UFS RV/0653-W/09

UFSRV/0653-W/0921.8.2009

Keine Gutschriftszinsen bei Bagatellgrenze, keine Nachholung bei abgeändertem Grundlagenbescheid

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom 14. Juli 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 23. Juni 2008 betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom 4. April 2008 setzte das Finanzamt eine Abgabengutschrift in Höhe von € 298,14 fest, die von der Steuererklärung abweiche, da trotz Aufforderung die noch benötigten Unterlagen nicht beigebracht worden wären.

Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung setzte das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 23. Juni 2008 eine Einkommensteuergutschrift 2002 in Höhe von nunmehr € 787,49 fest.

Zugleich setzte das Finanzamt für den Zeitraum 1. Oktober 2003 bis 31. März 2007 Anspruchszinsen in der Höhe von € 63,46 fest, wobei der Berechnung der Differenzbetrag von € 489,35 zwischen Erstbescheid und Berufungsvorentscheidung zu Grunde lag.

In der dagegen am 14. Juli 2008 rechtzeitig eingebrachten Berufung beantragte der Berufungswerber (Bw.) die Berechnung der Anspruchszinsen vom Gesamtbetrag der in der Berufungsvorentscheidung festgesetzten Gutschrift, da die mit Erstbescheid bestimmte Gutschrift von € 298,14 nicht verzinst worden wäre.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 22. August 2008 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, da die Anspruchsverzinsung mit jedem abändernden Bescheid über eine Abgabe neu berechnet werde. Da die Berechnung der Anspruchszinsen bei der Erlassung des Erstbescheides einen Betrag unter der Bagatellgrenze von € 50,00 gemäß § 205 Abs. 2 zweiter Satz BAO ergeben hätte, wären keine Gutschriftszinsen festzusetzen gewesen.

Fristgerecht beantragte der Bw. mit Schreiben vom 9. September 2008 die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte vor, dass eine Berufung und ein zweiter Bescheid gar nicht nötig gewesen wären, wenn das Ersuchen vom 21. Jänner 2008 an die richtige Adresse zugestellt worden wäre, obwohl er seit 35 Jahren an der selben Adresse aktenkundig wäre.

Über die Berufung wurde erwogen:

Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind gemäß § 205 Abs. 1 BAO für den Zeitraum ab dem 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten (in der Fassung vor dem AbgÄG 2004) festzusetzen.

Anspruchszinsen sind mit Abgabenbescheid festzusetzen, wobei Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift ist. Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden. Daher ist eine Anfechtungsmöglichkeit mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, nicht gegeben.

Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Diesfalls erfolgt keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides, sondern es ergeht ein weiterer Anspruchs- oder Gutschriftszinsenbescheid.

Im vorliegenden Fall führte die Einkommensteuerveranlagung (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2002 zu einer Abgabengutschrift von - € 298,14 (Bescheid vom 4. April 2008). Eine Verzinsung der Abgabengutschrift (zugunsten des Bw.) unterblieb aber auf Grund der Bestimmung des § 205 Abs. 2 BAO, wonach Anspruchszinsen, die den Betrag von € 50,00 nicht erreichen, nicht festzusetzen sind:

Zeitraum

Bemessungs-grundlage

Anzahl Tage

Tages-zinssatz

Anspruchszinsen

01. 10. 2003 - 26. 04. 2006

- 298,14

939

0,0095

- 26,60

27. 04. 2006 - 10. 10. 2006

- 298,14

167

0,0109

- 5,43

11. 10. 2006 - 13. 03. 2007

- 298,14

154

0,0128

- 5,88

14. 03. 2007 - 31. 03. 2007

- 298,14

18

0,0142

- 0,76

(nicht festzusetzende) Gutschriftszinsen

- 38,67

Der Bw. vertritt nunmehr die Ansicht, dass diese unterbliebene Anspruchsverzinsung, die zu seinem Vorteil gewesen wäre, mit dem nunmehr bekämpften Bescheid nachgeholt hätte werden müssen. Dies, indem die sich aus der Berufungsvorentscheidung vom 23. Juni 2008 ergebende Neufestsetzung an Einkommensteuer (- € 787,49) unter Außerachtlassung der Abgabengutschrift des Erstbescheides vom 4. April 2008 (- € 298,14) zu verzinsen wäre und nicht die sich aus der Berufungsvorentscheidung ergebende Abgabengutschrift in der Höhe von - € 489,35 (Differenzbetrag zum Erstbescheid).

Die Ansicht des Bw. findet im Gesetz keine Deckung. Wie bereits ausgeführt, ist Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift. Jede Nachforderung bzw. Gutschrift löst (sofern nicht § 205 Abs. 2 BAO zur Anwendung kommt) einen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor. Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden (vgl. Ritz, BAO³, § 205 Tz 32 f).

Auch im vorliegenden Fall war daher der angefochtene Anspruchszinsenbescheid vom 23. Juni 2008 an die im Spruch der Berufungsvorentscheidung vom selben Tag ausgewiesene Gutschrift in der Höhe von - € 489,35 gebunden.

Wie das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung richtig ausführt, werden frühere Anspruchszinsenbescheide wegen neu ergangener Bescheide nicht abgeändert oder durch neue ersetzt. Dies gilt auch für nicht ergangene Anspruchszinsenbescheide. Diese werden nicht durch Einbeziehen in den neuen Anspruchszinsenbescheid nachgeholt. Dass es im streitgegenständlichen Fall auf Grund der Bagatellgrenze von € 50,00, die sich auf den einzelnen Anspruchszinsenbescheid bezieht, nicht zu einer vollständigen Egalisierung kommt, wurde vom Gesetzgeber offensichtlich in Kauf genommen. Dazu ist aber zu erwähnen, dass sich die Bagatellregelung des § 205 Abs. 2 BAO nicht nur zu Lasten des Abgabepflichtigen, sondern je nach Fallkonstellation ebenso zu seinen Gunsten auswirken kann (siehe auch UFS 27.3.2006, RV/0550-I/05; 5.4.2007, RV/0040-I/07).

Auch aus dem Einwand, dass die Aufforderung des Finanzamtes zur Beibringung von Nachweisen nicht ordnungsgemäß an seine Adresse ergangen wäre, lässt sich nichts gewinnen, weil die fehlerhafte Adresse offenbar aus den unrichtigen Angaben des Bw. selbst in der Steuererklärung 2002 übernommen wurde.

Dass bei der Festsetzung solcher Zinsen auf ein allfälliges Verschulden des Abgabepflichtigen und/oder der Abgabenbehörde an der Vorschreibung eines Differenzbetrages an Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer Bedacht zu nehmen wäre, kann dem klar und unmissverständlich formulierten Gesetzeswortlaut des § 205 BAO jedoch ohnehin nicht entnommen werden. Bei der Verzinsung eines Differenzbetrages im Sinne des § 205 Abs. 1 BAO, der sich wie vorliegendenfalls aus der Aufhebung eines Einkommensteuerbescheides und dem Ersatz desselben durch einen neuen Einkommensteuerbescheid (Berufungsvorentscheidung) ergab, ist es also völlig unmaßgeblich, aus welchen Gründen die ursprüngliche Abgabenfestsetzung unrichtig war, ob den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft oder nicht bzw. ob diese Unrichtigkeit allenfalls auf einen der Abgabenbehörde selbst unterlaufenen Fehler zurückzuführen ist.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. August 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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