Kosten der Sachwalterschaft als außergewöhnliche Belastung beim Sachwalter ?
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 19. Februar 2009 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 13. Februar 2009, StNr., betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit der Berufung vom 19.2.2009 wurde der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 13.2.2009, StNr., angefochten.
Strittig ist ausschließlich die Nichtanerkennung der geltend gemachten Kosten als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 BAO, die mit der Besorgung der Sachwalterschaft für die in Graz lebende Mutter entstanden sind, und zwar die Kosten für 10 Fahrten (Kilometergeld und Mautkosten) Salzburg-Graz-Salzburg.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist eine Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Die Belastung erwächst entsprechend der Bestimmung des § 34 Abs. 3 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Alle Voraussetzungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Schon das Fehlen einer dieser Voraussetzungen schließt die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung aus und die Behörde ist davon enthoben zu prüfen, ob auch die anderen Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht (vgl Wiesner/Atzmüller//Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm 1).
Der Bw hat vorgebracht, dass er sich seiner Bestellung zum Sachwalter nicht habe entziehen können, weshalb der damit verbundene Aufwand zwangsläufig erwachsen sei. Relevant ist, ob der geltend gemachte Aufwand im Zusammenhang mit der Sachwaltertätigkeit zwangsläufig entstanden ist und nicht die Sachwalterbestellung selbst.
Aus dem Aktenvermerk der zuständigen Bediensteten des Fachbereiches des Finanzamtes vom 27.3.2009 ergibt sich, dass der Bw für seine Tätigkeit als Sachwalter keine Entschädigung und keinen Aufwandsersatz erhält bzw. diesen nicht geltend gemacht hat.
Damit ist aber die Frage der Zwangsläufigkeit des Aufwandes entschieden!
Der Bw hat wie jeder Sachwalter Anspruch auf Entschädigung, Entgelt und Aufwandsersatz nach § 276 ABGB. Der Bw als Sachwalter der Mutter kennt genau die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Mutter. Über seinen Antrag würde das Gericht nach § 276 ABGB eine Entschädigung und einen Aufwandsersatz bestimmen. Wenn der Bw dies unterlassen hat, so hat er dies aus freien Stücken getan und somit liegt keine Zwangsläufigkeit vor!
Zu einem möglichen Einwand, er könne der Mutter gegenüber aus sittlichen Gründen keinen Kostenersatz geltend machen, wäre anzumerken:
Nach § 276 Abs. 3 ABGB sind die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Dekkung der Haftung nach § 277 ABGB abgeschlossenen Haftpflichtversicherungen dem Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach den gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von einem Dritten getragen werden. Diese Kosten der Sachwalterschaft wären bei der Mutter aufgrund ihrer Behinderung ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen (UFS vom 17.3.2009, RV/3434-W/09). Der Bw kann jedoch nicht durch die Nichtgeltendmachung der Ansprüche nach § 276 ABGB die außergewöhnliche Belastung zu sich verlagern und den damit verbundenen Steuervorteil lukrieren. Dieser Steuervorteil steht demjenigen zu, der die außergwöhnliche Belastung tatsächlich nach dem Gesetz zu tragen hat - im konkreten Fall - hätte, weil sie eben nur bei ihm zwangsläufig erwächst. Anders wäre der Fall zu lösen, wenn aufgrund der Einkommens- und Vermögenssituation der besachwalterten Person vom Gericht kein Aufwandsersatz zugesprochen würde. Dann hätte der Sachwalter seinen Aufwand selbst zu tragen und könnte diesen als a.g. Belastung geltend machen (UFS 06.08.2003, RV/0482-I/02). Das dem Bw als Sachwalter bekannte Einkommen der Mutter reicht aber aus, dass seitens des Gerichtes - ein Antrag des Bw vorausgesetzt - ein Aufwandsersatz jedenfalls zugesprochen worden wäre.
Die 10 Fahrten nach Graz können aber auch nicht nach den allgemeinen Kriterien für außergewöhnliche Belastung als Besuchsfahrten anerkannt werden.
Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 bedeutet "außergewöhnlich", dass dem Steuerpflichtigen eine höhere Belastung als jene der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen muss. Die Definition der Außergewöhnlichkeit ist typisierend dahin zu verstehen, dass es sich nicht um eine im täglichen Leben übliche Erscheinung handeln darf. Dieses Tatbestandsmerkmal dient somit der Abgrenzung atypischer, außerhalb der normalen Lebensführung gelegener Belastungen von den typischerweise wiederkehrenden Kosten der Lebenshaltung (vgl Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 34 Abs. 2 bis 5 EStG 1988, Rz 2).
Bei der Beantwortung der Frage, ob zu beurteilende Aufwendungen außergewöhnlich sind oder nicht, kommt es nicht darauf an, dass das Ereignis, das den Aufwand auslöst, außergewöhnlich ist, sondern darauf, ob sich der Aufwand als außergewöhnlicher darstellt, d.h. über die regelmäßig wiederkehrenden Kosten der Lebensführung hinausgeht (VwGH 16.12.1955, 3118/53; VwGH v. 24.2.2000, 96/15/0197; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 34 Tz 11).
Fahrtkosten, die auf Grund der Besuche von Eltern zu Hause entstehen, sind aber in diesem Sinne nicht als außergewöhnlich zu qualifizieren, da es sich dabei gerade um Kosten handelt, die im Rahmen der normalen Lebensführung anfallen, die einer Vielzahl von Steuerpflichtigen erwachsen, die sich um ihre nächsten Angehörigen kümmern und sie besuchen. Der Krankheit und Betreuungsbedürftigkeit der Mutter kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu (VwGH v. 21.9.1983, 82/13/0133, 1.3.1989, 85/13/0091, UFS 25.4.2007, RV/0513-S/06, 19.6.2008, RV/0787-L/06, 24.4.2008, RV/1055-W/08).In diesem Sinne hat der Bw selbst ausgeführt, dass er weitere Besuchsfahrten nach Graz gemacht habe, diese aber nicht als außergewöhnliche Belastung geltend mache.
Zusammenfassend ist daher auszuführen: Die Kosten der Sachwalterschaft stellen beim Pflegebefohlenen - soweit diese nicht nach den gesetzlichen Vorschriften unmittelbar von Dritten getragen werden - eine außergewöhnliche Belastung dar, die bei festgestellter Behinderung im Sinne des § 35 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 ohne Abzug eines Selbstbehaltes berücksichtigt werden können. Denn gemäß § 35 Abs. 5 EStG 1988 können anstelle des Freibetrages nach § 35 Abs. 3 auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden. Derartige Aufwendungen dürfen im Sinne des Hinweises auf § 34 Abs. 6 EStG 1988 ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 abgezogen werden.
Salzburg, am 8. Mai 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Kosten, Sachwalter, Pflegebefohlene, außergewöhnliche Belastung. |
Verweise: |