UFS FSRV/0086-L/06

UFSFSRV/0086-L/0610.6.2008

Berufung gegen Erkenntnis des Spruchsenates wegen Verfahrensmängel bei Zustellung und Ladung zur mündlichen Verhandlung, schlechte finanzielle Verhältnisse hindern nicht die Verhängung einer Geldstrafe.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0302 eingebracht. Mit Erk. v. 28.10.2009 als unbegründet abgewiesen.

Anmerkungen:
VwGH 28.2.2008, 2005/18/0056.VwGH 25.10.2006, 2006/15/0223.VwGH 24.9.2002, 2000/16/0737.

Entscheidungstext

Der Finanzstrafsenat Linz 9 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Richard Tannert, das sonstige hauptberufliche Mitglied HR Mag. Gerhard Groschedl sowie die Laienbeisitzer Dr. Karl Penninger und Dipl. Ing. Klemens Weiß als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen G.M., geb. 1973, Adresse-1, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Museumstraße 9, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung des Beschuldigten vom 7. August 2006 gegen das Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Februar 2006, Strafnummer-1, nach der am 10. Juni 2008 in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, des Amtsbeauftragten AR Gottfried Haas sowie der Schriftführerin Tanja Grottenthaler durchgeführten mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

Die Berufung des Beschuldigten wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 2. Februar 2006, Strafnummer-1, wurde G.M. (in weiterer Folge Bw.) für schuldig erkannt, als Abgabepflichtiger im Finanzamtsbereich Linz vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer (Zahllast oder Gutschrift) für die Monate 4-12/2003, 1-6/2004, 9-12/2004 und 1/2005 in Höhe von insgesamt € 34.904,45 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wurde über den Bw. eine Geldstrafe von € 9.000,00 verhängt und gemäß § 20 FinStrG die für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 30 Tagen bestimmt. Gemäß § 185 FinStrG wurden die Kosten des Finanzstrafverfahrens mit € 363,00 bestimmt.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Bw. im Zeitraum April 2003 bis Jänner 2005 unternehmerisch tätig gewesen sei, jedoch in diesem Zeitraum weder Umsatzsteuerzahllasten bekannt gegeben noch Umsatzsteuer entrichtet habe. Im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung seien Umsatzsteuervoranmeldungen nur für die Monate Oktober und November 2004 vorgelegt worden, sodass die Umsatzsteuer für die Monate September und Dezember 2004 vom Prüfer geschätzt worden sei.

Insgesamt habe der Bw. durch seine Handlungsweise die im Spruch genannten Abgabenverkürzungen bewirkt.

Der Bw. habe gewusst, dass es durch seine Handlungsweise zu entsprechend hohen Abgabenverkürzungen kommen würde und habe sich mit diesem Erfolg seiner Taten auch jeweils billigend abgefunden.

Zu den Feststellungen gelangte der Spruchsenat aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Der Bw. habe sich am Verfahren nicht beteiligt. Aufgrund der Faktenhäufung sei jedoch eine wissentliche Begehungsweise eindeutig erwiesen. In rechtlicher Hinsicht verantworte der Bw. somit das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG.

Der Strafrahmen reiche bis zu einer Geldstrafe von € 69.808,90, daneben könnte auch auf eine Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten erkannt werden.

Als erschwerend liege eine einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall, der längere Tatzeitraum; als mildernd kein Umstand vor. Insgesamt erscheine somit eine Geldstrafe im Ausmaß von € 9.000,00, im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe als jedenfalls tat- und schuldangemessen.

Die Kostenentscheidung stütze sich auf § 185 FinStrG, wonach der Bestrafte einen Pauschalbetrag von 10 % der verhängten Geldstrafe als Kostenbeitrag zu leisten habe.

In der dagegen eingebrachten Berufung vom 7. August 2006, der zunächst vorsorglich ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom 2. Februar 2006 vorangestellt wird, wird ausgeführt, dass der Bw. erstmals am 7. August 2006 vom Erkenntnis Kenntnis erlangt habe, da ihn dieser Bescheid nicht zugestellt worden sei. Diese Kenntnis habe der Bw. nur deshalb erlangt, da er sich im Zuge des anhängigen Schuldenregulierungsverfahrens GZ. xyz/00, beim Finanzamt Linz erkundigt habe und ihm dort erstmals mitgeteilt wurde, dass ein Erkenntnis ergangen sei, welches ihm zugestellt worden wäre.

Am 2. Februar 2006 sei die Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt worden. Auch von dieser Verhandlung habe der Bw. keine Kenntnis erlangt, da die Ladung zu dieser Verhandlung erst am 24. Jänner 2006 hinterlegt worden sei und der Bw. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter der Adresse Adresse-2 gemeldet gewesen sei.

Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben und das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen; in eventu eine öffentliche Verhandlung durchzuführen, in deren Zuge der Bw. als Beschuldigter einzuvernehmen sei; die Herabsetzung der Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß.

Als Beschwerdegründe wird ausgeführt, dass der Spruchsenat die im Spruch des Straferkenntnisses des Finanzamtes Linz vom 2. Februar 2006, Strafnummer-1, enthaltenen Verletzungen von Abgabeverpflichtungen und daraus resultierende Umsatzsteuerverkürzungen als erwiesen angenommen habe, dies jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten.

Die Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung sei zu eigenen Handen (RSa) verfügt worden, jedoch unter der unrichtigen Adresse des Beschuldigten.

Zum Zeitpunkt der Zustellung sei jedoch der Beschuldigte bereits nicht mehr unter der Adresse Adresse-2, gemeldet gewesen und habe daher keine Zustellung unter dieser Adresse erfolgen können. Der Behörde wäre durch einfache Meldeauskunft die Adresse des Beschuldigten bekannt gewesen. Eine ordnungsgemäße Zustellung sei daher nicht erfolgt und habe der Beschuldigte die bereits ca. 10 Tage später anberaumte Verhandlung daher nicht wahrnehmen können und habe keine Kenntnis davon erlangt.

Ebenso habe der Beschuldigte keine Kenntnis vom Straferkenntnis erlangt und sei dieses nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, da es ebenfalls an einer unrichtigen Adresse hinterlegt worden sei.

Bei der Durchführung einer Verhandlung in Abwesenheit einer Partei - insbesondere eines Beschuldigten - seien daher die Bestimmungen über die Zustellung der Ladung zu beachten, damit den Anforderungen des Art. 6 MRK entsprochen werde.

Da der Beschuldigten keine Möglichkeit gehabt habe, in der Verhandlung gehört zu werden, sei insbesondere § 126 FinStrG verletzt und der Beschuldigte auch in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden.

Entsprechend der Judikatur habe mangels ordnungsgemäßer Ladung auch die Wirkung der Verkündung gegenüber dem Beschuldigten gar nicht eintreten können.

Schon aus diesen Gründen sei das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben.

Im Übrigen sei der Spruchsenat davon ausgegangen, dass es sich um eine Faktenhäufung handle. Nach Ansicht des Beschuldigten handle es sich jedoch um eine fortgesetzte Handlung. In diesem Zusammenhang sei der Beschuldigte bereits einmal bestraft worden, was entsprechend zu berücksichtigen gewesen wäre. Insoweit liege auch kein Rückfall, sondern ein einheitlicher Tatzeitraum vor, sodass es einer weiteren Bestrafung des Beschuldigten nicht bedurft hätte.

Der Beschuldigte habe sich seit Mitte April 2005 insbesondere mit dem Finanzamt und auch mit seinen weiteren Gläubigern um eine außergerichtliche Einigung bemüht. Es sei mit einzelnen Gläubigern eine solche Einigung nicht zu Stande gekommen, und sei dem Finanzamt bereits seit längerem bekannt, dass der Beschuldigte zahlungsunfähig sei.

In Folge der Zahlungsunfähigkeit habe der Beschuldigte auch einen Antrag auf Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens gestellt, und bestanden Pfändungen seitens des Finanzamtes.

Beweis Schuldenregulierungsverfahren, GZ. xyz/00 ,

Akt des Finanzamtes Linz, Steuernummer-1, Einbringungsstelle

Aus diesen Gründen sei die verhängte Geldstrafe auch überhöht und liege insoweit ein zu berücksichtigender Umstand vor.

Der Beschuldigte sei auch zwischenzeitig allen Verpflichtungen zur Abgabe von Erklärungen nachgekommen. Es bedürfe auch aus diesen Gründen keiner weiteren Bestrafung.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Zunächst ist zum Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen das angefochtene Erkenntnis festzuhalten, dass gemäß § 7 Zustellgesetz (ZustG) die Zustellung dann erst mit dem Zeitpunkt vollzogen gilt, zu dem das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Da somit das Erkenntnis am 7. August 2006 zugestellt wurde, ist auch die Berufung vom selben Tag fristgerecht eingebracht worden, sodass eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist nicht erforderlich ist, da die Berufungsfrist noch nicht verstrichen war.

Zum Berufungspunkt der Verhandlung in Abwesenheit und Einhaltung des Art. 6 MRK ist festzuhalten, dass die Zustellung der Ladung des Beschuldigten am 18. Jänner 2006 mit der Adresse Adresse-2 verfügt wurde. An diesem Tag war der Bw. laut eigenen Angaben (vgl. vorgelegte Kopie der Meldebestätigung) noch an seiner alten Adresse gemeldet. Zwischen der Verfügung der Ladung durch den Vorsitzenden des Spruchsenates am 18. Jänner 2006 und tatsächlichen Zustellung der Ladung am 24. Jänner 2006 kam es zu einer Änderung der Abgabestelle durch den Bw. am 19. Jänner 2006. Soweit der Bw. der Finanzstrafbehörde erster Instanz den Vorwurf macht, bei einer Anfrage im zentralen Melderegister hätte die neue Adresse leicht erkundet werden können, ist auf § 8 Abs. 1 ZustG zu verweisen, wonach eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen hat. Dass der Bw. vom Finanzstrafverfahren Kenntnis hatte, steht angesichts der persönlichen Übernahme des Bescheides über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens vom 13. Juli 2005 fest. Die Unterlassung der gemäß § 8 Abs. 1 ZustG obliegenden Mitteilung durch den Bw. hat laut Rechtsprechung des VwGH zur Folge, dass an der der Behörde als Abgabestelle bekannt gegebenen Anschrift zugestellt werden konnte, gleichgültig, wo sich die Partei befand und welche Abgabestelle im Zeitpunkt der Zustellung für sie in Betracht gekommen wäre (VwGH 28.2.2008, 2005/18/0056). Da der Bw. seiner gesetzlichen Verpflichtung der unverzüglichen Meldung der Änderung der Abgabestelle nicht nachgekommen ist, kann dieser Punkt der Berufung nicht zum Durchbruch verhelfen.

Angesichts der damit zusammenhängenden Frage der Einhaltung der Vorbereitungsfrist ist für den Bw. ebenfalls nichts zu gewinnen, da er für den Fall, dass er seiner Meldeverpflichtung nach dem Zustellgesetz nachgekommen wäre, auch eine entsprechende Vertagungsbitte einbringen hätte können.

Soweit der Bw. darauf hinweist, mangels ordnungsgemäßer Ladung hätte auch die Wirkung der Verkündung des Erkenntnisses in der mündlichen Spruchsenatsverhandlung gegenüber dem Beschuldigten gar nicht eintreten können, ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls außer Streit steht, dass das angefochtene Erkenntnis am 7. August 2006 zugestellt wurde. Damit hat er einerseits den Inhalt der Strafentscheidung zur Kenntnis genommen und es wurden ihm auch alle rechtlichen Möglichkeiten eröffnet, gegen dieses Erkenntnis vorzugehen, wovon er auch Gebrauch gemacht hat. Ein Rechtsnachteil ist daraus nicht ableitbar.

Im Übrigen kann eine im Verwaltungsstrafverfahren der Behörde erster Instanz unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs von der Berufungsbehörde geheilt werden. Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Mangel hinreichenden Parteiengehörs in erster Instanz durch die Möglichkeit, den Standpunkt im Berufungsverfahren auszuführen, geheilt (VwGH 15.5.1986, 84/16/0234). Die Berufungsbehörde ist - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 161 Abs. 4 FinStrG - daher nur dann zur Aufhebung (Kassation) des angefochtenen Straferkenntnisses und zur Verweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Erkenntnisses an die Behörde erster Instanz berechtigt, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist. Der Bw. hatte sowohl in der schriftlichen Berufung als auch in der mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Juni 2008 ausreichend Gelegenheit, sein Parteiengehör wahrzunehmen und sich zum Verfahrensgegenstand zu äußern, womit die geltend gemachte allfällige Verletzung von Verfahrensvorschriften jedenfalls geheilt ist.

Der Bw. irrt insoweit, als er darzulegen vermeint, bei Einschätzung seiner Handlungsweise als fortgesetztes Delikt nicht mehr bestraft zu werden. Ein so genanntes fortgesetztes Delikt liegt vor, wenn eine Mehrheit von Handlungen, von denen jede den Tatbestand desselben Deliktes begründet, in einem Fortsetzungszusammenhang steht. Für die Beurteilung, ob ein Fortsetzungszusammenhang vorliegt, ist nicht allein die Gleichartigkeit der Verübung und der gleiche Zweck der Handlungen maßgebend, es kommt auch darauf an, dass sich die einzelnen Akte nur als Teilhandlungen eines Gesamtkonzeptes darstellen. Entscheidend ist, dass die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen, auf die Verkürzung von Abgaben durch mehrere Jahre hindurch gerichteten Willensentschluss (Gesamtvorsatz) getragen werden (VwGH 25.6.1998, 96/15/0167). Im gegenständlichen Fall hat der Bw. seit Jänner 2000 bis zumindest Jänner 2005 fristgerecht weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet. Dafür wurde er einerseits bereits mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 19. Mai 2004 wegen Finanzvergehen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (und § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG infolge Nichtabgabe der Erklärungen für das Jahr 2002) für Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume 1/2000 bis 3/2003 zu einer Geldstrafe in Höhe von € 7.000,00 verurteilt. Andererseits hat ihn diese Bestrafung auch nicht davon abgehalten, eine Änderung seines steuerunehrlichen Verhaltens herbeizuführen oder konnten den Bw. zur Einhaltung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen bewegen. Bei dieser Sachlage ist die laufende Unterlassung der Einreichung von Abgabenerklärungen von einem Gesamtvorsatz getragen und ordnet sich in einem - Art, Gegenstand, Zeit und Ort der Handlungen umfassenden - Gesamtplan ein, sodass von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist.

Der Bw. übersieht bei seiner Argumentation, dass niemand für Taten bestraft werden kann, die der Täter zum Zeitpunkt der Strafentscheidung noch nicht begangen hat. Der Gesetzgeber hat für ähnliche Fälle im § 21 Abs. 3 FinStrG Vorsorge getroffen. Wird jemand, der bereits wegen eines Finanzvergehens bestraft worden ist, wegen eines anderen Finanzvergehens bestraft, für das er nach der Zeit der Begehung schon in dem früheren Verfahren hätte bestraft werden können, so ist nach dieser Bestimmung eine Zusatzstrafe zu verhängen. Diese darf das Höchstmaß der Strafe nicht übersteigen, die für die nun zu bestrafende Tat angedroht ist. Die Summe der Strafen darf jeweils die Strafen nicht übersteigen, die nach den Abs. 1 und 2 zulässig und bei gemeinsamer Bestrafung zu verhängen wären. Somit ist auch dann eine Geldstrafe auszusprechen, wenn sämtliche angeschuldeten Delikte schon zu einer Zeit begangen waren, als für andere Finanzdelikte eine Bestrafung erfolgt ist.

Auch im Fall des Vorliegens eines fortgesetzten Delikts liegt eine Mehrheit von Tathandlungen vor, die jede den Tatbestand ein und desselben Delikts verwirklicht. Für jedes Delikt ist der strafbestimmende Wertbetrag zunächst gesondert zu berechnen und diese Beträge sind dann bei Zutreffen der Voraussetzungen zusammenzurechnen (VwGH 24.9.2002, 2000/16/0737). Entgegen der Intention des Bw. sind daher die strafbestimmenden Wertbeträge der einzelnen Abgabenverkürzungen zusammenzurechnen und der - neuerlichen - Bestrafung zugrunde zu legen. Ein einheitlicher Tatzeitraum der der Vorstrafe zugrunde liegenden Finanzvergehen mit den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen ist insoweit ausgeschlossen, als Delikte auch in Umsatzsteuervoranmeldungszeiträumen begangen wurden, die zeitlich nach der bereits erfolgten Bestrafung lagen.

Wollte man das Ansinnen des Bw. auf andere Rechtsgebiete übertragen, würde ein Vorsatz, immer die gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn überschreiten zu wollen, dazu führen, dass schon eine Bestrafung wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in der Vergangenheit auch alle zukünftigen, noch nicht umgesetzten Geschwindigkeitsübertretungen bereits mitbestraft hätte. Der Bw. würde auch sicherlich nicht die Ansicht vertreten, einem wegen Ladendiebstahls bestraften Täter mit der bereits erfolgten Bestrafung durch das Gericht einen pauschalen Freibrief für zukünftige Ladendiebstähle, die bisher weder geplant noch umgesetzt wurden, auszustellen. Auch übersieht der Bw. dabei auch, dass eine Bestrafung immer nur für bestimmte Taten erfolgen kann, somit eine pauschale Mitbestrafung zukünftiger Taten im Strafrecht nicht möglich sein kann.

Den Berufungseinwendungen, dass keine Faktenhäufung vorliege, sondern eine fortgesetzte Handlung und der Beschuldigte in diesem Zusammenhang bereits einmal bestraft worden sei, was entsprechend zu berücksichtigen gewesen wäre, dass insoweit auch kein Rückfall vorliegt, sondern ein einheitlicher Tatzeitraum, sodass es einer weiteren Bestrafung des Beschuldigten nicht bedurft hätte, ist zu erwidern, dass der Spruchsenat entgegen der möglichen Ansicht des Bw. richtigerweise nicht von einem Rückfall im Sinne des § 41 FinStrG (mangels Vorliegen der normierten Voraussetzungen) ausgegangen ist. Der Spruchsenat ist vielmehr bei den der Strafbemessung zugrunde liegenden Umständen insoweit von einem raschen Rückfall ausgegangen, als damit lediglich dokumentiert wurde, dass die einschlägige Vorstrafe auf den Bw. keine spezialpräventive Wirkung entfaltet hat und ihn nicht von der Begehung gleichartiger weiterer Finanzvergehen abhalten konnte.

Selbst die Bestrafung vom 19. Mai 2004 hat den Bw. nicht veranlasst, seine Handlungsweise zu überdenken oder zu ändern und ihn nicht davon abgehalten, unmittelbar danach weiterhin Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zu begehen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat am 19. Mai 2004 hat der Bw. zwar versprochen, dass "in Zukunft sein Steuerberater die Sachen zeitgemäß abgeben wird." Dieses Versprechen wurde jedoch nie in die Tat umgesetzt, vielmehr hat sich der Bw. unverändert geweigert, seine Pflichten entsprechend wahrzunehmen.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Die Verkürzung von selbst zu berechnenden Abgaben ist bereits mit der Nichtentrichtung zu den gesetzlichen Fälligkeitsterminen bewirkt (vgl. Fellner, FinStrG § 33 Rz 54 ff und die dort zitierte Rechtsprechung). Zum Tatbild der Steuerhinterziehung gehört keineswegs eine endgültige Verkürzung der Abgaben; es genügt auch die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils. Verkürzt wird eine Steuereinnahme nicht bloß dann, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er nach dem betreffenden Steuergesetz darauf Anspruch gehabt hat. Gerade beim Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar (VwGH 3.5.2000, 98/13/0242).

Angesichts der Berufungsausführungen, wonach der Bw. selbst einen Gesamtvorsatz eingesteht, besteht somit aus Sicht des erkennenden Senates hinsichtlich des Vorliegens der geforderten subjektiven Tatseite der wissentlichen "vorübergehenden" Abgabenverkürzung kein Zweifel. Da jedoch aufgrund des finanzstrafrechtlichen Vorlebens kein Vorsatz auf die Verkürzung der Jahresumsatzsteuer zu ersehen ist, war eine - möglicherweise konkurrierende - Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG im Finanzstrafverfahren nicht erweislich.

Soweit der Bw. ausführt, er habe sich seit Mitte April 2005 insbesondere mit dem Finanzamt und auch mit seinen weiteren Gläubigern um eine außergerichtliche Einigung bemüht und es sei dem Finanzamt bereits seit längerem bekannt gewesen, dass er zahlungsunfähig sei und er in Folge der Zahlungsunfähigkeit auch einen Antrag auf Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens gestellt habe, ist zu erwidern, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der letzten Teiltat am 15. März 2005 ein Insolvenzverfahren noch nicht beantragt war. Nach der Fälligkeit eintretende Umstände sind für die Annahme eines Verschuldens ohne Bedeutung. Im Übrigen würde die allenfalls bereits in Aussicht genommene Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eine Entrichtung der Abgabe nicht unzulässig machen.

Die vom Bw. behauptete schlechte wirtschaftliche Lage stellt keinen Schuldausschließungsgrund dar. Vielmehr schließen Zahlungsschwierigkeiten die Annahme von Vorsatz keineswegs aus. Die Frage der behaupteten (allerdings erst nach Ablauf der Verwirklichung der angeschuldeten Abgabenhinterziehungen möglicherweise eingetretenen) Zahlungsunfähigkeit des Bw. reduziert sich auf die Frage der Einbringlichkeit der Abgabenschuld, die hier jedoch unbeachtlich ist.

Die Ergebnisse der durchgeführten Betriebsprüfungen, einerseits die UVA-Prüfung 1 für UVA-Zeiträume 4/2003 bis 6/2004 vom 18. Oktober 2004, in der für die UVA 4-12/2003 eine Nachforderung von € 16.149,80 sowie für die UVA 1-6/04 ein Betrag von € 5.946,86 aufgrund der im Rahmen der Prüfung übergebenen Belege laut Angaben des Bw. festgesetzt wurden, andererseits die Außenprüfung 2 für UVA-Zeiträume 9-12/2004, nach der die Abgaben für die UVA 9/04 mit € 4.000,00, für die UVA 10/04 mit € 3.468,44, für die UVA 11/04 mit € 1.881,20 sowie für die UVA 12/04 mit € 2.000,00 festgesetzt wurden (die Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 2005 von € 1.458,15 wurde am 18. April 2005 verspätet entrichtet), wurden dem Finanzstrafverfahren als qualifizierte Vorprüfung zugrunde gelegt, wobei für den erkennenden Senat keine Veranlassung bestand, am Ergebnis Zweifel zu hegen. Im Übrigen wurde die objektive Tatseite vom Bw. im Verfahren nicht bestritten.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters. § 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß. § 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen. § 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, ist die Bemessung der Geldstrafe mit einem ein Zehntel des Höchstausmaßes der angedrohten Geldstrafe unterschreitenden Betrag nur zulässig, wenn besondere Gründe vorliegen.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschriften) geahndet. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 Abs. 3 FinStrG auf Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten zu erkennen.

Die Verhängung einer Geldstrafe für eine Abgabenverkürzung, die auch den aus der Tat gezogenen Nutzen berücksichtigen soll, ist von einem strafbestimmenden Wertbetrag abhängig und nicht unmittelbar nur nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters auszumessen. Auch die Anhängigkeit eines Schuldenregulierungsverfahrens steht der Ausmessung der Geldstrafe nicht entgegen (VwGH 25.10.2006, 2006/15/0223). Selbst der Umstand, dass Personen weder ein Einkommen noch ein Vermögen haben, steht ihrer Bestrafung (Geldstrafe) nicht entgegen (VwGH 5.9.1985, 85/16/0044). Die Verhängung einer Geldstrafe ist somit auch dann gerechtfertigt, wenn es die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten wahrscheinlich erscheinen lassen, dass er nicht in der Lage sein wird, sie zu bezahlen.

Hat der Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs.1 und 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist. Somit ergibt sich ein Strafrahmen von € 69.808,90.

Bei der Strafbemessung war der Umstand zu berücksichtigen, dass den Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG infolge der sanktionierten lediglich vorübergehenden Abgabenvermeidung in der Regel ein geringerer Unwertgehalt tatbildimmanent ist.

Den als erschwerend zu wertenden Umständen der einschlägigen Vorstrafe, der Vielzahl der deliktischen Angriffe über einen langen Zeitraum hinweg, dem hartnäckigen Verharren des Bw. in seinem deliktischen Verhalten trotz einem gleichsam parallel geführten Finanzstrafverfahren stehen als mildernd die (im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung glaubhaft gemachte) krankheitsbedingte Arbeitsüberlastung des Beschuldigten im strafrelevanten Zeitraum, seine schlechte finanzielle Zwangslage, welche ihn überdies zu seinem Fehlverhalten verleitet hat, das zwischenzeitige Wohlverhalten sowie die nunmehr an den Tag gelegte Schuldeinsicht gegenüber.

Auch angesichts des angegriffenen Gesundheitszustandes und der Sorgepflicht sowie der derzeitigen schlechten Einkommens- und Vermögenslage (die Quoten für ein Schuldenregulierungsverfahren sind zu begleichen) ist eine Reduzierung der Geldstrafe, die ohnehin nur in Höhe von € 9.000,00 verhängt wurde, nicht vertretbar.

Selbst die vom Spruchsenat im Erkenntnis vom 19. Mai 2004 verhängte, unter der gesetzlichen Mindestgeldstrafe liegende Geldstrafe hat infolge der geringen Strafbemessung offensichtlich keine spezialpräventive Wirkung erzielen können, sodass bei der nunmehr zu bemessenden Geldstrafe jedenfalls ein höherer Prozentsatz anzuwenden war als bei der Vorstrafe, zumal der Bw. trotz Vorstrafe sein steuerunehrliches Verhalten nicht geändert hat. Für eine neuerliche Ausmessung der Geldstrafe in Höhe der Mindestgeldstrafe gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG liegen keine ausreichenden Gründe vor. Bei vergleichbaren Fällen wurde eine Geldstrafe von ca. 15 bis 20 % des Strafrahmens von € 69.808,90 (somit etwa € 11.000,00 bis € 14.000,00) als tat- und schuldangemessen ausgesprochen, wovon aber aufgrund des Verböserungsverbotes im Sinne des § 161 Abs. 3 FinStrG von einer entsprechenden Erhöhung der Geldstrafe Abstand zu nehmen.

Die dargestellten Milderungs- und Erschwerungsgründe waren auch für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe heranzuziehen, wobei aber der Umstand der derzeitigen schlechten Finanzlage des Beschuldigten außer Ansatz bleibt, da eine Ersatzfreiheitsstrafe ja gerade für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe vorzuschreiben ist.

Zur Kontrolle der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe ist auf die ständige Spruchpraxis zu verweisen, wonach für eine Geldstrafe von € 7.000,00 bis € 8.000,00 eine Ersatzfreiheitsstrafe von etwa einem Monat ausgesprochen wird. So gesehen, wäre bei einer Geldstrafe von € 9.000,00 als Vergleichswert auch eine Ersatzfreiheitsstrafe von jedenfalls mehr als einem Monat angemessen gewesen, wobei einer entsprechenden Erhöhung der Ersatzfreiheitsstrafe das oben erwähnte Verböserungsverbot entgegensteht. Die vom Erstsenat verhängte Ersatzfreiheitsstrafe hat aber ohnehin nur 30 Tage betragen und war daher unverändert beizubehalten.

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10 % der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 363,00 festzusetzen ist, und erweisen sich ebenfalls als rechtens, sodass diesbezüglich keine Änderung eintritt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am 10. Juni 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 23 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 21 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 8 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982

Schlagworte:

Berufung, Verfahrensfehler, Zustellung, Mängel, schlechte Vermögenslage, Schuldenregulierungsverfahren

Verweise:

VwGH 28.02.2008, 2005/18/0056
VwGH 25.10.2006, 2006/15/0223
VwGH 24.09.2002, 2000/16/0737

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