BVwG W104 2008363-1

BVwGW104 2008363-126.9.2014

AVG 1950 §13 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §10 Abs1
UVP-G 2000 §19 Abs11
UVP-G 2000 §24f Abs6
UVP-G 2000 §24f Abs8
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
AVG 1950 §13 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §10 Abs1
UVP-G 2000 §19 Abs11
UVP-G 2000 §24f Abs6
UVP-G 2000 §24f Abs8
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W104.2008363.1.00

 

Spruch:

W104 2008363-1/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Baumgartner als Vorsitzenden und die Richter Dr. Andrä und Mag. Büchele als Beisitzer über die Beschwerden der Bürgerinitiative "XXXX" und der Bürgerinitiative "XXXX" gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 28.3.2014, Zl. MIW2-NA-0868/0001, betreffend die Bewilligung nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000 für den im Verwaltungsbezirk Mistelbach gelegenen Projektteil der A5 Nord A, beschlossen:

A)

I. Die Beschwerde der Bürgerinitiative "XXXX" wird gemäß § 28 Abs. 1 i. V.m. § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

II. Das Verfahren über die Beschwerde der Bürgerinitiative "XXXX" wird eingestellt.

B)

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 28.3.2014, Zl. MIW2-NA-0868/001, wurde der XXXX, vertreten durch die XXXX die Bewilligung für Errichtung und Betrieb des im Verwaltungsbezirk Mistelbach gelegenen Projektsteils des Abschnittes Schrick-Poysbrunn (km 23,7+27,855 - km 48,4+60.000) der A5 Nord Autobahn ("A5 Nord A") nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000 erteilt. Dagegen brachten die tschechische Bürgerinitiative "XXXX" ("XXXX") und die Bürgerinitiative "XXXX" rechtzeitig Beschwerde bei der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach ein.

In der Beschwerde der Bürgerinitiative "XXXX" wird die Revidierung des betreffenden Autobahnabschnittes und die Neudurchführung eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens gemeinsam mit der Tschechischen Republik gefordert. Dies wird mit größeren Umweltauswirkungen der gewählten Variante gegenüber einer anderen Variante über Reinthal/Breclav und möglichen Auswirkungen über die Straßenabwässer, die in den Mühlbach geleitet werden, auf Natura-2000-Gebiete auf tschechischem Staatsgebiet begründet.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach legte diese Beschwerden mit Schreiben vom 28.3.2014 dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vor.

3. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich leitete die Beschwerde mit Schreiben vom 27.5.2014 gem. § 6 AVG an das Bundesverwaltungsgericht weiter.

4. Mit Schreiben vom 13.8.2014 nahm die Projektwerberin zu den Beschwerden Stellung. Darin wird zur Beeinträchtigung des nach Tschechien abfließenden Mühlbachs mit näherer Begründung u.a. dargelegt, dass die Reinigung der Straßenabwässer dem Stand der Technik entspreche und eine Einleitung chloridbelasteter Winterwässer in den Mühlbach nicht mehr vorgesehen sei, sondern diese in größere Vorfluter in Österreich abgeleitet würden. Zu dieser Stellungnahme erhielt die Bürgerinitiative "XXXX" vom Gericht rechtliches Gehör. Mit Schreiben vom 10.9.2014 nimmt diese Beschwerdeführerin zur Stellungnahme der Projektwerberin Stellung, wobei sie auf der detaillierten Auseinandersetzung mit ihren Beschwerdepunkten und auf die Aufhebung des Naturschutzbescheids besteht.

5. Mit E-Mail vom 19.8.2014 zog die Bürgerinitiative "XXXX" ihre Beschwerde zurück.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Fest steht, dass für das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Vorhaben von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem 3. Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 i.d.F. BGBl. I Nr. 95/2013, durchgeführt wurde, die in entsprechende Genehmigungsbescheide vom 18.11.2009 und vom 24.6.2013 mündete. In diesen Verfahren wurde das Vorhaben von Österreich der Tschechischen Republik nicht gemäß § 10 Abs. 1 UVP-G 2000 notifiziert, da davon ausgegangen wurde, dass das Vorhaben voraussichtlich keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt der Tschechischen Republik hat. Ein entsprechendes Ersuchen wurde auch nicht von der Tschechischen Republik gestellt (siehe Bescheid der BMVIT vom 24.6.2013, GZ BMVIT-312.505/0017-IV/ST-ALG/2013). Die Beschwerde u.a. einer tschechischen Gemeinde und zweier tschechischer Nichtregierungsorganisationen gegen den ursprünglichen Genehmigungsbescheid des BMVIT vom 18.11.2009, in der vorgebracht worden war, Österreich habe das Vorhaben zu Unrecht der Tschechischen Republik nicht notifiziert, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.8.2011, Zl. 2010/06/0002 abgewiesen bzw. im Fall einer tschechischen Nichtregierungsorganisation zurückgewiesen. Die Zurückweisung der Beschwerde der tschechischen Umweltorganisation erfolgte mit der Begründung, dass die Tatbestandsvoraussetzung der Benachrichtigung der Tschechischen Republik für die Parteistellung der Umweltorganisation nicht vorliege und diese Benachrichtigung auch nicht zu Unrecht unterblieben sei. Als maßgeblich erschien dem Verwaltungsgerichtshof auch, dass die Tschechische Republik selbst auch keine entsprechende Notifikation des Vorhabens verlangt hat.

Das Vorhaben wurde nach dieser Entscheidung in einigen Punkten geändert; in Bezug auf die grenzüberschreitenden Auswirkungen kam es jedoch entweder zu keinen Änderungen oder zu wesentlichen Verbesserungen (keine Einleitung chloridbelasteter Winterwässer in den Mühlbach mehr). Eine Beeinträchtigung von Natura-2000-Gebieten im In- oder Ausland scheint auf Grund summarischer Prüfung der Antragsunterlagen und der ergänzenden Gutachten unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Projektwerberin und der Berufungswerberin "XXXX" ausgeschlossen. Es ergibt sich somit keine Änderung gegenüber dem dargestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.8.2011.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 i.d.F. BGBl. I Nr. 14/2014, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Dies gilt für die konzentrierten Genehmigungsbescheide nach dem 2. Abschnitt ebenso wie für sämtliche teilkonzentrierte Genehmigungsbescheide nach dem 3. Abschnitt des UVP-G 2000, auch die von der Landesregierung nach § 24 Abs. 3 - oder - auf Grund alter Rechtslage - von einer anderen Behörde, etwa einer Bezirksverwaltungsbehörde oder dem Landeshauptmann - zu erlassenden Bescheide (RV 2252 Blg NR 24. GP, Erläuterungen zu § 40 UVP-G 2000; VwGH 26.6.2014, 2013/03/0062). Die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde gegen eine Entscheidung nach NÖ Naturschutzgesetz 2000, in der das UVP-G 2000 mitanzuwenden war, obliegt daher dem Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (im konkreten Fall das UVP-G 2000).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden nur dann durch Erkenntnis zu entscheiden, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2.2. Zu Spruchpunkt A I - Unzulässigkeit der Beschwerde der Bürgerinitiative "XXXX":

Beschwerde an das Verwaltungsgericht können gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG nur Personen erheben, die in ihren Rechten verletzt zu sein behaupten. Dies kann nur auf jene Personen zutreffen, die bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten oder haben hätten müssen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anm. 4 zu § 18 VwGVG).

Bei dem mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen naturschutzrechtlichen Verfahren handelt es sich um ein dem UVP-Verfahren nachfolgendes Genehmigungsverfahren gemäß § 24f Abs. 6 UVP-G 2000 (i.d. gem. § 46 Abs. 23 hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle 2012, BGBl. I Nr. 77/2012). Gemäß § 24f Abs. 8 UVP-G 2000 haben in diesen Verfahren ausländische Umweltorganisationen gemäß § 19 Abs. 11 Parteistellung nach Maßgabe des §19.

Gemäß § 19 Abs. 11 UVP-G 2000 kommt einer Umweltorganisation aus einem anderen Staat Parteistellung zu, wenn eine Benachrichtigung des anderen Staates gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 leg. cit. erfolgt ist, sich die Auswirkungen auf jenen Teil der Umwelt des anderen Staates erstrecken, für deren Schutz die Umweltorganisation eintritt und sich die Umweltorganisation im anderen Staat am Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung und am Genehmigungsverfahren beteiligen könnte, wenn das Vorhaben in diesem Staat verwirklicht würde.

Eine derartige Notifikation ist im Fall des gegenständlichen Vorhabens nicht erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch mit Erkenntnis vom 24.8.2011, Zl. 2010/06/0002, zum ursprünglich genehmigten Vorhaben bereits ausgesprochen, dass die Benachrichtigung der Tschechischen Republik gemäß § 10 Abs. 1 UVP-G 2000 nicht zu Unrecht unterblieben ist. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind, wie aufgezeigt, keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass diese Frage für das geänderte Vorhaben anders zu beurteilen wäre.

2.3. Zu Spruchpunkt A II - Einstellung des Beschwerdeverfahrens der Bürgerinitiative "XXXX":

Wird eine Beschwerde zurückgezogen, ist das Verfahren - mit Beschluss - einzustellen (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 66 Rz 56; Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 Anm. 5). Der behördliche Bescheid erlangt formelle Rechtskraft.

2.4. Zu Spruchteil B - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Der Wortlaut des § 19 Abs. 11 UVP-G 2000 ist i.V.m. dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.8.2011, Zl. 2010/06/0002 eindeutig, die Rechtslage zu Spruchpunkt A I ist daher geklärt.

Auch in Spruchpunkt A II weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 25.7.2013, 2013/07/0106).

Auf Grund dieser Rechtslage wäre eine Revision ohne Aussicht auf Erfolg. Die Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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