UFS RV/0040-I/07

UFSRV/0040-I/075.4.2007

Anspruchszinsen nach Bescheidberichtigung unter der Bagatellgrenze von 50 €

 

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch die AB-GmbH, vom 20. Dezember 2006 gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom 16. und 23. November 2006 betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom 16. November 2006 führte das Finanzamt für den Berufungswerber eine erklärungsgemäße Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2005 durch, die zu einer Einkommensteuernachforderung von 52.165,50 € führte und setzte für diese Nachforderung für den Verzinsungszeitraum vom 1. Oktober bis 16. November 2006 Anspruchszinsen in Höhe von 303,92 € fest.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 erhob der Berufungswerber mit der Begründung, er habe übersehen in der Einkommensteuererklärung die offenen Verlustvorträge einzutragen, Berufung. Die stattgebende Berufungsvorentscheidung vom 23. November 2006 führte zu einer Einkommensteuergutschrift von 48.188,90 €. Auf Basis dieser Berufungsvorentscheidung wurde mit Bescheid vom selben Tag für den oben genannten Verzinsungszeitraum vom 1. Oktober bis 16. November 2006 eine Gutschrift an Anspruchszinsen in der Höhe von 280,75 € festgesetzt, sodass sich die Anspruchszinsen letztlich auf 23,17 € (303,92 € minus 280,75 €) verminderten.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 erhob der Berufungswerber gegen die Bescheide vom 16. und 23. November 2006 betreffend Anspruchszinsen Berufung und beantragte die Stornierung bzw. Aufhebung der Bescheide. Zur Begründung brachte er vor, im Zuge der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für 2005 sei die Nachzahlung herabgesetzt und damit auch ein Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen mit einer Gutschrift von 280.75 € erlassen worden. Der o.a. Bescheid vom 16.11.2006 enthalte eine Vorschreibung von 303,92 €. Wäre nun der Einkommensteuerbescheid für 2005 sofort richtig erstellt worden, hätte sich eine Zinsbelastung von ca. 23,00 € ergeben. Dies entspreche in etwa auch dem noch offen Betrag von 23,17 €. Da die Zinsen erst ab einen Betrag von 50 € vorgeschrieben werden, falle keine Zinsbelastung an.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 10. Jänner 2007 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, wegen der Bindung an den Stammabgabenbescheid könne ein Zinsenbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, der maßgebliche Stammabgabenbescheid sei inhaltlich rechtswidrig. Erweise sich der Stammabgabenbescheid als rechtswidrig und werde er entsprechend abgeändert (z.B. in einem Berufungsverfahren), so werde diesem Umstand mit einem an den Abgabenbescheid (z.B. Berufungsvorentscheidung) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (z.B. Gutschriftzinsen als Folge des Wegfalls einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergehe sodann ein weiterer Zinsenbescheid, falls die diesbezüglichen gesetzlichen Voraussetzungen des § 205 Abs. 2 zweiter Satz BAO vorliegen würden. Das bedeute aber gleichzeitig, dass keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides erfolge.

Anspruchszinsen (auch Gutschriftzinsen) die den Betrag von 50 € nicht übersteigen, dürften gemäß § 205 Abs. 2 zweiter Satz BAO jedoch nicht festgesetzt werden. Für die Anwendung des § 205 BAO sei es bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später - rechtswidrig - erfolgt sei. Für die Berechnung und Festsetzung von Anspruchszinsen spiele es daher keine Rolle, ob die Ursachen für den Zeitpunkt einer - auch verspäteten - Abgabenfestsetzung bei der Abgabenbehörde oder beim Abgabepflichtigen liegen würden.

Eine Abänderung bzw. Aufhebung der bekämpften Anspruchszinsenbescheide sei nicht möglich, da die Festsetzung der Anspruchszinsen rechtsrichtig aufgrund der Bestimmungen der BAO erfolgt sei und das Finanzamt keinen Ermessensspielraum bei der Festsetzung oder Nichtfestsetzung von Anspruchszinsen habe.

Mit Eingabe vom 8. Februar 2007 stellte der Berufungswerber den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus, als Zusatz zur Berufung müsse angeführt werden, dass die Festsetzung der Anspruchszinsen aufgrund des fehlenden Verlustvortrages erfolgt sei. Es müsse in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass der Verlustvortrag von Amts wegen vorzunehmen sei. Wenn die Veranlagung in diesem Sinne erfolgt wäre, hätte sich aufgrund des Freibetrages keine Zinsbelastung ergeben. Dieser Sachverhalt könne nicht als bedeutungslos angesehen werden.

Sollte der Berufung wider Erwarten nicht stattgegeben werden, ersuche er aufgrund des beschriebenen Sachverhaltes um Nachsicht bzw. Abschreibung des in Frage stehenden Säumniszuschlages (Anmerkung: gemeint sind wohl die strittigen Anspruchszinsen) in Höhe von 23,17 €.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Nach § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen 2 % über dem Basiszinssatz und sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monate festzusetzen. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Der Berufungswerber bringt im Wesentlichen vor, dass trotzt stattgebender Berufungsentscheidung gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 Anspruchszinsen in der Höhe von 23,17 € aufrecht bleiben, die ihm bei einer ursprünglich richtigen Erlassung des Bescheides wegen der Bagatellgrenze des § 205 Abs. 2 BAO von 50 € nicht angelastet worden wären.

Dazu ist klarzustellen, dass sich die Freigrenze des § 205 Abs. 2 BAO ausschließlich auf den jeweiligen Anspruchszinsenbescheid und nicht auf einen eventuell sich zwischen dem ursprünglichen Nachforderungszinsenbescheid und dem aufgrund einer Neuberechnung der Abgabenfestsetzung zu erlassenden Gutschriftszinsenbescheid verbleibenden Differenzbetrag bezieht.

Wie das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung richtig ausführt, wird bei einer nachträglichen Änderung eines Stammabgabenbescheides der sich als rechtswidrig erwiesen hat, nicht der ursprüngliche Zinsenbescheid abgeändert oder ersetzt, sondern diesem Umstand wird durch einen an den Abänderungsbescheid gebundenen (weiteren) Zinsenbescheid Rechnung getragen. Jede Nachforderung bzw. Gutschrift löst (gegebenenfalls) einen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 205, Tz 33, 35).

Der Berechnung der Anspruchszinsen nach Ergehen der Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2005 war daher nicht - wie offensichtlich der Berufungswerber meint - der Differenzbetrag zwischen dem Abgabenbetrag der stattgebenden Berufungsvorentscheidung vom 23. November 2006 und den geleisteten Vorauszahlungen sondern der Differenzbetrag zwischen dem Abgabenbetrag der stattgebenden Berufungsvorentscheidung und dem Abgabenbetrag des bekämpften Erstbescheides vom 16. November 2006 zu Grunde zu legen.

Die Wortfolge des § 205 "nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe" kann keinesfalls so interpretiert werden, dass der Finanzbehörde hier ein Wahlrecht eingeräumt wäre, auf die Vorauszahlungen oder auf die bisher festgesetzt gewesenen Abgabe zurückzugehen.

Zwar kennt die Bundesabgabenordnung als Verfahrensvorschrift Regelungen, wie sie beispielsweise § 212 Abs. 2 letzter Satz BAO für Stundungszinsen vorsieht, wo es heißt: "Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen." Eine derartige Regelung ist jedoch vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit den Anspruchszinsen nicht normiert worden. Erweist sich nachträglich die Rechtswidrigkeit der maßgebenden (Nachforderungs- und Gutschriftszinsen bedingenden) Abgabenfestsetzung, so egalisiert - nach dem Willen des Gesetzgebers - der Gutschriftzinsen- bzw. Nachforderungsbescheid die Belastung mit Gutschrifts- und Nachforderungszinsen. Eine Abänderung von Zinsenbescheiden (anlässlich einer Abänderung bzw. Aufhebung des Stammabgabenbescheides) ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Dass es im streitgegenständlichen Fall auf Grund der Bagatellgrenze von 50 €, die sich auf den einzelnen Anspruchszinsenbescheid bezieht, nicht zu einer vollständigen Egalisierung kommt, wurde vom Gesetzgeber offensichtlich in Kauf genommen. Dazu ist aber zu erwähnen, dass sich die Bagatellregelung des § 205 Abs. 2 BAO nicht nur zu Lasten des Abgabepflichtigen, sondern je nach Fallkonstellation ebenso zu seinem Gunsten auswirken kann.

Der im Vorlageantrag angesprochene Umstand, dass der vom Berufungswerber in der Einkommensteuererklärung für 2005 versehentlich nicht angeführte Verlustvortrag vom Finanzamt vom Amts wegen anzusetzen gewesen wäre, ist nicht entscheidungsrelevant.

Wie den Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der oben zitierten Gesetzesbestimmung, RV 311 BlgNR 21. GP , 210 ff. zu entnehmen ist, ist die Ursache für den Zeitpunkt der Erlassung des zur Nachforderung führenden Bescheides bedeutungslos. Eine Bescheiderlassung nach dem für den Beginn des Zinsenlaufes maßgebenden Termin hat daher Zinsen unabhängig von einem Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde zur Folge.

Dass die angefochtenen Bescheide zu Unrecht ergangen sind oder die Berechung der Anspruchszinsen unrichtig gewesen wäre, ist vom Berufungswerber nicht behauptet worden und konnte auch nicht festgestellt werden. Allein der Umstand, dass nach Saldierung der festgesetzten Abgabenschuld von 303,92 € mit der Gutschrift von 280,75 € eine Abgabenschuld von 23,17 € verbleibt, die bei einer ursprünglich richtigen Berechnung der Einkommensteuer aufgrund der sich zu Gunsten des Berufungswerbers auswirkenden Bagatellgrenze des § 205 Abs. 2 BAO dem Berufungswerber nicht vorgeschrieben worden wäre, macht die angefochtenen Bescheide nicht rechtswidrig. Tatsächlich hat ja insgesamt eine Nachforderung an Einkommensteuer bestanden, die einen Anspruch des Finanzamtes auf Anspruchszinsen in der letztlich vorgeschriebenen Höhe von 23,17 € auslöste. Dem Berufungswerber ist dieser Betrag auch nicht zu Unrecht vorgeschrieben worden, sondern auf Grund der dargestellten Rechtslage konnte im gegenständlichen Fall nur die Bagatellregelung des § 205 Abs. 2 BAO nicht zu Gunsten des Berufungswerbers angewendet werden.

Über die vom Berufungswerber im Vorlageantrag in eventu beantragte amtswegige Löschung oder Nachsicht der Abgabe hatte der Unabhängige Finanzsenat mangels Zuständigkeit nicht zu entscheiden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 5. April 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Anspruchszinsen, Bagatellgrenze, Verschulden

Stichworte