UFS RV/0494-G/07

UFSRV/0494-G/074.4.2008

NoVA-Pflicht gemäß § 1 Z 3 letzter Satz NoVAG 1991: "Verwender" als Steuerschuldner.

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0107 (früher 2008/15/0194) eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 27.1.2010 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Morré, 8010 Graz, Heinrichstr. 110, vom 6. Juni 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom 11. April 2007 betreffend Normverbrauchsabgabe entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Bw ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter sind MD, HD, CD und KD. Handelsrechtlicher Geschäftsführer ist CD.

Im Zuge einer im Juli 2006 durchgeführten Nachschau stellte das Finanzamt fest, dass das von CD genutzte Fahrzeug der Marke BMW 7er mit dem Kennzeichen XXX und das von MD genutzte Fahrzeug der Marke Mercedes E 270 CDI mit dem Kennzeichen YYY in Deutschland auf die G-GmbH (eine 100%ige Tochterfirma der Bw) zugelassen sind. Eigentümer der Fahrzeuge ist die G-GmbH, die den BMW als Vorführwagen von einem deutschen Händler und den Mercedes von einem österreichischen Händler in H gekauft hatte. Beide Fahrzeuge sind bei der A in Deutschland versichert. Der BMW wurde am 13. Februar 2003 und der Mercedes am 6. August 2004 zum Verkehr zugelassen.

Strittig ist, ob die Bw bezüglich des BMW (in der Folge: Fahrzeug) gemäß § 1 Abs. Z 3 letzter Satz NoVAG normverbrauchsabgabepflichtig ist.

Das Finanzamt setzte mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 11. April 2004 für den Kalendermonat Februar 2003 die NoVA mit 7.986,20 € (Bemessungsgrundlage 49.913,79 €) gegenüber der Bw fest. Zur Begründung führt es dazu im Wesentlichen aus, die Bw habe "zweifelsfrei" als Verwender im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG festgestellt werden können, weil diese den Nutzen aus der Verwendung im Bundesgebiet seit 2003 ziehe. Für die Bestimmung des dauernden Standortes des Fahrzeuges nach § 40 Abs. 1 KFG werde auf den Unternehmersitz im Bundesgebiet des Verwenders abgestellt. Es habe festgestellt werden können, dass die Verwendung durch die Bw nicht ein "bloß vorübergehendes Verfügen" im Inland darstelle und somit ein dauernder Standort im Inland begründet worden sei. Regelmäßige Fahrten mit dem Fahrzeug durch den Geschäftsführer zur G-GmbH seien der Geschäftstätigkeit der Bw zuzuordnen, über das Fahrzeug werde hauptsächlich von der Bw verfügt. Das Fahrzeug habe demnach seinen dauernden Standort in Österreich und sei somit nach § 82 Abs. 8 KFG im Inland zuzulassen.

Die Bw beantragt mit Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom 6. Juni 2006 die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und bringt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass gemäß § 40 Abs. 1 zweiter Satz KFG als dauernder Standort bei Kraftfahrzeugen jener Ort gelte, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfüge. Werde ein im Ausland zugelassenes Fahrzeug nicht in Österreich zugelassen, obwohl es kraftfahrrechtlich zugelassen werden müsse, werde ein "steuerbarer" Vorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 NoVAG verwirklicht. Hiebei sei aber zu beachten, wer bei einer erstmaligen fiktiven Zulassung als Abgabenschuldner in Betracht komme. Dies sei nach § 4 Abs. 2 NoVAG derjenige, für den das Fahrzeug zugelassen werde. Schuldner der NoVA sei somit derjenige, auf den das Fahrzeug im Ausland zugelassen worden sei, somit die G-GmbH. CD nutze das Fahrzeug zwar im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Bw, sei aber nicht dessen rechtmäßiger Besitzer. Das sei zweifelsfrei die G-GmbH. Die G-GmbH sei im Jahr 2002 aus einer Konkursmasse übernommen worden und es habe großer Anstrengungen und großen zeitlichen Aufwands bedurft, das desolate Unternehmen zum geschäftlichen Erfolg zu führen. Aus diesem Grund habe CD seit der Übernahme über mehrere Jahre hinweg ganze Wochen in Deutschland verbracht und sei nur über das Wochenende nach Österreich gefahren. Bemerkt werde noch, dass im Vorjahr die deutsche E-GmbH übernommen worden sei und sich das zeitliche Engagement von CD in Deutschland aus diesem Grund nicht verringert habe. Es werde ausdrücklich darauf verwiesen, dass sich das Fahrzeug nie über einen längeren Zeitraum nur im Inland befunden habe und somit die Fristen des KFG jedes Mal neu hätten zu laufen begonnen. Die Verrechnung der Fahrzeugkosten an die Bw erfolge aus dem Grund, dass in Deutschland für die Bw als Mutterunternehmen Geschäfte abgewickelt worden seien.

Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat im Juli 2007 zur Entscheidung vor.

Die Bw hat den Antrag auf mündliche Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurückgenommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Normverbrauchsabgabegesetz

§ 1. Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge:

3. Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, ausgenommen von Vorführkraftfahrzeugen, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder 2 eingetreten ist oder nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 Abs. 1 erfolgt ist. Als erstmalige Zulassung gilt auch die Zulassung eines Fahrzeuges, das bereits im Inland zugelassen war, aber nicht der Normverbrauchsabgabe unterlag oder befreit war sowie die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.

§ 4. Abgabenschuldner ist

2. im Falle der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z 3) derjenige, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird. Wird das Kraftfahrzeug für mehrere Personen zugelassen, so sind diese Gesamtschuldner (§ 6 Abs. 1 BAO).

Kraftfahrgesetz 1967

§ 82. ... (8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. ...

Wird ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen von einer Person mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland im Bundesgebiet verwendet, ist es als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung eines solchen Fahrzeuges ohne Zulassung ist nur während eines Monates ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Der Verwender kann den Gegenbeweis antreten, dass das Fahrzeug keinen dauernden Standort im Inland hat.

Die Zulassungsverpflichtung bei einem "Verwender" ohne den Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland würde sich nach § 79 KFG (mit seiner Jahresregel) richten (vgl. VwGH 21.5.1996, 95/11/0378).

Steuerschuldner der NoVA ist im Falle des § 1 Z 3 letzter Satz NoVAG - wie aus dieser Bestimmung in Verbindung mit § 4 Z 2 leg. cit. zu schließen ist - nur derjenige, auf den das Fahrzeug zuzulassen wäre, das ist der "Verwender" des Fahrzeuges.

Gemäß § 37 Abs. 2 KFG 1967 ist eine Zulassung von Fahrzeugen nur auf den rechtmäßigen Besitzer des Fahrzeuges oder auf den, der das Fahrzeug auf Grund eines Abzahlungsgeschäftes im Namen des rechtmäßigen Besitzers innehat, zulässig.

Die Bw muss daher die Eigenschaft als "rechtmäßiger Besitzer" des Fahrzeuges zukommen, um als Steuerschuldner der Normverbrauchsabgabe in Anspruch genommen werden zu können.

Das Finanzamt führt dazu im angefochtenen Bescheid aus, dass die Bw "zweifelsfrei" als "Verwender" im Sinnes des § 82 Abs. 8 KFG 1967 habe festgestellt werden können, weil "diese den Nutzen aus der Verwendung im Bundesgebiet seit 2003 zieht." In der Stellungnahme vom 16. November 2007 verweist das Finanzamt auf die "berechtigte Ausübung des von der G-GmbH eingeräumten Nutzungsrechts" und bezeichnet die Bw als "rechtmäßigen Besitzer" (des Fahrzeuges).

Die Bw bringt im Berufungsschreiben diesbezüglich vor, dass CD das Fahrzeug "im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer" der Bw nutze. Es erfolge einer Verrechnung der Fahrzeugkosten an die Bw. Die Bw bestreitet mit Schreiben ihres steuerlichen Vertreters vom 6. Dezember 2007 unter Hinweis auf die §§ 309 und 316 ABGB, dass die Bw der rechtmäßige Besitzer des Fahrzeuges sei. Es sei auch keine Miete (an die Bw) verrechnet worden, sondern nur ein am Aufwand orientiertes Nutzungsentgelt. Ein Leihvertrag liege auch nicht vor, weil wegen des Aufwandersatzes keine Unentgeltlichkeit vorliege.

Dem Kommentar von Novak zum Österreichischen Straßenverkehrsrecht (II. Teil: Kraftfahrrecht) ist zu § 37 Abs. 2 KFG 1967 folgendes zu entnehmen:

Der Antragsteller muss nicht Eigentümer, sondern nur rechtmäßiger Besitzer sein. Der Begriff des rechtmäßigen Besitzes richtet sich nach § 309 ABGB, wonach der Besitzer einer Sache derjenige Inhaber ist, der den Willen hat, sie als die seinige zu behalten, und nach § 316 ABGB, wonach der Besitz einer Sache rechtsmäßig ist, wenn er auf einem gültigen Titel beruht. Hiezu führen die EB folgendes aus: "Besitzer ist also idR der Eigentümer, der Kreditgeber, aber auch der Dieb oder derjenige, der glaubt, Eigentümer zu sein. Dagegen ist der Gebrauchsberechtigte, der Fruchtnießer, der Entlehner oder der Verwahrer nicht Besitzer. ...

Vor dem Sachverhaltshintergrund kann zwischen der Bw und dem Fahrzeug keine Verbindung hergestellt werden, die ihr die Eigenschaft als dessen "rechtmäßiger Besitzer" zukommen lassen würde.

Da die Bw somit vom Finanzamt zu Unrecht als Steuerschuldner in Anspruch genommen wurde, war der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Graz, am 4. April 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 4 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 37 Abs. 2 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967

Schlagworte:

Verwender, Steuerschuldner

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