UFS RV/3683-W/08

UFSRV/3683-W/0829.1.2010

Einbringung des Einzelbetriebes nach Art III UmgrStG und begünstigte Besteuerung vorbehaltener Entnahmen bzw. Nachversteuerung

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der NN, in Adresse, vertreten durch Brand Treuhand Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH, 1010 Wien, Graben 15, vom 20. Oktober 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom 18. September 2008 betreffend Einkommensteuer 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Frau NN (Berufungswerberin, Bw.)brachte zum Stichtag 31. Dezember 2005 ihr Einzelunternehmen am Standort Adresse gemäß Art III UmgrStG in die A-GmbH ein.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005, elektronisch eingebracht am 31. Juli 2006, erklärte die Bw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 53.496,67 und beantragte für €30.973,56 gem § 11a EStG die Anwendung des begünstigten Steuersatzes für nicht entnommene Gewinne. Die Veranlagung des Jahres 2005 erfolgte mit Bescheid vom 27. September 2009 erklärungsgemäß.

Im Jahr 2004 waren laut Bescheid vom 13. September 2005 € 46.279,15 mit dem begünstigten Steuersatz für nicht entnommene Gewinne versteuert worden.

Im Rahmen einer die Jahre 2005 und 2006 betreffenden Betriebsprüfung (Bp.) nahm das Finanzamt (FA) das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2005 gem. § 303 Abs 4 BAO wieder auf und anerkannte ua. die geltend gemachte Anwendung des begünstigten Steuersatzes gem. § 11a EStG für 2005 nicht. Weiters wurden die im Jahr 2004 gem. § 11a EStG dem begünstigten Steuersatz unterzogenen Beträge im wieder aufgenommenen Veranlagungsjahr 2005 mit dem bekämpften Bescheid nachversteuert.

Begründend führte das FA in Pkt 2. der Beilage zum Bp.-Bericht aus, dass im Rahmen der Einbringung des Einzelunternehmens in die A-GmbH rückbezogen auf den Einbringungsstichtag vorbehaltene Entnahmen in Höhe von € 200.000,00 getätigt worden seien. Diese der Bw. zuzurechnenden vorbehaltenen Entnahmen gem. § 16 Abs 5 UmgrStG würden mit dem Einbringungsstichtag 31. Dezember 2005 als entnommen gelten und sich daher auf die Einkommensermittlung des Einbringungsjahres auswirken.

Nach der Berechnung der Bp. ergebe sich daher für das Jahr 2005 ein Eigenkapitalabbau von € 182.221,09, der eine begünstigte Besteuerung von nicht entnommenen Gewinnen im Wirtschaftsjahr 2005 nicht zulasse und überdies eine Nachversteuerung der im Jahr 2004 iHv € 46.279,15 beanspruchten Begünstigung nach sich ziehe.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden aufgrund einer weiteren Feststellung der Bp. daher mit 56.996,67 angesetzt. Zusätzlich erfolgte die Nachversteuerung der nicht entnommenen Gewinne 2004 in Höhe von € 46.279,15.

 

 

Betrag

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

€ 56.996,67

Nachversteuerung gem. 11a

€ 46.279,15

Gesamtbetrag der Einkünfte

€ 103.275,82

Sonderausgaben

-€ 100,00

Einkommen

€ 103.175,82

Steuer für Durchschnittsteuersatz

€ 43.172,91

Durchschnittsteuersatz

41,84%

41,84% von 56.996,67

€ 23.805,57

Hälfesteuersatz Nachversteuerung § 11a

 

20,92% von 46.279,15

€ 9.681,60

Einkommensteuer 2005 gesamt

€ 33.487,17

Est laut Erstbescheid

€ 12.980,34

Mehrbetrag

€ 20.506,83

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung wendet die Bw. ein, dass die vorgenommene Umgründung zu keinem Ausschluss der §11a EStG Begünstigung führe, weil ein Eigenkapitalabfall nicht vorliege.

Das Eigenkapital des Einzelunternehmens habe zum 31.12.2004 €134.000 und zum 31.12.2005 €165.000 betragen. Die A-GmbH weise zum 31.12.2006 ein Eigenkapital von €207.000 auf. Die vom Gesetzgeber gewünschte Eigenkapitalstärkung sei also voll verwirklicht. Eine Entnahme iSd § 4 Abs 1 EStG sei nicht erfolgt, vielmehr sei im Zuge der Einbringung eine Vermögenseinlage unter gleichzeitiger Zurückbehaltung unbarer Entnahmen erfolgt

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Entscheidung wird der oben darsgestellte auch betragsmäßig unstrittige Sachverhalt zugrunde gelegt. Ergänzend sei angeführt, dass im Zuge der Einbringung des Einzelunternehmens die Einlage des Einzelunternehmens in die A-GmbH erfolgte, wobei € 200.000,00 als vorbehaltene Entnahmen als Passivposten in die Einbringungsbilanz eingestellt wurden. Dabei wurden die Verbindlichkeiten (einschließlich der passivierten unabren Entnahmen) in der im Akt aufliegenden Version der Einbringungsbilanz lediglich in der Gesamtsumme dargestellt. Zusätzliche Vermögenszuführungen neben den in der Schlussbilanz des Einzelunternehmens ausgewiesenen Aktiven erfolgten nicht. Aufgrund der in den Verbindlichkeiten enthaltenen vorbehaltenen Entnahmen ergab sich ein negatives Einbringungskapital von € 35.038,49.

Der Einbringungsvertrag wurde laut Firmenbuchauszug am 18. Jänner 2006 abgeschlossen und am 25. Jänner 2006 beim zuständigen Firmenbuchgericht zur Eintragung angemeldet, welche letzlich am 21. Februar 2006 erfolgte.

Strittig ist, welche Auswirkungen vorbehaltenen Entnahmen iSd § 16 Abs 5 UmgrStG idF vor AbgÄG 2005 auf die Eigenkapitalentwicklung des eingebrachten Einzelunternehmens haben, vor allem die Frage ob sie zum Bilanzstichtag Entnahmen iSd § 4 Abs 1 EStG darstellen.

Nach § 11a Abs 1 EStG können natürliche Personen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch € 100 000 €, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind.

Gemäß Abs. 3 leg.cit ist insoweit eine Nachversteuerung unter Anwendung des Steuersatzes nach §37 Abs.1 EStG vorzunehmen, als in einem folgenden Wirtschaftsjahr in sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 leg. cit unter Außerachtlassung eines Verlustes das Eigenkapital sinkt. Nachzuversteuern ist höchstens jener Betrag, der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 leg.cit. begünstigt besteuert worden ist. Die Nachversteuerung ist zunächst für den begünstigten Betrag des zeitlich am weitest zurückliegenden Wirtschaftsjahres vorzunehmen.

Gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG (in der hier anzuwendenden Fassung vor AbgÄG 2005) kann bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen das nach § 14 Abs. 1 UmgrStG anzusetzende Vermögen, sofern die Voraussetzungen des § 12 UmgrStG gewahrt bleiben, nach Maßgabe ua. der folgenden Bestimmungen verändert werden: Entnahmen (und Einlagen), die in der Zeit zwischen dem Einbringungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages getätigt werden, können an Stelle der Erfassung als Verrechnungsforderung oder -verbindlichkeit gegenüber der übernehmenden Körperschaft zurückbezogen werden. Diese Vorgänge gelten als mit Ablauf des Einbringungsstichtages getätigt, wenn sie in der Einbringungsbilanz durch den Ansatz einer Passivpost für Entnahmen (bzw. einer Aktivpost für Einlagen) berücksichtigt werden. Daneben kann eine weitere Passivpost in folgender Weise gebildet werden: Die Bildung ist mit 75% des positiven Verkehrswertes des Vermögens am Einbringungsstichtag nach Berücksichtigung sämtlicher Veränderungen der Z 1, Z 3, Z 4 und Z 5 begrenzt, wobei der sich ergebende Betrag um sämtliche Veränderungen der Z 1, Z 3, Z 4 und Z 5 zu kürzen ist. Der Endbetrag gilt als mit Ablauf des Einbringungsstichtages entnommen.

Gemäß 3.Teil Z 11 UmgrStG sind die §§ 3, 5, 7 bis 9, 12 bis 20, 23, 25, 27, 30, 33, 34, 38d und 44, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 161/2005, auf Umgründungen anzuwenden, bei denen die Beschlüsse oder Verträge nach dem 31. Jänner 2006 beim zuständigen Firmenbuchgericht zur Eintragung angemeldet oder beim zuständigen Finanzamt gemeldet werden. Daraus folgt eindeutig, dass für Umgründungen, die vor diesem Stichtag erfolgten - wie auch die streitgegenständliche Einbringung - § 16 Abs 5 UmgrStG noch in der oben zitierten Fassung zur Anwendung gelangt.

Die Einbringung eines Einzelunternehmens (Vermögen im Sinn des § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG), für das die Begünstigung gemäß § 11a EStG in Anspruch genommen wurde, löst per se keine Nachversteuerung aus (Bruckner: Steuerbegünstigung für nicht entnommene Gewinne gemäß § 11a EStG und Umgründungen, 114, in König/Schwarzinger [ FS Wiesner], Rz 3860o EStR und Rz 1267 UmgrStR).

Kommt es allerdings im Rückwirkungszeitraum zu Entnahmen, die gemäß § 16 Abs. 5 UmgrStG auf den Einbringungsstichtag zurückbezogen werden, sind diese als Entnahmen noch dem Einbringenden zuzurechnen und können daher zu einer Nachversteuerung (für eine bereits in Anspruch genommene Begünstigung in Vorjahren) oder zur Kürzung/zum gänzlichen Wegfall der Begünstigung des § 11a EStG im Veranlagungsjahr, in das der Einbringungsstichtag fällt, führen (Bruckner, aaO, 115).

Durch bare sowie vorbehaltene Entnahmen gemäß § 16 Abs. 5 Z 1 und 2 UmgrStG kommt es zu einer Verminderung des Einbringungskapitals im Zeitpunkt des Einbringungsstichtages. Bei der vorbehaltenen Entnahme findet zwar zum Einbringungsstichtag keine Entnahmehandlung statt, aber das Gesetz lässt die Einstellung einer Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem Einbringenden zu (Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG, § 16 Rz 130). Hierdurch kommt es mit Ablauf des Einbringungsstichtages zu einer Änderung der Kapitalstruktur (Verringerung des Eigenkapitals zugunsten eines höheren Fremdkapitals), wobei diese Korrektur dem Einbringenden zuzurechnen ist (Rabel in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen, § 16 Rz 66 f).

Nach völlig herrschender Ansicht sind daher unbare Entnahmen auf Grund ihrer Rückwirkung auf den Einbringungsstichtag als Entnahmen im Sinne des § 11a EStG zu werten (UFS RV/0123-I/09 23.4.2009; Jakom/Kanduth-Kristen EStG § 11a Rz 37; Bruckner in König/Schwarzinger [Hrsg.], Körperschaften im Steuerrecht, 2004, 115; Heiderer, taxlex 2005, 556 [557]; Heinrich in Doralt, EStG, § 11a Tz 67); sie führen - im Falle eines Entnahmeüberhangs - noch beim Einbringenden zu einer Kürzung des begünstigten nicht entnommenen Gewinnes.

Weshalb eine dem Einbringenden zum Bilanzstichtag zuzurechenende unbare Entnahme daher keine Entnahme iSd § 4 Abs 1 EStG - welche Auswirkungen auf die Eigenkapitalbetrachtung iSd §11a EStG hat - sein sollte, kann aus den äußerst knapp gehaltenen Berufungsausführungen nicht erkannt werden.

Die Behauptung, dass im Zuge der Einbringung Einlagen geleistet wurden ist insoweit berichtigungsbedürftig, als aufgrund der handelsrechtlich zulässigen Darstellung der immateriellen Wirtschaftsgüter das handelsrechtliche Eigenkapital erhöht wurde. Für steuerrechtliche Belange ist jedoch ausschließlich das steuerliche Eigenkapital von Bedeutung und die im Fall des Umgründungssteuerrechts zwingende Buchwertfortführung zu beachten. Eine Einlage in das steuerliche Eigenkapital durch Zuführung von betriebsnotwendigen Einlagen aus dem außerbetrieblichen Bereich iSd § 11a EStG erfolgte jedoch im Zuge der Einbringung nicht. Die diesbezüglichen Berufungsausführungen gehen daher ins Leere.

Von einem für die Inanspruchnahme der Begünstigung erforderlichen Anstieg des Eigenkapitals im Gewinnermittlungszeitraum konnte folglich nicht ausgegangen werden, im Gegenteil kam es durch die rückbezogenen unbaren Entnahmen zu einem Eigenkaptalabfall in dem von der Prüferin errechneten Ausmaß, weshalb eine Nachversteuerung gem. § 11a Abs 3 EStG der im Jahr 2004 begünstigt besteuerten Beträge zu erfolgen hat und eine begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne im Jahr 2005 nicht zulässig ist.

Wien, am 29. Jänner 2010

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 11a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 5 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991

Schlagworte:

unbare Entnahme, Einbringung, vorbehaltene Entnahme, Nachversteuerung

Verweise:

UFS, RV/0123-I/09

Stichworte