VfGH G133/2015

VfGHG133/20152.7.2015

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung einer Bestimmung der StPO mangels Legitimation; kein zulässiges Rechtsmittel erhoben

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
VfGG §62a Abs1
StPO §61 Abs2
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
VfGG §62a Abs1
StPO §61 Abs2

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Gegen den Antragsteller ist beim Landesgericht Klagenfurt zZ 18 Hv 66/13h u.a. wegen des Vorwurfs des Verbrechens der Untreue nach §153 Abs1 und 2 zweiter Fall StGB ein Strafverfahren im Stadium der Hauptverhandlung anhängig. Für dieses Verfahren wurde dem Antragsteller gemäß §61 Abs2 StPO ein Verteidiger beigegeben.

1.1. In der Hauptverhandlung vom 3. März 2015 begehrte der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beigebung (auch) eines "Privatsachverständigen" für das Banken- und Kreditwesen zwecks Unterstützung seiner Verteidigung bei der Befragung des gerichtlich bestellten Sachverständigen. Der Antrag wurde vom Landesgericht Klagenfurt mit in der Hauptverhandlung mündlich verkündetem Beschluss abgewiesen.

1.2. Dagegen erhob der Antragsteller am 17. März 2015 Beschwerde an das Oberlandesgericht Graz und stellte am selben Tag beim Verfassungsgerichtshof den auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag, §61 Abs2 StPO als verfassungswidrig aufzuheben, weil danach zwar die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers, nicht aber die Beigebung eines "Privatsachverständigen" vorgesehen sei.

Die angeführte Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 2. April 2015 als unzulässig zurückgewiesen: Das Schöffengericht habe über in der Hauptverhandlung gestellte Anträge mit jedenfalls vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu verkündendem Beschluss zu entscheiden. Ein gesondertes, die weitere Verhandlung hemmendes Rechtsmittel stehe dem Angeklagten nicht zu (§238 Abs3 StPO). Die Abweisung derartiger Anträge sei erst nach Urteilsfällung mit Nichtigkeitsbeschwerde (§281 Abs1 Z4 StPO) bekämpfbar.

2. Gemäß dem mit BGBl I 114/2013 in das B‑VG eingefügten, mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretenen Art140 Abs1 Z1 litd erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

§62a Abs1 erster Satz VfGG idF BGBl I 92/2014 ordnet an, dass "eine Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache rechtzeitig ein zulässiges Rechtsmittel erhebt und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, […] gleichzeitig einen Antrag stellen [kann], das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben".

3. Im konkreten Fall liegt jedenfalls kein zulässiges Rechtsmittel iSd §62a Abs1 erster Satz VfGG vor. Schon deshalb fehlt dem Einschreiter die Legitimation zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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