UFS RV/1435-L/07

UFSRV/1435-L/0721.2.2011

Anrechnungszeitpunkt der Mindestkörperschaftsteuer bei Verschmelzung

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vom 19. November 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 25. Oktober 2007 betreffend Körperschaftsteuer 2006 entschieden:

Der Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 2006 wird abgeändert.

Entscheidungsgründe

Die Körperschaftsteuererklärung 2006 der Berufungswerberin wurde am 23. Oktober 2007 abgegeben. Der erklärungsgemäß ausgestaltetet Körperschaftsteuerbescheid 2006 wurde vom Finanzamt am 25. Oktober 2007 verfasst.

Dagegen richtet sich die Berufung vom 19. November 2007, in welcher die Berufungswerberin beantragte bei der A GmbH angefallen Mindestkörperschaftsteuer im Betrag von € 17.361,00 bei der Körperschaftsteuer 2006 anzurechnen. Die A GmbH sei mit Stichtag 31. Dezember 2006 zur Aufnahme mit der Berufungswerberin verschmolzen worden.

Die entsprechenden Beschlüsse seien am 12. April 2007 gefasst, die Berufungswerberin als übernehmende Gesellschaft bestimmt und dies im Firmenbuch am 19. April 2007 eingetragen worden.

Zum Verschmelzungsstichtag seien bei der übertragenden A GmbH noch nicht verbrauchte Mindestkörperschaftsteuerbeträge im Betrag von € 17.361,00 vorhanden gewesen. Die Verrechnung der Mindeststeuer gehe im Rahmen einer Umgründung grundsätzlich insoweit auf den übernehmenden Rechtsnachfolger über, als sich dies aus der Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 19 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) oder der besonderen Regelung des § 9 Abs. 8 UmgrStG (Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991) ergebe. Der Verrechnungsübergang im Zuge einer Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 19 BAO ergebe sich daraus, dass die vermögenswerte abgabenrechtliche Ansprüche vom Rechtsnachfolger fortgeführt würden.

Für Verschmelzungen sei der Zeitpunkt der erstmaligen Anrechenbarkeit seitens der übernehmenden Gesellschaft im UmgrStG ungeregelt. In der Literatur werde die Auffassung vertreten, dass eine von der übertragenden Gesellschaft entrichtete und nicht verbrauchte Mindestkörperschaftsteuer auf jene eigenen Körperschaftsteuerschulden anzurechnen sei, die den Veranlagungszeitraum des übernehmenden Rechtsträgers, in welchen der Verschmelzungsstichtag fällt, oder die folgenden Veranlagungszeiträume, betreffen (Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz, Orac Wien 2000, RZ 11 zu § 3, sowie Helbich/Wiesner/Bruckner (Hrsg.), Handbuch der Umgründungen, LexisNexis ARD Orac, Fußnote 340 unter RZ 11 zu § 3).

§ 9 Abs. 8 UmgrStG regle den Übergang nicht verrechneter Mindeststeuern bei Umgründungen im Sinne einer Spezialnorm, sei allerdings lediglich im Rahmen des Artikel II (Umwandlung) des UmgrStG anzuwenden. Dies solle natürlichen Personen als "Rechtsnachfolgern" eine Anrechnung auf deren persönliche Einkommensteuerschulden ermöglichen und sei in der Regelungstechnik hinsichtlich des zeitlichen Wirksamwerdens den Normen über den Verlustvortragsübergang (§ 10 UmgrStG) nachgebildet. Die Reichweite des Zeitelements dieser Bestimmung gehe aber über den Artikel II UmgrStG nicht hinaus.

Da der Gesetzgeber im Rahmen des Artikel I UmgrStG (Verschmelzung) keine spezifischen Anordnungen bezüglich der erstmaligen Anrechenbarkeit nicht verbrauchter Mindeststeuern seitens der übernehmenden Körperschaft vorgesehen habe, sei für Verschmelzungen ausschließlich der Verrechnungsübergang nach § 19 BAO maßgeblich.

Zur Zeit der Geltung des StruktVG (Strukturverbesserungsgesetz, BGBl. Nr. 69/1969) habe der Verwaltungsgerichtshof, gestützt auf den abgabenrechtlichen Gesamtrechtsnachfolgetatbestand, erkannt, dass die übernehmende Körperschaft das auf sie übergehende Recht auf Verlustabzug in jenem Veranlagungszeitraum geltend machen dürfe, in den der Verschmelzungsstichtag falle (Erkenntnis vom 2.12.1987, 87/13/0080, sowie die dazu ergangene Kommentierung in Helbich F., Umgründungen, 4. geänderte und erweiterte Auflage, Orac Wien 1990, S 308ff). Den Umstand, dass der Veranlagungszeitraum der übertragenden ebenso wie jener der übernehmenden Gesellschaft im selben Kalenderjahr geendet hätten, habe das Höchstgericht als irrelevant angesehen. Erst mit Inkrafttreten des UmgrStG sei der Zeitpunkt des Übergangs des Verlustabzugs durch ausdrückliche gesetzliche Verankerung in den dem Umgründungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum des übernehmenden Rechtsträgers hinausgeschoben worden. Hinsichtlich der Mindestkörperschaftsteuer habe es der Gesetzgeber ausgenommen im Anwendungsbereich des Artikel II UmgrStG aber unterlassen, den Anrechnungsübergang in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen.

Der Unabhängige Finanzsenat habe sich in seiner Berufungsentscheidung vom 17. September 2007, RV/0744-W/07 dieser Literaturauffassung angeschlossen und ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass die zeitlichen Anrechnungsbestimmungen in § 9 Abs. 8 UmgrStG ausschließlich auf Umwandlungen und nicht auch auf Verschmelzungen zur Anwendung zu bringen seien.

Dieses Berufungsschreiben enthielt auch einen Antrag auf Entscheidung des gesamten Berufungssenates und das Durchführen einer mündlichen Berufungsverhandlung im Sinne der §§ 282 Abs. 1 Z 1 und 284 Abs. 1 Z 1 BAO. Diese Anträge wurden mit Schreiben vom 18. Februar 2011 zurückgezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 (Körperschaftsteuergesetz, BGBl. Nr. 401/1988 idF. BGBl. I Nr. 161/2005) ist die Mindestkörperschaftsteuer nach den Z 1 bis 3 leg. cit. in dem Umfang, in welchem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung nach § 45 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) anzurechnen. Dabei ist die Anrechnung mit jenem Betrag begrenzt, mit welchem die im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen entstehende tatsächliche Körperschaftsteuerschuld die für diesen Zeitraum anfallende Mindestkörperschaftsteuer nach den Z 1 bis 3 leg. cit. übersteigt.

Unstrittig und auch im Körperschaftsteuerbescheid 2006 datiert vom 4. September 2007 festgehalten ist bei der A GmbH bis zu deren Verschmelzung mit der Berufungswerberin Mindestkörperschaftsteuer in den Jahren 1996 bis 2006 von insgesamt € 17.361,00 angefallen, welche nach § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 iVm. § 45 EStG 1988 mit der Körperschaftsteuer nachfolgender Veranlagungszeiträume verrechenbar wäre.

Ebenso stimmen die Verfahrensparteien darin überein, dass die A GmbH mit Stichtag 31. Dezember 2006 wie dem Finanzamt am 19. April 2007 von der Berufungswerberin mitgeteilt worden ist, rechtswirksam entsprechend Art. I UmgrStG mit der Berufungswerberin verschmolzen worden ist.

In eben diesem Schreiben hatte die Berufungswerberin bereits ersucht, die bei der A GmbH angefallene Mindestkörperschaftsteuer bei der Veranlagung 2006 der Berufungswerberin zu berücksichtigen und die für das Quartal, in welches der Verschmelzungsstichtag fällt, bereits bezahlte Mindestkörperschaftsteuer zurückzuzahlen, da die Mindestkörperschaftsteuerpflicht im letzten Quartal vor dem Verschmelzungsstichtag geendet habe.

Die Gesamtrechtsnachfolge der übernehmenden Gesellschaft (der Berufungswerberin) nach der übertragenden Gesellschaft (A GmbH) ergibt sich dabei bereits aus § 19 Abs. 1 BAO ("Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.") iVm. § 96 Z 1 GmbH (GmbH-Gesetz, RGBl.Nr. 58/1906: "Gesellschaften mit beschränkter Haftung können unter Ausschluss der Abwicklung verschmolzen werden. Die Verschmelzung kann erfolgen 1. durch Übertragung des Vermögens einer Gesellschaft oder mehrerer Gesellschaften [übertragende Gesellschaften] im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine andere bestehende Gesellschaft [übernehmende Gesellschaft] gegen Gewährung von Aktien dieser Gesellschaft [Verschmelzung durch Aufnahme], ...").

Mit der Gesamtrechtsnachfolge tritt die übernehmende Gesellschaft aber auch hinsichtlich des § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 in die Position der übertragenden Gesellschaft.

Nur wenn in eine besondere Bestimmung dies ausschließt, wie es der Art. II § 9 Abs. 8 UmgrStG ("Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 , die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, sind den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt.") ausdrücklich für Umwandlungen verlangt kann anderes gelten.

Aus diesem Gedankengang ergibt sich aber genau jener rechtlicher Schluss, den die Berufungswerberin genannte Literatur und auch der Unabhängige Finanzsenat in der Berufungsentscheidung vom 17. September 2007, RV/0744-W/07 gezogen haben. Diese Ansicht wird über die oben genannten Fundstellen hinaus auch von Petra Hübner-Schwarzinger/Werner Wiesner, Umgründungslexikon, 166-188 zu Art. I UmgrStG vertreten.

Allerdings ist auch bei der Berufungswerberin zu berücksichtigen, dass jenes am 4. September 2007, also nahezu ein halbes Jahr nachdem die Mitteilung über die durchgeführte Verschmelzung samt Firmenbuchauszug beim Finanzamt eingelangt war, erstellte Schriftstück, welches sich selbst als Körperschaftsteuerbescheid 2006 für die A GmbH bezeichnet, an die zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr existente A GmbH gerichtet und adressiert war.

Da dieser Versuch einen Körperschaftsteuerbescheid 2006 für die A GmbH zu erstellen, damit ins Leere gegangen ist, gibt es bisher keinen Bescheid über die Mindestkörperschaftsteuer 2006 der Berufungswerberin als Rechtsnachfolgerin der A GmbH. Dementsprechend kann auch keine Mindestkörperschaftsteuer 2006 der Berufungswerberin als Rechtsnachfolgerin der A GmbH mit der Körperschaftsteuer 2006 der Berufungswerberin verrechnet werden.

Dementsprechend war dem Berufungsbegehren insofern teilweise stattzugeben als € 15.611,00 Mindestkörperschaftsteuer der Berufungswerberin als Rechtsnachfolgerin der A GmbH der Jahre 1996 bis 2005 mit der Körperschaftsteuer 2006 der Berufungswerberin gemäß § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 iVm. § 19 Abs. 1 BAO verrechnet werden und der angefochtene Bescheid insofern abgeändert wird. Im übrigen kommt noch Mindestkörperschaftsteuer der Berufungswerberin aus dem Jahr 2005 in Höhe von € 1.750,00 zu Verrechnung, sodass die insgesamt verrechnete Mindestkörperschaftsteuer € 17.361,00 beträgt.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Linz, am 21. Februar 2011

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 19 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 8 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991
§ 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 45 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 96 Abs. 1 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906

Schlagworte:

Verschmelzung, Mindestkörperschaftsteuer, Anrechnung

Verweise:

UFS 17.09.2007, RV/0744-W/07

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