Unterhaltsanspruch eines verheirateten Kindes während der Ableistung des Präsenzdienstes durch den Ehegatten
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0052 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk v. 30.1.2014 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom 6. Juni 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom 17. Mai 2005 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Juni 2005 (bis Februar 2008) entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Zeitraumes Juni 2005 bis Juni 2006 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
1.1 Die Berufungswerberin, (im Folgenden Bw.), geb. am datum1, beantragte im April 2005 die (Weiter-)Gewährung der Familienbeihilfe für sich selbst. Auf dem Antragsformular gab die Bw. u.a. ihre Verehelichung bekannt und legte Unterlagen betreffend ihr Studium vor. Über Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom 25.4.2005 betreffend Unterhaltsleistungen des Ehegatten legte die Bw. eine "Einnahmen und Ausgabenliste" vor.
1.2. Der Bw. war bis inkl. Mai 2005 die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag bereits nach einer früheren Antragstellung gewährt worden. Den Antrag der Bw. vom April 2005 wies das Finanzamt mit Bescheid vom 17. Mai 2005 "im Anschluss" mit folgender Begründung ab:
"Gem. § 5 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.
Außerdem haben Kinder, gem. § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), deren Eltern nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.
Maßgeblich für einen Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe ist, ob Eltern den Unterhalt für das Kind überhaupt noch überwiegend leisten müssen. Kann ein Kind die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus eigenen Einkünften überwiegend oder zur Gänze selbst decken, vermindert sich der Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern entsprechend oder fällt gänzlich weg. Freiwilligen Leistungen der Eltern fehlt der Unterhaltscharakter.
Da Sie über ein ausreichendes Einkommen verfügen und Ihre Eltern daher für Sie nicht überwiegend bzw. überhaupt nicht leisten müssen und außerdem seit November2003 verheiratet sind, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe und mußte daher spruchgemäß entschieden werden."
1.3. In der gegen den Abweisungsbescheid eingebrachten Berufung führte die Bw. im Wesentlichen aus:
"Ich ... bin seit November 2003 zwar verheiratet, aber mein Mann verdient derzeit nur 230€ beim Bundesheer. Ich selber beziehe Studienbeihilfe (in Höhe von 289€ im Monat), das dürften Sie nicht zählen, da andere 606 € Studienbeihilfe im Monat erhalten und 8000€ im Jahr zusätzlich verdienen. Ansonsten habe ich Familienunterhalt in Höhe von 477,25 € und Wohnkostenbeihilfe in Höhe von 190,90 € vom Bundesheer. ... "
Über Ersuchen des Finanzamtes vom 20. Juni 2005 legte die Bw. anlässlich einer persönlichen Vorsprache diverse Unterlagen wie Mietvertrag, Kontoauszüge und Belege über Ausgaben (u.a. für Miete, Fernsehen, Kreditzahlungen) dem Finanzamt zur Einsichtnahme vor und gab auch an, dass für Schulden des Ehemannes € 100.- monatlich zu bezahlen wären und seit Juni 2005 zusätzliche Kreditrückzahlungen (Anschaffung eines PKW) anfallen würden; sie werde daher ab Juli 2005 auch eine Beschäftigung (2 Tage wöchentlich) annehmen.
1.4. Das Finanzamt wies die Berufung der Bw. mit Berufungsvorentscheidung wie folgt als unbegründet ab (auszugsweise Wiedergabe):
"... Im Zuge der Durchrechnung Ihrer Einnahmen (Bezüge) sowie Ihrer Ausgaben, ergibt sich laut Ansicht des Finanzamtes, dass Ihr monatlicher Aufwand, wenn auch knapp, dennoch durch die Ihnen und Ihrem Mann zur Verfügung stehenden Bezüge (Bundesheer, Familienunterhalt, Wohnkostenbeihilfe und auch Taggeld) Deckung findet und bestritten werden kann.
Die in der Ausgabenaufstellung enthaltenen Kosten für das Studium sind jedenfalls als studienbedingte Auslagen grundsätzlich durch die Studienbeihilfe gedeckt, und nicht als reguläre Ausgaben Ihrer Lebensführung zu betrachten. Auch die Aufnahme eines Kredites (für Autoanschaffung u. dergleichen) und die damit plötzlich verbundene Erhöhung Ihrer fixen Monatsausgaben infolge der Kreditraten kann nicht dazu führen, dass Ihre Eltern alleine deshalb unterhaltspflichtig werden, zumal auch der durchschnittliche Kostenrahmen eines einfachen Haushaltes, wie in Ihrem Fall, allein mit Hilfe des vom Heerespersonalamt gewährten Familienunterhaltes, der Wohnkostenbeihilfe und dem Taggeld Ihres Mannes, (siehe auch die Kontoauszüge), ausreichend bedient werden kann und aus den Kontobewegungen keine laufende Verschlechterung Ihrer wirtschaftlichen Situation bzw. keine Notlage erkennbar ist. Da Sie auch zusätzlich seit Juli einer geringfügigen Tätigkeit nachgehen, wie viele andere Studentinnen ebenso, ist nicht erkennbar u. auszuschließen, dass Ihre Eltern angesichts dieser gegenwärtigen Situation noch Unterhalt leisten müssten. Da aber ohne theoretisch mögliche Unterhaltspflicht Ihrer Eltern eine Gewährung der Familienbeihilfe an ein verheiratetes Kind gemäß § 6 Abs. 5 gesetzlich unzulässig ist, musste Ihre Berufung dementsprechend leider abgewiesen werden."
1.5. Die Bw. beantragte die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte im Wesentlichen das Berufungsvorbringen.
1.6. Aufgrund eines späteren Antrages der Bw. gewährte das Finanzamt der Bw. ab März 2008 wieder die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bis zum 26. Lebensjahr der Bw.
Über die Berufung wurde erwogen:
2.1. Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, haben gemäß § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs.1 bis 3).
2.2. Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben minderjährige Kinder (bzw. Vollwaisen) Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
2.3. Volljährige Kinder haben nach § 6 Abs. 2 lit. a leg.cit. in der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sie für einen Beruf ausgebildet werden, wobei § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz FLAG 1967 anzuwenden sind.
2.4.1. Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht, wenn für ein vorgehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Eine Berufsausbildung ist nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird.
2.4.2. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992 angeführten Regelungen auch für die Familienbeihilfe. Die in dieser Verweisungsnorm genannte Vorschrift des § 17 (im Folgenden Abs.1 u.2) StudFG 1992 idF BGBl. 76/2000 hat folgenden Wortlaut:
"Studienwechsel
§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, sowie Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, gelten nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs.1."
Nach § 17 Abs. 4 StudFG 1992 ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z. 2 nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.
3. Zum strittigen Zeitraum im gegenständlichen Berufungsfall ist vorerst auszuführen:
Das Finanzamt hat den Antrag der Bw. auf Weitergewährung der Familienbeihilfe vom April 2005 mit Bescheid vom 17. Mai 2005 "im Anschluss" abgewiesen, weil die Bw. bis inklusive Mai 2005 die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bereits erhalten hatte (eine Rückforderung der bereits bezogenen Beträge erfolgte nicht). Aufgrund eines späteren Antrages gewährte das Finanzamt der Bw. die Familienbeihilfe (nachdem die Bw. mittlerweile geschieden wurde und auch die Berufsausbildung der Bw. zweifelsfrei wieder gegeben war) ab März 2008. Damit ist vom angefochtenen Bescheid der Zeitraum von Juni 2005 bis Februar 2008 umfasst.
4.1. Folgender Sachverhalt ist im vorliegenden Fall laut Aktenlage (in Übereinstimmung mit den von der Bw. im Zuge des Verfahrens vorgelegten Unterlagen) feststehend:
4.2. Die im strittigen Zeitraum volljährige Bw.
- hat im März 2005 einen Aufbaulehrgang an der Schule abgeschlossen,
- im Sommersemester 2005 das Studium (Studienrichtung M) begonnen und für die Dauer von drei Semestern betrieben,
- im Wintersemester 2006 an der Pädagogischen Hochschule die Studienrichtung LA begonnen, ab dem Wintersemester 2007 hat sie diese Studienrichtung als Bachelorstudium (LA-B) betrieben,
- laut den vorgelegten Kontoauszügen im Jahr 2005 Studienbeihilfe in Höhe von € 289/Monat bezogen;
- war laut Scheidungsurteil vom 2.1.2008, GZ xy, verheiratet von November 2003 bis Jänner 2008,
- war laut Sozialversicherungsdatenauszug im strittigen Zeitraum freie Dienstnehmerin oder (zeitweilig mehrfach) geringfügig beschäftigte Arbeiterin/Angestellte bei drei verschiedenen Unternehmen;
- hatte laut Abfragesystem der Finanzverwaltung aus ihren Beschäftigungen eigene Einkünfte im Jahr 2005 (Juli bis Dezember 2005) in Höhe von € 1.930,87,
im Jahr 2006 in Höhe von € 6.607,58 (für die Tätikeit bei der "Fa. Y ..." von Jänner bis August sowie Oktober bis Dezember € 3.835,89, von der "Z. GmbH" für den Zeitraum 6.6. bis 7.7. € 800,40 und von der "D GmbH" € 1.971,29 für die Zeiträume 10.7. -14.7.2006; 4.8.-25.10.2006 und 27.12.-31.12.2006);
im Jahr 2007 in Höhe von € 6.988,50.
4.3. Der Ehegatte der Bw.
- hatte laut Einberufungsbefehl vom 24.2.2005 mit Wirkung vom 4.4.2005 für die Dauer von 7 Monaten und 29 Tagen seinen Grundwehrdienst zu leisten,
- bezog laut vorgelegtem Bescheid des Heerespersonalamtes vom 29.3.2005, Zl. xxy, neben seinem Taggeld (laut Bw. monatlich € 230) ab April 2005 monatlich Familienunterhalt in Höhe vom € 477,25 und Wohnkostenbeihilfe in Höhe von € 190,90,
- leistete seinen Präsenzdienst tatsächlich mit (zum Teil krankheitsbedingten) Unterbrechungen von 4.4.2005 - 22.4.2005, von 25.4. - 9.5.2005, von 11.5. - 3.8.2005, von 16.8. bis 22.8.2005, von 29.11. - 4.12.2005, am 30.12.2005 und von 22.5.2006.-8.7.2006,
- bezog für den Zeitraum von 31.12.2005 bis 22.1.2006 und von 25.1.2006 bis 21.5.2006 Notstandshilfe;
- hatte laut jeweiligem Einkommensteuerbescheid eigene Einkünfte in folgender Höhe:
im Jahr 2005: Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 93,08 (für den Zeitraum 21. - 31.3.2005), Arbeitslosengeld in Höhe von € 1271,31 (für den Zeitraum 1.1. -3.4.2005) und € 9.01 (für den 31.12.2005) sowie Krankengeld in Höhe von € 47,10 (für den 11.1.2005),
im Jahr 2006: Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 2.858,42 und Arbeitslosengeld/Notstandshilfe in Höhe von € 2.174,90,
im Jahr 2007: Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € 6.065,21 und Arbeitslosengeld/Notstandshilfe in Höhe von € 3.312,35.
5.1. Strittig ist im Berufungsfall, ob die gesetzlich geforderten Voraussetzungen nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 für die Gewährung der Familienbeihilfe an die Bw. selbst vorliegen.
5.2.1. Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat. Nach § 6 Abs. 2 lit a FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder nur, wenn auch eine Berufsausbildung vorliegt:
5.2.2. Ab dem Sommersemester 2005 betrieb die Bw. für die Dauer von drei Semestern die Studienrichtung M, wechselte mit dem Wintersemester 2006 an die Pädagogische Hochschule (Studienrichtung LA). Die Bw. hat das Studium damit unbestritten nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt. Ein günstiger Studienerfolg (iSd § 17 Abs.1 Z.2 StudFG) lag damit ab Oktober 2006 nicht vor. Nach den Bestimmungen des in diesem Fall anzuwendenden § 17 Abs.4 StudFG 1992 ergibt sich für den Anspruch auf Familienbeihilfe eine "Wartezeit" von drei Semestern (Wintersemester 2006 bis Ende Wintersemester 2007).
Die Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs.1 lit b FLAG 1967 lagen durch den Studienwechsel der Bw. für den Zeitraum Oktober 2006 bis Februar 2008 somit nicht vor. (Ab März 2008 wurde der Bw. die Familienbeihilfe, wie bereits ausgeführt, vom Finanzamt wieder gewährt.)
5.3.1. Im Folgenden ist daher nur mehr für den Zeitraum Juni 2005 bis September 2006 zu prüfen, ob der Ausschließungsgrund nach § 6 Abs. 1 lit. b FLAG vorlag, wonach für eine verheiratete Person der Anspruch auf Familienbeihilfe nur besteht, wenn nicht Unterhalt vom Ehegatten zu leisten ist.
5.3.2. Ist einem ver¬heirateten Kind vom Ehegatten Unterhalt zu leisten, haben weder die Eltern Anspruch auf Familien¬beihilfe, noch besteht ein Eigenanspruch des Kindes auf Familien¬beihilfe. Ist der Ehegatte des Kindes nach seinen Lebensumständen nicht in der Lage, Unterhalt zu leisten, hat ein Kind, das verheiratet ist, selbst Anspruch auf Familienbeihilfe (nach früherer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur, wenn dem Kind zivilrechtlich noch ein Unterhalts-anspruch gegen die Eltern zustand; VwGH 12.12.1995, 95/14/0066).
5.3.3. Art und Umfang des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten ergeben sich aus § 94 ABGB:
(1) Die Ehegatten haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen.
(2) Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs.1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.
(3) Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im vorhinein nicht verzichtet werden."
Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage des Anspruches auf Familienbeihilfe entscheidend, ob und inwieweit der Ehegatte dem Kinde den notwendigen, sich aus den Erfahrungswerten des täglichen Lebens entsprechend dem Alter und dem Berufsstand der Ehegatten ergebenden Unterhalt zu leisten in der Lage ist (VwGH 18.10.1989, 88/13/0124). Der Unterhalt dient dem gesamten Lebensbedarf. Dazu gehören auch Nahrung, Kleidung und Wohnung. Bei aufrechter ehelicher Gemeinschaft ist Unterhalt grundsätzlich großteils in natura (Nahrung, Beistellung der Wohnung u.a.) zu leisten (VwGH 2006/16/0016). Kann der Ehegatte den notwendigen Unterhalt leisten, bewirkt dieser Unterhaltsanspruch jedenfalls den Ausschluss vom Anspruch nach § 6 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.
5.3.4. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit der Ehegatten der Ehegatte mit niedrigerem Einkommen einen Unterhaltsanspruch gegen den besser verdienenden Ehegatten in der Höhe, die ihm die Deckung der den Lebensverhältnissen beider Ehegatten angemessenen Bedürfnisse ermöglicht (7 Ob 503/91). Von der überwiegenden Rechtsprechung der Gerichte wird als grundsätzliche Orientierungshilfe bei der Unterhaltsbemessung bei durchschnittlichen Verhältnissen ein 40 %-Anteil des weniger verdienenden Ehegatten am Familiennettoeinkommen zugrunde gelegt. Zum Einkommen des Berechtigten zählen sowohl Erwerbseinkommen als auch arbeitslose Einkommen. Es ist darunter grundsätzlich alles zu verstehen, was dem Unterhaltsberechtigten, sei es als Naturalleistung oder in Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruches zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen (OGH 7Ob531/93).
Die Bw. hätte somit - unter der Voraussetzung, dass sie das niedrigere Einkommen bezieht - grundsätzlich einen Unterhaltsanspruch gegen den Ehegatten im Ausmaß von 40 % des Familienein¬kommens, abzüglich ihres eigenen Einkommens.
5.3.5. Die Bw. bezog selbst Studienbeihilfe (im Jahr 2005 in Höhe von € 289,- /Monat). Die Gewährung der Studienbeihilfe berührt gemäß § 1 Abs.3 StudFG 1992 den Anspruch auf Unterhalt weder dem Grunde noch der Höhe nach. Letztgenannte Bestimmung bezieht sich allerdings nicht auf Unterhaltspflichten, sondern eben nur auf den Unterhaltsanspruch; in die Unterhaltsbemessungsgrundlage ist die Studienbeihilfe daher miteinzubeziehen (OGH 2Ob253/09h). Weiters hatte die Bw. auch eigene Einkünfte aus diversen Beschäftigungen: Juli bis Dezember 2005 in Höhe von durchschnittlich € 321,81 (€1.930,87/6); im Jahr 2006 durchschnittlich € 550 monatlich (€ 6.607,58/12).
5.3.6. Der Ehegatte der Bw. bezog während seiner Zeit beim Bundesheer sein Taggeld (laut Bw. € 230,-/monatlich) und für die Bw. unstrittig auch Familienunterhalt* in Höhe von € 477,25 und Wohnkostenbeihilfe** in Höhe von € 190,90.
*Familienunterhalt gebührt gemäß § 25 Abs.1 Heeresgebührengesetz (HGG) idF BGBl 31/2001 Anspruchsberechtigten für die Ehefrau, wobei nach § 2 Abs.2 Z.3 leg.cit der Anspruch auf Familienunterhalt sowie auf Wohnkostenbeihilfe für eine Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte mit solchen Personen im gemeinsamen Haushalt lebt, für die Anspruch auf Familienunterhalt besteht, auch während jener Zeiten aufrecht bleibt, die nicht in die Dienstzeit einzurechnen sind.
**Die Wohnkostenbeihilfe gebührt nach § 32 Abs.1 HGG Anspruchsberechtigten, die Anspruch auf Familienunterhalt für Personen haben, mit denen sie im gemeinsamen Haushalt leben. Verfügt der Ehegatte des Anspruchsberechtigten über eigene Einkünfte, so vermindert sich der Anspruch nach Abs. 1 um jenen Betrag, um den diese Einkünfte den monatlich nach § 26 Abs. 5 des Pensionsgesetzes 1965 (PG. 1965), BGBl. Nr. 340, gebührenden Mindestsatz übersteigen.
Darüber hinaus bezog der Bw. für den strittigen Zeitraum im Jahr 2005: Arbeitslosengeld € 9.01 (für den 31.12.2005) sowie Krankengeld in Höhe von € 47,10 (für den 11.1.2005). Im Jahr 2006 bezog der Ehegatte der Bw. während der Unterbrechungen des Präsenzdienstes Notstandshilfe (von 1.1. bis 21.1.2006 € 198,22 und von 25.1. bis 21.5. 2006 insgesamt € 1054,17/5, ergibt durchschnittlich € 250 monatlich).
5.3.7. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ruht während der Ableistung des Grundwehrdienstes des einkommens- und vermögenslos gewordenen Unterhalts¬pflichtigen seine Unterhaltsverpflichtung. Der Unterhaltsanspruch bleibt in Form der Berechtigung auf Zuspruch von Familienunterhalt gegenüber dem Bund aufrecht (OGH 7Ob572/91; 8Ob610/91; 6Ob1536/95). Für diesen Fall trifft das Heeresgebührengesetz Vorsorge für die Bedürfnisse des einkommenslos gewordenen Präsenzdieners und all derjenigen Personen, denen gegenüber er eine Unterhaltsverpflichtung zu erfüllen hat. Während der jeweiligen Präsenzdienstleistung soll nämlich dem Unterhaltsberechtigten der ausreichende Unterhalt durch den Bund gesichert werden.
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 lit.b FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Personen, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten zu leisten ist. Der Ehegatte der Bw. verfügte während des Grundwehrdienstes neben seinem Taggeld über geringere Mittel als die Bw. (nur Krankengeld und Notstandshilfe) und konnte damit seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommen.
Da nach Lage des gegenständlichen Falles keine außergewöhnlichen Lebensverhältnisse vorlagen, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass die Bw. - soweit sie gegen den Ehegatten vor dessen Präsenzdienstleistung einen Unterhaltsanspruch hatte - dieser während der Präsenzdienstleistung ruhte bzw. das Einkommen des Ehegatten im übrigen Zeitraum niedriger war als das der Bw. Damit liegt der Ausschließungsgrund nach § 6 Abs. 1 lit.b FLAG 1967 ("kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Personen, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten zu leisten ist") für die Zeiten der Präsenzdienstleistung und der Unterbrechungen dazwischen nicht vor.
5.3.8. Nach der Beendigung seines Präsenzdienstes hatte der Ehegatte für den Zeitraum Juli bis September 2006 durchschnittlich € 578,30 (€ 1734,95/3 zusammengesetzt aus Notstandshilfe in Höhe von € 72,08 für die Tage 9.7. bis 16.7.2006 und Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit für die Zeit von 18.7. bis 7.8.2006 in Höhe von € 746,71 sowie € 916,16 für 16.8. bis 8.9.2006) - und damit mehr als die Bw. zur Verfügung.
5.4. Laut neuerer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Anwendung des § 6 Abs. 5 FLAG auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kind nicht an, sondern ausschließlich auf das tatsächliche (überwiegende) Leisten oder Nichtleisten von Unterhalt durch die Eltern und zwar unabhängig davon, ob diese eine Unterhaltspflicht trifft (VwGH 27.01.2010, 2009/16/0087). Da der Bw. unstrittig durch die Eltern kein Unterhalt geleistet wurde, und die Bw. den Unterhaltsanspruch in Form der Berechtigung auf Zuspruch von Familienunterhalt nicht gegenüber dem Ehegatten sondern gegenüber dem Bund hatte, liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs.5 FLAG 1967 im Berufungsfall nach nunmehriger Rechtsprechung für den Zeitraum der Präsenzdienstleistung des Ehegatten somit vor.
6. Damit sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 im gegenständlichen Fall für den Zeitraum Juni 2005 bis Juni 2006 vorgelegen. Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am 11. Jänner 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 6 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | Unterhaltsanspruch, Ehegatte, Präsenzdienst, Familienunterhalt nach HGG |
Verweise: | OGH, 2Ob253/09h |