UFS RV/0233-F/08

UFSRV/0233-F/0826.11.2008

1.) Steuerbefreite Zulagen auch für Grenzgänger in die Schweiz 2.) Nachweis von Nachtarbeit

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Kopf und die weiteren Mitglieder Dr. Daniaux, Mag. Tino Ricker und Mag. Michael Kühne über die Berufung der NameBW, vertreten durch NameVertreter, vom 2. April 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom 1. März 2004 betreffend Einkommensteuer 2002 nach der am 12. November 2008 in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgaben betragen:

Einkommen

24.197,84 €

Steuer vor Abzug der Absetzbeträge

8.097,95 €

Steuer für den Durchschnittssatz

7.450,73 €

Einkommensteuer

6.471,02 €

Ausländische Steuer

-917,90 €

Anrechenbare Lohnsteuer

-477,59 €

Festgesetzte Einkommensteuer 2002

5.075,53 €

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

Der in Österreich wohnhafte Berufungswerber, in der Folge Bw. abgekürzt, war im Streitjahr in der Schweiz als CNC-Fräser in einem Unternehmen für Feinwerktechnik mit ca. 150 Mitarbeitern unter Erfüllung der Grenzgängerkriterien (Art. 15 Abs. 4 DBA Schweiz) beschäftigt. Strittig verblieben ist nach Ergehen einer bloß teilweise stattgebenden Berufungsentscheidung, die seitens des Bw. nicht angefochten worden ist, ob und inwieweit dem Bw. die Steuerfreiheit für Nachtarbeitszuschläge im ersten Quartal des Streitjahres, für welches der Schichtplan nicht vorgelegt wurde, gebührt, wobei unstrittig ist, dass dem Bw die Steuerbegünstigung für die dem Streitjahr vorangegangenen Jahre und das zweite Quartal des Streitjahres gebührt. Was das bisherige Verfahren und die in ihm von den beiden Parteien des Berufungsverfahrens vertretenen Standpunkte betrifft, wird zunächst auf die im ersten Rechtsgang ergangene Berufungsentscheidung vom 26.6.2006, RV/0233-F/08, verwiesen. Mit dieser Entscheidung wurde darüber befunden, ob und inwieweit die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer Schmutzzulage und einer Nachtzulage im Sinne des § 68 EStG vorliegen. Der UFS kam in der zitierten Berufungsentscheidung zum Schluss, dass die Anspruchsvoraussetzungen für eine steuerbegünstigte Schmutzzulage nicht, jene für eine Nachtarbeitszulage zum Teil vorliegen.

Mit Erkenntnis vom 19.3.2008, 2006/15/0268, hob der VwGH auf Grund einer Amtsbeschwerde die Berufungsentscheidung vom 26.6.2006 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, gelegen in Feststellungs- und Begründungsmängeln, auf.

Insbesondere durch die zeugenschaftliche Einvernahme des arbeitgeberischen Personalleiters hat sich die Beweislage, aber auch der maßgebliche Sachverhalt geändert. Nach neuerlicher Durchführung einer Berufungsverhandlung von Amts wegen vor dem gesamten Senat (nachdem der Bw die entsprechenden Anträge zurückgezogen und der Referent ein Verlangen im Sinne von § 282 Abs. 1 Z 2 BAO geäußert hat) steht Folgendes fest (wobei die zur jeweiligen Feststellung führenden Überlegungen in Klammer dargestellt werden):

Monat

Gesamt-Brutto-Lohn

Zulagenbezeichnung

Zulage in CHF

(Nachtanteil lt. KJ)

August 2000

3.528,00

-----

------

September 2000

5.646,00

3-Schicht pauschal

3-Schicht* pauschal

(Nachtanteil)

1.140,00

1.140,00

(1.048,80)

Oktober 2000

4.269,00

2-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

798,00

(151,62)

November 2000

5.356,30

2-Schicht pauschal

3-Schicht pauschal

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

-798,00

1.140,00

1.140,00

(897,18)

Dezember 2000

6.565,80

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.140,00

(524,40)

Jänner 2001

6.645,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.140,00

(524,40)

Februar 2001

4.587,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.140,00

(524,40)

März 2001

4.587,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.140,00

(524,40)

April 2001

4.888,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

Mai 2001

4.888,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

Juni 2001

7.507,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

Juli 2001

4.888,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

August 2001

4.888.00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

September 2001

4.888,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

Oktober 2001

4.888,00

3 Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

November 2001

4.888,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,90)

Dezember 2001

9.340,00

3-Schicht pauschal

(Nachtanteil)

1.215,00

(558,44)

Jänner 2002

3-Schicht

1.215,00

558,90

(401,00)

Februar 2002

3-Schicht

1.215,00

558,90

(401,00)

März 2002

3-Schicht

1.215,00

558,90

(401,00)

April 2002

3-Schicht

0,00

0,00

(0,00)

Mai 2002

3-Schicht

1.320,00

607,20

(436,00)

Juni 2002

2-Schicht

666,00

126,54

(0,00)

Juli 2002

2-Schicht

-666,00

2.220,00

894,66

(733,00)

Monat

Gesamt-Brutto-Lohn

Zulagenbezeichnung

Zulage in CHF

Jänner 2002

10.072,00

3-Schicht pauschal

1.215,00

Februar 2002

4.888,00

3-Schicht pauschal

1.215,00

März 2002

4.888,00.

3-Schicht-Pauschal

1.215,00

April 2002

3.760,00

------

------

Mai 2002

4.986,00

3-Schicht Neu Modell

1.320,00

Juni 2002

6.103,00

2-Schicht Neu-Modell

666,00

Juli 2002

9.727,95

2-Schicht Neu-Modell

3-Schicht Neu Modell

-666,00

1.080,00

Den Bedenken der Amtspartei, vorgetragen in ihrer VwGH-Beschwerde vom 16.8.2006 und in ihrer Stellungnahme vom 17.6.2008 (UFS-Akt/II/56-61), in der sie vor allem die Anwesenheit des steuerlichen Vertreters des Bw bei der zeugenschaftlichen Einvernahme des Personalleiters rügte, die Richtigkeit seines Vorbringens heftig bestritt, dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel zog und schließlich der Berufungsbehörde rechtsstaatlich nicht unbedenkliche Taktik vorwarf, wird entgegen gehalten:

Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 19.3.2008, Zl. 2006/15/0268, die im ersten Rechtsgang getroffene Entscheidung in einer Reihe von Punkten bemängelt. Dazu nimmt der Senat wie folgt Stellung, wobei er damit auch die zuvor getroffenen Feststellungen einer rechtlichen Würdigung unterzieht:

Der Senat ist von der Richtigkeit der monatlichen Lohnabrechnungen und der darin ausgewiesenen Schichtzulage überzeugt. Da eine Nachtschicht ein Drittel des gesamten Schichtbetriebes dauert und erfahrungsgemäß Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einer über einen längeren Zeitraum gleichmäßigen Verteilung der einzelnen Schichten interessiert sind, nachgewiesen durch diverse Schichtpläne, entfällt im Durchschnitt ein Drittel der 3-Schichtzulage auf Nachtarbeit im Sinne von § 68 EStG. Wie von Lehre und Rechtsprechung gefordert (VwGH 14.11.1984, 83/13/0002; Doralt/Knörzer, EStG10 § 68 Tz 47) entspricht der auf die Nachtarbeit entfallende Anteil der pauschalen Schichtzulage den in der fraglichen Zeit durchschnittlich geleisteten Stunden. Die Abgeltung der Schicht- und Nachtarbeiterschwernis ist daher wirtschaftlich fundiert und sachgerecht. Bei der für Juni ausbezahlten Zulage handelt es sich um eine fälschlich zur Auszahlung gebrachte 2-Schicht Zulage, die im Folgemonat wiederum rückgängig gemacht worden ist. In rechtlicher Hinsicht ist die Bezeichnung der Zulage als Schichtzulage einer begünstigten Behandlung nicht schädlich (VwGH 23.10.1990, 89/14/0179). Der Senat teilt die Rechtsansicht des BMF (LStR 2002, Rz 1157) und erachtet die auf die Nachtzeit entfallende Schichtzulage als begünstigt. In Zahlen bedeutet dies:

Monat

Schichtzulage in CHF

Nachtarbeitsanteil in CHF

Davon 11/12 (Abzügl. des Ferialanteiles)

in Euro

Jänner

1.250,00

416,67

381,95

255,91

Februar

1.250,00

416,67

381,95

255,91

März

1.250,00

416,67

381,95

255,91

April

    

Mai

1.320,00

440,00

403,33

270,23

Juni

    

Juli

1.080,00

360,00

330,00

221,10

Summe

   

1.259,06

Die steuerfreie Zulage für Nachtarbeit beträgt demnach im Streitjahr insgesamt 1.259,06 €. Die steuerpflichtigen "Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug" verringern sich sohin auf 25.770,17 €.

Es wurde bereits ausgeführt, dass die Kumulativjournale anders als im ersten Rechtsgang für unmaßgeblich erachtet werden. Das Finanzamt hat im ersten Rechtsgang zu Recht bemängelt, dass ihnen die Berufungsbehörde sogar erhöhte Glaubwürdigkeit zugesprochen hat.

Die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen des § 68 Abs. 6 EStG zweiter Satz liegen nicht vor, was allerdings keine steuerliche Auswirkungen hat.

Nach Überzeugung des Senates sind die Voraussetzungen des § 68 Abs. 8 EStG an sich nicht gegeben, doch wird die Bestimmung durch das Diskriminierungsverbot des Freizügigkeitsabkommens verdrängt (vgl. Festschrift Loukota, 262, 263; SWI 2006, 458). Denn es ist nach Überzeugung des Senates unzulässig, die Steuerfreiheit von schweizerischen Nachtarbeitszuschlägen von ihrer Überprüfbarkeit im Rahmen eines Rechtshilfeabkommens abhängig zu machen, wenn eine Überprüfungsmöglichkeit mit gelinderen Mitteln (im Rahmen der erhöhten Mitwirkungsverpflichtung) gegeben ist.

Bezüglich der Schmutzzulage wird auf die im ersten Rechtsgang ergangene Entscheidung verweisen.

Gesamthaft wurde der Berufung damit aus den angeführten Gründen teilweise stattgegeben.

Feldkirch, am 26. November 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 68 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 68 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Nachtarbeit, SEG-Zulagen, Schichtzulage, Wechselschicht, Nachweis

Stichworte