Verdeckte Ausschüttungen (Zuwendungen) bei Stiftungen
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0257 eingebracht. Mit Erk. v. 21.2.2013 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder HR Mag. Robert Posch, Mag. Michael Schiller und Gottfried Haselmayer im Beisein der Schriftführerin Karin Nowotny über die Berufung der W, x, vertreten durch Palkovits, Linder, Sahliger OEG, 1060 Wien, Webgasse 25 (anwesend Dr. Josef Linder) sowie Pistotnik Rechtsanwalts-GesmbH, 1010 Wien, Börsegasse 12 (anwesend DDr. Karl Pistotnik), vom 12. Juli 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 19. Juni 2006 betreffend Kapitalertragsteuer gemäß § 99 EStG 1988 für das Jahr 2000 nach der am 28. April 2009 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die W (i.d.F. Bw.) wurde mit Stiftungsurkunde vom 21. Dezember 1998 gegründet.
Stifter waren HW und CW, die ihre Geschäftsanteile an der W-GmbH (idF. WI-GmbH) der Stiftung zuwendeten, die damit zu 100% beteiligt war.
Bei der WI-GmbH wurde eine Zahlung an die C vom 1. August 2000 aus der Vermittlung eines Betriebsgrundstückes als Scheingeschäft (§ 23 BAO) qualifiziert und davon ausgegangen, dass die Zahlung einen anteiligen Kaufpreis für die von deren Geschäftsführer HW im Privatvermögen erworbene Liegenschaft y darstelle.
Die Bp. ging von einer verdeckten Ausschüttung der Bw. an HW in Höhe der Zahlung von gesamt S 2,1 Mio aus, und schrieb ihr S 700.000,- Kapitalertragsteuer vor.
Die Behörde erließ den Argumenten der Bp. folgend einen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für das Jahr 2000.
Der Begründung des Haftungs- und Abgabenbescheides ist zu entnehmen, dass der Vorteil der von der Bp. angenommenen verdeckten Ausschüttung der WI-GmbH indirekt (über die Bw.) HW aus seiner Stellung als Stifter und Begünstigter der Bw. zugeflossen sei. Mangels Übernahmeerklärung für die Kapitalertragsteuer sei diese in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Die Bw. erhob mit Eingabe vom 12. Juli 2008 Berufung.
Der angefochtene Bescheid führe nicht aus, weshalb einem Stifter einer Privatstiftung nach österreichischem Recht Vorteile zufließen sollten.
Desweiteren wurden der Berufung jene Argumente zugrundegelegt, die bereits gegenüber der WI-GmbH geltend gemacht worden waren.
Die Bw. wurde mit Vorhalt vom 6. November 2008 vom UFS erfolglos aufgefordert bekanntzugeben, wann der gemäß Stiftungsurkunde sowie -zusatzurkunde zu errichtende Beirat eingerichtet worden sei und den entsprechenden datierten und unterfertigten Beschluss vorzulegen.
In der am 28. April 2009 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde das bisherige Vorbringen der Bw. zusammenfassend erläutert.
Über die Berufung wurde erwogen:
10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 i.d. maßgeblichen Fassung lautet:
Von der Körperschaftsteuer sind Beteiligungserträge befreit. Beteiligungserträge sind:
1. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen.
§ 94 Z 2 EStG 1988 lautet:
Der zum Abzug Verpflichtete (§ 95 Abs. 3) hat keine Kapitalertragsteuer abzuziehen:
...
2. Unter folgenden Voraussetzungen bei den Kapitalerträgen von Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988:
- Es handelt sich um Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und
- die Körperschaft ist mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligt.
§ 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 lautet:
Folgende Einkünfte sind, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen:
...
7. Zuwendungen jeder Art einer nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftung an Begünstigte und Letztbegünstigte. Als Zuwendungen gelten auch Einnahmen einschließlich sonstiger Vorteile, die anläßlich der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes an die Privatstiftung vom Empfänger der Zuwendung erzielt werden. Dies gilt nicht hinsichtlich der bei der Zuwendung von Grundstücken mitübertragenen Belastungen des Grundstückes, soweit sie mit dem Grundstück in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
§ 93 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
(2)....
Z 1 lit d Zuwendungen jeder Art von nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftungen an Begünstigte und Letztbegünstigte. Als Zuwendungen gelten auch Einnahmen einschließlich sonstiger Vorteile, die anläßlich der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes an die Privatstiftung vom Empfänger der Zuwendung erzielt werden. Dies gilt nicht hinsichtlich der bei der Zuwendung von Grundstücken mitübertragenen Belastungen des Grundstückes, soweit sie mit dem Grundstück in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Hinsichtlich des Sachverhaltes der zur Annahme einer Gewinnausschüttung bei der Bw. führte wird auf die gleichzeitig ergangene Berufungsentscheidung des UFS Gz. RV2099-W/07 u.a. vom 5. Mai 2009 verwiesen.
Mit Stiftungsurkunde übertrugen die Stifter HW 88,6% bzw. CW 11,4% ihrer Beteiligungen an der WI-GmbH auf die W.
Gemäß § 3 (1) der Stiftungsurkunde obliegt die Bestimmung der Begünstigten zu Lebzeiten den Stiftern, danach dem Stiftungsvorstand.
CW verstarb am 9. Juni 1999, was gemäß § 6 (3) der Stiftungsurkunde vom 21.12.1998 dazu führte, dass die ihr eingeräumten Rechte auf den überlebenden Stifter HW übergingen.
Unter anderem wird den Stiftern eingeräumt:
- § 6 (4) lit a das Recht auf Ernennung des ersten Stiftungsvorstandes;
- § 6 (4) lit b das Recht auf Abberufung und weitere Ernennung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes, soweit dieses Recht nicht dem Gericht oder gemäß den weiteren Bestimmungen dieser Stiftungserklärung dem Beirat zukommt;
- § 6 (4) lit c das Recht auf Abschluss von Mandats- und Dienstverträgen mit Mitgliedern des Stiftungsvorstandes einschließlich der Vereinbarung über die Höhe der ihnen zustehenden Vergütung;
- § 6 (4) lit d das Recht auf Abänderung der Stiftungserklärung.
Laut einer gleichzeitig erstellten Stiftungszusatzurkunde (§ 15) werden als Begünstigte die beiden Stifter sowie deren Töchter 1, 2 und 3 benannt.
Ein im Veranlagungsakt aufliegender Beschluss über die Einrichtung eines Beirates sowie dessen konstituierende Sitzung ist nicht unterfertigt oder datiert, der Aufforderung nach Vorlage entsprechender Unterlagen wurde nicht nachgekommen.
Die oben dargestellten Berechtigungen kamen somit im Zeitpunkt der angenommenen verdeckten Ausschüttung (Zuwendung) alleineHW zu.
Zwar ist der Stiftungsvorstand bei der Besorgung seiner Geschäfte an den Stiftungszweck gebunden, was jedoch nicht ausreicht von einer mangelnden Dispositionsfähigkeit des Stifters über das Vermögen der Stiftung auszugehen.
Der Zweck der Stiftung besteht gemäß § 2 (1) der Stiftungsurkunde neben der Anlage und Verwaltung des Vermögens und Ausschüttungen für wohltätige Zwecke auch in Zuwendungen aus dem Vermögen oder aus den Erträgnissen des Vermögens der Stiftung an die Begünstigten, und zwar durch Geld- und/oder Sachleistungen.
Laut Csoklich, ÖBA 2008, 416, 'Zugriff auf Vermögen der Privatstiftung durch Gläubiger der Stifter und Begünstigten' kann allein durch den Hinweis auf die Bindung der Stiftungsorgane an die Stiftungsurkunde, insbesondere den Stiftungszweck, der Weiterbestand der Dispositionsbefugnis des Stifters bei einer Bindung der Ausübung der vorbehaltenen Stifterrechte an die Mitwirkung des Stiftungsvorstandes aber nicht verneint werden, weil ja auch der Stiftungszweck und Inhalt der Stiftungsurkunde allein in der Disposition des Stifters liegt und daher nicht zwingend und in jedem Fall eine Schranke für die Dispositionsbefugnis des Stifters darstellt.
Bei dieser Sachlage kommt HW nach Ansicht des Senates eine zentrale eigentümerähnliche Stellung zu, wobei der Vorstand mit der fraglichen Zuwendung formell sogar dem oben dargestellten Stiftungszweck nachkam.
Wie in der Berufungsentscheidung des UFS u.a. Gz. RV/2099-W/07 über die Berufung der WI-GmbH vormals W-GmbH dargestellt, wurde vom Vorliegen eine Scheingeschäftes zwischen der WI-GmbH und HW hinsichtlich einer behaupteten Immobilienvermittlung ausgegangen. Tatsächlich wurde ein Teil des Kaufpreises einer von HW erworbenen Liegenschaft von der WI-GmbH übernommen.
Fraglich ist, ob sich der daraus ergebende Vorteil als verdeckte Ausschüttung (Zuwendung) an HW behandelt und der Bw. Kapitalertragsteuer vorgeschrieben werden kann.
Wiesner (SWK 1984 AI 169) erachtete verdeckte Ausschüttungen von Stiftungen (bereits vor Wirksamkeit des Privatstiftungsgesetzes 1993) gegenüber dem Stifter als wirtschaftlich beherrschender Person als 'nicht denkunmöglich'.
Gemäß Schuchter, Zuwendungsbesteuerung neu, taxlex 2008, 224 ist der Zuwendungsbegriff iSd § 27 Abs 1 Z 7 EStG (unter Bezugnahme auf die ErläutRV idF PSG 1132 BlgNR 18. GP .) weit gefasst (Stichwort: "Zuwendungen jeder Art") und umfasst somit nicht nur einmalige oder laufende Zahlungen, sondern auch die Gewährung geldwerter Vorteile einschließlich Sachzuwendungen jeder Art. Auch verdeckte Zuwendungen oder Zuwendungen, die zwar in der Stiftungsurkunde bzw -zusatzurkunde nicht gedeckt sind, aber vom Stiftungsvorstand genehmigt wurden, führen zu Einkünften aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs 1 Z 7 EStG.
Für das Vorliegen einer Zuwendung ist es unbeachtlich, ob die Zuwendung an einen in der Stiftungsurkunde oder -zusatzurkunde definierten Begünstigten erfolgt oder nicht.
Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung u.a. VwGH Zl. 2002/13/0022 vom 14.12.2005 ausführt, sind verdeckte Ausschüttungen alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben. Offene wie verdeckte Ausschüttungen setzen definitionsgemäß eine Vorteilszuwendung einer Körperschaft an eine Person mit Gesellschafterstellung voraus, ein bloßer "Machthaber" (etwa ein an der Gesellschaft nicht beteiligter Geschäftsführer) kann nicht Empfänger von Ausschüttungen sein.
Die Annahme einer Ausschüttung von der WI-GmbH an dessen Geschäftsführer HW etwa aufgrund seiner Stellung als dortiger Machthaber wäre rechtlich verfehlt, war er doch an dieser Körperschaft nicht unmittelbar beteiligt.
Somit ist zunächst von einer, gemäß § 10 KStG 1988 i.V.m. § 94 Z 2 EStG 1988 von der Körperschaftsteuer sowie der Kapitalertragsteuer befreiten Ausschüttung der WI-GmbH an die Bw. auszugehen.
Die weitere Zuwendung des Vorteils von der Bw. an den Stifter und Begünstigten HW führt beim Empfänger zur Steuerpflicht gemäß § 27 Abs 1 Z 7 EStG 1988.
Das mangels Rückforderungsanspruch als gegeben anzunehmende Einverständnis der Bw. zur Einkommensverwendung löst bei ihr gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 lit d EStG 1988 die Pflicht aus, Kapitalertragsteuer von der an den Begünstigten geflossenen Zuwendung abzuführen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 5. Mai 2009
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |