Entnahmen iSd. § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG gelten auf Grund ihrer Rückwirkung auf den Einbringungsstichtag als Entnahmen iSd. § 11a EStG
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch TAXPERTS Steuerberatungs GmbH, 9300 St. Veit/Glan, vom 9. Februar 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg Liezen vom 30. Jänner 2009 betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv. € 56.329,99. In seiner Einkommensteuererklärung beantragte er, einen Betrag von € 37.029,13 der begünstigten Besteuerung nach § 11a EStG zu unterziehen.
Im angefochtenen Bescheid nahm das Finanzamt demgegenüber jedoch - ebenfalls unter Verweis auf § 11a EStG - die Nachversteuerung eines Betrages von € 744,27 vor. In der Begründung führt es dazu wie folgt aus:
"Gemäß Art. III UmgrStG haben Sie Ihr Einzelunternehmen rückwirkend zum Stichtag 31. März 2006 in die MS-GmbH eingebracht. In der Einbringungsbilanz wurden Barentnahmen und unbare Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z1 bzw. § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG rückbezogen auf den Einbringungsstichtag als Passivposten eingestellt und gelten somit als am Einbringungsstichtag getätigt. Die Entnahmen sind daher einkommensteuerrechtlich noch Ihnen zuzurechnen und bei der Ermittlung der Eigenkapitalveränderung gemäß § 11a EStG zu berücksichtigen."
Die Berechnung der Eigenkapitalentwicklung wird im Bescheid wie folgt dargestellt:
Steuerlicher Gewinn | € 56.968,90 |
Entnahmen | - € 19.939,77 |
Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG | - € 37.773,40 |
Eigenkapitalabfall | - € 744,27 |
Nachversteuerungsbetrag gemäß § 11a Abs. 3 EStG | € 744,27 |
In der dagegen erhobenen Berufung wird vorgebracht, dass die (vom Finanzamt) gewählte Vorgangsweise keine gesetzliche Deckung finde: Da es sich bei einer Umgründung um die Übertragung von Vermögen unter Buchwertfortführung handle, wäre eine allfällige Nachversteuerung auf Grund der Bestimmung des § 11a Abs. 5 EStG beim Rechtsnachfolger durchzuführen. Die Nachversteuerung beim Rechtsnachfolger müsste aber auch die Betrachtung dessen Eigenkapitalentwicklung mit einschließen. Neben den Entnahmen iSd. § 16 Abs. 5 UmgrStG wären auch die Einlagen (Einzahlung des Stammkapitals) und der Gewinn des Rechtsnachfolgers zu berücksichtigen. Der Berufung ist eine Darstellung der Eigenkapitalentwicklung der MS-GmbH beigeschlossen.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung wird vom Finanzamt (unter Hinweis auf verschiedene Literaturstellen) auszugsweise wörtlich wie folgt begründet:
"Die Einbringung nach Art. III UmgrStG an sich führt zu keiner Nachversteuerung der angesammelten § 11a-Rücklagen. Dies erschließt sich aus § 11 Abs. 5 und der Tatsache, dass dem Regime des § 11a EStG nur natürliche Personen unterliegen. Die Nachversteuerung im gegenständlichen Fall gründet sich allerdings auf die im Zuge der Einbringung rückwirkend angesetzten baren und unbaren Entnahmen. Diese sind dem Einbringenden zuzurechnen. (.....) Die Berechnung des Bw. scheitert daran, dass juristische Personen von der Anwendung des § 11a EStG ausgeschlossen sind."
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender - unstrittige - Sachverhalt steht zur Beurteilung: Der Bw. brachte per 31. März 2006 sein Einzelunternehmen in die MS-GmbH ein (Einbringungsvertrag vom 15. Dezember 2006). In der Einbringungsbilanz wurden auf der Passivseite Barentnahmen und "vorbehaltene (unbare) Entnahmen" iHv. insgesamt € 37.773,40 gemäß § 16 Abs. 5 Z1 bzw. Z 2 UmgrStG (rückbezogen auf den Einbringungsstichtag) eingestellt. Das Finanzamt rechnete diese Entnahmen (noch) dem Bw. zu und brachte sie folglich auch bei Ermittlung der Veränderung seines Eigenkapitals in Ansatz. Der Bw. vermeint hingegen, diese Entnahmen seien nicht (mehr) ihm, sondern der übernehmenden GmbH zuzurechnen; eine Nachversteuerung habe daher allenfalls bei seiner Rechtsnachfolgerin zu erfolgen.
Nach Auffassung des UFS war nun aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Nach § 11a Abs 1 EStG können natürliche Personen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch € 100 000, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist insoweit eine Nachversteuerung unter Anwendung des Steuersatzes nach § 37 Abs.1 EStG vorzunehmen, als in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 leg. cit. unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital sinkt. Nachzuversteuern ist höchstens jener Betrag, der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 leg. cit. begünstigt besteuert worden ist. Die Nachversteuerung ist zunächst für den begünstigten Betrag des zeitlich am weitest zurückliegenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen.
Nach § 11a Abs. 5 EStG ist die Nachversteuerung im Falle der Übertragung eines Betriebes insoweit beim Rechtsnachfolger vorzunehmen, als es zu einer Buchwertfortführung kommt.
Die Einbringung eines Einzelunternehmens, für das die § 11a-Begünstigung in Anspruch genommen wurde, löst für sich allein noch keine Nachversteuerung aus. Kommt es allerdings im Rückwirkungszeitraum zu Entnahmen, die gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG auf den Einbringungsstichtag zurückbezogen werden, sind diese Entnahmen noch dem Einbringenden zuzurechnen und können daher zu einer - letzten - Nachversteuerung (für eine bereits in Anspruch genommene Begünstigung in Vorjahren) oder zur Kürzung/zum gänzlichen Wegfall der Begünstigung des § 11a EStG im Veranlagungsjahr, in das der Einbringungsstichtag fällt, führen (vgl. zB UFS Wien vom 29. Jänner 2010, RV/3683-W/08, und die dort zitierte Literatur).
Nach völlig herrschender Ansicht sind daher Entnahmen iSd. § 16 Abs. 5 Z 1 und Z 2 UmgrStG auf Grund ihrer Rückwirkung auf den Einbringungsstichtag als Entnahmen im Sinne des § 11a EStG zu werten (UFS Innsbruck vom 23. April 2009, RV/0123-I/09; UFS Wien vom 29. Jänner 2010, RV/3673-W/08; Jakom/Kanduth-Kristen EStG 3. Auflage, § 11a Rz 37; Bruckner in König/Schwarzinger [Hrsg.], Körperschaften im Steuerrecht, 2004, 115; Heiderer, taxlex 2005, 556 [557]; Heinrich in Doralt, EStG, § 11a Tz 67); derartige Entnahmen führen noch beim Einbringenden zu einer Kürzung des (begünstigten) nicht entnommenen Gewinnes.
Der Umstand, dass im vorliegenden Berufungsfall - anders als in jenen Fällen, die der zitierten UFS-Judikatur zugrunde lagen - bereits die Bestimmung des § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG in der Fassung des AbgÄG 2005 in Geltung stand, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Auch rückbezogene, nunmehr als "vorbehaltene Entnahmen" bezeichnete Vermögensveränderungen können zu einem Eigenkapitalabfall iSd. § 11a EStG führen (vgl. Sulz, UFSjournal 2009, 271).
Wenn in der Berufung schließlich ausgeführt wird, eine allfällige Nachversteuerung sei bei der Rechtsnachfolgerin vorzunehmen, und deren Eigenkapitalentwicklung dargestellt wird, so erübrigt es sich, näher darauf einzugehen, da Körperschaften von der Begünstigung des § 11a EStG ausgeschlossen sind (zB Jakom/Kanduth-Kristen aaO, § 11a Rz 6).
Graz, am 9. Juni 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 11a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Einbringung, Nachversteuerung, unbare Entnahmen, vorbehaltene Entnahmen, Eigenkapitalabfall. |
Verweise: | Heiderer, taxlex 2005, 556 |