Vergebührung von Gleichschriften bei im Ausland beurkundetem Kreditvertrag
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1903/07 eingebracht. Mit. Erk. vom 26.2.2009 als verfassungswidrig aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/1097-W/09 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 1. Juli 2005, St. Nr. XY, betreffend Gebühren nach der am 23. Juli 2007 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2004, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am 22. Oktober 2004 zeigte die Berufungswerberin (Bw.) einen Darlehensvertrag zwischen der E. und der B.. in Höhe von EUR 65,000.000,00 zur Vergebührung an. Eine Kopie des Darlehensvertrages wurde beigelegt.
Seitens der Bw. wurde darauf hingewiesen, dass die entsprechende Urkunde (Darlehensvertrag) im Original im Inland aufliege und das Darlehen einmal ausnützbar sei.
Im Zuge eines seitens des Finanzamtes eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde dem Finanzamt weiters mitgeteilt, dass der Vertrag mit Datum 22. Juni 2004 unterzeichnet wurde und dass gemäß Vertragspunkt 12.4 drei Originalverträge vorliegen, wobei laut Rücksprache mit der E. sich 2 Originalverträge in Luxemburg und 1 Originalvertrag im Inland befänden.
Mit insgesamt 2 Bescheiden setzte das Finanzamt der Bw. gegenüber für dieses als Kreditvertrag gewertete Rechtsgeschäft eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 in Höhe von € 520.000,00 (d.s. 0,8 % der Kreditsumme von € 65,000.000,00) sowie gemäß § 25 GebG die Gebühr für 2 Gleichschriften fest.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung hielt die Bw. eingangs fest, dass die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG in Höhe von € 520.000,00 mit 0,8 % der Kreditsumme von € 65,000.000,00 ordnungsgemäß festgesetzt worden sei.
Nach Ansicht der Bw. sei jedoch die mit dem zweiten Bescheid erlassene Gebühr für 2 Gleichschriften unrechtmäßig. Begründend führte die Bw. dazu aus, dass sie mit Schreiben vom 19. 10. 2004 den Vertragsabschluss zwecks Vergebührung dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien bekannt gegeben und eine Kopie des Vertrages beigelegt hätte. Gleichzeitig hätte sie darauf hingewiesen, dass nur eine Gleichschrift ins Inland verbracht worden sei.
Da die Vergebührung und die Anzeige der einen, im Inland vorhandenen Gleichschrift ordnungsgemäß vorgenommen worden sei und eine Vorlage der im Ausland befindlichen Gleichschriften an das Finanzamt denkunmöglich stattfinden könne, beantragte die Bw. die Aufhebung der Festsetzung der Gebühren für die zwei Gleichschriften in Höhe von insgesamt € 1,040.000,00.
Ergänzend wurde seitens der Bw. darauf hingewiesen, dass die gemäß dem bekämpften Bescheid erfolgte Rechtsauslegung zu einer offensichtlichen Diskriminierung ausländischer Kreditverträge führen würde, da die ausländischen Vertragspartner ihre Gleichschriften regelmäßig nicht in das Inland verbringen würden und daher zwangsläufig eine Vergebührung der Gleichschriften erfolgen müsste.
In der am 23. Juli 2007 abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass im Berufungsfall in Frage gestellt werden müsste, inwieweit der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 33 TP 19 Abs. 2a Gebg iVm § 33 TP 8 Abs. 3a GebG eine Gleichstellung von Inlands- und Auslandssachverhalten erwirken wollte. Entweder die Vergebührung des Rechtsgeschäftes an sich, oder eine Geltung sämtlicher Vorschriften des Gebührengesetzes. Durch Anwendung des § 25 leg.cit. komme es zu einer Gleichbehandlung von ungleichen Sachverhalten, da es der Bw. faktisch unmöglich sei, die Gleichschriften im Inland vorzulegen.
Daher komme es zu folgenden verfassungsrechtlichen Bedenken:
- Verstoß gegen Art. 7 BVG: Gesetze haben jederzeit sachgerecht zu sein.
- Keine Differenzierung bei den Rechtsfolgen hinsichtlich der Höhe des Kreditbetrages
- Keine Differenzierung zwischen Inlands- und Auslandssachverhalt
- Ungleiche Sachverhalte werden daher willkürlich gleich behandelt
- Verstoß gegen Art. 5 StGG: Exzessive Vermögensbesteuerung im Vergleich der sonstigen Bestimmungen des allgemeinen Steuerrechtes (2 % Säumniszuschlag 10 % Verspätungszuschlag) kein Abstellen auf Verschulden bzw. sonstige sachliche Differenzierungen im Zusammenhang mit dem Auslandssachverhalt und der Höhe des Kredites.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht gemäß § 16 Abs. 2 Z 2a GebG die Gebührenschuld u.a., wenn die Urkunde (beglaubigte Abschrift) in das Inland gebracht wird und ein Partei im Inland zu einer Leistung auf Grund des Rechtsgeschäftes berechtigt oder verpflichtet ist, im Zeitpunkt der Einbringung der Urkunde in das Inland.
Wird über einen Kreditvertrag eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht gemäß § 33 TP 8 Abs. 3a GebG die Gebührenschuld - abweichend von § 16 Abs. 2 Z 1 GebG - in den für im Inland errichtete Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt, wenn mindestens eine Partei des Darlehensvertrages im Inland einen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt), ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz hat oder eine inländische Betriebsstätte unterhält und eine Partei im Inland zu einer Leistung auf Grund des Darlehensvertrages berechtigt oder verpflichtet ist; wenn jedoch dieses Erfordernis erst im Zeitpunkt der Errichtung eines Zusatzes oder Nachtrages erfüllt ist, in diesem Zeitpunkt.
Wird über einen Kreditvertrag eine Urkunde im Ausland errichtet, so ist gemäß § 33 TP 19 Abs. 2a GebG die Bestimmung des § 33 TP 8 Abs. 3a GebG sinngemäß anzuwenden.
Unbestritten ist im Berufungsfall, dass alle Voraussetzungen des § 33 TP 19 Abs. 2a GebG iVm § 33 TP 8 Abs. 3a GebG vorliegen, da die Bw. ihren Sitz in Österreich hat und sich die Vertragspartnerin der Bw. verpflichtet hat, den Kreditbetrag auf das Konto der Bw. bei der Raiffeisen Landesbank Wien-Niederösterreich auszubezahlen. Somit ist die Gebührenschuld entsprechend der allgemeinen Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG mit der Unterzeichnung der Urkunde durch beide Vertragspartner entstanden. Da auf der Vertragsurkunde das Unterzeichnungsdatum ausdrücklich angeführt ist, war davon auszugehen, dass an diesem Tag, dem 22. Juni 2004, die Gebührenschuld entstanden ist.
Werden über ein Rechtsgeschäft mehrere Urkunden errichtet, so unterliegt gemäß § 25 Abs. 1 GebG jede dieser Urkunden den Hundertsatzgebühren.
Werden von einer Urkunde Gleichschriften (Duplikate, Triplikate usw.) ausgefertigt, so ist gemäß § 25 Abs. 2 leg.cit. die Hundertsatzgebühr auf Grund jener Gleichschriften nur einmal zu entrichten, die dem Finanzamt bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Gebührenschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats vorgelegt werden. Das Finanzamt hat auf allen Gleichschriften zu bestätigen, dass die betreffende Schrift eine Gleichschrift ist und die Gebührenanzeige erstattet wurde.
Mit Schreiben vom 23. 06. 2005 hat die Bw. in Beantwortung einer Anfrage seitens des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien unbestrittener Weise festgehalten, dass gemäß Vertragspunkt 12.4 drei Originalverträge vorliegen. Nach Rücksprache mit der Kreditgeberin, der Europäischen Investitionsbank, würden sich 2 Originalverträge in Luxemburg und 1 Originalvertrag im Inland befinden.
Strittig ist nunmehr die Frage, ob auch für die in Luxemburg verbliebenen Gleichschriften im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Urkunden eine Gebührenschuld entstanden ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9.11.2000, 2000/16/0310 (noch zur alten Frist ergangen) ausgesprochen hat, hängt die Frage, ob die Hundertsatzgebühr für eine Gleichschrift zu entrichten ist oder nicht, allein davon ab, ob die betreffende Gleichschrift innerhalb eines Monates nach dem Entstehen der Gebührenschuld vorgelegt worden ist oder nicht; nur die Einhaltung dieser Frist sei wesentlich. Die Anordnung der Gebührenpflicht für Gleichschriften stelle auch keine pönale Konsequenz für nicht rechtzeitig vorgelegte Gleichschriften dar, sondern sei vielmehr eine der Ordnung dienende, sachlich begründete Maßnahme.
Die Gebührenschuld für den berufungsgegenständlichen Vertrag ist mit der Unterzeichnung der darüber errichteten Urkunden entstanden. Die in Luxemburg verbliebenen Gleichschriften wurden dem Finanzamt bisher gar nicht (und daher jedenfalls nicht innerhalb der in § 25 Abs. 2 GebG genannten Frist) angezeigt, sodass die Rechtsfolge des § 25 Abs. 1 GebG zum Tragen kommt und jede Urkunde für sich der Hundertsatzgebühr unterliegt.
Zum Einwand der Bw., dass, da in § 33 TP 8 Abs. 3a GebG der Gesetzgeber explizit nur auf § 16 Abs. 2 Z 1 GebG und nicht allgemein auf Abs. 2 verweise, der Gesetzgeber offenbar die Geltung von Z 2 unberührt belassen wollte, wonach für die Gebührenpflicht die Urkunde in das Inland zu gelangen hat, und das Finanzamt somit unzulässigerweise einen Zusammenhang mit § 25 GebG hergestellt habe, ist zu sagen:
Wie bereits ausgeführt, entsteht gemäß § 33 TP 19 Abs. 2a GebG iVm § 33 TP 8 Abs. 3a GebG die Gebührenschuld bei einer im Ausland errichteten Urkunde betreffend einen Kreditvertrag unter den o.a. bestimmten Voraussetzungen in dem für im Inland errichtete Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt und daher auch dann, wenn die Urkunden im Ausland verbleiben. Auf § 16 Abs. 2 Z. 1 GebG wurde vom Gesetzgeber deshalb verwiesen, da in § 33 TP 8 Abs. 3a GebG abweichend zur Ziffer 1 Voraussetzungen zum Entstehen der Gebührenschuld normiert werden:
§ 16 Abs. 2: "Wird über ein Rechtsgeschäft eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht die Gebührenschuld Z 1. wenn die Parteien des Rechtsgeschäftes im Inland einen Wohnsitz ....unterhalten und a) das Rechtsgeschäft eine im Inland befindliche Sache betrifft oder b) eine Partei im Inland zu einer Leistung auf Grund des Rechtsgeschäftes berechtigt oder verpflichtet ist, in dem für im Inland errichtete Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt" bzw.
§ 33 TP 18 Abs. 3a GebG: "Wird über einen Darlehensvertrag eine Urkunde im Ausland errichtet, so entsteht die Gebührenschuld - abweichend von § 16 Abs. 2 Z 1 - in den für im Inland errichtete Urkunden maßgeblichen Zeitpunkt, wenn mindestens eine Partei des Darlehensvertrages im Inland einen Wohnsitz ..... unterhält und eine Partei im Inland zu einer Leistung auf Grund des Darlehensvertrages berechtigt oder verpflichtet ist.
Dagegen entsteht bei Erfüllung der Erfordernisse gemäß § 16 Abs. 2 Z 2 GebG die Gebührenschuld unabhängig von den Beteiligten und ihres Wohnsitzes im Inland bei Verbringung der Urkunde ins Inland, wenn die Voraussetzungen von lit a) oder lit b) vorliegen.
Bezüglich der von der Bw. in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken ist zu sagen, dass gemäß Art. 18 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Der Unabhängige Finanzsenat ist als Verwaltungsbehörde bei der Vollziehung an die geltenden Gesetze gebunden. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Ebenso steht die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung dem Unabhängigen Finanzsenat nicht zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines "Gesetzesprüfungsverfahrens" vorbehalten.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 10. September 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 33 TP 19 Abs. 2a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte: | Kreditvertrag, Gebührenschuld, Urkunde verbleibt im Ausland, Gleichschrift |
Verweise: |