Gemischt beruflich und privat veranlasste Reise; Aufteilungsverbot ja oder nein ?
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0043 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 27.1.2011 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zu Zl. RV/0097-I/11, RV/0105-I/11 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom 3. Jänner 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom 20. Dezember 2004 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für den Zeitraum 2002 und 2003 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer 2002 und 2003 sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Anlässlich der Arbeitnehmerveranlagungen 2002 und 2003 machte der Berufungswerber (Bw.) Fahrtkosten (Pkw- Kilometergelder abzüglich Dienstgeberersätze) in Höhe von € 2.567,61 (2002) bzw. € 1.249,59 (2003) als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt schied hinsichtlich des Jahres 2002 15 Fahrten und hinsichtlich des Jahres 2003 16 Fahrten (jeweils zwischen Nord- und Osttirol) aus. Der geltend gemachte Werbungskostenbetrag wurde daher betreffend das Jahr 2002 um € 1.754,00 und betreffend das Jahr 2003 um € 894,71 gekürzt. Die Vorinstanz begründete dies wie folgt:
"Aus der zeitlichen Lagerung der weitaus überwiegenden Dienstverrichtungen in Osttirol an Donnerstagen und Freitagen (gelegentlich auch an anderen Tagen) ergibt sich in Verbindung mit der Tatsache, dass der Bedienstete an dem der Dienstverrichtung folgenden Tag infolge Urlaubes oder eines Feiertages dienstfrei hatte, in freier Beweiswürdigung zudem, dass der Bw. die nachfolgenden Wochentage am Familienwohnsitz D. verbrachte und nicht - wie in der Fahrtenaufstellung angeführt - die Dienstreise etwa am Donnerstag (Freitag etc.) abends in I. beendet und am nächsten Tag von dort aus den Familienwohnsitz in Osttirol aufgesucht hat, wenn er sich ohnedies schon am Vortag in Osttirol aufgehalten hat. Eine derartige Vorgangsweise stünde mit den Lebenserfahrung nicht im Einklang, wonach Arbeitnehmer insbesondere bei regelmäßiger auswärtiger Dienstverrichtung durch ein optimales berufliches Zeitmanagement sowie eine daran angepasste Urlaubsplanung versuchen, möglichst viel Zeit (vor allem über das Wochenende) bei der Familie zu verbringen.
Im Übrigen hat der Bw. im Rechtsmittelverfahren das Kalenderjahr 2001 betreffend vor dem UFS selbst eingeräumt, die in den Reiserechnungen angeführten Rückreisen an den Dienstort nicht unbedingt an den Tagen vorgenommen zu haben, für die sie verrechnet worden sind. Es könne - seiner Einvernahme v. 1.10.2004 zufolge - auch vorgekommen sein, dass die für Donnerstag verrechneten Reisen am Samstag oder Sonntag stattgefunden haben. Wenn diese Vorgangsweise bereits im Kalenderjahr 2001 gepflegt wurde, ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass auch im Streitjahr die Rückfahrten nach I. bzw. A. nicht am Tage der letzten Dienstverrichtung, sondern erst zum Wochenende bzw. Wochenbeginn stattgefunden haben. Dafür spricht auch der Umstand, dass im Anschluss an Dienstverrichtungen in Osttirol die restliche Woche dienstfrei genommen wurde und demnach die Dienstverrichtung so geplant wurden, um einen möglichst hohen, die beruflichen Tage deutlich übersteigenden Anteil an freien Tagen zu gewinnen.
Es ist daher sachverhaltsmäßig davon auszugehen, dass die jeweiligen Dienstreisen am Vorabend der Dienstverrichtung (nach Dienstschluss) begonnen wurden und den Bw. zuerst zum Familienwohnsitz nach D. führten. Von dort aus hat er in der Folge (am nächsten Tag) die Zielorte der Dienstreisen aufgesucht und ist nach Beendigung der Dienstverrichtung nicht an den Dienstort I. , sondern an den Familienwohnsitz D. zurückgekehrt, wo er das Wochenende bzw. die im Anschluss an die Dienstreise in Anspruch genommene dienstfreie Zeit verbrachte.
Das Kalenderjahr 2002 (2003) ist somit dem Grunde nach mit dem Sachverhalt des Kalenderjahres 2001 ident, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf zusammenfassende Darstellung in der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates v. 29.10.2004, GZ. RV/0285-I/04, verwiesen wird.
Nach den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 EStG 1988 stellen Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten dar. Zu den Werbungskosten gehören nach Z. 9 dieser Gesetzesbestimmung auch Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen.
Hingegen dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nach § 20 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 lit. a leg. cit. bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Die den Werbungskosten zugrunde liegende berufliche Veranlassung ist als Ergebnis eines kausalen Verständnisses des Werbungskostenbegriffes dann gegeben, wenn die betreffenden Ausgaben objektiv im Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit stehen, subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen stehen oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und schließlich nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot (§ 20 leg. cit.) fallen. Fahrtkosten sind beruflich veranlasst, wenn sie zur Erfüllung dienstlicher Obliegenheiten über Auftrag des Arbeitgebers oder einem sonstigen beruflichen Anlass erfolgen. Von der Sonderregelung des § 16 Abs.1 Z. 6 leg. cit. für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgesehen, sind derartige Aufwendungen nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff in Höhe der tatsächlich erwachsenen Ausgaben als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. VwGH 8.10.1998, 97/15/0073). Sie stellen im Gegensatz zu den pauschalen Verpflegungsmehr- oder Nächtigungsaufwendungen keine spezifischen, vom Vorliegen der Voraussetzungen einer ausschließlich beruflich veranlassten Reisen iSd. § 16 Abs. 1 Z. 9 leg. cit. abhängigen Reisekosten dar, sondern führen nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 16 Abs. 1 leg. cit. in Höhe der tatsächlich erwachsenen Aufwendungen zu Werbungskosten. Da sie aber idR in Verbindung mit Reisekosten iSd. Z. 9 leg. cit. anfallen, werden sie gewöhnlich in diesem Zusammenhang erwähnt. Fehlt aber die für eine Anerkennung dem Grunde nach erforderliche ausschließliche oder zumindest überwiegende berufliche Veranlassung, weil private Belange eine nicht nur untergeordnete Rolle spielen, sind die Reisekosten in ihrer vollen Höhe einschließlich der Fahrtkosten nicht abzugsfähig. Derartige privat veranlasste Reisemotive, welche eine Reise zu einem steuerlich nicht zu beachtenden Vorgang machen, können sich in der Planung der Route und laufend während der Reise selbst im Ausmaß bzw. im Umfang der Freizeitgestaltung (VwGH 19.10.1999, 99/14/0121) und in der parallelen Möglichkeit zur Erfüllung betrieblicher und privater Zwecke zeigen (VwGH 29.1.2002, 96/14/0030) oder im unmittelbaren Anschluss an die dienstlichen Verrichtungen in Erscheinung treten, wie dies etwa in Zusammenhang mit der Verbindung der Fahrt zu einer Erholungsreise durch einen an betriebliche Verrichtungen anschließenden Aufenthalt vorkommen kann (vgl. VwGH 17.2.1999,94/14/0012; 21.10.2003, 2001/14/0217). Hierbei kommt dem Verhältnis der Reisedauer zum Anteil der Wochenend- und Feiertage eine wesentliche Indizwirkung zu (VwGH v. 21.10.1986, 86/14/0031).
Daraus ergeben sich für den vorliegenden Sachverhalt nachstehende Rechtsfolgen:
Der Familienwohnsitz des Bw. befand sich im ca. 200 km von der Arbeitstätte (X-Büro) entfernten D. . Im Einzugsbereich des Arbeitsortes (im 12 km entfernten A. ) verfügte der Abgabenpfl. über einen weiteren Wohnsitz, von wo aus er regelmäßig seinen Arbeitsort I. aufsuchte. Bei mehreren Wohnsitzen ist die Entfernung von der Arbeitstätte zum nächstgelegenen Wohnsitz maßgebend.
Die Kosten dieser Fahrten sind nach § 16 Abs. 1 Zi., 6 leg. cit. bereits mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.
Die Fahrten zwischen dem Wohnsitz in A. , von wo aus der Abgabenpfl. am Vorabend der eingangs angeführten Dienstreisen zum Familienwohnsitz in D. anreiste, sind in einer doppelten Haushaltsführung begründet, deren Veranlassung in privaten Umständen, nämlich dem seinerzeitigen Antritt der Erbschaft und der Verehelichung und Familiengründung in D. gelegen war. Bei dieser Sachlage liegen die Voraussetzungen einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung nicht vor, weshalb die Kosten für Heimfahrten von A. nach D. nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird insoweit auf die weiteren rechtlichen Ausführungen der Berufungsentscheidung des UFS v. 29.10.2004, GZ. RV/0285-1/04, verwiesen, denen sich die Abgabenbehörde vorbehaltlos anschließt und die ausdrücklich auch zum Inhalt dieser Berufungsvorentscheidung gemacht werden.
Davon abgesehen dienten die gegenständlichen Fahrten aber keinesfalls nur beruflichen Dienstreisezwecken allein, sondern auch dem Aufsuchen des Familienwohnsitzes und einem nicht nur untergeordnetem Verweilen an diesem Ort. Die insoweit erwachsenen Fahrtkosten lassen demnach nicht nur einen beruflichen, sondern auch einen nicht vernachlässigbaren privaten Entstehungsgrund erkennen.
Gemessen an der Aufenthaltsdauer im Zielgebiet der Fahrten (Osttirol) ist die berufliche Veranlassung der Fahrt wegen des Aufenthaltes von Freitag bis Sonntag bzw. an Feiertagen am Familienwohnsitz zwar nicht dienstrechtlich, jedenfalls aber steuerrechtlich in den Hintergrund getreten, weshalb diese Fahrten insgesamt durch Motive der privaten Lebensgestaltung überlagert worden sind und zum Ausschluss vom Werbungskostenabzug führten (vgl. etwa VwGH 21.12.1989, 86/14/0118 betr. Zusammentreffen von betrieblich (beruflich) mit privat veranlassten Fahrten). Der im Anschluss an Dienstreisen länger währende Aufenthalt am Familienwohnsitz D. ist aber ein gewichtiges Indiz dafür, dass die mit den Dienstreisen nach Osttirol verbundenen Kosten überwiegend der Charakter von Lebenshaltungskosten zukommt, sodass im Hinblick auf das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 20 leg. cit. einen Werbungskostenabzug für die Reisen nach Osttirol nicht in Betracht kommen kann.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in ständiger Rechtsprechung zur betrieblichen Veranlassung von Reisen festgestellt, dass bei Verbindung einer Geschäftsreise mit privaten Reisezwecken (Anhängen oder Voranstellen von Urlaubstagen) die Gesamtkosten nicht abzugsfähig sind (Erk. v. 16.9.1986, 86/14/0019; 3.5.1983, 82/14/0279; 19.9.1978, 2749/77; zum Aufteilungsverbot etwa: VwGH v. 17.2.1999,94/14/0012; 21.10.2003, 2001/0217). Wegen der aus dem kausalen Werbungskostenbegriff abgeleiteten Gleichbehandlung von Betriebsausgaben und beruflich bedingten Werbungskosten (vgl. Doralt: EStG 1988,Kommentar, § 16 Tz, 4ft) sind diese Grundsätze auch für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit maßgebend.
Eine nach objektiven Kriterien vorzunehmende Aufteilung der Fahrtkosten in einen beruflichen und demnach abzugsfähigen und einen außerberuflichen und sohin nicht berücksichtigungsfähigen Teil ist aber nicht möglich. Wegen der Überlagerung der beruflichen (Dienstreise) durch eine private Veranlassung (Besuch des Familienwohnsitzes) sind die Fahrten nach Osttirol infolge des Aufteilungs- und Abzugsverbotes des § 20 leg. cit. insgesamt nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Auch insoweit werden die rechtlichen Ausführungen der vorhin erwähnten Berufungsentscheidung des UFS zum Inhalt dieser Berufungsvorentscheidung gemacht.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten im Schätzungswege in Anlehnung an das amtliche Kilometergeld iHv. 0,356/Km ermittelt wurden."
Der Bw. vertritt hingegen die Auffassung, dass die von ihm anlässlich der Arbeitnehmerveranlagungen geltend gemachten Fahrtkosten in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Begründend wird vorgebracht, dass die Benutzung des eigenen Pkw auch für die streitgegenständlichen Fahrten unbedingt erforderlich gewesen sei, da der Bw. anlässlich seiner Dienstreisen umfangreiche und schwere Ausrüstungsgegenstände bzw. Unterlagen mitführen habe müssen. Von Seiten des Dienstgebers sei für diese Fahrten kein Kfz zur Verfügung gestellt worden.
Trotz des Familienwohnsitzes in D. (Osttirol) sei der Bw. "oft" nach der Dienstverrichtung in Osttirol an den unmittelbar anschließenden Wochenenden nicht bei der Familie (Ehegattin, zwei Kinder) in D. (Osttirol) verblieben, sondern sei sofort nach Dienstende zur Durchführung von Planzeichenarbeiten (Einreichpläne betreffend das Wohnhaus in D. ) nach A. (Zweitwohnsitz des Bw. in der Nähe des Arbeitsortes) zurückgefahren.
Die Verwendung des eigenen Fahrzeuges sei daher jedenfalls überwiegend beruflich veranlasst.
Der Bw. habe stets die Absicht gehabt nach seiner Pensionierung die Kleinwohnung in A. aufzugeben. Eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung sei niemals beabsichtigt gewesen.
Der Bw. legte weiters der Berufungsbehörde zwei ergänzende Schreiben vor, in denen er die streitgegenständlichen Reisen im Detail erläuterte. Auf die Details dieser Aufstellungen wird in den unten dargestellten Erwägungen der Berufungsbehörde eingegangen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Demgegenüber dürfen gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 lit. a EStG 1988 jedoch nicht abgezogen werden:
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
2.a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Bei beruflich veranlassten Reisen sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 Reisekosten ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen. Reisekosten im Sinne dieser Bestimmung liegen dann vor (Doralt, EStG13, § 16 Tz 173), wenn
- sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder aus sonstigem beruflichem Anlass vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird; dabei muss es sich um eine größere Entfernung handeln, welche nach der Verwaltungspraxis mit einer Distanz von mindestens 25 km vorausgesetzt wird und
- eine Reisedauer von mehr als 3 Stunden bei Inlandsreisen und mehr als 5 Stunden bei Auslandsreisen vorliegt und
- kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird.
Ist die zu beurteilende Fortbewegung zwar beruflich veranlasst, fehlen aber die bezeichneten weiteren Voraussetzungen, so sind Aufwendungen für Verpflegung und Nächtigung nach § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 nicht als Werbungskosten absetzbar. Fahrtkosten können jedoch entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des § 16 Abs. 1 EStG 1988 in tatsächlicher Höhe berücksichtigt werden, weil es sich hierbei nicht um spezifische Reisekosten handelt.
Ausgaben des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zählen - analog zu den Betriebsausgaben - bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit ebenfalls zu den abzugsfähigen Werbungskosten (VwGH vom 26.6.1990, 87/14/0024). Anders als bei den betrieblichen Einnahmen sind sie der Höhe nach jedoch mit den in § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 in Abhängigkeit von der Entfernung festgelegten Paschalbeträgen begrenzt. Fahrtkosten bei einer Entfernung der Wohnung von der Arbeitsstätte von weniger als 20 km sind hierbei durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.
Bei mehrfachem Wohnsitz ist die Entfernung von der Arbeitsstätte zum nächstgelegenen Wohnsitz maßgeblich (Doralt, EStG13,§ 16 Tz 114). Im vorliegenden Berufungsfall befand sich der Familienwohnsitz in D. in einer Entfernung von 192 km von der Arbeitsstätte (Quelle: www.reiseplanung.de , Route: die vom Bw. am 1.10.2004 angegebene Fahrtstrecke). Einen weiteren Wohnsitz hatte der Bw. im nahen Einzugsbereich der Arbeitsstätte in A. . Dieser der Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz war lediglich 12 km von I. entfernt (Quelle: www.reiseplanung.de ), sodass eine Berücksichtigung von Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 bereits mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten wurde.
Erhöhte Aufwendungen für Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und einem in unüblicher Entfernung gelegenen Wohnsitz sind ebenso wie Aufwendungen im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung (Kosten für den zweiten Wohnsitz am Ort der Erwerbstätigkeit, Familienheimfahrten) nur abzugsfähig, wenn die Beibehaltung eines Wohnsitzes in unüblicher Entfernung oder die (auf Dauer angelegte) doppelte Haushaltsführung beruflich veranlasst sind und nicht den Beschränkungen des § 20 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 lit.a EStG 1988 unterliegen. Ist demnach die Wahl oder Beibehaltung des bzw. eines Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht abzugsfähig (vgl. VwGH 15.12.1994, 93/15/0083). Eine berufliche Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann gegeben, wenn keine die Begründung eines Familienwohnsitzes rechtfertigende dauernde Arbeitsstelle vorliegt oder am Ort der Beschäftigung keine zur Begründung des Familienwohnsitzes geeignete Wohnung zu beschaffen ist (vgl. VwGH 31.3.1987, 86/14/0165). Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist weiters keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz steuerlich relevanten Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4 EStG 1988 aus einer Erwerbstätigkeit erzielt (VwGH vom 24.4.1996, 96/15/0006). Private Veranlassung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingegen dann zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige den bisherigen Familienwohnsitz deswegen beibehält, weil er dort ein Eigenheim (errichtet) hat oder die Kinder dort die Schule besuchen (vgl. VwGH vom 18.5.1995, 93/15/0244, vom 15.12.1994, 93/15/0083).
Nach der bisherigen Aktenlage und den niederschriftlichen Angaben des Bw. vom 1.10.2004 (im Verfahren betreffend das Jahr 2001) stand der Bw. bis zur Ruhestandsversetzung mit 1.9.2003 in einem Dienstverhältnis zum X-Büro . Seit 1982 hatte er eine ca. 40 m² große Wohnung in dem 12 Kilometer von I. entfernten A. (Quelle: www.reiseplanung.de ) angemietet. Das Gebäude in D. , in welchem sich sein Familienwohnsitz befand und noch immer befindet, wurde von den Eltern des Bw. errichtet und in den 70er-Jahren vom Bw. gemeinsam mit dessen Vater erweitert. Nach dem Tod des Vaters ging mit Einantwortungsurkunde vom 30.5.1984 die Liegenschaft in das Eigentum des Bw. über, wobei der Mutter das Wohnrecht zustand, welches sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1995 ausübte. Nach einer fernmündlichen Auskunft der Gattin des Bw. vom 28.11.2000 gegenüber der Vorinstanz beendigte sie nach der Verehelichung im Mai 1995 ihr Dienstverhältnis in einer Krankenanstalt im Einzugsbereich von I. und bezog das gemeinsame Haus in D.. Sie habe nicht die Absicht gehabt, eine Beschäftigung aufzunehmen, zumal sie 1996 das erste Kind geboren habe und 1998 das zweite Kind zur Welt gekommen sei. Diesem Sachverhalt zufolge lag somit eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung vor, deren Veranlassung in privaten Umständen, nämlich dem Antritt der Erbschaft und der Verehelichung mit Begründung einer Familie, gelegen war. Die Gestaltung des Familienlebens war offensichtlich von vornherein so ausgerichtet, dass der Wohnsitz in D. zum Familienwohnsitz gewählt wurde und die Wohnung in A., dem weiteren Wohnsitz des Bw. in der Nähe des Beschäftigungsortes, im Hinblick auf die Wohnungs- und Familiengröße (zwei nicht schulpflichtige Kinder) nur Aufenthalten zum kurzfristigen Besuch im Nahbereich von I. dienten konnte. Der Bw. hat zudem mit Kaufvertrag vom 21.6.1991 innerhalb derselben Gemeinde ein weiteres, unbebautes und landwirtschaftlich genutztes Grundstück und weiters im Jahr 1994 in nächster Nähe zum Familienwohnsitz (gemeinsam mit seinem Bruder) ein Grundstück zur Errichtung einer Garage erworben.
Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ist sohin klar ersichtlich, dass die Wahl des seit 1984 im Eigentum des Bw. stehenden Elternhauses in D. zum Familienwohnsitz entscheidend durch in der Heimatverbundenheit gelegene persönliche Beweggründe und familiäre Motive geprägt war. Dass die Begründung eines Familienwohnsitzes in der Nähe der Arbeitsstätte nicht möglich gewesen sei, worin nach der angeführten Rechtsprechung eine berufliche Veranlassung gesehen werden könnte, wurde nicht behauptet. Auch der in der Rechtsprechung aufgezeigte Fall einer steuerlich relevanten Einkunftserzielung durch die Gattin liegt im gegenständlichen Berufungsfall nicht vor. Nach den Angaben der Gattin gegenüber der Vorinstanz bezog sie im Mai 1995 das gemeinsame Haus in D. und ging am Familienwohnsitz keiner Beschäftigung mehr nach. Bis zur Begründung des Familienwohnsitzes war sie im Einzugsbereich von I. nichtselbständig tätig, sodass selbst bei nachfolgender Aufnahme einer Beschäftigung durch die Gattin in D. eine berufliche Veranlassung zur Wahl und Begründung des Familienwohnsitzes im Bereich des Bw. nicht eingetreten wäre.
Zufolge der aufgezeigten, eindeutigen Judikatur reichen das Vorhandensein von Liegenschaftsbesitz und dessen Verwaltung (VwGH vom 22.4.1999, 97/15/0137) ebenso wenig aus, den Werbungskostenabzug zu rechtfertigen, wie bloße Zweckmäßigkeitsüberlegungen in Hinblick auf die Beibehaltung oder Schaffung einer weiteren Wohnmöglichkeit einen solchen begründen könnten (vgl. VwGH vom 18. Mai 1995, 93/15/0244). Auch wenn es sohin verständlich ist, dass der vorhandene, vom Bw. bereits in früheren Jahren mit seinem Vater baulich erweiterte Liegenschaftsbesitz als Familienwohnsitz bestimmt wurde, kann darin eine berufliche Veranlassung für die Führung eines doppelten Haushaltes nicht erblickt werden. Daran vermag auch der in 2003 erfolgte Pensionsantritt des Bw. nichts zu ändern. Abgesehen davon nämlich, dass der Gesamtzusammenhang der persönlichen und familiären Umstände die Bedeutung der privaten Erwägungen offenbart, spricht auch die Dauer der restlichen Dienstzeit bis zur Pensionierung gegen eine dennoch anzunehmende Entscheidung aus überwiegend beruflichem Interesse. Die Wahl zur Begründung des Familienwohnsitzes in D. erfolgte spätestens mit dem Bezug des Hauses durch die Gattin im Mai 1995, sodass die restliche Aktivdienstzeit bis zum Pensionsantritt mehr als acht Jahre dauern würde. Dieser Zeitraum aber übersteigt deutlich jene Zeitspannen von vier bis fünf Jahren, welche in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als eine die berufliche Veranlassung bejahende Kurzfristigkeit der (verbleibenden) Beschäftigungsdauer angesehen wurde (VwGH 3.3.1992, 88/14/0081; 26.11.1996, 95/14/0124).
Im gegenständlichen Fall liegen sohin - wie schon in der Entscheidung des UFS vom 29.10.2004, RV/0285-I/04, betreffend 2001 ausführlich dargelegt - die oben dargelegten Voraussetzungen einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung nicht vor, sodass weder die Kosten für Familienheimfahrten zum Wohnsitz in D. noch Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz am Beschäftigungsort steuerliche Berücksichtigung im Wege des Abzuges von Werbungskosten finden können.
Hinsichtlich der geltend gemachten Fahrtkosten gilt Folgendes:
a.) Bezüglich der von der Vorinstanz betreffend das Jahr 2002 ausgeschiedenen Fahrtkosten weist der Bw. zu Recht darauf hin, dass er betreffend die Dienstreise vom 31.1.2002 keine Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machte. Zu beachten ist allerdings, dass der Bw. für zwei von der Vorinstanz nicht ausgeschiedene Fahrten zwischen Nord- und Osttirol Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machte (Fahrten vom 3. und 20.12.2002; vom Bw. im Zuge des Berufungsverfahrens nachgereichte Fahrtenaufstellung betreffend das Jahr 2002). Hinsichtlich des Jahres 2002 ist daher nicht - wie von der Vorinstanz unrichtig angenommen- von 15, sondern richtig von insgesamt 16 strittigen Fahrten auszugehen.
b.) Aufgrund der von der Vorinstanz beim Dienstgeber des Bw. durchgeführten Ermittlungen (Anfragebeantwortung vom 2.12.2004) und der vom Bw. vorgelegten Fahrtenaufstellungen sowie Reiserechnungen ergibt sich, dass die streitgegenständlichen Fahrten zu Dienstverrichtungen in Osttirol immer arbeitsfreien Tagen des Bw. vorgelagert waren bzw. dass die Dienstverrichtungen in Osttirol jeweils im Anschluss an arbeitsfreie Tage erfolgten. Von der Berufungsbehörde wurde für die beiden Streitjahre jeweils eine Aufstellung erstellt, aus der die zeitliche Lage der Dienstverrichtungstage in Osttirol und der vor- bzw. nachgelagerten dienstfreien Tage im Detail ersichtlich ist. Diese beiden Aufstellungen werden zum Gegenstand dieser Begründung erhoben und sind der Berufungsentscheidung als Beilagen angeschlossen.
c.) Im Hinblick auf die ausführliche und glaubwürdige Darstellung der Dienstverrichtungen des Bw. in Osttirol (tagesfüllende Dienstverrichtungen, wobei oft auch an einem Tag mehrere Außendiensttermine wahrgenommen wurden) besteht für die Berufungsbehörde kein Zweifel, dass die Fahrten nach Osttirol zumindest teilweise beruflich veranlasst waren, wobei die berufliche Veranlassung auch nicht von untergeordneter Bedeutung ist.
d.) Hinsichtlich aller Reisen steht weiters unbestrittenermaßen fest, dass der Bw. anlässlich der Reisen nach Osttirol jedenfalls auch seine Familie aufgesucht und an seinem Familienwohnsitz genächtigt hat, weshalb die private Mitverlassung der Fahrtaufwendungen unzweifelhaft feststeht.
e.) Hinsichtlich der Reisen vom 29.10.2002 und 14.5.2003 gibt der Bw. selbst an, dass er im Anschluss an die Dienstverrichtung in Osttirol die freien Tage in D. bei der Familie verbracht habe (Vorbringen in den angeführten ergänzenden Stellungnahmen), was die private Mitveranlassung der Fahrtkosten unterstreicht.
f.) Hinsichtlich der Reisen nach Osttirol ab 2.7.2002 und ab 28.1.2003 räumt der Bw. in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 31.1. bzw. 5.2.2007 selbst ein, dass er im Anschluss an die Dienstverrichtung in Osttirol gemeinsam mit seiner Familie nach A. gefahren sei und dass sich seine Familie einige Zeit bei ihm (am Zweitwohnsitz) aufgehalten habe. Im Hinblick auf dieses Vorbringen besteht auch für Berufungsbehörde kein Zweifel, dass die strittigen Fahrtaufwendungen privat mitveranlasst sind.
g.) Hinsichtlich der Reisen vom 29.10.2002 und 14.5.2003 gibt der Bw. an, dass er im Anschluss an die Dienstverrichtung in Osttirol die freien Tage in D. bei der Familie verbracht habe (Vorbringen in den angeführten ergänzenden Stellungnahmen), was die private Mitveranlassung der Fahrtkosten verdeutlicht.
h.) Zum Vorbringen, dass der Bw. häufig sofort nach der Dienstverrichtung in Osttirol nach A. zurückgefahren sei, um im Zusammenhang mit dem Umbau des Familienwohnsitzes in D. Planzeichenarbeiten zu erledigen, ist zu bemerken, dass diese Behauptung mit der praktischen Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen und daher unglaubwürdig ist. Gegen die Glaubwürdigkeit dieser Behauptung spricht weiters, dass an die Tage der Dienstverrichtung in Osttirol oft unmittelbar lange dienstfreie Zeiträume anschlossen. Die Berufungsbehörde geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bw. einen erheblichen Teil der freien Tage (im Anschluss an die Dienstverrichtung) bei seiner Familie in Osttirol verbracht hat, was die private Mitveranlassung der streitgegenständlichen Reisebewegungen unterstreicht, wobei die konkrete Quantifizierung der in Osttirol verbrachten freien Tage nicht mehr möglich erscheint.
i.) Bezüglich der beiden Reisen ab 22.7. und 12.8.2003 führt der Bw. in der Stellungnahme vom 5.2.2007 aus, dass er im Zusammenhang mit der Auflösung des Zweithaushaltes in A. (Ausräumen der Wohnung, Ausmalen, Reinigung) sofort nach der Dienstverrichtung in Osttirol nach A. zurückgefahren sei. Hiezu ist festzuhalten, dass - wie oben ausgeführt- die Kosten für den Zweithaushalt (und damit auch die Kosten im Zusammenhang mit der Aufgabe des Zweitwohnsitzes) im Streitzeitraum steuerlich nicht abzugsfähig sind. Das Vorbringen des Bw. ist daher nicht geeignet, die private Mitveranlassung der beiden streitgegenständlichen Reisen in Zweifel zu ziehen. Sie verdeutlicht sie vielmehr.
Der Große Senat des (deutschen) Bundesfinanzhofes (BFH) hat in seinem Beschluss vom 21.9.2009, GrS 1/06, in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, dass Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen grundsätzlich in abzugsfähige Werbungskosten (Betriebsausgaben) und nicht abzugsfähige Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile aufzuteilen seien, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht nur von untergeordneter Bedeutung sind. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsanteile könne es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsschlüssel anzuwenden. Besteht kein Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Reiseaufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei der Anteil unter Berücksichtigung aller Umstände zu schätzen.
Der Große Senat des BFH hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Bei der Ermittlung der Einkünfte seien Aufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzuziehen, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche Veranlassung sei dann gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes (EStG) stehen. Prägend für das EStG sei die Unterscheidung zwischen der durch die einzelnen Einkunftsarten definierten Erwerbssphäre und der Sphäre der Einkommensverwendung. Demgemäß bedürfe es der Trennung zwischen den den jeweiligen Einkünften zuzuordnenden Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) einerseits und den -grundsätzlich nicht abziehbaren - Kosten der Lebensführung andererseits. Nach dem Regelungsziel des EStG seien Aufwendungen dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, sei zum einen die - wertende - Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Ergibt diese Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so seien sie als Betriebsausgaben oder Werbungskosten grundsätzlich abzuziehen. Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so seien sie nicht abziehbar.
Die gesetzlichen Abzugstatbestände für Betriebsausgaben und Werbungskosten seien Ausdruck des objektiven Nettoprinzips, nach dem der Steuergesetzgeber die für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht u.a. maßgebliche objektive finanzielle Leistungsfähigkeit bemisst. Danach unterliege der Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/ beruflichen) Erwerbsaufwendungen andererseits. Das objektive Nettoprinzip sei bei der Rechtsanwendung als Auslegungsrichtschnur heranzuziehen.
Ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hänge von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Reise (oder verschiedene Teile einer Reise) unternimmt. Die Gründe bildeten das "auslösende Moment", das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Reisekosten zu tragen.
Die Gründe des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Reise seien anhand der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu ermitteln.
Eine unbedeutende private Mitveranlassung stehe dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegen. Umgekehrt eröffne eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen für die Lebensführung keinen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug.
Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung sind (z.B. einer beruflich veranlassten Reise wird ein Urlaub hinzugefügt), so erfordere das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Der Umfang des beruflichen Kostenanteils sei notfalls zu schätzen.
Reisekosten, die sowohl den beruflichen als auch den privaten Reiseteil betreffen (z.B. Kosten der Hin- und Rückreise zu einem Auslandsaufenthalt, der berufliche und private Teile umfasst), seien zur Umsetzung des Nettoprinzips ebenfalls aufzuteilen.
Beispielsweise sei ein IT-Fachmann, der aus beruflichen Gründen eine Messe der IT-Industrie in den USA besucht, gegenüber einem Touristen nicht sachwidrig privilegiert, sondern werde vielmehr entsprechend seiner Leistungsfähigkeit besteuert, wenn er nur die Kosten des beruflichen Anteils der Reise, nicht aber auch die des privaten Reiseanteils bei seiner Einkünfteermittlung abziehen kann.
Das Gebot der Steuergerechtigkeit (Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) vermöge ein generelles Aufteilungs- und Abzugsverbot, das auch einen zweifelsfrei nachgewiesenen beruflichen Kostenanteil nicht zum Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zulässt, nicht zu rechtfertigen; vielmehr gebiete das Leistungsfähigkeitsprinzip die Berücksichtigung des beruflichen Anteils durch Aufteilung, notfalls durch Schätzung.
Durch eine Aufteilung werde auch vermieden, dass Aufwendungen insgesamt als beruflich veranlasst anerkannt werden, obwohl sich eine private Mitveranlassung aufdrängt.
Besteht kein Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen.
Der Grundsatz der Praktikabilität der Steuergesetze erfordere es nicht, weiterhin am allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbot festzuhalten.
Die beruflichen und privaten Zeitanteile einer Reise seien ein nahe liegender und sachgerechter Aufteilungsmaßstab. Dies gelte umso mehr, als die Aufteilung auch im Wege der Schätzung geschehen könne und im Übrigen ein Abzug der strittigen Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ohnehin ausscheide, wenn die berufliche Veranlassung nicht durch zureichende Gründe belegt ist.
Der gefertigte Referent schließt sich der vorhin dargestellten Rechtsaufassung des BFH vollinhaltlich an, wobei weiters darauf hinzuweisen ist, dass auch in der österreichischen Steuerliteratur mehrfach die Meinung vertreten wird, dass u.a. bei gemischt veranlassten Reisen das bisher vertretene strenge Aufteilungsverbot nicht sachgerecht sei (siehe hiezu z.B. Doralt/Kofler, EStG11,§ 20 Rz. 27; Baldauf, SWK 29/2008, S 775; Jakom/Baldauf, EStG, 2009, § 20 Rz. 16).
Für das Jahr 2002 ist von insgesamt 16 strittigen Fahrten auszugehen (siehe obige Ausführungen unter Pkt. a.).
Hinsichtlich der Aufteilung der Fahrtkosten in einen privaten und einen beruflichen Teil vertritt der gefertigte Referent die Auffassung, dass zweifelsfrei feststeht, dass von einem erheblichen beruflichen Anteil auszugehen ist, wobei auch die Dauer der Dienstverrichtungen quantifizierbar ist. Andererseits ist die Dauer des privat veranlassten Teiles der Dauer des Aufenthalts des Bw. in Osttirol nicht konkret feststellbar (siehe hiezu Ausführungen zu Pkt. h.), weshalb die Berufungsbehörde gemäß § 184 BAO gezwungen ist, die Zeitanteile zu schätzen. Unter Bedachtnahme auf die Gesamtumstände des gegenständlichen Falles erscheint die Annahme eines beruflich veranlassten Teiles der streitgegenständlichen Fahrtkosten in Höhe von 50 % für beide Streitjahre angemessen.
Ermittlung der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Fahrtkosten 2002
strittige 6.352 km (16 Fahrten) | X 0,356 € | 2.261,31 |
- Ersatz Dienstgeber | -445,48 | |
strittiger Fahrtkostenbetrag | 1.815,83 | |
insgesamt geltend gemachte 9.300 km | X 0,356 € | 3.310,80 |
- Ersatz Dienstgeber | 826,88 | |
Zwischensumme | 2.483,92 | |
nicht zu berücksichtigende Fahrtkosten nach Osttirol (50 %) | -907,92 | |
laut Berufungsentscheidung als Werbungskosten zu berücksichtigende Fahrtkosten | 1.576,00 |
Ermittlung der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Fahrtkosten 2003
strittige 3.176 km (8 Fahrten) | X 0,356 € | 1.130,66 |
- Ersatz Dienstgeber | -235,94 | |
strittiger Fahrtkostenbetrag | 894,72 | |
insgesamt geltend gemachte 4.602 km | X 0,356 € | 1.638,31 |
- Ersatz Dienstgeber | -430,14 | |
Zwischensumme | 1.208,17 | |
- nicht zu berücksichtigende Fahrtkosten nach Osttirol (50 %) | -447,36 | |
laut Berufungsentscheidung als Werbungskosten zu berücksichtigende Fahrtkosten | 760,81 |
Hinsichtlich der beiden Berechnungen ist anzumerken, dass im Streitzeitraum das amtliche KM-Geld 0,356 € betragen hat (siehe hiezu die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz in den beiden Berufungsvorentscheidungen).
Hinsichtlich der Steuerberechnung wird auf die beigeschlossenen beiden Berechnungsblätter verwiesen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Beilagen: 2 Berechnungsblätter, 2 Aufstellungen 1 Konvolut Reiseabrechnungen, 1 Plan
Innsbruck, am 29. Jänner 2010
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | BFH 21.09.2009, GrS 1/06 |