UFS RV/1879-W/12

UFSRV/1879-W/123.12.2012

Aufhebung einer Gegenstandsloserklärung einer Berufung, die sich auf einen Nichtbescheid bezieht

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der GmbH, Adresse, vom 19. März 2012 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 15. Februar 2012 betreffend Gegenstandsloserklärung einer Berufung vom 27. April 2011 gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen für Kapitalertragsteuer 2006 und 2007 vom 31. März 2011 entschieden:

Der angefochtene Bescheid betreffend Gegenstandsloserklärung betreffend Berufung vom 27. April 2011 gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen für Kapitalertragsteuer 2006 und 2007 vom 31. März 2011 wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Laut Aktenlage erging an die GmbH (in weiterer Folge: Bw.) zu Handen der Masseverwalterin ein mit 31. März 2011 datierter Haftungsbescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart betreffend Kapitalertragsteuer 1-12/2006 und 1-12/2007 sowie über die Festsetzung von Säumniszuschlägen 2006 von € 81.69 und 2007 von € 94,28.

Mit Eingabe vom 27. April 2011 erhob die Masseverwalterin für die Bw. Berufung gegen die oben bezeichneten Bescheide und beantragte Fristverlängerung für eine Berufung bis 15. August 2011, die auch vom Finanzamt bewilligt wurde.

Aufgrund der Berufungsausführungen der Masseverwalterin vom 12. August 2011 erließ das Finanzamt am 16. August 2011 einen Mängelbehebungsauftrag zur Nachreichung einer Begründung für die Umsatzsteuer und den Haftungsbescheid bis 16. September 2011. Die Säumniszuschläge wurden darin nicht erwähnt.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2011 sprach das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Gegenstandsloserklärung aus, wonach "Ihre Berufung vom 12.08.2011 gegen die Umsatzsteuerbescheide 2006-2008 v. 31.3.2011 u. Haftungsbescheide sowie SZ-Bescheide v. 8.4.2011 gemäß § 85 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als zurückgenommen gelten", mit der Begründung, dass dem Auftrag, die Mängel der Berufung bis zum 30.09.2011 zu beheben, nicht entsprochen worden sei.

Mit Eingabe vom 11. November 2011 wurde dagegen Berufung erhoben und um Erstreckung der Berufungsfrist bis zum 15. Dezember 2011 ersucht.

Mit Bescheid vom 24. November 2011 wurde dieser Berufung Folge gegeben und der Zurücknahmebescheid vom 10. Oktober 2011 aufgehoben.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde ein neuerlicher Mängelbehebungsauftrag auch zu den Bescheiden über die Festsetzung eines Säumniszuschlages 2006-2008 erlassen mit Frist zur Beantwortung bis zum 28. Dezember 2011.

Nach mehreren Fristverlängerungsansuchen gab das Finanzamt mit Bescheid vom 15. Februar 2012 dem letzten Ansuchen vom 2. Februar 2012 nicht statt.

Ebenfalls mit Bescheid vom 15. Februar 2012 erklärte das Finanzamt die Berufung vom 27. April 2011 hinsichtlich KESt 2006 und 2007 sowie Säumniszuschlag 2006 bis 2008 gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos, da dem Auftrag zur Mängelbehebung nicht nachgekommen worden sei.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom 19. März 2012 verwies die Bw. darauf, dass die Berufung mit allem bisher Mitgeteilten als Begründung aufrecht erhalten werden und angeregt werde, die skandalös gelaufene Betriebsprüfung amtswegig zu überprüfen.

Diese Berufung wurde, soweit sie sich gegen die Abweisung des Fristverlängerungsantrages richtete, mit Bescheid vom 4. April 2012 zurückgewiesen.

Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 27. April 2012 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass bereits am 24. November 2011 ein Mängelbehebungsauftrag hinsichtlich der genannten Bescheid mit Frist bis 31. Dezember 2011 ergangen sei; diese Frist sei am 3. Jänner 2011 letztmalig bis zum 31. Jänner 2012 verlängert worden. Gleichzeitig sei die Bw. auf die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung der Mängelbehebungsfrist, nämlich dem Ergehen eines Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungsbescheides belehrt worden.

Ein neuerlicher Fristverlängerungsantrag vom 2. Februar 2012 sei mit Bescheid vom 15. Februar 2012 aus den dort genannten Gründen abgewiesen worden, sodass in der Folge der angefochtene Bescheid zu Recht ergangen sei.

Mit Schreiben vom 31. Mai 2012 brachte die Bw. gegen diese Berufungsvorentscheidung Berufung ein mit folgender Begründung:

Die Abgabenbehörde hätte die Berufung nicht abweisen dürfen - explizit keinen Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungsbescheid erlassen dürfen, sondern hätte aufgrund der bei der Behörde vorliegenden ausreichenden Berufungsgründe über die Berufung entscheiden müssen.

Es sei zwar richtig, dass die Bw. es bisweilen nicht geschafft habe, die geplante detaillierte Gründung für die ursprüngliche Berufung nachzureichen. Allerdings rechtfertige dies nicht im Geringsten, dass die Abgabenbehörde die im Akt vorliegenden Berufungsgründe einfach ignoriert habe und einen Zurücknahme/Gegenstandsloserklärungsbescheid erlassen habe.

Die Bw. beantrage, dass die Abgabenbehörde die ursprüngliche Berufung mit den im Akt vorliegenden Berufungsgründen entscheide. Insbesondere handle es sich um den Berufungsgrund, dass tatsachenwidrig und fehlerhaft im Jahr 2007 ein vielfach zu hoher Umsatz festgestellt worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 250 Abs. 1 BAO : "Die Berufung muß enthalten: a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet; b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden; d) eine Begründung."

Gemäß § 273 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Zunächst ist festzuhalten, dass über das Vermögen der Bw. am 4. Februar 2011 mit Beschluss des Landesgerichtes, S1, das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwältin Dr. R. zur Masseverwalterin bestellt wurde. Der Konkurs wurde in weiterer Folge mit Beschluss vom 29. Juli 2011, bekannt gemacht am 1. August 2011, aufgehoben, nachdem zuvor ein Sanierungsplan angenommen wurde.

Ungeachtet dessen übermittelte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart im Anschluss an die Außenprüfung den diesem Berufungsverfahren zugrunde liegenden Haftungsbescheid samt Säumniszuschlagsbescheiden vom 31. März 2011 an die Bw. "z.Hdn." der damaligen Masseverwalterin Dr. R. an deren Adresse.

Mit der Konkurseröffnung ändert sich zwar nichts am Steuersubjekt. Steuerschuldner bleibt der Gemeinschuldner. Allerdings verliert der Gemeinschuldner mit Konkurseröffnung alle Verwaltungs- und Verfügungsrechte betreffend die Konkursmasse. Die alleinige Vertretungsbefugnis des Masseverwalters führt abgabenrechtlich zur Stellung des Masseverwalters als zur Vertretung bestimmtes Organ gemäß § 80 BAO (vgl. Engelhart in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze18, § 46 KO Tz. 86 ff.).

Das abgabenrechtliche Vertretungsmonopol des Masseverwalters bewirkt, dass Bescheidadressat nur der Masseverwalter sein darf und nach Konkurseröffnung an den Gemeinschuldner adressierte Bescheide ein rechtliches Nichts, ein sogenannter Nichtbescheid sind (vgl. Engelhart in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze18, § 46 KO Tz. 92).

Die als "Haftungsbescheid" bezeichnete Erledigung des Finanzamtes vom 31. März 2011 entfaltete demzufolge keine Rechtswirksamkeit (siehe etwa auch UFS 27.2.2006, RV/0862-W/03, UFS 9.7.2009, RV/1741-W/05, oder UFS 3.9.2012, RV/0848-W/07 mwN).

Die gegen diese Erledigung gerichtete Berufung ist daher unzulässig.

§ 273 BAO ist gegenüber § 85 Abs. 2 BAO die speziellere Norm. Ist ein Antrag von vornherein zurückzuweisen, kommt ein Mängelbehebungsverfahren nicht in Betracht (vgl. Ritz, BAO4, § 85 Tz. 10). Eine mangelhafte Berufung, die jedenfalls unzulässig ist, ist a limine zurückzuweisen, ohne dass ein Mängelbehebungsverfahren betreffend inhaltlicher Mängel durchzuführen ist (UFS 18.9.2012, RV/1878-W/12).

Da das Finanzamt keine rechtswirksamen Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen 2006 und 2007 erlassen hat, wäre die Berufung insoweit sie sich gegen diese Bescheide richtet, von vornherein gemäß § 273 BAO als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Der angefochtene Bescheid vom 15. Februar 2012, wonach die Berufung gegen die Bescheide über die Festsetzung von Säumniszuschlägen 2006 und 2007 als gegenstandslos erklärt wurde, ist daher aufzuheben, da insoweit gar kein Mängelbehebungsverfahren durchgeführt werden hätte dürfen.

Bemerkt wird abschließend, dass das Finanzamt laut Kontoabfrage die gegenständlichen Säumniszuschläge bereits am 5. Oktober 2012 abgeschrieben hat.

Wien, am 3. Dezember 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

UFS 27.02.2006, RV/0862-W/03
UFS 09.07.2009, RV/1741-W/05
UFS 03.09.2012, RV/0848-W/07
UFS 18.09.2012, RV/1878-W/12

Stichworte