finanziert und von Domus Caritatis betrieben wird. Sie richten sich speziell an Dublin-Rückkehrer oder vulnerable Gruppen unter diesen. Sobald die Rückkehrer am Flughafen ankommen, erhalten sie Unterstützung durch eine NGO und werden auf Basis der individuellen Situation (Vulnerabilität) einem Unterbringungszentrum zugewiesen. Bedenken bezüglich mangelnder Unterbringungskapazitäten werden aber weiterhin geäußert (AIDA 4.2014).

In den vom Europäischen Flüchtlingsfonds finanzierten Unterkünften, welche speziell für die von den Flughafen-NGOs zu vermittelnden Rückkehrer da sind, gibt es einige Plätze für Familien. Weiter bieten gewisse kirchliche Einrichtungen Plätze für alleinerziehende Frauen mit Kindern an. Familien und Alleinerziehende können häufig länger in einer Unterkunft bleiben als Einzelpersonen. Laut SPRAR ist es für Familien besonders schwierig, nach Ablauf der Zeit im SPRAR unabhängig zu werden. Es sei aber noch nie vorgekommen, dass eine Familie SPRAR verlassen musste und dann keine Unterkunft hatte. (SFH 10.2013)

Im Rahmen eines vom Europäischen Flüchtlingsfonds geförderten Projektes am Flughafen Rom Fiumicino, arbeiten die NGOs Casa della Solidarietà, Arciconfraternita, Università Cattolica del Sacro Cuore und Rotes Kreuz für die Aufnahme und Unterbringung von Dublin-Rückkehrern.

Casa della Solidarietà ist in Zusammenarbeit mit Arciconfraternita für nicht-vulnerable Dublin-Rückkehrer zuständig, Rotes Kreuz in Zusammenarbeit mit Università Cattolica del Sacro Cuore hingegen für vulnerable Gruppen.

Die Dublin-Rückkehrer werden nach Ankunft in das Zentrum für Vulnerable in der Viale Morandi 153, in einer relativ zentralen Gegend Roms, gebracht. Dieses Zentrum wurde am 12.12.2012 eröffnet und bietet 90 Personen Platz. Eine der Prioritäten des Zentrums ist, Unterstützung beim Einleben in Italien und die Erhaltung der Selbständigkeit.

Das Zentrum bietet 3 Arten von Dienstleistungen an:

medizinische und psychologische Versorgung für alle Anwesenden in Zusammenarbeit mit dem Policlinio Gemelli (eines der größten Krankenhäuser Roms). Hierzu kommen mehrere Ärzte regelmäßig ins Zentrum um die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen durchzuführen. Für kompliziertere Untersuchungen mit Spezialgeräten können die Einwohner des Heimes ins Policlinico gehen und bekommen innerhalb von wenigen Tagen einen Termin dafür (Italiener müssen oft monatelang auf einen solchen Termin warten).

Rechtliche Beratung für alle bezüglich Asylantrag und sonstigen rechtlichen Belange.

Soziale Vermittlung: dieser Bereich soll den Fremden helfen, sich in Italien einzuleben. Die darin enthaltenen Dienstleistungen umfassen u. a. die Einschreibung ins Gesundheitssystem, Berufsorientierungskurse, Arbeitsmöglichkeiten in Italien, Integration, Sprachkurse, Veranstaltungen zur Begegnung und Förderung der sozialen Eingliederung.

Das Zentrum bietet auch Kinderbetreuung mit Theater- und Musikkursen, Erzählstunden, Spielstunden, etc. Für Erwachsene bietet es Hilfe beim Zugang zum Arbeitsmarkt nach der erfolgten Anerkennung des Flüchtlingsstatus.

Es gibt auch eine Art Taschengeld, das aber als "Belohnung" für die Beteiligung an Sprachkursen oder Ausbildungskursen zugesprochen wird: wenn die Einwohner des Zentrums in einer Woche mindestens 50% der vorgesehenen Stunden besucht haben, erhalten sie einen Tagessatz von ca. 5€ als Taschengeld ausgezahlt. Zusätzlich dazu gibt es Telefonwertkarten für internationale Telefongespräche und kostenlosen Internetzugang im Zentrum.

Bei Bedarf wird den Fremden auch Kleidung zur Verfügung gestellt (neue oder hochwertige gebrauchte Kleidungsstücke).

Diese Dienstleistungen sind bis 30. Juni 2014 genehmigt und vom ital. Innenministerium im Rahmen des FER-Programmes finanziert worden. (VB 8.3.2013)

Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (05.2011): Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, http://www.fluechtlingshilfe.ch/asylrecht/eu-international/schengen-dublin-und-die-schweiz/asylverfahren-und-aufnahmebedingungen-in-italien/at_download/file , Zugriff 24.6.2014

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (10.2013): Italien:

Aufnahmebedingungen. Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1382438928_1310-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen.pdf , Zugriff 24.6.2014

VB des BM.I Italien (8.3.2013): Auskunft des VB, per E-Mail

Medizinische Versorgung

CARA-Insassen sind zu Leistungen des Nationalen Gesundheitsdienstes berechtigt.

In den Zentren der Regierung ist psychische und physische Gesundheit ein unveräußerliches Recht des Einzelnen. Bei Einzug in ein Zentrum wird bei der medizinischen Eingangsuntersuchung auch ihre psychosoziale Situation bewertet.

Der soziale Schutz von werdenden Müttern und Müttern und der Schutz der psychischen und physischen Gesundheit von Minderjährigen sind ohne Ansicht einer Aufenthaltserlaubnis in den ital. Gesetzen garantiert.

In Italien sind alle Fremden, auch jene die sich nicht an die Regeln des Aufenthalts halten, zu Nothilfe und Behandlung durch den Nationalen Gesundheitsdienst berechtigt. Letztere werden auch nicht der Polizei gemeldet. (CoE 18.9.2012)

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Wenn AW in einem Zentrum leben, wird diese Anmeldung von der Leitung für sie erledigt. Für die Anmeldung sind folgende Dokumente wichtig: Aufenthaltsgenehmigung, Registrierung im Personenstandsregister und Steuernummer (codice fiscale). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt.

Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen: freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern.

In den ersten 6 Monaten ihres Aufenthalts in Italien (in denen AW nicht arbeiten dürfen) sind AW arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Dazu ist auch eine Selbstdeklaration als bedürftig notwendig, die der AW beim zuständigen ASL abgibt (in den Zentren wird den AW üblicherweise dabei geholfen). Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sich AW offiziell arbeitslos melden, um die Ticketbefreiung behalten zu können (AIDA 4.2014).

Wer keine Meldeadresse vorweisen kann bekommt keine Gesundheitskarte und hat lediglich Zugang zu medizinischer Notversorgung. In Rom und einigen anderen Gemeinden dürfen die ASL auch fiktive Adressen akzeptieren (NGOs stellen Asylwerbern ohne festen Wohnsitz ihre Büroadressen als Meldeadresse zur Verfügung), damit die Asylwerber Zugang zu den Gesundheitsleistungen erhalten können. (NOAS 4.2011)

AW mit psychischen Problemen, darunter Folteropfer usw. haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. In der Praxis können sie von spezialisierten Dienstleistungen im Rahmen des Nationalen Gesundheitsdienstes profitieren. Außerdem gibt es spezialisierte NGOs und Private. 2007 wurde von UNHCR u.a. das Italian Network for Asylum Seekers who Survived Torture (NIRAST) gegründet, das zu einem Netzwerk medizinischer Zentren in ganz Italien anwuchs, das sich mit der Verbesserung der Standards bei der Identifikation von Folteropfern und deren psychosoziale und rechtliche Betreuung beschäftigt. Trainings für Mediziner in den CARA und lokalen Gesundheitseinrichtungen in der Nähe von Territorialkommissionen wurden durchgeführt, mit dem Effekt, dass diese nun über Mitarbeiter verfügen, die in der Lage sind Folteropfer zu erkennen, und zu behandeln. Das Programm musste aber im März 2012 beendet werden und sucht nach weiterer Finanzierung (AIDA 4.2014).

Sowohl in Rom als auch in Mailand gibt es Projekte, die psychologische oder psychiatrische Behandlung anbieten:

Das Projekt Ferite Invisibili der Caritas Rom richtet sich an Folteropfer. Zwei Psychiater und vier Psychologen behandeln ungefähr 20 Personen pro Woche. Seit Gründung des Projekts vor acht Jahren wurden insgesamt 215 Patienten behandelt. Die Wartezeit auf einen Termin beträgt ein paar Monate. Die behandelten Personen haben entweder einen Schlafplatz, oder Ferite Invisibili versucht einen zu finden. Eine Behandlung dauert ungefähr drei bis vier Monate (15 bis 20 Sitzungen). Das Projekt verfügt auch über Dolmetscher und interkulturelle Mediatoren.

SaMiFo (Salute Migranti Forzati) ist ein gemeinsames Projekt von nationalem Gesundheitsdienst und Centro Astalli. Es bietet in einem Ambulatorium psychiatrische Behandlung vor allem für Asylwerber. Voraussetzung ist, dass diese bereits im öffentlichen Gesundheitssystem angemeldet sind.

In Mailand bieten Freiwillige der NGO Naga Gespräche und Aktivitäten für traumatisierte Personen an. Wenn jemand schwerere psychische Probleme hat, wird er an einen Psychologen des öffentlichen Gesundheitssystems verwiesen.

Die ambulanten Angebote haben beschränkte Kapazitäten. (SFH 10.2013)

In den CIE sind psychologische und rechtliche Unterstützung unsystematisch. Die Standards für die Unterbringung Vulnerabler sollen ungenügend sein, das sei aber wiederum regional unterschiedlich (AIDA 4.2014).

Irreguläre Migranten haben das Recht auf medizinische Notversorgung und präventive Versorgung zum Schutz der individuellen und kollektiven Gesundheit. Damit haben sie dieselben Rechte wie italienische Staatsbürger (AIDA 4.2014).

Im Mailänder Morcone System sollten kranke Personen, insbesondere solche mit psychiatrischen Problemen, eigentlich keinen Zugang haben, da es für sie aber keine Alternative gibt, werden sie faktisch trotzdem aufgenommen. Für Personen mit erkennbaren psychischen Problemen gibt es zehn spezielle Aufnahmeplätze (je fünf für Männer und Frauen) sowie ein von einer Privatorganisation geführtes Tageszentrum mit Aktivitäten, wo sie unterstützt werden. Werden nach Aufnahme im Morcone-System psychische Probleme festgestellt, bleibt die Person dort untergebracht und eine Behandlung wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen organisiert, die auf Ethno-Psychiatrie spezialisiert sind. (SFH 10.2013) Quellen:

AIDA - Asylum Information Database (4.2014): National Country Report Italy,

http://www.asylumineurope.org/files/report-download/aida_nationalreport_italy_second_update_final_0.pdf , Zugriff 24.6.2014

CoE - Council of Europe (18.9.2012): Commissioner for Human Rights:

Comments by the Italian Authorities on the Commissioner for Human Rights- Report on Italy,

http://www.refworld.org/docid/5058423c2.html , Zugriff 24.6.2014

NOAS - The Norwegian Organization for Asylum Seekers (4.2011): The Italian Approach to Asylum: System and core Problems, http://www.noas.org/file.php?id=379 , Zugriff 24.6.2014

SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (10.2013): Italien:

Aufnahmebedingungen. Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1382438928_1310-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen.pdf , Zugriff 24.6.2014

Im Bescheid wird sodann ausgeführt, dass aus den Angaben des Beschwerdeführers keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden seien, dass dieser tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm einen Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Die Angaben des Beschwerdeführers seien jedenfalls viel zu vage gewesen, um damit eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte in Italien aufzuzeigen. Insbesondere bestünde in Italien eine ausreichende Versorgung für Asylwerber. Zu dem in Österreich lebenden Onkel des Beschwerdeführers habe weder eine finanzielle noch eine materielle Abhängigkeit festgestellt werden können. Ebenso wenig sei eine Pflegebedürftigkeit im Sinne einer gegenseitigen Abhängigkeit hervorgekommen. Ein gemeinsamer Haushalt der genannten Personen liege nicht vor. Der Onkel des Beschwerdeführers lebe bereits seit mehr als zwei Jahren in Österreich und führe sein eigenes Leben. Demnach sei davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führen würde.

Der zurückweisende Bescheid ist dem Beschwerdeführer nachweislich rechtswirksam am 05.03.2015 zugestellt worden (siehe AS 187).

Mit Verfahrensanordnung vom 05.03.2015 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, Künstlergasse 11/5, 1150 Wien, als Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen den genannten Bescheid des Bundesamtes vom 05.03.2015 erhob der Beschwerdeführer - unterstützt durch die Rechtsberatung - Beschwerde, welche mit 10.03.2015 datiert ist und am 17.03.2015 beim Bundesamt eingelangt ist. Der Poststempel trägt das Datum 13.03.2015 (AS 233).

Mit Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2015 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wurde bestätigt, dass die Beschwerdevorlage mit 23.03.2015 eingelangt ist.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.03.2015 wurde dem Beschwerdeführer ein Verspätungsvorhalt zugestellt. Es wurde eine Stellungnahmefrist von drei Tagen eingeräumt.

Mit Schriftsatz vom 09.04.2015, beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht am 10.04.2015, wurde ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt und unter einem die Beschwerde "nachgeholt". Im Wiedereinsetzungsantrag wurde begehrt, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgeben und dem Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 33 Abs 4 VwGVG zuerkennen. Der Beschwerdeführer sei aufgrund eines Irrtums über das Zustelldatum durch ein unabwendbares bzw unvorhergesehenes Ereignis daran gehindert gewesen, fristgerecht Beschwerde zu erheben. Dem Beschwerdeführer könne keine auffallende Sorglosigkeit iSd § 33 VwGVG zur Last gelegt werden. Dieser habe rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen Beratungstermin bei seiner Rechtsberatung wahrgenommen und eine Beschwerdeerhebung vereinbart. Dass der Wiedereinsetzungswerber hinsichtlich des Zustelldatums einem Irrtum unterlegen sei und der Rechtsberaterin in der Folge ein falsches Datum mitgeteilt habe, sei als ein Versehen minderen Grades anzusehen. Der Wiedereinsetzungswerber sei rechtsunkundig und insbesondere nicht mit dem österreichischen Verwaltungsverfahren vertraut. Auch sei er der deutschen Sprache nicht mächtig. Aufgrund einer starken emotionalen Belastung sei es zu einem Irrtum hinsichtlich des Datums der Bescheidzustellung gekommen.

Unter einem wurde Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid erhoben und darin zunächst ausgeführt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für die Durchführung der Dublin-III-VO unzuständig sei. Auch sei das Ermittlungsverfahren der Behörde fehlerhaft gewesen. Insbesondere seien keine hinreichenden Ermittlungen zum Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich angestellt worden. Der Beschwerdeführer habe eine besonders enge familiäre Beziehung zu seinem Onkel, welcher seit etwa eineinhalb Jahren in Österreich lebe und bereits anerkannter Flüchtling sei. Der Beschwerdeführer habe bereits im Zuge der Erstbefragung angegeben, dass Österreich sein Zielland gewesen sei, weil sein Onkel hier lebe. Dies habe der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt erneut bekräftigt. Der Beschwerdeführer hätte näher zu seinem Familienleben mit seinem Onkel befragt werden müssen. Auch der Onkel des Beschwerdeführers hätte hiezu einvernommen werden müssen. Das Familienleben des Beschwerdeführers mit seinem Onkel habe bereits im Herkunftsstaat bestanden. Die Behörde habe sich nicht damit befasst, ob die humanitäre Klausel des Art 17 Dublin-III-VO zur Anwendung gelangen müsste. Weiters habe die Behörde jegliche Ermittlungen hinsichtlich der sozialen Bedingungen des Onkels des Beschwerdeführers in Österreich unterlassen, um feststellen zu können, ob familiäre Gründe aus Sicht des Onkels einen vorläufigen Verbleib des Beschwerdeführers durch Zuständigkeit Österreichs aus humanitären Gründen angezeigt erscheinen lassen könnten. Es bestehe ein besonderes Naheverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Onkel in Österreich. Der Beschwerdeführer sei bei seinem Onkel aufgewachsen und habe ca achtzehn Jahre bei diesem und der Großmutter gelebt. Bereits im Herkunftsstaat hätten ein Familienleben und ein gemeinsamer Haushalt bestanden. Auch nach der Ausreise des Onkels habe ein enger Kontakt zu diesem bestanden; mehrmals täglich hätten die Genannten Kontakt über das Internet gehabt. Seit seiner Ankunft in Österreich besuche der Onkel den Beschwerdeführer täglich. Es bestünde eine starke emotionale Bindung zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Onkel. Zum Beweis dessen wurden zwei Fotos vorgelegt, welche den Beschwerdeführer und dessen Onkel zeigen würden. In Italien kenne der Beschwerdeführer niemanden. Beantragt würden die Einvernahme des Onkels des Beschwerdeführers sowie die telefonische Einvernahme der Mutter des Beschwerdeführers. Auch würden noch ein Großonkel des Beschwerdeführers und dessen Familie in Österreich leben. Dieser Großonkel lebe seit dreißig Jahren in Österreich und kümmere sich ebenfalls um den Beschwerdeführer. Weiters sei die Behörde ihrer Pflicht, die aktuelle Berichtslage zu Italien zu erheben und zu würdigen, nicht nachgekommen. Dem Beschwerdeführer würden im Falle einer Abschiebung nach Italien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der Art 3 und 8 EMRK drohen. Es seien die im Urteil Tarakhel geäußerten Bedenken zur Aufnahmesituation in Italien zu berücksichtigen. Es würden derzeit massive Bedenken dahingehend bestehen, dass Asylwerber ausreichende Aufnahmebedingungen vorfinden würden. Eine Überstellung vulnerabler Asylwerber nach Italien sei nur nach einer individuellen Zusicherung seitens der italienischen Behörden hinsichtlich der Unterbringung zulässig. Es gebe Bedenken hinsichtlich einer ausreichenden Versorgung und Unterbringung von Asylwerbern. Es gebe Befürchtungen, dass Italien keinen umfassenden Refoulement-Schutz gewährleiste. Die EK habe im März 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien wegen des möglichen Refoulements syrischer Flüchtlinge eingeleitet. Es wäre insbesondere die reale Aufnahmesituation für Dublin-Rückkehrer eingehender zu berücksichtigen gewesen. Diese seien beim Anspruch auf freie SPRAR-Plätze letztgereiht. In der Folge wurden Berichte und Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte zitiert, aus denen sich ergäbe, dass derzeit weder materielle Aufnahmebedingungen vorzufinden seien, die Lebensunterhalt einschließlich Unterbringung wie auch Gesundheit gewährleisten würden. Die EU-Mindeststandards seien in Italien nicht gewährleistet.

Schließlich wurde beantragt, dem Beschwerdeführer eine Vertretung für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite zu stellen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2015, Zl 2103927-2, wurde dem Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers stattgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer stellte am 12.11.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zuvor wurde dieser am 09.11.2014 in Italien erkennungsdienstlich behandelt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 19.11.2014 ein Aufnahmeersuchen an Italien, welches jedoch nicht fristgerecht beantwortet wurde. Mit dem ungenutzten Ablauf dieser Frist ist die Rechtsfolge des Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO und somit die Verpflichtung Italiens, den Beschwerdeführer aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft zu treffen, eingetreten. Mit schriftlicher Benachrichtigung vom 23.01.2015 wies das Bundesamt die italienische Dublin-Behörde auf diesen Umstand hin. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Italiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Besondere, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Italien an.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

In Österreich befindet sich seit eineinhalb bis zwei Jahren ein volljähriger Onkel des Beschwerdeführers, welcher anerkannter Flüchtling ist. Erstmals in der Beschwerde wurde vorgebracht, dass sich auch ein erwachsener Großonkel des Beschwerdeführers samt Familie in Österreich befände.

Eine über die üblichen Beziehungen zwischen (erwachsenen) Verwandten hinausgehende Beziehung bzw. ein Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu seinem in Österreich aufhältigen Onkel bzw Großonkel konnte nicht festgestellt werden. Ein gemeinsamer Haushalt liegt nicht vor. Ebenso wenig konnte eine materielle, finanzielle, gesundheitliche oder sonstige wechselseitige Abhängigkeit zu diesen Verwandten, etwa in Form einer Plegebedürftigkeit, erkannt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise des Beschwerdeführers ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der erkennungsdienstlichen Behandlung in Italien ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahmen sowie aus dem vorliegenden EURODAC-Treffer der Kategorie "2" mit Italien.

Die Feststellung bezüglich des Aufnahmeersuchens seitens der österreichischen Dublin-Behörde und der damit einhergehenden Nichtbeantwortung dieses Gesuchs durch Italien beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die Versorgung, Unterbringung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Italien, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen eigenen Angaben. Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) I. Abweisung der Beschwerde:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 144/2013 lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 144/2013 lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Hinsichtlich der Anwendbarkeit der materiellen Bestimmungen der Dublin II-VO normiert Art. 49 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist:

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, trat sie am 19.07.2013 in Kraft und gilt für Anträge, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.

Im vorliegenden Fall ist gemäß ihrem Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Dublin III-VO anzuwenden:

Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 , Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 , Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG .

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

"Artikel 2

Definitionen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

...

k) "Vertreter" eine Person oder Organisation, die von den zuständigen Behörden zur Unterstützung und Vertretung eines unbegleiteten Minderjährigen in Verfahren nach Maßgabe dieser Verordnung bestellt wurde, um das Wohl des Kindes zu wahren und für den Minderjährigen, soweit erforderlich, Rechtshandlungen vorzunehmen. Wird eine Organisation zum Vertreter bestellt, so bezeichnet der Ausdruck "Vertreter" eine Person, die in Bezug auf den Minderjährigen ihre Pflichten im Einklang mit dieser Verordnung wahrnimmt;

...

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Artikel 22

Antwort auf ein Aufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

(2) In dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden Beweismittel und Indizien verwendet.DE 29.6.2013 Amtsblatt der Europäischen Union L 180/43

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Erstellung und regelmäßige Überprüfung zweier Verzeichnisse, in denen die sachdienlichen Beweismittel und Indizien gemäß den in den Buchstaben a und b dieses Artikels festgelegten Kriterien aufgeführt sind, fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

a) Beweismittel:

i) Hierunter fallen förmliche Beweismittel, die insoweit über die Zuständigkeit nach dieser Verordnung entscheiden, als sie nicht durch Gegenbeweise widerlegt werden;

ii) Die Mitgliedstaaten stellen dem in Artikel 44 vorgesehenen Ausschuss nach Maßgabe der im Verzeichnis der förmlichen Beweismittel festgelegten Klassifizierung Muster der verschiedenen Arten der von ihren Verwaltungen verwendeten Dokumente zur Verfügung;

b) Indizien:

i) Hierunter fallen einzelne Anhaltspunkte, die, obwohl sie anfechtbar sind, in einigen Fällen nach der ihnen zugebilligten Beweiskraft ausreichen können;

ii) Ihre Beweiskraft hinsichtlich der Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz wird von Fall zu Fall bewertet.

(4) Das Beweiserfordernis sollte nicht über das für die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung erforderliche Maß hinausgehen.

(5) Liegen keine förmlichen Beweismittel vor, erkennt der ersuchte Mitgliedstaat seine Zuständigkeit an, wenn die Indizien kohärent, nachprüfbar und hinreichend detailliert sind, um die Zuständigkeit zu begründen.

(6) Beruft sich der ersuchende Mitgliedstaat auf das Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 21 Absatz 2, so unternimmt der ersuchte Mitgliedstaat alle Anstrengungen, um die vorgegebene Frist einzuhalten. In Ausnahmefällen, in denen nachgewiesen werden kann, dass die Prüfung eines Gesuchs um Aufnahme eines Antragstellers besonders kompliziert ist, kann der ersuchte Mitgliedstaat seine Antwort nach Ablauf der vorgegebenen Frist erteilen, auf jeden Fall ist die Antwort jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. In derartigen Fällen muss der ersuchte Mitgliedstaat seine Entscheidung, die Antwort zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen, dem ersuchenden Mitgliedstaat innerhalb der ursprünglich gesetzten Frist mitteilen.

(7) Wird innerhalb der Frist von zwei Monaten gemäß Absatz 1 bzw. der Frist von einem Monat gemäß Absatz 6 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.

Artikel 27

Rechtsmittel

...

(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die rechtliche Beratung auf Antrag unentgeltlich gewährt wird, wenn die betreffende Person die Kosten nicht selbst tragen kann. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Antragstellern hinsichtlich der Gebühren und anderen Kosten keine günstigere Behandlung zuteil wird, als sie den eigenen Staatsangehörigen in Fragen der rechtlichen Beratung im Allgemeinen gewährt wird.

Ohne den Zugang zur rechtlichen Beratung willkürlich einzuschränken, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass keine unentgeltliche rechtliche Beratung und Vertretung gewährt wird, wenn die zuständige Behörde oder ein Gericht dem Rechtsbehelf oder der Überprüfung keine greifbaren Erfolgsaussichten einräumt.

Beschließt eine andere Stelle als ein Gericht, gemäß diesem Absatz keine unentgeltliche rechtliche Beratung und Vertretung zu gewähren, so sehen die Mitgliedstaaten das Recht vor, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf gegen diesen Beschluss einzulegen.

In Übereinstimmung mit den Voraussetzungen dieses Absatzes stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die rechtliche Beratung und Vertretung nicht willkürlich eingeschränkt werden und der wirksame Zugang des Antragstellers zu den Gerichten nicht beeinträchtigt wird.

Die rechtliche Beratung umfasst zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Vertretung vor Gerichten und kann auf Rechtsbeistand und Berater beschränkt werden, die nach einzelstaatlichem Recht zur Bereitstellung von Unterstützung und Vertretung berufen sind.

Die Verfahren für die Inanspruchnahme rechtlicher Beratung werden im einzelstaatlichen Recht festgelegt.

Was zunächst die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Unzuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl für die Durchführung der Dublin III-VO betrifft, so geht diese Rechtsansicht, welche sich allein auf den Wortlaut der dem geltenden EU-Recht noch nicht angepassten Regelung des § 2 Abs. 1 Ziff. 8 AsylG 2005 bezieht, fehl.

Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, dass die Dublin III-VO als Verordnung iSd. Art. 288 Satz 2 AEU-V unmittelbare und dem nationalen Recht vorrangige Geltung hat. Art. 35 Abs. 1 Dublin III-VO verpflichtet die Mitgliedstaaten unverzüglich mit Anwendbarkeit der Verordnung (also ab 01.01.2014) eine entsprechend ausgerüstete Behörde für deren Durchführung zur Verfügung zu stellen. Dies hat Österreich mit der Einrichtung und Zuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl entsprechend der dem nationalen AsylG vorrangig anzuwendenden Dublin III-VO getan.

Ergänzend kann auch darauf hingewiesen werden, dass die neue Verfahrens-RL, welche zwar erst ab 15.07.2015 umzusetzen ist, aber bereits seit dem 19.07.2013 in Kraft getreten ist, gemäß Art. 3 Abs. 1 nun auch auf die Verfahren nach der Dublin III-VO anzuwenden ist und in Art. 4 Abs. 1 ebenfalls eine Verpflichtung zu Einrichtung und Nennung einer dafür zuständigen Behörde enthält. Nach seit dem Urteil des EUGH in der Rechtssache C-129/96 , (Inter-Environnement Wallonie) ständiger Judikatur müssen die Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten und während der Umsetzungsfrist den Erlass von Vorschriften unterlassen, die geeignet sind, das in dieser Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen. Auch daraus ergibt sich, dass mit Inkrafttreten der Dublin III-VO am 01.01.2014 keine Rechtsschutzlücke in Bezug auf das Fehlen einer zuständigen Behörde entstehen konnte und der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Ziff. 8 AsylG 2005 daher keine Grundlage für die Einrede der Unzuständigkeit des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl für die Durchführung der Dublin III-VO bilden kann.

In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des in Rede stehenden Asylantrages in Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus Libyen, einem Drittstaat kommend, die Staatsgrenze Italiens illegal überschritten hat. Die Verpflichtung Italiens zur Aufnahme des Beschwerdeführers basiert, nachdem die italienischen Behörden das Aufnahmeersuchen des Bundesamtes nicht fristgerecht beantwortet haben, auf Art. 22 Abs. 7 der Dublin-III-VO.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) ergibt sich gegenständlich keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrags des Beschwerdeführers. Zwar befinden sich ein Onkel - und nach den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde - auch ein Großonkel des Beschwerdeführers samt Familie in Österreich, doch sind von der genannten Bestimmung nur Kinder, Geschwister oder ein Elternteil eines Antragstellers umfasst (und ist auch keiner der Genannten auf die Hilfe bzw. Unterstützung des jeweils anderen in gesundheitlicher Hinsicht angewiesen), weshalb eine Zuständigkeit Österreichs nach dieser Bestimmung bereits tatbestandsmäßig nicht in Betracht kam.

Eine Zuständigkeit Österreich kommt auch nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) nicht in Betracht, da die gegenständliche Konstellation - mangels Vorliegens einer über die üblichen Beziehungen zwischen (erwachsenen) Verwandten hinausgehenden Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem Onkel bzw seinem Großonkel - keinen humanitären Sonderfall darstellt. Auch fehlt es gegenständlich am entsprechenden Ersuchen Italiens an Österreich, den Beschwerdeführer aufzunehmen sowie an der schriftlichen Zustimmung der betroffenen Personen hiezu.

Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11 , Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).

Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Italien gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt werden würden, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates. Solche Mängel (die bei einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Antragstellers plausibel zu machen sind, dies im Sinne der Regelung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005) sind schon auf Basis der verwaltungsbehördlichen Feststellungen nicht erkennbar.

Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben dargestellt - ausführliche Feststellungen zum italienischen Asylwesen. Diese Länderberichte basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt.

Vor dem Hintergrund dieser Länderberichte und der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Italien überstellt werden, aufgrund der italienischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann jedoch in Italien im Hinblick auf die erstinstanzlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10 ).

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Beschimpfungen seitens italienischer Polizeibeamter haben vereinzelt und nicht systematisch stattgefunden. Dass der Beschwerdeführer von der Polizei geschlagen worden wäre, wurde vom Beschwerdeführer explizit verneint. Es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass Italien an sich nicht in der Lage und willens wäre, den Beschwerdeführer bei allfälligen gegen ihn gerichteten Rechtsverletzungen zu schützen und rechtliche Schritte einzuleiten. Von einer generellen Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit Italiens, eines Rechtsstaates und Mitglieds der EU, ist nicht auszugehen und ergeben sich hiefür auch aus den Länderfeststellungen keine entsprechenden Hinweise.

Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, erst zu essen bekommen zu haben, nachdem er Italien "verbal gerühmt" hätte, kann nicht als Art 3 EMRK-relevant angesehen werden.

Jedenfalls hätte der Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen seiner Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Italien und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

Wenn in der Beschwerde auf ein mögliches "Push-Back" syrischer Flüchtlinge Bezug genommen und moniert wurde, dass Italien unter Umständen das Non-Refoulement-Gebot nicht beachte, ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls nicht von einer solchen Vorgehensweise betroffen wäre, da er im Rahmen der Dublin-Überstellung offiziell den italienischen Behörden "übergeben" wird. Ungeachtet dessen ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei seiner illegalen Einreise nach Italien im November 2014 nicht mit solchen Phänomenen konfrontiert war.

Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens, wonach dem Beschwerdeführer in Italien gegen seinen Willen die Fingerabdrücke abgenommen worden seien, ist festzuhalten, dass jeder Fremde, der bei einer illegalen Einreise betreten wird, in jedem Staat mit einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu rechnen hat; so auch in Österreich. Dies naturgemäß nicht immer mit der Zustimmung des Betroffenen. Gegenständlich wurde jedoch seitens der italienischen Behörden keine Gewalt angewendet.

Weiters ist die entscheidende Tatsache hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer in Italien bislang noch keinen Asylantrag gestellt hat und dieser dort somit auch nicht als "asylsuchende Person" aufgetreten ist. Mangels Asylantragstellung konnte der Beschwerdeführer aber auch noch nicht in das Versorgungsnetz für Asylwerber in Italien fallen, weshalb seine Kritik am italienischen Asylwesen unter diesem Blickwinkel zu betrachten ist. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben, die ersten beiden Tage in einem "Lager" gewesen zu sein.

Sofern der Beschwerdeführer in Italien einen Asylantrag stellt, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ihm dort ein faires Asylverfahren offen steht. Diesbezüglich ist Folgendes beachtlich:

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der italienische Staat Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern hat. Jedoch ist zum heutigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass Überstellungen nach Italien allgemein die EMRK oder GRC verletzen (siehe dazu die Entscheidungen des EGMR vom 02.04.2013, Rs 27725/10 Mohammed Hussein/Niederlande und Italien; vom 18.06.2013, Rs 73874/11 Abubeker/Österreich und Italien; vom 18.06.2013, Rs 53852/11 Halimi/Österreich und Italien; vom 04.11.2014, Rs 29217/12 Tarakhel/Schweiz; VG Wiesbaden, 16.04.2014, 5 L 465/14 mit Verweisen auf aktuelle obergerichtliche deutsche Verwaltungsrechtsprechung).

Soweit ersichtlich sind bislang keine Entscheidungen höherinstanzlicher Gerichte ergangen, welche insgesamt bestätigen würden, dass gleichsam jeder Dublin-Rückkehrer in Italien mit einer Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK zu rechnen hätte.

Im kürzlich ergangenen EGMR-Urteil vom 04.11.2014 in der Sache Tarakhel/Schweiz, 29217/12, wiederholte der Gerichtshof, dass die derzeitige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt wurde, zu vergleichen ist. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall handelte es sich um eine mehrköpfige Familie einschließlich minderjähriger Kinder, wobei es sicherzustellen galt, dass die gesamte Familie in Italien gemeinsam und dem Alter der Kinder entsprechend untergebracht wird.

Im Ergebnis erfordert Tarakhel/Schweiz eine entsprechende Einzelfallprüfung sowie die Zusicherung einer adäquaten Unterbringung im Falle einer geplanten Überstellung von besonders vulnerablen Personen und Personengruppen, wie in casu einer Familie mit sechs minderjährigen Kindern.

Hinweise auf eine besondere Vulnerabilität des Beschwerdeführers kamen im gegenständlichen Verfahren nicht hervor, zumal es sich bei diesem um einen gesunden, volljährigen Mann handelt, der in Österreich über keine Abhängigkeitsverhältnisse zu anderen Personen verfügt. Hiezu ist insbesondere auch auf die Entscheidung des EGMR im Fall A.M.E./NL vom 13.01.2015 hinzuweisen, in welcher der Gerichtshof ausgesprochen hat, dass Art. 3 EMRK der Ausweisung eines erwachsenen, gesunden jungen Mannes, der über keine von ihm abhängigen Personen verfügt, nach der Dublin-VO nach Italien nicht entgegensteht.

Der EGMR hält in einer früheren Entscheidung vom 02.04.2013, 27725/10, Mohammed Hussein ua./Niederlande und Italien, im Wesentlichen fest, dass eine Überstellung nach Italien zumutbar ist und die Zukunftsaussichten in Italien kein ausreichend konkretes und ernsthaftes Risiko einer besonderen Notlage im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen. Zudem weisen die generellen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Italien keine systematischen Mängel auf.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entscheidung des EGMR vom 04.06.2013, 6198/12, Daytbegova und Magomedova/Österreich, zu verweisen, in welcher der Gerichtshof ausführt, dass die Zustände in Italien keineswegs mit jenen in Griechenland zu vergleichen sind. Selbst im Hinblick auf psychisch vulnerable Personen besteht in Italien hinreichende medizinische Versorgung, weshalb, sofern ein entsprechender Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten besteht, eine Überstellung nach Italien nicht als unzulässig erkannt werden kann.

Hinzu kommt ergänzend, dass UNHCR zu Italien, anders als zu Griechenland, keine Empfehlung an die EU-Mitgliedstaaten ausgesprochen hat, wonach von Überstellungen nach Italien aufgrund des Vorliegens akuter und systemischer Probleme im dortigen Aufnahmewesen Abstand zu nehmen wäre.

Im Gegensatz zu der von der internationalen Rechtsprechung einhellig als systemisch mangelhaft beurteilten Lage in Griechenland, beschränken sich die Probleme in Italien im Wesentlichen auf die materielle Versorgung von Flüchtlingen, und ist jedoch sonst von einem im Großen und Ganzen funktionierenden Asylwesen auszugehen. Hierzu ist nochmals anzumerken, dass der Beschwerdeführer in Italien keinen Asylantrag gestellt hat, weshalb ihm die vollen Versorgungsleistungen des italienischen Asylsystems auch nicht zuteilwerden konnten. Hinzu kommt wesentlich, dass aus den Feststellungen des Bundesamtes eindeutig abzuleiten ist, dass bei der Ankunft eines Rücküberstellten nach der Dublin VO das Procedere der Asylantragsbearbeitung unmittelbar eingeleitet bzw. fortgeführt wird. Als Dublin-Rückkehrer, der noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann der Beschwerdeführer einen solchen stellen wie jeder andere auch. Es kann demzufolge also kein Zugangsproblem zum italienischen Asylverfahren nach einer solchen Überstellung erkannt werden.

Abgesehen davon, hat der Beschwerdeführer angeben, sich nur sechs Tage in Italien aufgehalten zu haben, wovon er zwei Tage in einem Lager gewesen sei. Augenscheinlich ist der Beschwerdeführer nicht gezwungen worden, in diesem Lager zu verbleiben, sondern konnte dieses offensichtlich ohne Probleme wieder verlassen.

Insgesamt ergeben sich aus dem Parteivorbringen weder eine systemische noch eine individuell drohende Gefahr des Beschwerdeführers in Italien, welche für die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Italien:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Italien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches relevante Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Die Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

Im vorliegenden Fall konnten seitens des Beschwerdeführers keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung des Krankheitszustandes im Falle einer Überstellung nach Italien belegt werden.

Ferner ist darauf hinzuweisen, wie sich auch aus den Feststellungen zu Italien ergibt, dass davon ausgegangen werden kann, dass notwendige Untersuchungen und Behandlungen des Beschwerdeführers in Italien möglich sein werden, respektive der entsprechende Zugang besteht, sobald er einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. In Italien besteht sowohl eine medizinische als auch eine psychologische Versorgung, die jedenfalls im Lichte der Judikatur des EGMR zu Krankheiten eine existenzbedrohende Gefährdung von kranken Personen unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Im vorliegenden Fall hat die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung die Trennung des Beschwerdeführers von seinem Onkel und seinem Großonkel zur Folge. Daher ist ein möglicher Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK zu prüfen. Ein solcher Eingriff verstößt jedoch nur dann gegen die EMRK, wenn er nicht die Erfordernisse des Art. 8 Abs. 2 erfüllt. Es ist demnach zu überprüfen, ob er gesetzlich vorgesehen ist, im Sinn dieses Absatzes ein oder mehrere legitime Ziele verfolgt und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.

Die gegenständliche aufenthaltsbeendende Maßnahme stützt sich unbestrittenermaßen auf eine gesetzliche Bestimmung und sie verfolgt Ziele, die mit der EMRK in Einklang stehen, nämlich insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes.

Es bleibt noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

In diesem Sinn ordnet auch § 9 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 an:

"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist."

Nach diesem Regelungssystem ist somit anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung am Maßstab des Art. 8 EMRK durchzuführen. Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme darf nur erlassen werden, wenn die dafür sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen und seiner Familie an dessen weiterem Verbleib in Österreich. Bei dieser Interessenabwägung sind folgende Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Kriterien zueinander in eine Beziehung zu setzen und eine wechselseitige Kompensation der einzelnen Gewichte vorzunehmen ist (vgl. EGMR 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f):

die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten;

die seit der Begehung der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit;

die Aufenthaltsdauer im ausweisenden Staat;

die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen;

die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen;

die Frage, ob der Ehegatte von der Straftat wusste, als die familiäre Beziehung eingegangen wurde;

die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und welches Alter sie haben;

die Schwierigkeiten, denen der Ehegatte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers begegnen könnte;

das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwierigkeiten, denen die Kinder des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat begegnen könnten;

die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsstaat.

Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt:

"(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR - in fremden- und asylrechtlichen Fällen - nur dann unter den Schutz des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 20.12.2011, 6222/10, A. H. Khan, Rn. 32; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 32; 10.07.2003, 53441/99, Benhebba, Rn. 36).

Im vorliegenden Fall leben ein Onkel und ein Großonkel des erwachsenen Beschwerdeführers seit rund zwei Jahren bzw. rund dreißig Jahren als Asylberechtigte in Österreich. Der Beschwerdeführer verbrachte sein gesamte Leben im Herkunftsstaat und reiste erst im November 2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern stützt den Aufenthalt vielmehr nur auf den gegenständlichen unzulässigen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer brachte zwar vor, dass zu seinem seit zwei Jahren in Österreich lebenden Onkel eine besondere Nahebeziehung bestehe, da er achtzehn Jahre bei seinem Onkel (und der Großmutter) aufgewachsen sei, seit der Flucht des Onkels täglich mit diesem via Internet (Skype) in Kontakt gestanden sei und ihn der Onkel seit seiner Ankunft in Österreich täglich besuche. Als Mittel zur Glaubhaftmachung wurden (lediglich) zwei Fotos vorgelegt. Ein Foto (AS 229) zeigt ein Kind und einen Jugendlichen, das zweite Foto (AS 231) ein Kind, einen jungen Mann und einen Mann mittleren Alters. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass es sich bei den genannten Personen um den Beschwerdeführer und seinen Onkel handelt, kann daraus nicht auf das Vorliegen einer besonderen Beziehungsintensität, welche über die üblichen Bindungen hinausgeht, geschlossen werden. Auch für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat mit seinem Onkel bei seiner Großmutter aufgewachsen ist und ein gemeinsamer Haushalt bestanden hat, so liegt ein solcher seit der Flucht des Onkels nach Österreich seit nunmehr ca zwei Jahren nicht mehr vor. Auch nach Ankunft des Beschwerdeführers in Österreich im November 2014 wurde ein gemeinsamer Haushalt nicht gegründet. Der Beschwerdeführer befindet sich in der Grundversorgung. Eine finanzielle Abhängigkeit zu seinem Onkel liegt nicht vor und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Der Beschwerdeführer ist gesund; eine schwere Erkrankung des zweiunddreißig jährigen Onkels des Beschwerdeführes wurde nicht vorgebracht. Hinweise auf einen allfälligen Pflegebdarf eines der Genannten liegen nicht vor. Nach Lage des Falles kann demnach insbesondere nicht von einer Abhängigkeit der genannten Personen voneinander ausgegangen werden.

Hinsichtlich des - nach den Beschwerdeausführungen seit dreißig Jahren in Österreich lebenden - Großonkels des Beschwerdeführers, konnte keine über die üblichen verwandtschaftlichen Beziehungen unter Erwachsenen hinausgehende Bindungen festgestellt werden. Der Beschwerdeführer hat lediglich vorgebracht, dass sich dieser Verwandte seit Ankunft des Beschwerdeführers in Österreich um ihn "kümmern" würde. Worin dieses "sich kümmern" besteht, wurde nicht näher ausgeführt. Ein wie immer geartetes finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu diesem Verwandten oder ein allfälliger Pflegebedarf wurde nicht einmal behauptet. Ein gemeinsamer Haushalt im Herkunftsstaat kann bereits aufgrund des langjährigen Aufenthalts des Großonkels in Österreich und des Alters des Beschwerdeführers nicht bestanden haben. Ein solcher wurde auch nicht nach der Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich begründet.

Im vorliegenden Fall stellt somit die Anordnung zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers jedenfalls einen Eingriff in den Schutzbereich des Privatlebens und allenfalls auch in den Schutzbereich des Familienlebens der genannten Personen im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar, wobei die Abgrenzung dieser beiden autonomen Rechtsbegriffe der EMRK in der Rechtsprechung kasuistisch erfolgt.

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führte zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise des Beschwerdeführers innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der jährlich rund 625.000 Asylanträge in den 28 Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10). Da es sich im vorliegenden Fall zudem um eine aufenthaltsbeendende Maßnahme innerhalb der Union handelt, besteht auch durchaus die rechtliche und faktische Möglichkeit von regelmäßigen Besuchen, eines regelmäßigen Kontakts via Internet oder einer finanziellen Unterstützung im zuständigen Mitgliedstaat.

Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012).

Im vorliegenden Fall ergaben sich auch keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer. Sprachkenntnisse oder ein Beschäftigungsverhältnis. Etwaige sonstige Integrationsschritte des Beschwerdeführers oder ein Versuch der legalen Einreise oder Einwanderung nach Österreich wurden nicht einmal behauptet. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers hat im Rahmen der Interessenabwägung weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die aufenthaltsbeendende Maßnahme gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge (VwGH 14.03.2000, 98/18/0412).

Wenn es also letztlich zwar auf der Hand liegt, dass für die Betroffenen ein Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und somit in größerer Nähe zu dessen Verwandten vorteilhafter wäre, so überwiegen bei der Interessenabwägung dennoch eindeutig die Interessen an der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes.

Insgesamt gesehen kann somit dem Beschwerdeführer jedenfalls zugemutet werden, den Wunsch nach Einwanderung und Familienzusammenführung in Österreich im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen nicht vor.

Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

In seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018, erachtete der Verwaltungsgerichtshof für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende Kriterien als maßgeblich: "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeit des Mitgliedstaates Italien zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers gegeben. Der Sachverhalt ist im gegenständlichen Fall aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt des gegenständlichen Verfahrens vor.

Zu A II. Abweisung des Antrags auf Beistellung einer Vertretung für das Beschwerdeverfahren:

Gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ist in einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen zurück- oder abweisende Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz, die keine Folgeanträge sind, einem Asylwerber kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite zu stellen. Darüber hat das BFA den Asylwerber mittels Verfahrensanordnung zu informieren und den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

Dem Bundesverwaltungsgericht kommt daher keine Zuständigkeit zur Bestellung eines Rechtsberaters zu. Das zuständige Bundesamt hat mit Verfahrensanordnung vom 05.03.2015 einen Rechtsberater bestellt. Diese Anordnung in arabischer Übersetzung wurde dem Beschwerdeführer am 05.03.2015 ausgehändigt.

Gem. § 52 Abs. 2 BFA-VG gehört es zu den Aufgaben des Rechtsberaters den Fremden bei der Einbringung der Beschwerde und im Beschwerdeverfahren zu unterstützen und auf dessen Ersuchen hin in einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen eine Rückkehrentscheidung zu vertreten. Insoweit mit dem zurückweisenden "Asylbescheid" keine Rückkehrentscheidung, sondern die Anordnung der Außerlandesbringung (§ 61 FPG) verbunden ist, bezieht sich die Rechtsberatung auch auf diese (vgl. Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, Manz 71. Band, Grundlieferung, Wien 2014, I B § 52 BFA-VG S 2).

Somit wird dem Art. 27 Abs. 6 Dublin III-VO voll Rechnung getragen. Der Beschwerdeführer irrt, wenn dieser behauptet, § 52 Abs. 1 BFA-VG stehe nicht im Einklang mit Art. 27 Abs. 6 Dublin-III-VO. Darin wird nämlich eindeutig normiert, dass die rechtliche Beratung zumindest die Vorbereitung der erforderlichen Verfahrensdokumente und die Vertretung vor Gerichten umfasse und auf Rechtsbeistand und Berater beschränkt werden könne, die nach einzelstaatlichem Recht zur Bereitstellung von Unterstützung und Vertretung berufen seien. Außerdem ist unter "Vertretung" nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. k Dublin-III-VO die Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen zu verstehen. Volljährigen Beschwerdeführern - wie gegenständlich - kommt daher (auch materiell) kein solcher Anspruch zu.

Eine zusätzliche gewillkürte Vertretung bleibt einem Beschwerdeführer selbstverständlich unbenommen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Vertragsstaat beruht, sowie in der Bewertung der Intensität des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben. Zu Spruchpunkt II. stützt sich die Entscheidung auf den klaren Wortlaut von Art 27 Abs 6 iVm Art 2 lit k Dublin-III-VO.

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