UFS RV/1097-W/09

UFSRV/1097-W/095.5.2009

Gleichschriftengebühr - fortgesetztes Verfahren

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der B.I.., W., vertreten durch A.R., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 1. Juli 2005 betreffend Rechtsgebühr entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2004, beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien eingelangt am 22. Oktober 2004 zeigte die B.I., die Berufungswerberin, einen Darlehensvertrag zwischen der E. und der Berufungswerberin in Höhe von € 65,000.000,00 zur Vergebührung an. Eine Kopie des Darlehensvertrages wurde beigelegt.

Seitens der Berufungswerberin wurde darauf hingewiesen, dass die entsprechende Urkunde (Darlehensvertrag) im Original im Inland aufliege und das Darlehen einmal ausnützbar sei.

Im Zuge eines seitens des Finanzamtes eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde dem Finanzamt weiters mitgeteilt, dass der Vertrag mit Datum 22. Juni 2004 unterzeichnet wurde und dass gemäß Vertragspunkt 12.4 drei Originalverträge vorliegen, wobei laut Rücksprache mit der E. sich 2 Originalverträge in Luxemburg und 1 Originalvertrag im Inland befänden.

Mit insgesamt 2 Bescheiden setzte das Finanzamt der Berufungswerberin gegenüber für dieses als Kreditvertrag gewertete Rechtsgeschäft eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 in Höhe von € 520.000,00 (d.s. 0,8 % der Kreditsumme von € 65,000.000,00) sowie gemäß § 25 GebG die Gebühr für 2 Gleichschriften fest.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung hielt die Berufungswerberin eingangs fest, dass die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG in Höhe von € 520.000,00 mit 0,8 % der Kreditsumme von € 65,000.000,00 ordnungsgemäß festgesetzt worden sei.

Nach Ansicht der Bw. sei jedoch die mit dem zweiten Bescheid erlassene Gebühr für 2 Gleichschriften unrechtmäßig. Begründend führte die Berufungswerberin dazu aus, dass sie mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 den Vertragsabschluss zwecks Vergebührung dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien bekannt gegeben und eine Kopie des Vertrages beigelegt hätte. Gleichzeitig hätte sie darauf hingewiesen, dass nur eine Gleichschrift ins Inland verbracht worden sei.

Da die Vergebührung und die Anzeige der einen, im Inland vorhandenen Gleichschrift ordnungsgemäß vorgenommen worden sei und eine Vorlage der im Ausland befindlichen Gleichschriften an das Finanzamt denkunmöglich stattfinden könne, beantragte die Berufungswerberin die Aufhebung der Festsetzung der Gebühren für die zwei Gleichschriften in Höhe von insgesamt € 1,040.000,00.

Ergänzend wurde seitens der Berufungswerberin darauf hingewiesen, dass die gemäß dem bekämpften Bescheid erfolgte Rechtsauslegung zu einer offensichtlichen Diskriminierung ausländischer Kreditverträge führen würde, da die ausländischen Vertragspartner ihre Gleichschriften regelmäßig nicht in das Inland verbringen würden und daher zwangsläufig eine Vergebührung der Gleichschriften erfolgen müsste.

In der am 23. Juli 2007 abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass im Berufungsfall in Frage gestellt werden müsste, inwieweit der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 33 TP 19 Abs. 2a GebG iVm § 33 TP 8 Abs. 3a GebG eine Gleichstellung von Inlands- und Auslandssachverhalten erwirken wollte. Entweder die Vergebührung des Rechtsgeschäftes an sich, oder eine Geltung sämtlicher Vorschriften des Gebührengesetzes. Durch Anwendung des § 25 leg.cit. komme es zu einer Gleichbehandlung von ungleichen Sachverhalten, da es der Berufungswerberin faktisch unmöglich sei, die Gleichschriften im Inland vorzulegen.

Daher komme es zu folgenden verfassungsrechtlichen Bedenken:

Verstoß gegen Art. 7 B-VG: Gesetze haben jederzeit sachgerecht zu sein.

Keine Differenzierung bei den Rechtsfolgen hinsichtlich der Höhe des Kreditbetrages

Keine Differenzierung zwischen Inlands- und Auslandssachverhalt

Ungleiche Sachverhalte werden daher willkürlich gleich behandelt

Verstoß gegen Art. 5 StGG: Exzessive Vermögensbesteuerung im Vergleich der sonstigen Bestimmungen des allgemeinen Steuerrechtes (2 % Säumniszuschlag 10 % Verspätungszuschlag) kein Abstellen auf Verschulden bzw. sonstige sachliche Differenzierungen im Zusammenhang mit dem Auslandssachverhalt und der Höhe des Kredites.

Diese Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom 10. September 2007 als unbegründet abgewiesen. Gegen diese Erledigung wurde am 8. Oktober 2007 beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde eingebracht. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 25 GebG idF BGBl. I 84/2002 ein. Mit Erkenntnis vom 26. Februar 2009, G 158/08, hob er die genannte Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf. Mit Erkenntnis vom 6. März 2009, B 1903/07, wurde vom Verfassungsgerichtshof die Erledigung des Unabhängigen Finanzsenates aufgehoben.

Über die Berufung wurde erwogen:

In seinem Erkenntnis vom 6. März 2009, B 1903/07, hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:

"III. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (vgl. zB VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben."

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 5. Mai 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 25 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

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