UFS RV/0744-W/07

UFSRV/0744-W/0717.9.2007

Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer bei einer Verschmelzung

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Wien, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1090 Wien, Porzellangasse 51, vom 3. Jänner 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 15. Dezember 2006 betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2005 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Körperschaftsteuer für das Jahr 2005 mit € 597.446,71 festgesetzt.

Entscheidungsgründe

In einer Beilage zur Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2005 gab die Bw. (Bilanzstichtag 31. Dezember) unter dem Titel "Anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer" an, dass sie mit Verschmelzungsvertrag bzw. Generalversammlungsbeschluss vom 26. September 2005 als übernehmende Gesellschaft mit der E-GmbH (Bilanzstichtag 31. Dezember) als übertragender Gesellschaft rückwirkend zum 1. Jänner 2005 verschmolzen worden sei und dass deshalb die Mindestkörperschaftsteuer dieser E-GmbH für die Jahre 2001 bis 2005 im Ausmaß von € 8.090,09 anzurechnen sei.

Das Finanzamt setzte im angefochtenen Bescheid vom 15. Dezember 2006, ausgehend von den erklärten Einkünften sowie unstrittigen verrechenbaren Verlusten der Vorjahre, die Körperschaftsteuer mit € 603.786,80 fest, nahm dabei aber die beantragte Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer nicht vor.

In der Berufung vom 3. Jänner 2007 begehrte die Bw. die Festsetzung der Körperschaftsteuer mit € 595.696,71 und verwies in Bezug auf die Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer auf die Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz 1520.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 19. Jänner 2007 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, da gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG sowie Rz 560 der Umgründungssteuerrichtlinien eine Anrechnung der Mindestkörperschaftsteuer erst ab dem dem Umgründungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr (im konkreten Fall demnach im Jahre 2006) vorzunehmen sei.

Am 26. Februar 2007 stellte die Bw. den Vorlageantrag und begründete diesen damit, dass § 9 Abs. 8 UmgrStG ausschließlich auf den Übergang der anrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer im Zuge einer Umwandlung (Art II UmgrStG) abziele und dass sich betreffend Verschmelzungen (Art I UmgrstG) keine derartige gesetzliche Bestimmung finde. Im Rahmen einer Verschmelzung gehe deshalb die anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer mangels sonstiger gesetzlicher Regelung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 19 BAO unmittelbar auf den Rechtsnachfolger über. Der Verweis des Finanzamtes auf die Rz 560 der Umgründungssteuerrichtlinien sei demnach unzutreffend, da vielmehr die Rz 133 einschlägig sei, worin wiederum auf die Körperschaftsteuerrichtlinien (Rz 1505, 1509 und 1520) verwiesen werde. Entsprechend dieser Ausführungen sei die anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer der E-GmbH im Zuge der Verschmelzung aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Tag auf die Bw. als Rechtsnachfolger übergegangen und noch im selben Veranlagungszeitraum (daher 2005), in dem auch der Verschmelzungsstichtag liege, auf die Körperschaftsteuer der Bw. anzurechnen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bw. führt im Vorlageantrag zu Recht aus, dass im Falle von Umgründungen nach dem UmgrStG die Verrechnung der Mindestkörperschaftsteuer insoweit auf die übernehmenden Körperschaften (Rechtsnachfolger) übergeht, als sich dies aus der Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 19 BAO oder der besonderen Regelung des § 9 Abs. 8 UmgrStG ergibt.

Die vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung zitierte und im Art II ("Umwandlung") des UmgrStG enthaltene Bestimmung des § 9 Abs. 8 regelt unter dem Titel "Rechtsnachfolger", dass Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden sind und noch nicht verrechnet sind, den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen sind, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt.

Diese Bestimmung des § 9 Abs. 8 UmgrStG geht als lex specialis dem § 19 BAO vor (vgl. Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, § 24 Rz 62). Die Einführung dieser Bestimmung durch das StruktAnpG 1996, BGBl 1996/201, ist dabei darauf zurückzuführen, dass damit auch natürliche Personen im Rahmen der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in den Genuss noch nicht verrechneter Mindestkörperschaftsteuer kommen sollten. Zudem heißt es in dieser Bestimmung ausdrücklich, dass unverrechnete Mindeststeuern den Rechtsnachfolgern erst ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr zuzurechnen sind, was der Regelung beim Verlustvortragsübergang nach § 10 UmgrStG entspricht (vgl. Keppert, Art II Umwandlung - Steuerrecht, in Helbich/Wiesner/Bruckner (Hrsg), Umgründungen, § 9 Rz 93 f).

Unstrittig liegt im konkreten Fall keine Umwandlung, sondern eine Verschmelzung mit dem Verschmelzungsstichtag 1. Jänner 2005, 24 Uhr, vor, worauf die Bestimmungen des Art I (§§ 1 bis 6) UmgrStG anzuwenden sind.

Bei einer Verschmelzung kommt es im Hinblick auf die zivilrechtliche Gesamtrechtsnachfolge und die daran anknüpfende Rechtsnachfolgeregelung des § 19 Abs. 1 BAO, wonach bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen, dazu, dass die übernehmende Körperschaft in die Abgabenschulden, in die anderen steuerschuldrechtlichen Rechtspositionen und in die Ansprüche und Pflichten der übertragenden Körperschaft aus dem Steuerpflichtverhältnis umfassend und insoweit eintritt, als nicht höchstpersönliche (und damit unübertragbare) Rechtspositionen berührt werden oder sich aus einzelnen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des UmgrStG, anderes ergibt (vgl. Bruckner, Art I Verschmelzung - Steuerrecht, in Helbich/Wiesner/Bruckner (Hrsg), Umgründungen, § 3 Rz 10).

Unstrittig gehen damit auch die von der übertragenden Körperschaft angesammelten und noch nicht nach § 24 Abs. 4 KStG 1988 verrechneten Beträge an Mindestkörperschaftsteuer über.

Was das im konkreten Fall maßgebliche zeitliche Wirksamwerden des Mindestkörperschaftsteuerüberganges anbelangt, geht es um die Frage, ob - wie von der Bw. angenommen - die Mindestkörperschaftsteuer der übertragenden Gesellschaft auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft schon im Veranlagungszeitraum, in welchen der Verschmelzungsstichtag fällt, oder - wie vom Finanzamt angenommen - erst in dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum auf die Erfolgskörperschaftsteuer angerechnet werden kann.

Diesbezüglich geht der Unabhängige Finanzsenat mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung und in Übereinstimmung mit der überwiegenden Fachliteratur von der Rechtsanschauung der Bw. aus.

So heißt es in Hügel/Mühllehner/Hirschler, UmgrStG, § 3 Rz 11: "Die übernehmende Gesellschaft kann eine von der übertragenden Gesellschaft entrichtete (noch nicht verbrauchte) Mindestkörperschaftsteuer auf jene (eigenen) Körperschaftsteuerschulden anrechnen, die den Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft, in welchen der Verschmelzungsstichtag fällt, oder die folgenden Veranlagungszeiträume betreffen."

Auch Bruckner (Art I Verschmelzung - Steuerrecht, in Helbich/Wiesner/Bruckner (Hrsg), Umgründungen, § 3 Rz 11) sowie Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung, K 488, gehen erkennbar von dieser Rechtsauffassung aus.

In diesem Sinne gehen jene bis zum Verschmelzungsstichtag (1. Jänner 2005, 24 Uhr) noch nicht verrechneten Mindestkörperschaftsteuerbeträge, die die anlässlich der Verschmelzung untergehende E-GmbH angesammelt hat, aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge zum Verschmelzungsstichtag auf die Bw. über, die diese wiederum im Veranlagungsjahr 2005 anrechnen kann.

Die E-GmbH hat bis zum Verschmelzungsstichtag 1. Jänner 2005, 24 Uhr, Mindestkörperschaftsteuerbeträge in Höhe von € 6.340,09, aus den Jahren 2001 bis 2004 stammend, angesammelt. In Bezug auf diesen Betrag ist deshalb der Berufung Folge zu geben.

Die Bw. macht darüber hinaus aber auch die Mindestkörperschaftsteuer der E-GmbH aus dem Jahre 2005, festgesetzt mit Bescheid vom 6. November 2006, geltend. Diesbezüglich ist auszuführen, dass die E-GmbH im Jahre 2005 nicht mehr mindestkörperschaftsteuerpflichtig war, weil bei einer rückbezogenen Umgründung (insbesondere auch bei einer Verschmelzung) die Mindestkörperschaftsteuerpflicht mit dem letzten vollen Kalenderjahresquartal, das bis zum Umgründungsstichtag abeschlossen wird, endet (vgl. Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, § 24 Rz 51.2). Hinzu kommt, dass der angesprochenen Bescheid vom 6. November 2006 nach Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch an die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existierende E-GmbH zugestellt worden ist und damit ins Leere gegangen ist (vgl. VwGH vom 5.2.1992, 90/13/0041). In Bezug auf diesen Betrag von € 1.750,00 ist deshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen.

In teilweiser Stattgabe der Berufung ist auf die festgesetzte Körperschaftsteuer in Höhe von € 603.786,80 der Betrag von € 6.340,09 anzurechnen.

Wien, am 17. September 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 24 Abs. 4 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 19 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 8 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991

Schlagworte:

Mindestkörperschaftsteuer, Anrechnung, Verschmelzung

Stichworte