(Kleines) Pendlerpauschale bei einem ÖBB-Bediensteten
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/15/0013 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 29.7.2010 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Zemrosser und die weiteren Mitglieder ADir Krall, Heinz Hengl und Joachim Rinösl im Beisein der Schriftführerin FOI Orasch über die Berufung des Berufungswerbers, Ort, Straße, vom 22. März 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt, vertreten durch ADir Kropfitsch, vom 27. Februar 2007 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 nach der am 28. Oktober 2009 in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Dr. Herrmann-Gasse 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Der Berufung wird im eingeschränktem Umfang Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.), ein Angestellter der ÖBB Dienstleistungs GmbH, reichte seine Arbeitnehmerveranlagungserklärung für das Jahr 2006 elektronisch ein. Gegen den erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid für 2006 legte er fristgerecht Berufung ein und beantragte darin die Berücksichtigung des "kleinen" Pendlerpauschales in Höhe von € 981,00. Begründend wies er darauf hin, dass er die Berücksichtigung des Pendlerpauschales durch seinen Arbeitgeber angenommen habe. Als Beilage fügte er die ausgefüllte Erklärung (Formular L 34) zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 Einkommensteuergesetzt (EStG) 1988 bei. Unter Punkt 1 dieser Erklärung gab er an, dass für ihn die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Wegstrecke - zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - möglich und zumutbar sei, und dass die einfache Wegstrecke zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte 46 km betrage.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 10. April 2007 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass dem Bw. als ÖBB-Bediensteten die Zurücklegung der Fahrtstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor allem über einen kostenfreien Werkverkehr (ohne zusätzlichen Eigenkostenanteil) möglich gewesen sei und diesem daher mangels des Erwachsens von Beförderungskosten im Werkverkehr kein Pendlerpauschale im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zuzuerkennen sei.
Im Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 27. April 2007 brachte der Bw. im Wesentlichen vor, dass die Schlussfolgerung des Finanzamtes, er sei im Rahmen eines kostenlosen Werkverkehrs befördert worden, unrichtig sei. Aus § 26 Z 5 EStG 1988 ergebe sich, dass ein Werkverkehr nach Art eines Linienverkehrs dann anzunehmen sei, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer mit arbeitgebereigenen Fahrzeugen (auch PKW, Kombi) oder durch angemietete Fahrzeuge (einschließlich Taxi) nach Art eines Linienverkehrs befördern lasse. Voraussetzung sei also, dass eine Mehrzahl von Arbeitnehmern gemeinsam und regelmäßig befördert würden. Die Beförderungskapazität eines eingesetzten Pkws oder Kombis müsse in der Regel zu 80% ausgeschöpft sein (zB. müsse bei einem fünfsitzigen PKW somit zumindest der Fahrer und drei Beifahrer das Kfz benützen). Bei Zutreffen dieser Voraussetzungen sei ein "Werkverkehr" bei Arbeitnehmern anzunehmen, die über Auftrag des Arbeitgebers von einem Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeberfahrzeug mitgenommen würden. Seine Fahrten zur und von der Arbeitsstätte seien hingegen überwiegend unter Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln abgewickelt worden. Wiederholend wurde vom Bw. auch darauf hingewiesen, dass die Feststellung "kostenlos" nicht richtig sei, weil von ihm ein monatlicher Beförderungsbeitrag für die AT-Fahrbegünstigung zu bezahlen gewesen sei. Nach Ansicht des Bw. sei auch die Wegstrecke zwischen Wohnung und der Einstiegstelle des "Werkverkehrs" gesondert zu betrachten.
Mit Bericht vom 29. Mai 2007 legte das Finanzamt Klagenfurt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor. Ausführungen zum ergänzenden Berufungsvorbringen des Bw. im Vorlageantrag, insbesondere dass diesem im Streitjahr 2006 sehr wohl Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erwachsen seien, wurden vom Finanzamt nicht erstattet.
Mit Bedenkenvorhalt vom 8. Juli 2009 wurde der Bw. vom UFS-Referenten ua. ersucht, die ihm im Kalenderjahr 2006 im Zusammenhang mit Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erwachsenen tatsächlichen Fahrtkosten nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen.
Per E-Mail vom 23. Juli 2009 gab der Bw. ua. bekannt, dass die Wegstrecke vom Wohnort (Gasse) zur Einstiegstelle Bahnhof (K.) von ihm mit dem PKW zurückgelegt worden sei. Die Fahrtstrecke zum Hauptbahnhof (K.) und retour zur Wohnung habe 13 km betragen. Seine Fahrtkosten zur Einstiegstelle Hauptbahnhof (K.) bezifferte der Bw. mit € 1.185,60 (= 13 km x 20 Arbeitstage x € 0,38 x 12 Monate). Weiters wies er auf die beigefügte Gehaltsabrechnung (Juni 2006) hin, der zu entnehmen sei, dass er für die ÖBB AT-Fahrbegünstigung einen monatlichen Betrag von € 4,59 (jährlich € 55,08) zu bezahlen hatte.
Diese Vorhaltsbeantwortung wurde dem Finanzamt zur Kenntnisnahme übermittelt. In der Gegenäußerung vom 24. August 2009 teilte das Finanzamt zum Vorbringen des Bw. mit, dass im vorliegenden Streitfall für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte lediglich die Kosten in Höhe von € 55,08 (Beförderungskostenbeitrag durch den Bw.) zu berücksichtigen wären. Die vom Bw. darüber hinaus geltend gemachten Mehraufwendungen aus dem Titel Pendlerpauschale würden diesem mit Hinweis auf die anzuwendende Gesetzeslage und Rechtsprechung (Gesetzeswortlaut nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c. EStG 1988 vorletzter und letzter Satz: "Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann stehen ihm die Pauschbeträge nach lit. b und c nicht zu. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, dann sind diese bis zur Höhe der sich aus lit. b und c ergebenden Beträge als Werbungskosten zu berücksichtigen.") nicht zustehen. Die Erlassung einer zweiten Berufungsvorentscheidung im Sinne der Antragstellung des Bw. sei daher gegenständlich nicht möglich.
In der am 28. Oktober 2009 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde seitens der Verfahrensparteien nachstehender Sachverhalt als erwiesen anerkannt:
- | Dem Bw. war im Kalenderjahr 2006 die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte möglich und zumutbar. |
- | Zufolge der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ergab sich dazu folgende Wegstreckenermittlung: |
Whg. - Haltestelle S/L | ||
Öffentl. Verkehrsmittel Bus, L. - Klgft. Hbf. | 6 km | |
Öffentl. Verkehrsmittel Zug, Klgft. Hbf. - Villach Hbf. | 38 km | |
Ausstiegstelle - Arbeitsstätte | 2 km | |
Summe: | 1 km | |
- | Die Fahrtkostenermittlung für obige Wegstrecke hätte im Falle der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für den Bw. folgenden Fahrtkostenaufwand ergeben: | |
ÖBB AT-Fahrbegünstigungskostenbeitrag | € 55,08 | |
Jahreskarte Stadtwerkebus (L. - Klagenfurt) | € 340,00 | |
Summe: | € 395,08 |
Nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage schränkte der Bw. im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung sein Berufungsbegehren betragsmäßig dahingehend ein, dass ihm jedenfalls die durch die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erwachsenen Fahrtkosten in Höhe von € 395,08 als Werbungskosten zuzuerkennen seien. Dabei wurde vom Bw. nochmals hervorgehoben, dass es ihm in rechtlicher Hinsicht nicht gerecht erscheine, im Falle der Zuerkennung eines Pendlerpauschales anders als jeder andere österreichische Arbeitnehmer behandelt zu werden. Er habe im Berufungsjahr an jedem Arbeitstag eine Wegstrecke von 46 km zurückgelegt, nämlich mit dem PKW von L. (Wohnung) nach K. (Einstiegstelle Hbf.) und er stehe nun vor der Tatsache, dass ihm trotz des tatsächlichen Erwachsens von Fahrtkosten für die Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vom Finanzamt kein Pendlerpauschale zuerkannt werde. Die Behördenvertreterin erwiderte dazu, dass aus der Sicht des Finanzamtes lediglich dem Begehren des Bw. auf Zuerkennung des ÖBB AT-Fahrtkostenbeitrages in Höhe von € 55,08 Berechtigung zukomme und dessen Mehrbegehren auf Zuerkennung eines weiteren Aufwandsbetrages, nämlich der Jahresfahrkarte Stadtwerkebus (€ 340,00) im Rahmen eines kleinen Pendlerpauschales nicht beizupflichten sei. Dies vor allem deshalb nicht, da die Gesamtwegstrecke L. - Villach im gegenständlichen Fall auf die Streckenabschnitte L. - Klagenfurt (6 km) und Klagenfurt - Villach (38 km) aufzuteilen sei. Dabei sei die Teilstrecke Klagenfurt - Villach als "Werkverkehrsstrecke" zu werten und folglich sei die Einstiegstelle (Hbf Klagenfurt) zur Nutzung des "Werkverkehrs" somit für Belange des Pendlerpauschales begrifflich mit der "Arbeitsstätte" gleichzusetzen. Da die Teilstrecke L. - Klagenfurt jedoch nur 6 km betrage, stehe für diesen Streckenabschnitt kein Pendlerpauschale zu. Für die isolierte Betrachtung, also die Teilung der Gesamtwegstrecke, spreche auch der Umstand, dass der Bw. effektive Kosten aus Eigenem nur für die Wegstrecke zwischen Wohnort und Einstiegstelle (Beginn des Werkverkehrs) zu tragen gehabt habe. Jeder andere Arbeitnehmer habe im Regelfall jedoch typische Kosten für die gesamte Wegstrecke zu tragen.
Über die Berufung hat der Senat erwogen:
Im zweitinstanzlichen Verfahren geht es vorrangig um die Beurteilung der Fragen, ob und inwieweit sich der Genuss eines geldwerten Vorteils aus der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung der eigenen Arbeitnehmer bei Beförderungsunternehmen nach § 3 Z 21 EStG 1988, der auch dem Bw. im Streitjahr 2006 zuteil wurde, auf die Inanspruchnahme bzw. Zuerkennung eines Pendlerpauschales iSd § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in rechtlicher Hinsicht auswirkt.
Gemäß § 3 Z 21 EStG 1988 ist der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung der eigenen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen bei Beförderungsunternehmen von der Einkommensteuer befreit.
Nach § 16 Abs. 1 Z 6 erster Satz EStG 1988 zählen zu den Werbungskosten auch die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt grundsätzlich nach lit. a leg. cit., dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten sind.
Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988
zusätzlich bestimmte Pauschbeträge (sogenanntes "kleines" Pendlerpauschale) berücksichtigt:
Vom 1. 1. 2006 bis 30. 6. 2007 (BGBl. I Nr. 115/2005):
20 bis 40 km | 495 € jährlich |
40 bis 60 km | 981 € jährlich |
über 60 km | 1.467 € jährlich |
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 "letzter Absatz"lautet auszugsweise: "Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge ... Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann stehen ihm die Pauschbeträge nach lit. b und c nicht zu. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, dann sind diese bis zur Höhe der sich aus lit. b und c ergebenden Beträge als Werbungskosten zu berücksichtigen."
Gemäß § 26 Z 5 EStG 1988 liegt Werkverkehr vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels befördern lässt. Auf Grund dieser Gesetzesbestimmung zählt der geldwerte Vorteil aus der Beförderung des Arbeitnehmers im Werkverkehr nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der auf den gegenständlichen Streitfall anzuwendenden Pauschalierungsregelung des § 16 Abs. 1 Z 6 leg. cit. liegt zweifelsohne der Vereinfachungszweck zu Grunde, Fahrtausgaben ohne Kostennachweisführung, die allen Dienstnehmern typischerweise durch das Aufsuchen der Arbeitsstätte im Regelfall erwachsen, in einer pauschalierten
a) nach der Länge der Fahrtstrecke und b) der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
differenzierenden Form und Betragshöhe unter dem Titel Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen.
Der allgemeingültige Werbungskostengrundsatz setzt allerdings auch im Falle der Inanspruchnahme der in Rede stehenden Pauschalierungsregelung voraus, dass dem Steuerpflichtigen Kosten - im Berufungsfall Fahrtkosten durch Nutzung von Massenverkehrsmitteln - überhaupt erwachsen sind. Würden daher einem Arbeitnehmer keine Fahrtaufwendungen für die Zurücklegung der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zufolge der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erwachsen, so bestünde auch für die Zuerkennung eines kleinen Pendlerpauschales unter dem Titel Werbungskosten kein Raum.
Aus den Norminhalten des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a und b EStG 1988 lässt sich klar ableiten, dass der Gesetzgeber als abzugsfähige Ausgabe des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Aufwendungen für die Benützung von öffentlichen Massenbeförderungsmitteln mittels Pauschbeträgen steuerlich berücksichtigt wissen will.
Evident ist im zu beurteilenden Fall die Tatsache, dass dem Bw. im Streitjahr 2006 die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln auf der überwiegenden Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte möglich und zumutbar gewesen ist. Aus den Inhalten des Verwaltungsaktes (Formular L 34) ergibt sich, dass die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Bw. im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegte 47 km betrug, und demnach für die Fahrtstrecke von 40 bis 60 km ein kleines Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 im Betrag von € 981,00 jährlich als Werbungskosten dem Grunde nach in Betracht käme. Fakt ist, dass der Zuerkennung des angeführten Pauschbetrages der unstrittige Sachverhaltsumstand entgegen steht, dass der Bw. als Arbeitnehmer eines Beförderungsunternehmens im Falle der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, gegenständlich für die Beförderung auf der Fahrtstrecke von Klgft. Hbf. - Villach Hbf. (38 km) in den Genuss eines geldwerten Vorteils gemäß § 3 Z 21 EStG 1988 gelangen konnte.
Nach Ansicht des erkennenden Senates kann der Hinweis des Gesetzgebers auf "lit. b" im letzten Satz der oben zitierten Gesetzesformulierung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 nur so verstanden werden, dass entstehende Fahrt- bzw. Beförderungskosten im jeweiligen Einzelfall "jedenfalls" bis zur Höhe des entsprechenden Pauschales, so im gegenständlichen Streitfall begrenzt mit den Pauschbeträgen nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 für eine Wegstrecke von 40 bis 60 km, mit jährlich € 981,00, als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Auch wenn im Gegenstandsfalle kein "Werkverkehrsfall nach § 26 Z 5 EStG 1988" vorliegt, so muss der oben zitierte Gesetzeswortlaut des "§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, letzter Satz" und ebenso der eingangs erwähnte "allgemeingültige Werbungskostengrundsatz" - bei vergleichbarem Sachverhalt - nach Ansicht des erkennenden Senates sehr wohl auch auf den Tatbestandsfall des § 3 Z 21 EStG 1988 Anwendung finden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 9.5.1995, 92/14/0092 zu einem vergleichbaren Streitbegehren zum Ausdruck gebracht, dass bei ÖBB-Bediensteten, die zur Gänze oder teilweise mit Zügen oder Bussen der ÖBB zwischen Wohnung und Arbeitsstätte befördert würden, zwar "im Sinne der Verkehrsauffassung nicht als Werkverkehr" gesprochen werden könne. Trotzdem könnte jedoch der Beschwerdeführer - so der VwGH weiter - durch die Nichtgewährung des Pendlerpauschales aus folgenden Erwägungen nicht in seinen Rechten verletzt werden. Dies deshalb, da die Bedeutung der Bestimmung, dass dem Arbeitnehmer, der im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr befördert werde, die Pauschbeträge nicht zustünden, darin zu sehen sei, dass eine pauschale Berücksichtigung von Werbungskosten dann nicht gerechtfertigt sei, wenn - wie dies beim Werkverkehr typisch - dem betreffenden Arbeitnehmer keine (oder gegenüber Arbeitnehmern, die nicht im Werkverkehr befördert würden, erheblich geringere) Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erwachsen würden und ein aus der kostenlosen oder begünstigten Beförderung entstehender Vorteil - wie dies § 26 Z 5 EStG 1988 normiere - nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehöre. Wiewohl der Gesetzgeber - so die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem oben zitierten Erkenntnis - nur im Falle des Werkverkehrs ausdrücklich normiere, dass diesfalls die Werbungskostenpauschalien nicht zustünden, erfordere die ratio legis in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der Rechtsfolgeanordnung, nämlich dass ein entsprechendes Pauschale grundsätzlich nicht zustünde, entstehende Kosten aber bis zur Höhe des entsprechenden Pauschales zu berücksichtigen seien, auch auf den Beschwerdefall. Diese Beurteilung sei insbesondere auch deswegen geboten und gerechtfertigt, weil einerseits der aus der Beförderung des Arbeitnehmers im Werkverkehr resultierende Vorteil aus dem Dienstverhältnis gemäß § 26 Z 5 EStG 1988 nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehöre, andererseits der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung der eigenen Arbeitnehmer bei Beförderungsunternehmen gemäß § 3 Z 21 EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit sei, somit in beiden Fällen kein Sachbezug zu versteuern sei.
Gleichfalls hat der Unabhängige Finanzsenat unter Hinweis auf die oben wiedergegebene VwGH-Judikatur mittels Berufungsentscheidung vom 5.9.2008, RV/0316-F/08, die Auffassung vertreten, dass einem Mitarbeiter der ÖBB, dem ein geldwerter Vorteil nach § 3 Z 21 EStG 1988 zuteil wurde, soferne diesem die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, die tatsächlichen Fahrtkosten der Massenbeförderungsmittel - beschränkt mit dem kleinen Pendlerpauschale - als Werbungskosten anzuerkennen sind.
Den vorstehend angeführten Rechtsüberlegungen des Verwaltungsgerichtshofes sowie jener des Unabhängigen Finanzsenates zum Themenkreis "Pendlerpauschale unter Beachtung eines geldwerten Vorteiles iSd § 3 Z 21 EStG 1988" folgend, galt es auch im vorliegenden Streitfall zu erforschen bzw. zu überprüfen, ob und in welcher Betragshöhe dem Bw. im Streitjahr 2006 zufolge der Nutzung eines arbeitgebereigenen Beförderungsmittels (ÖBB - Zug) "verminderte" Massenbeförderungsmittelkosten für die Zurücklegung der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, tatsächlich erwachsen sind.
Die diesbezüglichen Ermittlungsergebnisse haben gezeigt, dass dem Bw. im Veranlagungsjahr 2006 die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für die Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (47 km) zumutbar war. Bei Verwendung der im Streitzeitraum verkehrenden Massenbeförderungsmittel auf dieser Wegstrecke wären dem Bw. nachweisliche Fahrtkosten in Höhe von € 395,08 (= ÖBB AT-Fahrbegünstigungskostenbeitrag € 55,08 zuzüglich Jahreskarte Stadtwerkebus € 340,00) für das Streitjahr 2006 tatsächlich erwachsen. Aus diesem unstrittig feststehenden Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei, dass die vom Bw. nunmehr im Berufungsverfahren geltend gemachten "verminderten" Massenbeförderungsmittelkosten in Höhe von € 395,08, im Rahmen der Betragsbegrenzung des kleinen Pendlerpauschales für die Fahrtstrecke von 47 km, als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Zu dem vom Finanzamt im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung ins Treffen geführten Argumentes des "Aufteilens der einfachen Gesamtfahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" in sogenannte "isoliert zu betrachtende Fahrtteilstrecken" oder der "neuen" Definierung des Begriffes "Arbeitsstätte" (= Einstiegstelle zur Nutzung des Werkverkehrs), bei Vorliegen eines "Werkverkehrsfalles bzw. eines Falles der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung der eigenen Arbeitnehmer bei Beförderungsunternehmen" bieten die auf den Berufungsfall anzuwendenden Norminhalte des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 keinerlei Handhabe. Nach Ansicht des Senates kann unter dem Begriff "einfache Fahrtstrecke" nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 nur jene verstanden werden, die ein pendelnder Arbeitnehmer unter Benützung eines Massenbeförderungsmittels kilometermäßig als "Gesamtwegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" tatsächlich (täglich) zurücklegen müsse. Die diesbezüglich getätigten Einwendungen des Finanzamtes die Wegstrecke des Bw. von dessen Wohnung zur Haltestelle des ersten öffentlichen Verkehrsmittels (Wegstrecke = 1 km) und dessen Fahrtstrecke mit dem ersten öffentlichen Verkehrsmittels (Stadtwerkebus) zur Einstiegstelle "Hauptbahnhof ÖBB-Zug" (Fahrtstrecke = 6 km), gesondert von der Gesamt(weg)fahrtstrecke (= 47 km) zu betrachten und sodann die Einstiegstelle des zweiten öffentlichen Verkehrsmittels (Hauptbahnhof ÖBB-Zug) als "Arbeitsstätte" iSd anzuwendenden Normvorschrift zu werten und daraus den Schluss zu ziehen, dass auf Basis dieser "isolierten (gesonderten) Wegstreckenbetrachtung" allenfalls ein kleines Pendlerpauschale nach lit. b des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG insoweit nicht in Betracht kommen könne, sind daher als unzutreffend zu werten.
Dem abschließenden Hinweis des Finanzamtes, dass für die Teilung der Wegstrecke auch der Umstand spreche, dass der Bw. effektive Fahrtkosten nur für die Strecke Wohnort - Einstiegstelle (Beginn des Werkverkehrs) zu tragen gehabt habe, hingegen im Vergleich jeder andere Arbeitnehmer im Regelfall jedoch typische Fahrtkosten für die gesamte Wegstrecke tragen müsse ist entgegenzuhalten, dass die in Rede stehende Gesetzesbestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, gerade bei Vorliegen eines typischen Regelfalles, Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eben nicht mit tatsächlichen Fahrtkosten öffentlicher Verkehrsmittel, sondern nur in pauschaliertem Umfang und zwar nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur "entfernungsabhängig von der (Gesamt)Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" berücksichtigt. Aber auch der diesbezüglich vom Finanzamt angesprochene (tatsächliche) Fahrtkostenaufwandsvergleich des Bw. mit einem anderen Arbeitnehmer, also einem der nicht in den Genuss eines Vorteiles nach § 3 Z 21 EStG 1988 stehen mag, vermag nicht zu überzeugen, da jeder andere Arbeitnehmer (zB. auch Fahrtkostenzuschussempfänger, als Pendler im Rahmen einer Arbeitnehmerförderung durch Land/Arbeiterkammer) bei ausschließlichem Erfüllen der "entfernungsabhängigen Anspruchsvoraussetzungen" mittels Zuerkennung eines Pauschbetrages nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, also typische Fahrtkosten von Massenverkehrsmitteln für die gesamte Fahrtstrecke in pauschaler Form, steuerlich abgegolten bekommt. Gleichwohl sind auch dem Bw. für die gesamte Weg(Fahrt)strecke "verringerte" Massenbeförderungsmittelkosten erwachsen, weswegen insoweit die diesbezüglichen Einwendungen des Finanzamtes ins Leere gehen.
Bezüglich des allgemeinen Vorbringens des Bw. in der mündlichen Berufungsverhandlung, dass in der Nichtgewährung des Pendlerpauschales durch das Finanzamt eine steuerliche Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitnehmern zu erblicken sei und dadurch der verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt werde, gilt auszuführen, dass die Beurteilung der Verfassungskonformität der auf den Streitfall angewandten Gesetzesmaterialien nicht dem Unabhängigen Finanzsenat obliegt, sondern dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten ist.
Entsprechend der oben geschilderten Sach- und Rechtslage kommt der erkennende Senat zu dem Ergebnis, dass dem eingeschränkten Berufungsbegehren des Bw. Berechtigung zukommt. Dem Bw. sind daher die im Kalenderjahr 2006 entstandenen Fahrtkosten in Höhe von € 395,08 zufolge der Nutzung von Massenverkehrsmitteln für die Zurücklegung der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 47 km, im Rahmen der betragsmäßigen Beschränkung des kleinen Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 unter dem Titel Werbungskosten bei der Veranlagung zum Ansatz zu bringen.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2006 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Klagenfurt am Wörthersee, am 1. Dezember 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Werkverkehr, unentgeltliche oder verbilligte Beförderung, Beförderungskosten, Massenbeförderungsmittel |
Verweise: |