UFS RV/0826-L/07

UFSRV/0826-L/0715.11.2007

Familienheimfahrten eines ausländischen Gastarbeiters nach Bosnien-Herzegowina als Werbungskosten.

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Weihburggasse 20, vom 23. Dezember 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom 22. November 2004 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2001 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabe betragen:

 

Bemessungsgrundlage

Abgabe

Jahr

Art

Höhe

Art

Höhe

2001

Einkommen

233.398,00 S

Einkommensteuer

39.423,38 S

   

- anrechenbare Lohnsteuer

-44.271,12 S

  

-4.847,74 S

ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift)

-352,32 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe sind dem als Anlage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber machte im Zuge seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2001 die Aufwendungen für regelmäßig bis zu seiner Pensionierung durchgeführte Heimfahrten zu seiner in Bosnien-Herzegowina lebenden Familie als Werbungskosten geltend. Beantragt wurden die Aufwendungen im Ausmaß des höchsten Pendlerpauschales. Das Finanzamt anerkannte die Aufwendungen nicht, eine dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 5.9.2006, RV/0879-L/06, als unbegründet abgewiesen.

Mit Erkenntnis vom 21.6.2007, Zl. 2006/15/0313, hob der Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. In der Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine ständige Rechtssprechung sinngemäß aus: Der Beschwerdeführer hätte im Verwaltungsverfahren darauf verwiesen, dass nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen ein Familiennachzug auf Grund der geringen Anzahl der jährlichen Quotenplätze mit jahrelangen Wartezeiten verbunden gewesen wäre, er hätte auch aufgezeigt, dass seine Frau am Familienwohnsitz für ihn eine Landwirtschaft bewirtschafte, die der gesamten Familie als Versorgungsbasis diene, und dass die Wohnsitzverlegung wirtschaftlich nicht zumutbar gewesen wäre, da es auf Grund der höheren Lebenshaltungskosten in Österreich wesentlich einfacher gewesen wäre, die Familie in Bosnien zu erhalten. Zu Unrecht hätte die belangte Behörde diese Umstände als für die Unzumutbarkeit als nicht ausreichend angesehen. Sie hätte dies im Wesentlichen daraus abgeleitet, dass der Beschwerdeführer bereits 35 Jahre in Österreich gearbeitet hat, bevor er 2001 in den Ruhestand getreten und nach Bosnien zurückgekehrt sei. Dass eine 30-jährige Dauer des Aufenthalts in Österreich der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung nicht entgegenstehe, habe der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis bereits im Erkenntnis vom 15.11.2005, 2005/14/0039, zum Ausdruck gebracht, da dies Familienheimfahrten der Jahre 1999 bis 2001 eines seit 1972 in Österreich berufstätigen Beschwerdeführer betraf. Fremdenrechtliche Regelungen oder die Bewirtschaftung einer Landwirtschaft seien Umstände, die auch langfristig einer Zumutbarkeit der Wohnsitzverlegung entgegen stehen können.

Nach den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen hat der Berufungswerber seine laufenden Familienheimfahrten mit dem eigenen Pkw zurückgelegt, nach den glaubhaften Ausführungen betrug die zurückgelegte Strecke in einer Richtung ca. 540 km. Wie weiters aus der Aktenlage hervorgeht, stand der Berufungswerber laut Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung bis 30. Juni des Berufungsjahres in einem Arbeitsverhältnis, ab 1. Juli wurde ihm die vorzeitige Alterspension zugesprochen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, so können Familienheimfahrten vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz unter bestimmten Voraussetzungen Werbungskosten sein, nämlich dann, wenn die Beibehaltung des Wohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Arbeitsort aus beruflichen Gründen erfolgt.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung (z.B. VwGH 15.11.2005, 2005/14/0039) festgestellt, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung und daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegt dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus. Im Übrigen ist die Frage, ob einem Arbeitnehmer zuzumuten ist, seinen Wohnsitz in den Nahebereich seiner Arbeitsstätte zu verlegen, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.

Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass dem Berufungswerber die Verlegung seines Familienwohnsitzes nach Österreich trotz langjähriger Dauer des Aufenthaltes nicht zumutbar war, dies insbesondere deshalb, da der Berufungswerber in Bosnien eine Landwirtschaft hat, die der Versorgung seiner Familie diene, und deren Aufgabe daher wirtschaftlich nicht zumutbar gewesen sei. Im Sinn dieser Ausführungen können Aufwendungen für die Familienheimfahrten als Werbungskosten berücksichtigt werden, zumal der Berufungswerber auch im Laufe des Berufungsjahres pensioniert wurde und wieder an seinen Familienwohnsitz zurückgezogen ist.

Zur Höhe der unter diesem Titel anzuerkennenden Aufwendungen ist zu bemerken: Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit.e EStG 1988 gehören zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung am Arbeitsort und Familienwohnsitz, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit.c angeführten Betrag übersteigen. Werbungskosten wegen Familienheimfahrten können daher nur bis zur Höhe dieses in der zitierten Gesetzesbestimmung angeführten höchsten "Pendlerpauschales" anerkannt werden.

Für das Jahr 2001 ist dieser Betrag mit 34.560 ATS jährlich (2.880 ATS monatlich) festgesetzt. Da der Berufungswerber seine Berufstätigkeit mit 30. Juni 2001 beendet hat, ist der im gegenständlichen Fall mögliche Höchstbetrag 17.280 ATS (6 x 2.880 ATS). Die Verwendung des eigenen Pkw für die Familienheimfahrten ist nach den vorgelegten Unterlagen glaubhaft. Auf Grund des Umstandes, dass die Fahrtkosten bei der Länge der zurückzulegenden Fahrstrecke unter Ansatz des amtlichen Kilometergeldes als Schätzungshilfe selbst bei nur einer Familienheimfahrt im Monat den möglichen Höchstbetrag übersteigen, kann eine Überprüfung der tatsächlichen Anzahl der Heimfahrten unterbleiben. Werbungskosten für Familienheimfahrten können daher im höchstmöglichen Ausmaß von 17.280 ATS anerkannt werden.

Die Neuberechnung der Arbeitnehmerveranlagung 2001 ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Linz, am 15. November 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Familienheimfahrten, berufliche Gründe

Verweise:

VwGH 21.06.2007, 2006/15/0313
VwGH 15.11.2005, 2005/14/0039

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