VfGH G396/2015

VfGHG396/201522.9.2015

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der StPO betr die Ausschließung von Richtern; Entscheidung über die Ablehnung eines Richters keine in erster Instanz entschiedene Rechtssache

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
StPO §45 Abs1, Abs2, Abs3
VfGG §62a Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
StPO §45 Abs1, Abs2, Abs3
VfGG §62a Abs1

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1.1. Gegen den Antragsteller ist (jeweils iZm einem seine minderjährige Tochter betreffenden Obsorgestreit) zum einen beim Bezirksgericht Wiener Neustadt zu Z 4 U8/15b ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Vergehens der Urkundenfälschungnach §223 Abs2 StGB anhängig; im Zuge dieses Verfahren lehnte er das Bezirksgericht Wiener Neustadt sowie das übergeordnete Landesgericht Wiener Neustadt in toto wegen Befangenheit ab.

Mit Beschluss vom 2. Juli 2015, ZJ v 1982/15v-7b, sprach das Landesgericht Wiener Neustadt (durch seine Präsidentin) aus, dass der Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt nicht ausgeschlossen sei.

Mit Beschluss (des Präsidenten) des Oberlandesgerichtes Wien vom 17. Juni 2015, Z 32 Ns 28/15x, wurde festgestellt, dass keine Ausgeschlossenheit der Präsidentin des Landesgerichtes Wiener Neustadt vorliege.

1.2. Zum anderen ist beim Landesgericht Wiener Neustadt zu Z 15 Bl 97/14x ein Verfahren zur Entscheidung über einen vom Antragsteller in dem von ihm gegen die im Bezug habenden Obsorgeverfahren zuständige Richterin des Bezirksgerichtes Mödling u.a. wegen des Verdachts des Verbrechens des Amtsmissbrauchs nach §302 Abs1 StGB initiierten (und von der Staatsanwaltschaft eingestellten) Strafverfahren eingebrachten Fortführungsantrag anhängig. Auch in diesem Verfahren lehnte er das Landesgericht Wiener Neustadt pauschal ab.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2015, Z 31 Ns 30/15s, sprach das Oberlandesgericht Wien (durch seinen Präsidenten) auch insoweit aus, dass die Präsidentin des Landesgericht Wiener Neustadt nicht ausgeschlossen sei.

Mit Beschluss (der Präsidentin) des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 30. Juni 2015, ZJ v 2000/15s-7b, wurde dem Ablehnungsantrag (im Übrigen) keine Folge gegeben.

2. Gegen diese Beschlüsse erhob der Antragsteller jeweils am 16. Juli 2015 Beschwerde. Am 13. August 2015 stellte er sodann beim Verfassungsgerichtshof den auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag, §45 Abs2 zweiter Satz und Abs3 StPO als verfassungswidrig aufzuheben.

Das gemäß §62a Abs5 VfGG von der Antragstellung verständigte Oberlandesgericht Wien teilte mit, dass die gegen seine Beschlüsse erhobenen Beschwerden gemäß §45 Abs3 StPO unzulässig seien und gemäß §88 Abs1 StPO auch verspätet wären. Das – von der Antragstellung ebenfalls verständigte – Landesgericht Wiener Neustadt legte die Akten vor und wies ebenfalls auf die Unzulässigkeit der gegen seine Beschlüsse erhobenen Beschwerden hin.

3. Der Antrag ist unzulässig.

3.1. Gemäß dem mit BGBl I 114/2013 in das B‑VG eingefügten, mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretenen Art140 Abs1 Z1 litd erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

§62a Abs1 erster Satz VfGG idF BGBl I 92/2014 ordnet an, dass "eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel erhebt und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, […] gleichzeitig einen Antrag stellen [kann], das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben".

3.2. In der Entscheidung über die Ablehnung bzw. Ausgeschlossenheit eines Richters liegt keine in erster Instanz entschiedene Rechtssache iSd Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG und §62a Abs1 VfGG. Eine allfällige Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters kann nämlich als Nichtigkeitsgrund (vgl. §§281 Abs1 Z1 und 4, 345 Abs1 Z1 und 5, 468 Abs1 Z1 und 3, 489 Abs1 StPO) geltend gemacht werden (vgl. VfGH 2.7.2015, G133/2015, und 22.9.2015, G341/2015).

Der Parteiantrag wurde – entgegen Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG und §62a Abs1 erster VfGG – auch nicht aus Anlass der bzw. gleichzeitig mit den gegen die unter Pkt. 1. genannten Beschlüsse am 16. Juli 2015 erhobenen Beschwerden gestellt; dieser wurde vielmehr erst am 13. August 2015, also nach Ablauf der in §88 Abs1 StPO für Beschwerden vorgesehenen vierzehntägigen Frist, beim Verfassungsgerichtshof eingebracht (vgl. VfGH 22.9.2015, G340/2015).

Dem Antragsteller fehlt es daher an der Legitimation zur Antragstellung nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG.

4. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

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