BVwG W209 2004964-1

BVwGW209 2004964-130.4.2015

ASVG §68
AVG 1950 §71
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
ASVG §68
AVG 1950 §71
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W209.2004964.1.01

 

Spruch:

W209 2004964-1/17E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter betreffend die Beschwerde des XXXX, XXXX, XXXX, Polen, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 25.09.2013, GZ VA/ED-B-0108/2012, betreffend Verjährung des Rechts auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für das im Spruchpunkt I. des belangten Bescheides festgestellte Dienstverhältnis beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Angelegenheit wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF zur bescheidmäßigen Feststellung der Verpflichtung der Dienstgerberin XXXX zur Zahlung der auf den Zeitraum 05.05.1980 bis 26.10.1980 entfallenden Sozialversicherungsbeiträge an die belangte Behörde zurückverwiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Sachverhalt

1. Mit Bescheid vom 25.09.2013, GZ VA/ED-B-0108/2012, stellte die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (im Folgenden die belangte Behörde) über Anregung des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien mit Beschluss vom 22.08.2012, GZ 27 CGS 326/11w-17, fest, dass der Beschwerdeführer (u.a.) in der Zeit vom 13.08.1980 bis 26.10.1980 auf Grund seiner Tätigkeit als Hilfsarbeiter XXXX der XXXX (nunmehr XXXX) der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer unterlegen sei. Im Spruchpunkt II. wurde festgestellt, dass das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der auf den o.a. Zeitraum entfallenden Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 68 ASVG verjährt sei.

Gegenständlicher Bescheid wurde von der belangten Behörde per Auslands-RSb an die Adresse des Beschwerdeführers in Polen zugestellt und am 17.10.2013 von seiner Tochter übernommen.

2. Mit Schreiben vom 22.10.2013 (richtig wohl: 22.11.2013), welches am 25.11.2013 zur Post gegeben wurde und am 28.11.2013 bei der Kasse einlangte, erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt II. des o.a. Bescheides Einspruch.

3. Am 03.12.2013 legte die belangte Behörde den Einspruch sowie die Verwaltungsakten dem Landeshauptmann von Niederösterreich vor und beantragte seine Zurückweisung wegen Verfristung.

4. Am 03.01.2014, einlangend am 14.01.2014, legte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung den nunmehr als Beschwerde zu qualifizierenden Einspruch samt den zugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, verständigte den Beschwerdeführer hiervon und übermittelte ihm eine Kopie der Stellungnahme der belangten Behörde, in der die Zurückweisung des Einspruches wegen Verfristung beantragt wurde.

5. Mit Schreiben vom 20.01.2014 an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, welches mit Schreiben vom 29.01.2014 an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde und dort am 25.03.2014 einlangte, beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte dazu aus, dass er wegen Abwesenheit von seinem Wohnort gehindert gewesen sei, den Bescheid in Empfang zu nehmen, und diesen praktisch erst am 03.11.2013 erhalten habe.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 07.10.2014 wurde die gegenständliche Rechtssache der bisher zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und am 14.10.2014 der Gerichtsabteilung W209 zugewiesen.

7. Mit Beschluss vom 12.11.2014 setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG aus, da beim Verwaltungsgerichtshof mehrere Verfahren zur Frage anhängig waren, ob im Falle der Zustellung eines behördlichen Schriftstückes im Ausland, wenn - wie im vorliegenden Fall - weder internationale noch zwischenstaatliche Abkommen bestehen, gemäß § 11 ZustG auf die internationale Übung bzw. die innerstaatlichen Regelungen abzustellen ist und diesfalls das tatsächliche Zukommen des behördlichen Schriftstückes einen allfälligen Zustellmangel gemäß § 7 ZustG heilen würde.

8. Mit Erkenntnis vom 20.01.2015, Zlen. Ro 2014/09/0059-0061, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass jedenfalls dann eine Heilung eines allfälligen Zustellmangels nach § 7 ZustG eintrete, wenn mit einer (rechtzeitig) eingebrachten Beschwerde dem Zustellinhalt gemäß reagiert worden sei.

9. Auf Anfrage der ho. Gerichtabteilung bestätigte die Österreichische Botschaft Warschau mit Schreiben vom 17.03.2015 und vom 15.04.2015, dass Polen dem Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsangelegenheiten nicht beigetreten ist, und teilte mit, dass sich auch im polnischen Verwaltungsrecht keine Regelung zur Art und Weise, wie Schriftstücke von ausländischen Behörden in Polen rechtswirksam zugestellt werden könnten, finde. Sowohl im Verwaltungsverfahren vor polnischen Verwaltungsbehörden als auch im Verwaltungsprozess vor polnischen Verwaltungsgerichten gelte jedoch der Grundsatz, dass die erste Zustellung persönlich erfolgen müsse, da die Partei des Verfahrens/Prozesses über die ihr zustehenden Rechte und Rechtsmittel belehrt werden müsse. Die weiteren Zustellungen würden dann entweder an den Bevollmächtigten oder an den Zustellungsbevollmächtigten erfolgen, der durch die Partei bestellt werden müsse. Nur im Fall, dass trotz Belehrung die Bestellung des Bevollmächtigten nicht erfolgt sei, finde die Zustellung durch Hinterlassen des Schriftstücks mit Wirkung der Zustellung statt. Nach Wissensstand der Botschaft lasse Polen die Zustellung von Schriftstücken österreichischer Behörden oder Verwaltungsgerichte auf seinem Gebiet üblicherweise ohne Protest zu.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der maßgebliche Sachverhalt, soweit er die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde betrifft, ergibt sich aus dem Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde mit 01.01.2014 (Art. 151 Abs. 51 Z 6 B-VG) das Bundesverwaltungsgericht (Art. 129 B-VG) eingerichtet.

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde, auf die Verwaltungsgerichte über. Im konkreten Fall ist somit die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Niederösterreich, bei welchem das gegenständliche Verfahren mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängig war, mit 1. Jänner 2014 auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Gegenständlich liegt zwar eine Angelegenheit gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG vor (bescheidmäßige Feststellung der sich nach dem ASVG ergebenden Rechte und Pflichten). Da die Senatszuständigkeit jedoch nur auf Antrag vorgesehen ist und ein solcher Antrag nicht gestellt wurde, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Anzuwendende Rechtsvorschriften

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Die im vorliegenden Beschwerdefall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen lauten:

§ 11 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, idgF:

"Besondere Fälle der Zustellung

§ 11. (1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

(2) bis (3) [...]"

§ 71 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, idgF:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 71. (1) Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, daß kein Rechtsmittel zulässig sei.

(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.

(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.

(5) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt.

(6) Die Behörde kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(7) Der Wiedereinsetzungsantrag kann nicht auf Umstände gestützt werden, die die Behörde schon früher für unzureichend befunden hat, um die Verlängerung der versäumten Frist oder die Verlegung der versäumten Verhandlung zu bewilligen."

§ 68 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. 189/1955, in der (gemäß VwGH 13.06.1995, 94/08/0107, hier anzuwendenden) Fassung der 34. Novelle, BGBl. Nr. 530/1979:

"Verjährung der Beiträge

§ 68. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tage der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird.

(2) bis (3) [...]"

Die Erwägungsgründe 14 und 15 der Richtlinie 2009/52/EG vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen lauten:

"(14) In jedem Fall sollte der Arbeitgeber verpflichtet sein, Drittstaatsangehörigen ausstehende Vergütungen für geleistete Arbeit zu zahlen sowie fällige Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Kann die Höhe der Vergütungen nicht festgestellt werden, so wird zumindest von dem Lohn in der Höhe ausgegangen, die in den geltenden Rechtsvorschriften über den Mindestlohn, in den Tarifvereinbarungen oder gemäß den Gepflogenheiten in den entsprechenden Beschäftigungsbranchen vorgesehen ist. Der Arbeitgeber sollte auch verpflichtet werden, gegebenenfalls die Kosten zu tragen, die durch die Überweisung ausstehender Vergütungen in das Land entstehen, in das der illegal beschäftigte Drittstaatsangehörige zurückgekehrt ist oder zurückgeführt oder abgeschoben wurde. In den Fällen, in denen der Arbeitgeber keine ausstehenden Vergütungen entrichtet, sollten die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sein, dieser Verpflichtung anstelle des Arbeitgebers nachzukommen.

(15) Ein illegal beschäftigter Drittstaatsangehöriger sollte aus dem illegalen Beschäftigungsverhältnis oder der Zahlung oder Nachzahlung von Vergütungen, Sozialversicherungsbeiträgen oder Steuern durch den Arbeitgeber oder den Rechtsträger, der für den Arbeitgeber die Zahlung zu leisten hat, kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Zugang zum Arbeitsmarkt herleiten können."

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2009/52/EG :

"Artikel 6

Vom Arbeitgeber zu leistende Nachzahlungen

(1) Bezüglich aller Zuwiderhandlungen gegen das in Artikel 3 niedergelegte Verbot stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Arbeitgeber folgende Zahlungen leisten muss:

a) dem illegal beschäftigten Drittstaatsangehörigen noch zustehende Vergütungen. Als vereinbarte Höhe der Vergütung wird von dem in anwendbaren Gesetzen über Mindestlöhne, in Tarifverträgen oder gemäß den Gepflogenheiten in den entsprechenden Beschäftigungsbranchen mindestens vorgesehenen Lohn ausgegangen, es sei denn entweder der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer kann diese Annahme durch Gegenbeweis ausräumen; dabei sind gegebenenfalls die verbindlichen innerstaatlichen Lohnvorschriften einzuhalten;

b) einen Betrag, der den Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die der Arbeitgeber hätte entrichten müssen, wenn der Drittstaatsangehörige rechtmäßig beschäftigt gewesen wäre, entspricht, einschließlich Säumniszuschläge und diesbezüglicher Geldbußen;

c) gegebenenfalls die Kosten der Überweisung ausstehender Beträge in das Land, in das der Drittstaatsangehörige zurückgekehrt ist oder zurückgeführt wurde.

(2) bis (5) [...]"

3.3. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Zu A)

3.3.1. Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages:

Der bekämpfte Bescheid wurde von der belangten Behörde per Auslands-RSb an die Adresse des Beschwerdeführers in Polen zugestellt und am 17.10.2013 von seiner Tochter übernommen.

Der (nunmehr als Beschwerde zu wertende) Einspruch wurde vom Beschwerdeführer am 25.11.2013 zur Post gegeben und langte am 28.11.2013 bei der Kasse ein.

§ 11 Abs. 1 ZustG sieht vor, dass Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen sind.

Zunächst ist also ein allenfalls bestehender Staatsvertrag anzuwenden; wenn ein solcher nicht besteht, sind die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zuzustellen ist, heranzuziehen. Letztlich soll die "internationale Übung" entscheidend sein (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 (2014) Rz 200/2).

Vom Vorliegen ausländischer Vorschriften iSd § 11 Abs. 1 ZustG ist nur dann auszugehen, wenn diese ausdrücklich auf die Zustellung ausländischer Dokumente, d.h. auch solche österreichischer Behörden, anzuwenden sind (vgl. Wessely, ZfV 2000, 397).

Polen ist dem Europäischen Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungsangelegenheiten nicht beigetreten und laut ÖB Warschau existieren auch keine polnischen Rechtsvorschriften, die die Zustellung ausländischer Dokumente (österreichischer Verwaltungsbehörden) in Polen regeln. Damit bestimmt sich die Zulässigkeit und Form der Zustellung von Dokumenten österreichischer Behörden in Polen nach der internationalen (völkerrechtlichen) Übung. D.h., es ist zu beurteilen, ob und gegebenenfalls welche Form der Zustellung Polen auf seinem Gebiet üblicherweise ohne Protest zulässt und damit stillschweigend gestattet (VwGH 19.3.2003, 2001/03/0045; OGH 10 ObS 376/02w; vgl. ferner Walter/Mayer, Zustellrecht 60 f und Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahren5 355).

Möglich ist die Zustellung im Ausland (nach der internationalen Übung) dann, wenn der Postapparat des Drittstaats behördliche Dokumente ausländischer Behörden zur Beförderung annimmt (vgl. Wessely, ZfV 2000, 398).

Da der Bescheid von der polnischen Post befördert wurde und laut ÖB Warschau Polen die Zustellung von Schriftstücken österreichischer Behörden oder Verwaltungsgerichte auf seinem Gebiet üblicherweise ohne Protest zulässt, war die Zustellung des gegenständlichen Bescheides mit Auslands-RSb (eingeschrieben mit internationalem Rückschein) zulässig.

Die belangte Behörde vermeint jedoch, die an die Tochter des Beschwerdeführers vorgenommene Ersatzzustellung habe bereits die Zustellung des Bescheides bewirkt. Damit verkennt sie aber, dass im Falle der Zustellung eines Schriftstückes einer österreichischen Verwaltungsbehörde in Polen eine Beurteilung der Wirksamkeit der Ersatzzustellung nach § 16 ZustG unzulässig ist. Diese Beurteilung hat anhand der einschlägigen polnischen Rechtsvorschriften zu erfolgen, denen zufolge sowohl im Verwaltungsverfahren vor polnischen Verwaltungsbehörden als auch im Verwaltungsprozess vor polnischen Verwaltungsgerichten der Grundsatz gilt, dass die erste Zustellung persönlich erfolgen muss, da die Partei des Verfahrens/Prozesses über die ihr zustehenden Rechte und Rechtsmittel belehrt werden muss (vgl. VwGH 19.02.2003, 2001/21/0118, wonach sich die Beurteilung der Zulässigkeit einer in Ungarn vorgenommenen Ersatzzustellung an die Ehefrau nach ungarischem Recht zu richten hat und eine Beurteilung nach § 16 ZustG unzulässig ist).

Der Beschwerdeführer hat seinen - unwidersprochen gebliebenen - Angaben zufolge den bekämpften Bescheid erst am 03.11.2013 erhalten. Somit begann die Frist zur Erhebung eines Einspruches erst zu diesem Zeitpunkt zu laufen.

Gemäß § 412 Abs. 1 ASVG in der im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung geltenden Fassung betrug die Einspruchsfrist einen Monat. Gegenständlich langte der Einspruch am 28.11.2013, sohin rechtzeitig, bei der belangten Behörde ein.

Da der Beschwerdeführer mit seinem (rechtzeitigen) Einspruch dem Zustellinhalt entsprechend reagiert hat, ist auch davon auszugehen, dass ein allfälliger Zustellmangel, der in der fehlenden Übersetzung des in deutscher Sprache abgefassten Bescheides bestanden haben könnte, gemäß § 7 ZustG geheilt wäre (s. VwGH, 20.01.2015, Ro 2014/09/0059-0061). Ob ein derartiger Zustellmangel vorliegt, kann daher im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben.

Da ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zulässig ist, wenn eine Frist versäumt wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 Rz 21, mH auf die stRspr des VwGH), ist der vom Beschwerdeführer auf den Verfristungsvorhalt der belangten Behörde hin gestellte Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückzuzuweisen.

Zu B)

3.3.2. Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides:

Im Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides wurde (rechtskräftig) festgestellt, dass der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bei der mitbeteiligten Dienstgeberin in einem der Vollversicherungspflicht unterliegenden Dienstverhältnis beschäftigt war.

Im Spruchpunkt II., welcher Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist, wurde festgestellt, dass das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung der auf diesen Zeitraum entfallenden Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 68 ASVG verjährt sei.

Der Beschwerdeführer genießt gemäß § 225 Abs. 1 Z 1 lit. a ASVG im Verfahren gemäß § 68 Abs. 1 ASVG Parteistellung, weswegen seine Beschwerde gegen Spruchpunkt II. jedenfalls zulässig ist.

Die Begründung des bekämpften Bescheides beschränkt sich auf die Wiedergabe des § 68 Abs. 1 ASVG idgF.

Gemäß § 68 Abs. 1 2. Satz ASVG (in der hier maßgeblichen Fassung der 34. Novelle) beginnt die (damals "reguläre" zweijährige) Verjährungsfrist erst mit dem Tag der Meldung zu laufen, wenn der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht hat. Gemäß dem dritten Satz dieser Bestimmung verlängert sich diese Frist auf fünf Jahre, wenn "keine oder unrichtige Angaben" gemacht wurden.

Der Beschwerdeführer war den (unbekämpft gebliebenen) Feststellungen des angefochtenen Bescheides zufolge im beschwerdegegenständlichen Zeitraum bei der mitbeteiligten Dienstgeberin beschäftigt, ohne zur Sozialversicherung gemeldet zu sein. Auch nachträglich ist keine Meldung erstattet worden.

Nach der stRspr des VwGH (86/08/0105, in jüngerer Zeit 2000/08/0042, 2006/08/0152) beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 68 Abs. 1 2. Satz ASVG erst mit der Meldung zu laufen. Hat allerdings der Dienstgeber - wie im vorliegenden Fall - überhaupt keine Meldung erstattet, so läuft die Verjährungsfrist - im Sinn des ersten Satzes des Abs. 1 leg. cit. - der Rechtsprechung zufolge vom Tag der Fälligkeit der Beiträge (vgl. das Erkenntnis vom 12.02.1987, Zl. 86/08/0105, VwSlg 12397 A/1987).

Gemäß § 58 Abs. 1 ASVG sind die allgemeinen Beiträge am letzten Tag des Kalendermonates fällig, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt. Beitragszeitraum ist gemäß § 44 Abs. 2 ASVG grundsätzlich der Kalendermonat. Demgemäß wären die Beiträge im gegenständlichen Fall bereits mit Ablauf des 31.10.1982 verjährt.

Der Literatur zufolge (Julcher in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg), Der SV-Komm, 70. Lfg. § 68 Rz 11) ist die oben zitierte (auch vom Hauptverband in SozSi 1982, 327 vertretene) Ansicht des VwGH jedoch nicht zwingend. Vielmehr lässt der Wortlaut des § 68 Abs. 1 Satz 2 ASVG auch die Auslegung zu, dass der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist eine Meldung voraussetzt. Das würde zwar, wie der VwGH in 86/08/0105 ausführt, bedeuten, dass Beitragsforderungen im Falle von - wenn auch schuldlos - unterlassenen Meldungen überhaupt nicht verjähren könnten. Zum einen könnte dies aber damit gerechtfertigt werden, dass der Versicherungsträger beim gänzlichen Fehlen von Meldungen - anders als bei "nur" unrichtigen Meldungen - in der Regel mangels Kenntnis von einem die Versicherung- und Beitragspflicht betreffenden Vorgang überhaupt keinen Anlass für (verjährungsunterbrechende) Feststellungsmaßnahmen sehen wird. Zum anderen ließe sich so ein anderer Wertungswiderspruch vermeiden, der mit der vom VwGH vertretenen Auslegung verbunden ist und darin besteht, dass selbst vorsätzlich handelnde Dienstgeber, die die Meldung ganz unterlassen, im Ergebnis gegenüber jenen bevorzugt werden, die "nur" unrichtigen Meldungen erstatten.

Für diese Ansicht sprechen auch die Gesetzesmaterialien.

Der zweite Satz des § 68 Abs. 1 ASVG wurde mit der 34. Novelle (BGBl. Nr. 530/1979) eingefügt. In der Regierungsvorlage war er (in dieser Form) noch nicht enthalten. Vorgesehen war lediglich, den bisherigen zweiten (nunmehr dritten) Satz zu ändern. Mit den Änderungen war den Erläuterungen zufolge die Klarstellung beabsichtigt, dass auch unterlassene Änderungsmeldungen zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist (von zwei auf fünf Jahre) führen sollen. Mit der Anfügung des (in der im Ausschuss beschlossenen Fassung nicht mehr enthaltenen) Nebensatzes "oder wenn der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht hat" sollte erreicht werden, dass auch bei Nichteinhaltung der Meldefristen die längere Verjährungsfrist zur Geltung kommt, und dem Meldepflichtigen die Einrede genommen werden, dass er ja nicht "keine Angaben" getätigt hat, sondern nur mit der Meldung in Verzug geraten ist (s. dazu die Erläuterungen zur RV 92 BlgNR 15. GP ).

Der (nunmehrige) zweite Satz des § 68 Abs. 1 leg. cit. wurde erst im Ausschuss für soziale Verwaltung eingefügt. Der Ausschussbericht (151 BglNR 15. GP) begründet die Änderung nicht. Da sich jedoch der Tatbestand "Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht" gegenüber der Regierungsvorlage nicht geändert hat, können die Erläuterungen zur Regierungsvorlage Aufschluss darüber geben, welche Fälle der Gesetzgeber damit erfassen wollte. Wenngleich die Änderung des § 68 Abs. 1 ASVG primär den Zweck verfolgte, nunmehr ausdrücklich auch unterlassene Änderungsmeldungen zu erfassen, ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung nicht alle in § 33 ff. ASVG verpflichtend vorgesehenen Meldungen erfassen wollte. Vielmehr ist ohne Einschränkung von der "Nichteinhaltung der Meldefristen" die Rede.

Dass der Gesetzgeber gerade die (fristgerechte) Anmeldung von Dienstnehmern gemäß § 33 leg. cit. ausschließen wollte, ist auch dem Wortlaut der Regelung nicht zu entnehmen, wenn man unter dem (ebenfalls neu eingeführten) Begriff "keine Angaben" im dritten Satz (bisher: "überhaupt keine Angaben") die Unterlassung von Angaben (z.B. über zusätzlich gewährte Entgelte) im Zuge einer bereits erfolgten Meldung und nicht die Nichtmeldung von Dienstnehmern versteht. Mit diesem Verständnis des Begriffes "keine Angaben" löst sich auch der vom VwGH (s. insb. das Erkenntnis vom 17.03.2004, 2000/08/0042) ins Treffen geführt Widerspruch zum dritten Satz des § 68 Abs. 1 ASVG auf. Wäre unter dem dort normierten Tatbestand ("keine Angaben") die Nichtmeldung eines Dienstnehmers zu subsumieren, wie der VwGH in seiner stRspr begründet, läge tatsächlich ein Widerspruch vor, weil die im dritten Satz angeordnete Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre deren Beginn und Lauf voraussetzt. Versteht man darunter jedoch die Unterlassung von Angaben im Zuge einer bereits erfolgten fristgerechten Meldung besteht dieser Widerspruch nicht.

Für die von Julcher (a.a.O.) vertretenen Ansicht, dass im Falle einer unterlassenen Meldung überhaupt keine Verjährung eintreten könnte, spricht auch die zum (durchaus im Sachzusammenhang stehenden) § 40 GSVG ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt VwGH 15.10.2014, 2012/08/0109, und 16.12.2014, 2012/08/0147). Danach können die auf Grund einer versicherungspflichtigen (selbständigen) Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zu zahlenden Beiträge nicht vor der Feststellung der Versicherungspflicht fällig werden, wenn die Feststellung erst bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines anderen Einkommensnachweises erfolgen kann und keine Erklärung über die Höhe der erwarteten Einkünfte vorliegt. Somit beginnt auch hier die Verjährungsfrist erst mit der Kenntnis des Versicherungsträgers von der versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit und der damit verbundenen Möglichkeit, Beiträge vorzuschreiben, zu laufen.

Schließlich ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Beschäftigung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Beschwerdeführer als polnischer Staatsangehöriger noch Drittstaatsangehöriger im Sinne der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.06.2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen, (sog. Schwarzarbeitsrichtlinie) war und - den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zufolge - vom mitbeteiligten Dienstgeber ohne die zum damaligen Zeitpunkt erforderlichen Genehmigungen beschäftigt wurde.

Damit ist die (seit 20.07.2011 verbindliche) Richtlinie 2009/52/EG auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Dass die Anwendung auf Sachverhalte, die sich vor Veröffentlichung der Richtlinie am 30.06.2009 ereignet haben, ausgeschlossen sein soll, ist der Richtlinie nicht zu entnehmen. Vielmehr geht aus ihrem Wortlaut, Zweck und Aufbau (vgl. das Urteil des EuGH vom 09.03.2006, Rs C-293/04 , Beemsterboer Coldstore Services BV, Rn 21) eindeutig hervor, dass sie (mit Ausnahme der strafrechtlichen Sanktionen gemäß Art. 10) auch auf derartige Sachverhalte Anwendung finden soll.

Im 14. Erwägungsgrund der Richtlinie ist vorgesehen, dass der (illegal beschäftigende) Arbeitgeber in jedem Fall verpflichtet sein sollte, Drittstaatsangehörigen ausstehende Vergütungen für geleistete Arbeit zu zahlen sowie fällige Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

Auch der 15. Erwägungsgrund geht davon aus, dass der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten hat (arg. "Nachzahlung von [...] Sozialversicherungsbeiträgen [...] durch den Arbeitgeber").

Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 lit. b der Richtlinie ("[Zahlung eines] Betrag[es], der den Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, die der Arbeitgeber hätte entrichten müssen, wenn der Drittstaatsangehörige rechtmäßig beschäftigt gewesen wäre, entspricht [...]") könnte zwar auch so verstanden werden, dass es ebenfalls richtlinienkonform wäre, wenn der Dienstgeber für vorenthaltene Beiträge "nur" Schadenersatz leisten müsste. Dies ist jedoch nach der österreichischen Rechtslage ausgeschlossen, weil laut OGH idR eine Schadensminderungs- bzw. -abwehrpflicht des Arbeitnehmers besteht, die im Fall einer unbewilligten Beschäftigung den Schadenersatzanspruch zur Gänze ausschließt (OGH 26.11.2012, 9 ObA 134/12i, ecolex 2013/109, 269).

Damit dürfte auch die Richtlinie einer Regelung, der zufolge die Verpflichtung zur Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen - unabhängig davon, ob der Sozialversicherungsträger von der Versicherungspflicht Kenntnis hat - bereits nach zwei (nunmehr: drei) bzw. (laut VwGH im Falle keiner Angaben) fünf Jahren verjährt, entgegenstehen und eine gemeinschaftskonforme Auslegung des § 68 Abs. 1 ASVG nahelegen, dass im Falle der Unterlassung der Anmeldung eines Dienstnehmers jedenfalls in den von der Richtlinie erfassten Fällen die Verjährungsfrist nicht schon mit der Fälligkeit der Beiträge, sondern erst mit Meldung bzw. (in Ermangelung einer solchen wohl) mit der Kenntnis des Sozialversicherungsträgers vom Meldeverstoß zu laufen beginnt.

Die o.a. Erwägungen sprechen dafür, dass die Verjährungsfrist im Falle der Nichtmeldung eines Dienstnehmers erst mit der Meldung bzw. mit der Kenntnis des Sozialversicherungsträgers vom Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses zu laufen beginnt.

Da die Verjährungsfrist mangels Anmeldung des Beschwerdeführers zur Sozialversicherung somit erst mit der amtswegigen Einleitung des Feststellungsverfahrens am 19.10.2012 (an das Servicecenter Klosterneuburg gerichtetes Ersuchen der Versicherungsabteilung der NÖGKK um Aufnahme von Ermittlungen) zu laufen begonnen hat und auf diesen Sachverhalt nunmehr die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 68 Abs. 1 ASVG idgF anzuwenden ist, ist das Recht, die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen festzustellen, im vorliegenden Fall noch nicht verjährt.

Ermittlungspflicht der belangten Behörde

Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Im gegenständlichen Fall erweist sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt als mangelhaft, weil die belangte Behörde in der fälschlichen Annahme, die Beiträge seien verjährt, keine Feststellungen zu dem dem Beschwerdeführer im beschwerdegegenständlichen Zeitraum gebührenden Entgelt und den Beitragsgrundlagen sowie zur Höhe der von der mitbeteiligten Dienstgeberin zu leistenden Zahlung getroffen hat.

Dementsprechend steht der maßgebliche Sachverhalt nicht fest, weswegen die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zurückzuverweisen ist.

Die Vornahme der ausstehenden Ermittlungen durch das Bundesverwaltungsgericht ist weder im Interesse der Raschheit gelegen noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden.

3.4. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 3 1. Satz VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Die Beschwerdeführerin hat einen solchen Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung von Amts wegen war gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG nicht für erforderlich, da der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt war.

Zu C) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen diese Entscheidung ist zulässig, weil sie hinsichtlich der Frage der Feststellungsverjährung gemäß § 68 Abs. 1 ASVG von der bisherigen, unter Spruchpunkt B) zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG deckt sich die vorliegende Entscheidung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, welcher in seinem Grundsatzerkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, ausgesprochen hat, dass die Zurückverweisung einer Rechtssache durch das Verwaltungsgericht zulässig ist, wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall - jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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