Umfang der außergewöhnlichen Belastung bei teilweisem Krankheitskostenersatz durch die Versicherung im darauffolgenden Veranlagungsjahr
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Trias Wirtschaftstreuhand GmbH, 6800 Feldkirch, Reichsstraße 126, vom 28. März 2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 8. März 2011 betreffend Einkommensteuer 2009 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
In der Facharztordination des Berufungswerbers fand für die Jahre 2007 bis 2009 eine UVA-Prüfung gemäß § 151 Abs.3 BAO statt. Dabei wurde festgestellt, dass der Berufungswerber, der an einer Hautkrankheit leidet, im Streitjahr 2009 einen Kuraufenthalt in J absolviert habe. Insgesamt seien ihm Krankheitskosten von 24.323,96 € erwachsen. Im Jahr 2010 habe er dafür einen Kostenersatz der X-Versicherung erhalten, der sich auf 14.195,58 € belief. Nach herrschender Lehre mindere ein Kostenersatz, auch wenn er in einem späteren Jahr erfolge, den als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähigen Aufwand.
Es kam daher seitens der Betriebsprüfung zu einer Kürzung der in Höhe von 24.323,96 € geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung um 14.195,58 €. Der verbleibende Aufwand von 10.128,38 € wirkte sich steuerlich nicht aus, da er unter dem Selbstbehalt von 14.577,98 € lag.
Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner Berufung, in der er ausführte: Besteuerungszeitraum sei grundsätzlich das Kalenderjahr. § 19 EStG 1988 regle die zeitliche Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben. Eine Zuordnung von späteren Kostenersätzen zu außergewöhnlichen Belastungen aus Vorjahren sei im Gesetz nicht genannt. Er habe volle 24.323,96 € an Krankheitskosten im Jahr 2009 bezahlt und beantrage, sie auch in dieser Höhe anzuerkennen. Der Zufluss von Ersätzen im Jahr 2010 sei mit in diesem Jahr angefallenen, weiteren Krankheitskosten gegenzuverrechnen.
Daraufhin erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung, in der seitens des Finanzamtes erläutert wurde: Würden Aufwendungen nur vorschussweise vom Steuerpflichtigen getragen, so lägen insoweit keine als außergewöhnliche Belastung absetzbaren Aufwendungen vor. Käme es in einem späteren Jahr zu einem Aufwandsersatz, so sei nach herrschender Lehre im Jahr der Belastung eine Kürzung vorzunehmen (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band III, § 34, Tz 24). Im Streitfall sei daher der von der X -Versicherung geleistete Kostenersatz zu Recht im Jahr des Kostenanfalls in Abzug gebracht worden.
Der Berufungswerber brachte in der Folge einen Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ein. Er verwies auf das schon bisher Vorgebrachte und ergänzte, aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung bestehe keine Gesetzeslücke, die geschlossen werden müsste.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (§ 34 Abs. 2 EStG 1988), 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (§ 34 Abs. 3 EStG 1988), 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (§ 34 Abs. 4 EStG 1988).
Die Belastung darf weder Betriebsausgabe, noch Werbungskosten noch Sonderausgabe sein.
Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle definiert, dass eine Belastung außergewöhnlich ist, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Abs. 3 regelt, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Letztlich wird in Abs. 4 ausgeführt, dass die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Krankheitskosten sind nach herrschender Lehre außergewöhnliche Belastungen, die aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen (Doralt a.a.O., § 34, Tz 78).
Nicht strittig ist, dass sich die in Diskussion stehenden Ersätze der X -Versicherung auf die geltend gemachten Krankheits- bzw. Kurkosten beziehen (siehe Betriebsprüfungsbericht, Prüfungsfeststellungen, Tz 2: "Im Jahr 2009 hatte Herr E Krankheitskosten von gesamt 24.323,96 €. Er erhielt hiefür Rückerstattungen in Höhe von 14.195,58 € von seiner Versicherung X im Jahr 2010."). Es besteht daher ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Ersätzen und der außergewöhnlichen Belastung.
Strittig ist: Mindert der im Jahr 2010 erfolgte Kostenersatz der Versicherung den im Jahr 2009 als außergewöhnliche Belastung aus dem Titel der Krankheitskosten verausgabten Betrag?
Nach Lehre und Rechtsprechung können Aufwendungen nur insoweit als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, als sie vom Steuerpflichtigen endgültig aus Eigenem zu tragen sind. Beträge, die der Steuerpflichtige zunächst verausgabt, die ihm aber später ersetzt werden, gelten nicht als Aufwendungen iSd § 34 EStG 1988 (VwGH 9.9.2004, 2001/15/0181 mit Hinweis auf Hofstätter/Reichel, Tz 4 zu § 34 Abs. 1 EStG 1988). Vgl. hiezu auch - wie schon seitens des Finanzamtes in der BVE angeführt - Doralt a.a.O., § 34, Tz 24, mit weiteren Judikaturhinweisen: "Wird der Aufwand in einem späteren Jahr ersetzt, so ist er ebenfalls im Jahr der außergewöhnlichen Belastung zu kürzen" , oder Jakom/Baldauf, EStG 2012, § 34, Rz 24: "Beträge, die der Steuerpflichtige verausgabt, die ihm aber später ersetzt werden, sind nicht abzugsfähig".
Der Grundsatz, dass nach dem Willen des Gesetzgebers nur endgültige Vermögensminderungen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein sollen, hat auch in die Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates Eingang gefunden, etwa in die Entscheidung UFS 6.11.2006, RV/0559-I/06, die vom Berufungswerber in seiner Berufung erwähnt wurde und in der auf die ständige Rechtsprechung des VwGH sowie auf die herrschende Lehre hingewiesen wird.
Ein weiteres Beispiel ist das Erkenntnis UFS 22.2.2005, RV/1134-W/03, welches auf Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. GL, § 34, Anm. 10, Bezug nimmt und zum Ausdruck bringt, dass Ersatzleistungen durch Dritte die abzugsfähigen Aufwendungen kürzen, auch wenn sie in einem anderen Veranlagungszeitraum geleistet wurden.
Auch die Praxis bringt Ersätze wie besprochen in Abzug. So heißt es in den Lohnsteuerrichtlinien, LStR, Rz 822: "Aus dem Begriff "Belastung" ist ferner abzuleiten, dass nur endgültige Vermögensminderungen abzugsfähig sind. Ersatzleistungen durch Dritte kürzen daher die abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen), auch wenn sie erst in einem späteren Jahr zufließen (zB Ersätze aus einer Kranken- oder Unfallversicherung oder Ersätze für die Beseitigung eines Katastrophenschadens).....Zur Kürzung führen insbesondere Versicherungsleistungen".
Wenn nun auch für den Zeitpunkt des Abzugs außergewöhnlicher Belastungen grundsätzlich das Abflussprinzip gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 maßgeblich ist, hat das Belastungsprinzip Vorrang vor dem Abflussprinzip und stellt ein Korrektiv für dieses dar (vgl. Jakom/Baldauf, a.a.O., § 34, Rz 16 und 25): Unter einer "Belastung" iSd § 34 EStG 1988 versteht man einen endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder Wertverzehr, der vom Steuerpflichtigen aus Eigenem getragen werden muss. Somit kommt es durch das im Rahmen des § 34 EStG 1988 wirkende Belastungsprinzip zu einer Durchbrechung der grundsätzlich auch im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen geltenden Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben nach dem Zu- und Abflussprinzip des § 19 EStG 1988 (vgl. Wanke a.a.O., § 34, Anm. 10).
Es war der Berufung daher ein Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.
Feldkirch, am 3. Dezember 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |