Ein in der BAO nicht vorgesehener, da erfundener Antrag (hier: Antrag auf Ersetzung einer Abgabe) löst keine Entscheidungspflicht aus
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über den Devolutionsantrag der EK, vom 11. August 2008 wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg , betreffend den Antrag auf Ersetzung der Einkommensteuerfestsetzung 1999 vom 10. April 2006, entschieden:
Der Devolutionsantrag wird zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Das für die Devolutionswerberin (Dw) durchgeführte Einkommensteuerverfahren für das Jahr 1999 hat seinen rechtskräftigen Verfahrensabschluss in der Berufungsentscheidung vom 5. Mai 2006, RV/0929-W/05. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf die ha. Berufungsentscheidung vom 3. August 2007, RV/0263-W/07, und den ha. Bescheid vom 14. September 2007, RD/0037-W/07, verweisen.
Die Dw brachte beim Finanzamt ua auch den Antrag auf Ersetzung der Einkommensteuerfestsetzung 1999 vom 10. April 2006 ein, über den das Finanzamt mit Bescheid absprach. Die Dw berief gegen den Bescheid, der im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren mit Berufungsentscheidung vom 3. August 2007, RV/0263-W/07, ersatzlos aufgehoben wurde. Als Gründe für die Bescheidaufhebung wurden im Wesentlichen angeführt, dass ein "Antrag auf Ersetzung einer Abgabe" in der Bundesabgabenordnung nicht vorgesehen sei und dass zu "erfundenen" Anträgen - wie auch zum bereits vorangegangenen "Antrag auf Aufhebung, der sich nicht explizit auf § 299 BAO stütze" - keine Entscheidungspflicht bestehe sowie dass nach Rechtsprechung des VwGH keine Entscheidungspflicht "in Fällen bestehe, in denen jemand ohne Rechtsanspruch und ohne rechtliches Interesse die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt." Für diese Auffassung spricht die Überlegung, dass Rechtsschutzinstrumente dem Rechtsschutz (somit dem Schutz berechtigter Interessen und nicht mutwilligen Vermehrung des Verwaltungsaufwandes) dienen sollen (Ritz, BAO-Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, § 311, Tz 12, mwN). Zur weiteren Ausführung wird auf die ha. Berufungsentscheidung vom 3. August 2007, RV/0263-W/07, verwiesen.
Im den Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Devolutionsantrag wird unter Punkt 2 vorgebracht, dass das Finanzamt "trotz der Aufhebung des Zurückweisungsbescheides den Antrag vom 10. April 2006 nicht erledigt habe".
Über den Devolutionsantrag wurde erwogen:
1. Rechtsgrundlagen: Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
Gemäß § 311 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
2. rechtliche Würdigung: Die Dw irrt , wenn sie meint, der "Antrag auf Ersetzung der Einkommensteuerfestsetzung 1999 vom 10. April 2006" sei unerledigt, denn wie aus der zuvor dargestellten Verfahrenslage hervorgeht, ist in diesem Verfahren die Berufungsentscheidung vom 3. August 2007, RV/0263-W/07, ergangen. Diese Berufungsentscheidung bildet den rechtskräftigen Verfahrensabschluss in der Rechtssache "Antrag auf Ersetzung der Einkommensteuerfestsetzung 1999 vom 10. April 2006", den die Dw mit Beschwerde beim Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof hätte anfechten können. Weiters lässt die Dw den in der Berufungsentscheidung vom 3. August 2007, RV/0263-W/07, dargelegten Aufhebungsgrund, nämlich die Unzulässigkeit des Antrages auf Ersetzung, weil ein solcher eben in der abgabenrechtlichen Prozessordnung nicht geregelt ist, völlig außer Acht.
Da in der Rechtssache "Antrag auf Ersetzung der Einkommensteuerfestsetzung 1999 vom 10. April 2006" eine das Verfahren rechtskräftig abschließende Erledigung, nämlich die Berufungsentscheidung RV/0263-W/07 ergangen ist, ist eine andere Entscheidung über den den Gegenstand des Devolutionsantrages vom 11.8.2008 bildenden Antrag wegen entschiedener Sache nicht möglich. Der Vorwurf der Verletzung der Entscheidungspflicht erweist sich daher wegen res iudicata als unbegründet.
Der im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht im § 68 Abs. 1 geregelte Rechtsgrundsatz der entschiedenen Sache findet im Bundesabgabenverfahren sinngemäß Anwendung.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 19. September 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Rechtschutz, Anbringen, Entscheidungspflicht, Unzulässigkeit, Zurückweisung |