IKT-NV §3
VwGVG §28 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
IKT-NV §3
VwGVG §28 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W106.2009888.1.00
Spruch:
beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Irene BICHLER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas KÖNIG, Dominikanerbastei 17/5, 1010 Wien, gegen die belangte Behörde Bundesministerin für Inneres, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Herausgabe von persönlichen Daten im EDV-System der Behörde, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der Antrag vom 17.12.2013 gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 3 der IKT-Nutzungsverordnung - IKT-NV, BGBl. II Nr. 281/2009 zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
(04.02.2015)
Text
BEGRÜNDUNG:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
I.1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Stammdienststelle ist das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im Bundesministerium für Inneres. Vom 01.09.2011 bis 19.03.2012 war er der Abteilung I/9, Sicherheitsakademie, zur Dienstleistung zugewiesen.
Mit Schreiben vom 20.06.2014 erhob der BF Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 und Art. 132 Abs. 3 B-VG, welche am 26.06.2014 bei der belangten Behörde (Bundesministerin für Inneres) einlangte. Hiezu stellte der BF folgenden Sachverhalt dar:
Auf einen im Juli 2012 an den Direktor der Sicherheitsakademie gerichteten Antrag des BF, ihm jene im EDV-System im persönlichen Ordner des BF gespeicherten Daten auf einen oder mehrere Datenträger (CD oder DVD) zu sichern und ihm gegen Kostenersatz zu übersenden, habe der Dienststellenleiter dem BF per Mail geantwortet, dass es dem BF als Beamten des Aktivstandes weiterhin selbst möglich sei, unter Einhaltung der technischen Sicherheitsrichtlinien der Behörde auf seine Daten im BAKS zuzugreifen. Der Beschwerdevertreter beantwortete diese E-Mail vom 16.07.2012 noch am selben Tag dahingehend, dass der BF keine Möglichkeit habe, auf seine Daten im BAKS zuzugreifen, der ursprüngliche Antrag werde daher aufrechterhalten.
Infolge weiterer Untätigkeit des Dienststellenleiters habe der BF mit Schreiben vom 17.12.2013 beantragt, die Bundesministerin für Inneres möge jene persönlichen Daten am Server der Sicherheitsakademie im persönlichen Ordner des BF im EDV-System sichern und dem BF unter Wahrung der gebotenen Geheimhaltung gegen Kostenersatz übersenden, in eventu dem Rechtsvertreter des BF oder einem von diesem Beauftragten Zugang zum Serversystem - eingeschränkt auf jenen Speicherbereich, auf dem sich ausschließlich die Daten des BF befinden - gewähren, sodass dessen persönlichen Daten selber auf einen Datenträger übertragen bzw. gesichert werden können. Für den Fall, dass die Bundesministerin für Inneres der Auffassung sei, der gestellte Antrag bestehe nicht zu Recht, sei der Eventualantrag gestellt worden, die Bundesministerin möge darüber mit Bescheid absprechen.
Der BF erachte sich dadurch, dass die Bundesministerin für Inneres durch mehr als sechs Monate untätig geblieben sei, in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Sachentscheidung verletzt.
Durch Vorlage der Kopie des E-Mails vom 17.12.2013, 14:26 Uhr, sowie eines Aktenvermerks vom 20.06.2014, aus dem hervorgehe, dass diese E-Mail tatsächlich am 17.12.2013 an der E-Mail-Adresse "ministerbuero@bmi.gv.at " eingelangt sei, mache der BF gemäß § 9 Abs. 5 VwGVG glaubhaft, dass seit dem Einlangen des Schriftsatzes eine Frist von mehr als sechs Monaten verstrichen und daher die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG abgelaufen sei.
Es werden an das Bundesverwaltungsgericht folgende Anträge gestellt:
gemäß § 24 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen und
gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und festzustellen, dass der Antrag des BF, die Bundesministerin für Inneres möge jene persönlichen Daten am Server der Sicherheitsakademie die in dessen persönlichen Ordner im EDV-System gespeichert sind, auf einen oder mehrere Datenträger (CD, DVD oder USB-Stick) sichern und diesem die Datenträger unter Wahrung der gebotenen Geheimhaltung gegen Kostenersatz übersenden, in eventu dessen Rechtsvertreter oder einem von diesem Beauftragten Zugang zum Serversystem - eingeschränkt auf jenen Speicherbereich, auf dem sich ausschließlich die Daten des BF befinden - zu gewähren, sodass dessen persönlichen Daten selber auf einen Datenträger übertragen bzw. gesichert werden können, zu Recht besteht.
I.2. Mit Schreiben vom 14.07.2014 legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verfahrensakt vor und vertrat sie darin die Rechtsmeinung, dass eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Sachverhalt:
Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten Sachverhalt aus. Der verfahrenseinleitende Antrag des BF sowie sein Begehren sind unstrittig.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.
2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels materienspezifischer Sonderregelung Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 iVm Abs. 4 VwGVG hat die Säumnisbeschwerde das Begehren zu enthalten. Als belangte Behörde ist die Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache begehrt wurde. Ferner ist glaubhaft zu machen, dass die Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 8 Abs. 1 abgelaufen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Bestimmung des § 73 Abs. 1 AVG, ausführt, ist ein "Antrag" (grundsätzlich) ein Anbringen, das auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet ist; auch über Anträge, die unzulässig sind, etwa mangels Legitimation, hat die Behörde durch - zurückweisenden - Bescheid zu entscheiden. Nicht von Bedeutung ist daher, ob eine (stattgebende oder ablehnende) Sachentscheidung oder eine verfahrensrechtliche Entscheidung (zB Zurückweisung) zu ergehen hat (VwGH 25.03.2010, 2008/05/0229; 27.11.2014, 2013/03/0152, mwN). Diese Rechtsprechung ist auf die Bestimmung des § 8 VwGVG, welche dem § 73 Abs. 1 AVG nachgebildet ist, in gleicher Weise übertragbar.
Im Beschwerdefall ist in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon auszugehen, dass der verfahrenseinleitende Antrag des BF am 17.12.2013 bei der belangten Behörde eingelangt ist. Von der Behörde wird diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorgebracht. Der Antrag ist - zumindest im Umfang seines Eventualbegehrens - auch als Antrag auf Erlassung eines Bescheides zu werten.
Indem die Behörde über diesen Antrag nicht innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist entschieden hat und auch nicht ersichtlich ist, dass die Behörde an der Verzögerung kein überwiegendes Verschulden trifft, ist die (Säumnis)Beschwerde zulässig.
Zum verfahrenseinleitenden Antrag vom 17. Dezember 2013:
Der BF begehrte mit diesem Antrag die Herausgabe von persönlichen Daten, welche im EDV-System der Behörde in einem persönlichen Ordner des BF gespeichert sind, deren Sicherung auf Datenträger und die Zusendung derselben, "in eventu" die Gewährung eines Zuganges zu diesen Daten und für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben wird, beantragte er die bescheidmäßige Absprache darüber.
Die private Nutzung dienstlich zur Verfügung gestellter Infrastruktur des Bundes wird durch die IKT-Nutzungsverordnung - IKT-NV, BGBl. II Nr. 281/2009, geregelt.
Nach § 3 der Verordnung ist die private Nutzung der für den Dienstbetrieb zur Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur für private Zwecke nur im eingeschränkten Ausmaß zulässig. Eine solche darf nicht missbräuchlich erfolgen, dem Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht schaden und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der IKT-Infrastruktur nicht gefährden. Die Bediensteten haben keinen Anspruch auf private Nutzung der vom Dienstgeber für den Dienstbetrieb zur Verfügung gestellten IKT-Infrastruktur.
§ 7 der Verordnung normiert, dass der Speicherplatz für private Daten von den dienstlichen Bereichen bestmöglich zu trennen und zu kennzeichnen ist. Ein Recht auf Zurückführung von Daten bei Datenverlust sowie auf ausreichenden Speicherplatz zur Ablage privater Daten oder zur Sicherung dieser Daten besteht nicht. Der Dienstgeber haftet in keinem Fall für den Verlust privater Daten.
Bereits aus diesen Bestimmungen folgt, dass es sich bei der dem Dienstnehmer eingeräumten (eingeschränkten) privaten Nutzungsmöglichkeit der IKT-Infrastruktur um eine freiwillige Leistung des Dienstgebers handelt, woraus der Dienstnehmer gegenüber seinem Dienstgeber Bund kein subjektives Recht ableiten kann und woraus weiter folgt, dass der Dienstnehmer aus der ihm eingeräumten privaten Nutzung der IKT-Infrastruktur aber auch keine Ansprüche geltend machen kann.
Es steht im Belieben des Antragstellers, die von ihm im EDV-System der Behörde gespeicherten persönlichen Daten, auf die der Dienstgeber auch gar keinen berechtigten Zugriff hat und über welche der BF allein Nutzungsberechtigter ist, auf die von ihm gewünschten Datenträger zu speichern, darauf zuzugreifen oder beliebig darüber zu verfügen. Dass ihm die belangte Behörde bzw. ein Organ der Behörde dies verweigert hätte, ist aus den vorliegenden Akten nicht ersichtlich, vielmehr wurde der BF auf diese Möglichkeit vom Direktor der Sicherheitsakademie mit Mail vom 16.07.2012 sogar ausdrücklich hingewiesen.
Aus diesen Überlegungen folgt, dass der Antrag des BF zurückzuweisen ist.
Was den Eventualantrag auf bescheidmäßige Absprache betrifft, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff des Eventualantrages zu verweisen. Danach stellt ein Eventualantrag keine bloße "Ergänzung" des Hauptantrages oder eine "Antragsänderung" dar; es handelt sich dabei um einen eigenständig zu beurteilenden (weiteren) Antrag, der unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Eine Entscheidung über den Eventualantrag ist somit überhaupt erst zulässig, wenn über den Hauptantrag (abschlägig) entschieden worden ist (VwGH 28.05.2014, 2013/07/0282).
Der Eventualantrag des BF, die belangte Behörde möge über den Antrag auf Herausgabe der persönlichen Daten oder auf Gewährung eines Zuganges zum EDV-System mit Bescheid absprechen, stellt aber im Verständnis der soeben dargelegten Begriffsdefinition des Eventualantrags in Wahrheit keinen eigenständig zu beurteilenden weiteren Antrag dar, sondern begehrt der BF damit bloß die bescheidmäßige Absprache über seinen "Primärantrag". Die Zurückweisung des "Primärantrages" impliziert jedoch die bescheidmäßige Erledigung des Antrags, sodass sich eine gesonderte Erledigung des "Eventualantrags" als nicht zielführend erübrigte.Zu B) Zulässigkeit der Revision: Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die in Erledigung der Säumnisbeschwerde zu treffende Zurückweisung des Antrags aufgrund der unbestrittenen Sach- und Rechtslage sowie der zitierten Rechtsprechung des VwGH getroffen werden konnte. Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
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