UFS RV/2403-W/08

UFSRV/2403-W/0816.9.2008

"Großes" Pendlerpauschale, wenn auf einem kleinen Teil des Arbeitsweges das eigene Kfz verwendet werden muss?

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., PLZ. X. , Gemeinde R., K., gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt, vertreten durch Hofrätin Mag. Dagmar Ehrenböck, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006, nach am 15. September 2008 am Finanzamt in Neunkirchen durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind der Berufungsvorentscheidung vom 6. Februar 2008 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die in X., Gemeinde R. in K. wohnhafte Berufungswerberin (Bw.) beantragte in ihrer elektronisch beim Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt am 2. Oktober 2007 eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2006 unter anderem das "große" Pendlerpauschale im Betrag von € 2.664,00.

Mit Vorhalt vom 3. Oktober 2007 wurde die Bw. unter anderem ersucht anzugeben, warum ein öffentliches Verkehrsmittel für den Arbeitsweg nicht benützbar sei.

Die Bw. gab hierauf unter anderem bekannt, dass die Strecke Wohnung - Bahnhof 5 km betrage und hierfür der Bus nicht verwendet werden könne. Von R. bis Wien (S.) seien es 85 Bahnkilometer, hinzu komme noch der Arbeitsweg in Wien.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 wurde die Bw. vom Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt zur Einkommensteuer für das Jahr 2006 veranlagt, wobei das "kleine" Pendlerpauschale von € 1.467,00 und ein Unterhaltsabsetzbetrag von € 280,50 berücksichtigt wurde.

"Da laut Ihrem Schreiben ein öffentliches Verkehrsmittel für die Wegstrecke P. - S. zumutbar ist, konnte das kleine Pendlerpauschale ab 60 km gewährt werden."

In ihrer am 20. Dezember 2007 elektronisch eingereichten Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 beantragte die Bw. zum einen, anstatt des vom Finanzamt gekürzten Unterhaltsabsetzbetrages den vollen Unterhaltsabsetzbetrag zu berücksichtigen, zum anderen, das "große" Pendlerpauschale zu gewähren, da es ihr nicht möglich sei, "öffentliche Verkehrsmittel zur Bahn zu verwenden".

In einer Vorhaltsbeantwortung vom 31. Jänner 2008 legte die Bw. dar, dass sie im Jahr 2006 ihrer Tochter den Unterhalt einerseits auf ihr Konto überwiesen, andererseits - nach Wechsel des Kontos - in bar bezahlt habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 6. Februar 2008 gab das Finanzamt der Berufung insoweit Folge, als der Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von € 306,00 berücksichtigt wurde. Zum Pendlerpauschale führte das Finanzamt aus:

"Da Sie laut eigenen Angaben im August 2007 nur die Strecke von der Wohnung zum Bahnhof P. mit dem eigenen Kfz fahren und die restliche (daher überwiegende) Strecke nach Wien und in Wien mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen, ist gemäß § 16 EStG 1988 die Pendlerpauschale für öffentliche Verkehrsmittel zu berücksichtigen."

In ihrem elektronisch am 7. März 2008 eingelangten Vorlageantrag hält die Bw. dem entgegen:

"Ich möchte festhalten, dass auch die Zeitspanne, wie lange man zur Arbeitsstätte benötigt, miteinkalkuliert werden muss. So ist mitunter sehr wohl die 2,5 Stunden heranziehbar, wenn man auch die km-Anzahl in Betracht zieht, das sind immerhin mind. 105 km mit Gehzeit und Wartezeiten und den regelmäßigen Verspätungen der ÖBB sind diese 2,5 Stunden sehr wohl erreichbar, unter die 2,5 Stunden kommt man nur im günstigsten Fall und bei Verwendung eines immer zur Verfügung stehenden Autos. Die Heimreise stellt dabei fast das größere Problem dar, da man innerstädtisch die Verspätungen der öffentlichen Verkehrsmittel einplanen muss und bei Versäumen des Zuges nach P. man dann auch keinen Anschluss an den öffentlichen Autobus mehr hat und zu Fuß gehen kann. Das sind dann immerhin eine gute Stunde Mehrzeit."

Aus dem Akt ergibt sich, dass die Bw. beim Arbeitgeber L. in 1030 Wien, M-Gasse, von 1. Jänner bis 31. Oktober 2006, und beim Arbeitgeber N. GmbH, 1110 Wien, Ö-Straße X, von 1. November bis 31. Dezember 2006 beschäftigt war.

Neben rechtlichen Überlegungen sind im Finanzamtsakt Ausdrucke aus fahrplan.oebb.at abgeheftet, wonach zwischen der Ortsmitte des Wohnortes (X., Gemeinde R.) und Wien M-Gasse mit dem Bus um 6:28 Uhr von X. aus der Zug um 6:44 Uhr in P. erreicht werden könne. Je nach Ausstiegstelle und verwendetem Verkehrsmittel in Wien komme die Bw. um 8:13 bzw. 8:16 Uhr an, wobei die Fahrtdauer 1:45 Uhr bzw. 1:48 Stunden betrage.

Bei einer Rückfahrt von Wien, M-Gasse, um 17:33 bzw. 17:36 Uhr sei die Bw. um 19:29 Uhr in X., was einer Fahrzeit von 1:56 bzw. 1:53 Stunden entspreche.

Ein Vorhalt dieser Ermittlungsergebnisse an die Bw. ist nicht ersichtlich.

Mit beim Unabhängigen Finanzsenat am 7. August 2008 eingelangtem Bericht legte das Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 15. September 2008 wurden den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens folgende Fahrtzeitermittlungen des Unabhängigen Finanzsenats (mit Ausfolgung detaillierter Fahrpläne) vorgehalten:

Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitgeber in Wien 3 betrug laut Routenplaner www.viamichelin.at 97 Straßenkilometer und wäre in einer Gesamtzeit von 66 Minuten (auch ohne Parkplatzsuche in Wien wohl ein zu optimistischer Wert) zurückzulegen, beim Arbeitgeber in Wien 11 sind es 94 Straßenkilometer und - ebenfalls eher unrealistische - 61 Minuten.

Laut ÖBB-Internet-Fahrtenplaner bestehen im Jahr 2008 folgende Verbindungen für die Hin- und Rückfahrt zum Arbeitgeber in Wien 3 (bei angenommenen Arbeitsbeginn +/- 8:00 Uhr und Arbeitsende +/- 16:00 Uhr) mit (abgesehen von einer Ausnahme) Gesamtwegzeiten zwischen 1:58 Stunden und 2:28 Stunden:

 

  X.   Wien Y-Gasse

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 3 Min.

11.08.08

ab an

05:19 07:28

2:20

3

 
 

  X.   Wien M.

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 10 Min.

11.08.08

ab an

06:29 08:09

1:58

3

 
 

  X.   Wien M.

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 11 Min.

11.08.08

ab an

06:29 08:09

1:59

2

 
 

  Wien M.    X.

  Fußweg  ca. 11 Min.   Fußweg  ca. 9 Min.

11.08.08

ab an

15:19 17:27

2:28

2

 
 

  Wien M.    X.

  Fußweg  ca. 11 Min.   Fußweg  ca. 9 Min.

11.08.08

ab an

15:43 17:27

2:04

3

 

 

  Wien Y-Gasse   X.

  Fußweg  ca. 3 Min.   Fußweg  ca. 8 Min.

11.08.08

ab an

16:39 19:28

3:00

3

  
 

  Wien M.    X.

  Fußweg  ca. 11 Min.   Fußweg  ca. 8 Min.

11.08.08

ab an

17:43 19:28

2:04

3

  

Laut ÖBB-Internet-Fahrtenplaner bestehen im Jahr 2008 folgende Verbindungen für die Hin- und Rückfahrt zum Arbeitgeber in Wien 11 (bei angenommenen Arbeitsbeginn +/- 8:00 Uhr und Arbeitsende +/- 16:00 Uhr) mit (abgesehen von einer Ausnahme) Gesamtwegzeiten zwischen 2:02 Stunden und 2:47 Stunden:

 

  X.   Wien G.

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 5 Min.

11.08.08

ab an

05:19 07:23

2:17

3

 
 

  X.   Wien Ö-Straße

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 1 Min.

11.08.08

ab an

05:19 07:53

2:43

3

 
 

  X.   Wien G.

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 5 Min.

11.08.08

ab an

06:29 08:18

2:02

3

 
 

  X.   Wien Ö-Straße

  Fußweg  ca. 8 Min.   Fußweg  ca. 1 Min.

11.08.08

ab an

06:29 08:23

2:03

3

 
 

  H.   Wien G.

  Fußweg  ca. 19 Min.   Fußweg  ca. 5 Min.

11.08.08

ab an

08:03 09:59

2:20

4

 
 

  H.   Wien G.

  Fußweg  ca. 19 Min.   Fußweg  ca. 5 Min.

11.08.08

ab an

08:03 10:19

2:40

3

 
 

  Wien G.   X.

  Fußweg  ca. 5 Min.   Fußweg  ca. 9 Min.

11.08.08

ab an

15:30 17:27

2:11

4

 

 

  Wien G.   X.

  Fußweg  ca. 5 Min.   Fußweg  ca. 8 Min.

11.08.08

ab an

16:54 19:28

2:47

3

  
 

  Wien G.   X.

  Fußweg  ca. 5 Min.   Fußweg  ca. 8 Min.

11.08.08

ab an

17:30 19:28

2:11

4

  

Der Weg zwischen Wohnung und Bushaltestelle wird von den ÖBB mit ca. 0,6 km bzw. einer Gehzeit von 8 Minuten angegeben. Auch bei Verwendung eines eigenen PKW für die Strecke Wohnung - Bahnhof P./R. für die Hinfahrt ergibt sich keine wesentliche Fahrzeitverkürzung, da der PKW nur unwesentlich schneller als der Bus ist und eine allfällige Verkürzung der Fahrzeit durch eine erforderliche Wartezeit auf den Zug ausgeglichen wird. Bei der Rückfahrt verkürzt sich allerdings die Wegzeit bei den um 18:30 Uhr bzw. 19:08 Uhr in P./R. ankommenden Zügen um bis zu eine ¾ Stunde durch Entfall der Wartezeit auf den Autobus.

Unter der Annahme gleitender Arbeitszeit und der Verwendung des eigenen PKW für die Strecke Wohnung - Bahnhof ergäben sich folgende optimale Wegzeiten:

Arbeitgeber Wien 3:

Ab Wohnung 6:21 (Abfahrt Bus 6:29), an Arbeitsplatz 8:20 Uhr. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Ab Arbeitsplatz 15:08 (Gleitzeitverbrauch), an P./R. 17:06, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 17:26 (mit dem Bus 17:38). Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 16:36, an P./R. 18:30, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 18:50. Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 17:32 (Gleitzeitguthaben), an P./R. 19:08, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 19:28. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Arbeitgeber Wien 11:

Ab Wohnung 5:11 (Abfahrt Bus 5:19), an Arbeitsplatz 7:28 Uhr. Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Wohnung 6:21 (Abfahrt Bus 6:29), an Arbeitsplatz 8:23 Uhr. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Ab Arbeitsplatz 15:25, an P./R. 17:15, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 17:35 (mit dem Bus 17:38). Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 16:49, an P./R. 18:30, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 18:50. Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 17:25, an P./R. 19:08, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 19:28. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Dass sich die Fahrzeitenverhältnisse zwischen 2007 und 2008 wesentlich geändert haben, wird von keiner Partei des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens behauptet.

In der mündlichen Berufungsverhandlung erläuterte die Bw., dass bei beiden Arbeitgebern des Jahres 2006 Gleitzeit mit einer Kernzeit zwischen 9 und 15 Uhr bestanden habe und am Freitag Frühschluss gewesen sei. Abgesehen davon habe die Arbeitszeit im Wesentlichen frei gewählt werden können. Die Arbeitszeit habe 38,5 bzw. 40 Stunden in der Woche betragen.

Die Bw. sei jeweils in der Buchhaltung beschäftigt gewesen, wobei vor allem am Monatsende infolge der Abschlussarbeiten ein an den öffentlichen Verkehrsverbindungen orientiertes Arbeitsende nicht möglich gewesen sei. Fallweise hätte die Bw. erst gegen 19 Uhr die Arbeit beenden können.

Tatsächlich fahre die Bw. in der Regel mit dem Auto zum Bahnhof und von dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln weiter. Die Verwendung des Autobusses für den Weg zum Bahnhof sei nicht möglich, da es bei der Rückfahrt zum einen lange Wartezeiten gebe, zum anderen - bei einer späteren Heimkehr - gar kein Bus mehr fahre.

Die Bw. würde gerne nur öffentliche Verkehrsmittel verwenden, sei aber zu Hause auf das Auto angewiesen.

Da die Bw. tatsächlich einen Teil der Strecke mit dem Auto fahre und für diesen Teil die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in Betracht komme, müsse ihr das "große" Pendlerpauschale zustehen.

Die Vertreterin des Finanzamtes hielt dem entgegen, dass es nach dem Gesetzeswortlaut auf das Überwiegen ankomme; für den weitaus größten Teil des Arbeitsweges verwende die Bw. öffentliche Verkehrsmittel.

Über die Berufung wurde erwogen:

Rechtliche Erwägungen

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt grundsätzlich (lit. a leg. cit.), dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich mit durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten sind.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum (das ist gemäß § 77 Abs. 1 EStG 1988 in der Regel der Kalendermonat, auch wenn - etwa bei Teilzeitbeschäftigten - nicht an allen Tagen der Arbeitswoche gearbeitet wird) überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 zusätzlich bestimmte Pauschbeträge (so genanntes "kleines" Pendlerpauschale) berücksichtigt:

Von 1. 1. 2006 bis 30. 6. 2007 (BGBl. I Nr. 115/2005):

20 bis 40 km

495 €

jährlich

40 bis 60 km

981 €

jährlich

über 60 km

1.467 €

jährlich

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 anstelle der vorstehend angeführten Pauschbeträge folgende Pauschbeträge ("großes" Pendlerpauschale) berücksichtigt:

Von 1. 1. 2006 bis 30. 6. 2007 (BGBl. I Nr. 115/2005):

2 bis 20 km

270 €

jährlich

20 km bis 40 km

1.071 €

jährlich

40 km bis 60 km

1.863 €

jährlich

über 60 km

2.664 €

jährlich

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und dem Pendlerpauschale sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen für das Pendlerpauschale abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76 EStG 1988) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden. Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befindet. Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann steht ihm das Pendlerpauschale nicht zu, wobei allfällige Kosten für die Beförderung im Werkverkehr bis zur Höhe des Pendlerpauschales zu berücksichtigen sind.

Die für das Pendlerpauschale maßgebende Fahrtstrecke bemisst sich nach Rz. 258 LStR 2002 nach den Tarifkilometern des Massenbeförderungsmittels unter Einschluss von Anfahrts- oder Gehwegen zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen. Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, steht das "kleine" Pendlerpauschale auch dann zu, wenn mit dem Pkw eine wesentlich kürzere Strecke gefahren wird (kein "großes" Pendlerpauschale für die kürzere Strecke).

Wie oben ausgeführt, steht das große Pendlerpauschale zu, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht möglich oder nicht zumutbar ist und die Fahrtstrecke zumindest 2 km beträgt.

Unzumutbarkeit liegt jedenfalls vor, wenn ein Massenverkehrsmittel zumindest auf dem halben Arbeitsweg überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (etwa während der Nacht) verkehrt. Eine lange Anfahrtszeit, eine körperlichen Behinderung oder eine Krankheit können die Benützung eines Massenbeförderungsmittels ebenfalls unzumutbar machen. Im Falle einer dauernden starken Gehbehinderung ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels jedenfalls unzumutbar, wenn der Behinderte eine Bescheinigung gem § 29b der Straßenverkehrsordnung besitzt oder infolge seiner Behinderung von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [1.6.2007], § 16 Anm. 80).

Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist nach der Verwaltungspraxis (Rz. 255 LStR 2002) sowie der Lehre jedenfalls nicht mehr zumutbar, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:

- Wegstrecke unter 20 km: eineinhalb Stunden,

- Wegstrecke ab 20 km: zwei Stunden,

- Wegstrecke ab 40 km: zweieinhalb Stunden.

Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist - soweit möglich - von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (z. B. "Park and Ride") auszugehen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [1.6.2007], § 16 Anm. 81).

Bei gleitender Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw Abfahrtszeit des Verkehrsmittels, wobei die konkreten Möglichkeiten des Arbeitnehmers, Gleitzeit in Anspruch zu nehmen, zu berücksichtigen sind. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes, wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer nach Rz. 257 LStR 2002 im Allgemeinen nicht gegeben sein.

Nach UFS (Wien), Senat 17 (Referent), 20.9.2006, RV/2256- W/05, ist - unter Hinweis auf Doralt, EStG, 9. Auflage, § 16 Tz. 105, und die Gesetzesmaterialien - die Benützung von Massenverkehrsmitteln auch dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW (diese Frage ist nunmehr beim VwGH zu 2006/15/0319 anhängig).

Das große Pendlerpauschale steht - entgegen UFS (Wien), Senat 17 (Referent), 14.2.2007, RV/0232-W/07 - bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel zu, somit auch zB bei Car-Sharing-Modellen oder dann, wenn trotz Unzumutbarkeit des Massenverkehrsmittels dennoch dieses benützt wird (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [1.6.2007], § 16 Anm. 82; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], 29.7.2008, RV/2018-W/08).

Beim "großen" Pendlerpauschale bemisst sich die Fahrtstrecke nach der kürzesten Straßenverbindung. Unter Fahrtstrecke ist bei Benützung eines Kfz jene kürzeste Strecke zu verstehen, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, um die auf Grund bestehender Geschwindigkeitsbeschränkungen zeitaufwändige Befahrung von Ortsdurchfahrten (verkehrsberuhigte Zonen) oder Lärm und Abgase in Wohngebieten zu vermeiden (VwGH 16. 7. 1996, 96/14/0002).

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit, b EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind, das nicht seinem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leistet, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 25,50 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Anwendung auf den gegenständlichen Fall

Die Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens gehen vor dem Hintergrund der vorstehenden Rechtsausführungen zutreffend davon aus, dass im gegenständlichen Fall entscheidend ist, ob der Arbeitsweg der Bw. unter Berücksichtigung aller Geh-, Fahr- und Wartezeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln länger als 2 ½ Stunden in eine Richtung ist oder nicht.

Da die Fahrzeit mit dem PKW nicht weniger als 1/3 als jene mit öffentlichen Verkehrsmitteln beträgt, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob auch diesbezüglich eine Unzumutbarkeit vorliegen könnte.

Nach den obigen Ausführungen ist es ebenfalls unmaßgeblich, ob die Bw. die gesamte Strecke mit dem eigenen PKW fährt oder teilweise mit dem Zug. Dauert die Fahrt mit Massenverkehrsmitteln unzumutbar lange, steht das "große" Pendlerpauschale auch dann zu, wenn tatsächlich der öffentliche Verkehr verwendet wird, wie andererseits die Benutzung des eigenen PKW noch nicht das "große" Pendlerpauschale vermittelt, wenn eine entsprechend geeignete Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel gegeben ist.

Nach dem Vorbringen der Bw. in der mündlichen Berufungsverhandlung bestand bei beiden Arbeitgebern im Berufungszeitraum gleitende Arbeitszeit mit einer Kernzeit zwischen 9 und 15 Uhr und Frühschluss am Freitag. Die Bw. konnte ihren Angaben zufolge grundsätzlich die Gleitzeit im angegebenen Umfang ausnutzen. Allerdings war vor allem jeweils in der letzten Monatswoche eine Orientierung an den Verkehrsverbindungen nicht möglich, da die Abschlussarbeiten fertig zu stellen waren.

Wie in der mündlichen Berufungsverhandlung dargelegt, ergeben sich bei gleitender Arbeitszeit folgende optimale Wegzeiten:

Arbeitgeber Wien 3:

Ab Wohnung 6:21 (Abfahrt Bus 6:29), an Arbeitsplatz 8:20 Uhr. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Ab Arbeitsplatz 15:08 (Gleitzeitverbrauch), an P./R. 17:06, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 17:26 (mit dem Bus 17:38). Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 16:36, an P./R. 18:30, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 18:50. Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 17:32 (Gleitzeitguthaben), an P./R. 19:08, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 19:28. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Arbeitgeber Wien 11:

Ab Wohnung 5:11 (Abfahrt Bus 5:19), an Arbeitsplatz 7:28 Uhr. Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Wohnung 6:21 (Abfahrt Bus 6:29), an Arbeitsplatz 8:23 Uhr. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Ab Arbeitsplatz 15:25, an P./R. 17:15, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 17:35 (mit dem Bus 17:38). Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 16:49, an P./R. 18:30, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 18:50. Wegzeit ca. 2 ¼ Stunden. Oder:

Ab Arbeitsplatz 17:25, an P./R. 19:08, von dort mit dem Auto ca. 20 Minuten, an Wohnung 19:28. Wegzeit ca. 2 Stunden.

Die Bw. hat im Verfahren eingeräumt, tatsächlich weitgehend öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden. So fährt sie in der Regel ab P. mit der Bahn und dann in Wien weiter mit innerstädtischen Verkehrsmitteln. Allerdings ist es ihr nicht möglich, für die Strecke Wohnung - Bahnhof P. öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden.

Hieraus ergibt sich, dass das Finanzamt mit seiner Auffassung, der Bw. stehe nur das "kleine" Pendlerpauschale zu, im Recht ist:

Die Gesamtzeit für den Arbeitsweg der Bw. beträgt in eine Richtung bei einer Entfernung deutlich über 60 km im Normalfall jedenfalls unter 2 1/2 Stunden.

Mit dem PKW wäre sie - je nach Tageszeit und Verkehrsverhältnissen - zwischen knapp unter einer Stunde und deutlich über einer Stunde unterwegs.

Der weitaus überwiegende Weg zur Arbeit - nämlich vom Bahnhof P. bis zum jeweiligen Arbeitgeber und zurück - ist zumutbarerweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegbar und wird auch mit solchen zurückgelegt.

Allerdings kann die Bw. nicht den gesamten Arbeitsweg "öffentlich" zurücklegen, sondern muss für den Weg von der Wohnung bis zum Bahnhof ihren PKW verwenden. Hierbei handelt es sich um den weitaus kleineren Teil des Arbeitsweges.

Da nach dem Gesetzeswortlaut im einzelnen Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrstrecke nicht zumutbar sein darf, um das "große" Pendlerpauschale zu erhalten, und der Bw. im Lohnzahlungszeitraum die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel hinsichtlich weit mehr als der halben Fahrtstrecke zumutbar ist, steht der Bw. nur das "kleine" Pendlerpauschale zu.

In diesem Punkt konnte dem Berufungsbegehren daher nicht Rechnung getragen werden.

Was den Unterhaltsabsetzbetrag anlangt, ist auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung zu verweisen. Die Leistung des gesetzlichen Unterhalts ist nach dem Vorbringen der Bw. und den vorliegenden Beweismitteln glaubhaft.

Der Berufung war daher nur im Umfang der Berufungsvorentscheidung teilweise Folge zu geben.

Beilage: Verhandlungsniederschrift

Wien, am 16. September 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pendlerpauschale, öffentliche Verkehrsmittel

Stichworte