Einleitung gegen den faktischen Geschäftsführer
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0228 eingebracht. Mit Erk. v. 28.11.2007 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, JG, in der Finanzstrafsache gegen Herrn SZ, vertreten durch Herrn RS, über die Beschwerde des Beschuldigten vom 5. Jänner 2005 gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Finanzamtes Baden Mödling vom 2. Dezember 2004, SN 2004/00227-001,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Aus Anlass der Beschwerde wird der Spruch des angefochtenen Bescheides insoweit ergänzt, als unter Punkt I. 1.) und Punkt II. 2.) jeweils nach dem zuletzt angeführten strafbestimmenden Wertbetrag das Wort "bewirkt" eingefügt wird und unter Punkt I. 3.) anstelle der Wortfolge "zu verkürzen versucht" die Wortfolge "zu bewirken versucht" tritt.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 2. Dezember 2004 hat das Finanzamt Baden Mödling als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 2004/00227-001 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Baden Mödling vorsätzlich als faktischer Geschäftsführer der Fa. A-GmbH, St. Nr. x
1.) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichtentrichtung von Abgaben, die selbst zu berechnen sind, eine Verkürzung von Straßenverkehrsabgabe für 1-12/2000 iHv € 3.695,41 und 1-06/2002 iHv € 12.588,00 (bewirkt)
2.) durch teilweise Nichtentrichtung von Abgaben, die selbst zu berechnen sind, eine Verkürzung von Kraftfahrzeugsteuer für 1-12/2001 iHv € 4.141,55 und 1-06/2002 iHv € 15.152,00 (bewirkt)
3.) durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung 2001 eine Verkürzung von Umsatzsteuer für 2001iHv € 36.000,11 zu verkürzen versucht (richtig: zu bewirken versucht) und hiemit Finanzvergehen nach § 33(1), tw. iVm § 13 FinStrG begangen hat.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom 5. Jänner 2005, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der bekämpfte Bescheid wegen unzureichender Begründung rechtswidrig sei bzw. gegen den Bf. kein Verdacht einer finanzstrafrechtlich strafbaren Handlung vorliege. Insbesondere enthalte der Bescheid keine Begründung, warum es sich beim Bf. um den faktischen Geschäftsführer der Fa. A-GmbH handeln solle. Zu den Fakten I (Einleitungsbescheid) 1.) und 2.) werde der Verdacht lediglich mit den Feststellungen bei der Betriebsprüfung begründet und lasse die Begründung in diesem Punkt offen, auf welche Feststellungen sie sich beziehe. Insbesondere werde zusätzlich darauf hingewiesen, dass der Prüfungsbericht gemäß § 150 BAO zu Tz. 11 als Geschäftsführerin Frau MS anführe und es daher keine Feststellungen hinsichtlich eines Finanzvergehens des Bf. geben könne.
Weiters wird zu Faktum II (Verständigung von der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, was nicht Gegenstand dieser Beschwerdeentscheidung ist) ausgeführt, dass es desgleichen an jeglicher Begründung mangle, zumal in Pkt. II. 2 angeführt werde, dass es sich um eine Verständigung gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG handle.
Die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe es daher insgesamt unterlassen, aufgrund der bestehenden Begründungspflicht auf der Basis konkreter Lebenssachverhalte einen relevanten Verdacht für die Begehung eines Finanzvergehens sachlich und rechtlich nachvollziehbar darzulegen. In Wirklichkeit gäbe es keinen solchen Verdacht, da der Bf.- nicht faktischer Geschäftsführer der Firma A-GmbH gewesen sei. Es werde daher beantragt, der Beschwerde stattzugeben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das eingeleitete Finanzstrafverfahren - insbesondere mangels genügender Verdachtsgründe - einzustellen.
Über den weiteren Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, hat das Finanzamt als hiezu zuständige Behörde bereits mit Bescheid vom 11. März 2005 abgesprochen.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
MS war Geschäftsführerin der A-GmbH, wobei mit Edikt vom 18. Juli 2002 über das Vermögen der GesmbH beim LG Wiener Neustadt Konkurs angemeldet wurde.
Im Jahre 2003 fand bei der A-GmbH eine abgabenbehördliche Prüfung statt, bei welcher Folgendes festgestellt wurde: Anhand der im Betrieb befindlichen Lastkraftfahrzeuge wurden die Kraftfahrzeugsteuer sowie die Straßenbenützungsabgabe von der Betriebsprüfung festgesetzt. Es ergab sich dabei für das Jahr 2000 eine Nachforderung an Straßenbenützungsabgabe in Höhe von € 3.695,41 und für das Jahr 2002 in Höhe von € 12.588,00. Weiters wurde festgestellt, dass die Kraftfahrzeugsteuer nicht in der richtigen Höhe angezeigt und bezahlt wurde, und zwar für das Jahr 2001 in Höhe von € 4.141,55 und für das Jahr 2002 in Höhe von € 15.152,00. Im Jahr 2001 wurde die Umsatzsteuererklärung nicht eingereicht und die Steuerbemessungsgrundlage im Schätzungswege festgelegt. Aufgrund dieser Feststellungen wurde zunächst gegen die Geschäftsführerin MS ein Finanzstrafverfahren eingeleitet und in der Folge die Akten dem Spruchsenat zur Entscheidung vorgelegt. Mit Erkenntnis des Spruchsenats vom 2. Dezember 2004 wurde das Finanzstrafverfahren gegen MS eingestellt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass MS nur formell Geschäftsführerin der GmbH war und der tatsächliche Verantwortliche jedoch ihr Gatte, der Bf. SZ, sei. Diese Feststellung gründet sich auf die Beweisaufnahme durch die einvernommenen Zeugen CB, IE und DF sowie die Verantwortung der Beschuldigten MS.
CB, die Masseverwalterin der A-GmbH, gab an, dass zwar MS formell Geschäftsführerin der GmbH gewesen sei, die tatsächliche Leitung aber bei dem nur als Arbeiter gemeldeten Bf. gelegen sein dürfte. Ebenso gab IE, welche im Tatzeitraum Steuerberaterin der GmbH war, zu Protokoll, dass die Kontakte zur GmbH zu 90% Prozent über den Bf. erfolgten. DF, welche im Tatzeitraum als kaufmännische Angestellte mit dem Bf. im Büro arbeitete, gab an, dass für die abgabenbehördlichen Belange der Bf. zuständig gewesen sei.
Lediglich der Bf., welcher ausdrücklich auf sein Entschlagungsrecht verzichtet hat, hat dies bestritten und zu Protokoll gegeben, dass sowohl seine Frau als auch er am Firmenkonto zeichnungsberechtigt waren und beide in der Firma gearbeitet und jeder alles gemacht habe, jedoch für die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der Abgaben seine Frau zuständig gewesen wäre.
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr zukommenden Mitteilungen und Verständigungen daraufhin zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie z.B. aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren einzuleiten. Gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ist die Einleitung des Strafverfahrens aktenkundig zu machen und der Verdächtige von der Einleitung unter Bekanntgabe der ihm zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung zu verständigen (§ 83 Abs. 2 FinStrG).
Hinsichtlich des Begriffes Verdacht hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass ein Verdacht nur aufgrund von Schlussfolgerungen aus Tatsachen entstehen kann. Ein Verdacht bestehe sohin, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (VwGH 25.5.1992, 92/15/0061).
Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenso bereits ausgesprochen hat, pflegen Berichte über abgabenbehördliche Prüfungen solche Wahrnehmungen der Prüfungsorgane über Sachverhalte und Vorgangsweisen des Steuerpflichtigen zu enthalten, aus denen sich im Einzelfall durchaus ableiten lassen kann, dass Grund zur Annahme besteht, der Steuerpflichtige habe seine abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten mit dem Ergebnis einer Verkürzung der von ihm geschuldeten Abgaben in einer Weise verletzt, die nach den Umständen des Falles die Möglichkeit nahe legen müsse, dass er diese Verletzung seiner Pflichten mit der daraus resultierenden Abgabenverkürzung habe ernstlich für möglich halten und sich mit ihr abfinden müssen (siehe hiezu VwGH 19.2.1997, 96/13/0094).
Nach dem durchgeführten Beweisverfahren vor dem Spruchsenat gegen die formelle Geschäftsführerin war der Bf. im Tatzeitraum faktischer Geschäftsführer der GmbH und für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften verantwortlich.
Die Einleitung gründet sich auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im Bericht vom 29. Oktober 2003, wonach die Besteuerungsgrundlagen in Ermangelung von Jahresabschlüssen an Hand der vorgelegten Unterlagen von der Betriebsprüfung im Schätzungswege festgelegt werden musste. Insbesondere wurden die vorhandenen Ausgangs- und Eingangsrechnungen herangezogen. In jenen (wenigen) Monaten, für welche keine greifbaren Unterlagen vorhanden waren, wurde die Schätzung in Anlehnung an die übrigen Monate durchgeführt. Des Weiteren wurde an Hand der im Betrieb befindlichen Lastkraftfahrzeuge die Kraftfahrzeugsteuer sowie die Straßenbenützungsabgabe von der Betriebsprüfung festgesetzt, da die Kraftfahrzeugsteuer nicht in der richtigen Höhe angezeigt und bezahlt wurde. Mit Schreiben vom 14. April 2004 durch die steuerliche Vertretung der GesmbH wurde auf die Bezahlung der Straßenverkehrsabgabe im Jahr 2000 und 2001 hingewiesen und deshalb diese Beträge seitens der Finanzstrafbehörde erster Instanz bereits in der seinerzeitigen Anzeige betreffend die formelle Geschäftsführerin richtiggestellt.
In objektiver Hinsicht kann daher ohne weiteres auf diese grundsätzlichen Feststellungen der Betriebsprüfung zu verwiesen werden. In subjektiver Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Bf. es zumindest ernstlich für möglich gehalten hat, dass durch die Nicht- bzw. teilweise Nichtentrichtung der selbstzuberechnenden Abgaben sowie durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 2001 Abgaben verkürzt bzw. zu verkürzen versucht wurden.
Die Feststellungen des im Beschwerdefall vorliegenden Prüfungsberichtes im Zusammenhang mit der Aussage der im Zuge des Strafverfahrens gegen die im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführerin, dass der Betrieb vom nunmehrigen Bf. geführt worden sei, welche durch die Einvernahme von den oben angeführten drei Zeugen bestätigt wurde, reichen daher nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde entgegen der vom Bf. vorgetragenen Auffassung zur Rechtfertigung des im Einleitungsbescheid formulierten Tatverdachtes gegen den Bf. aus. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Bf. selbst angegeben hat, dass er auf dem Firmenkonto zeichnungsberechtigt gewesen ist.
Hinsichtlich des Einwandes des Bf. "Zu dem Faktum II. fehlt überhaupt jegliche Begründung, obwohl in Pkt. II. 2. ausgeführt wird, dass es sich um eine Verständigung gem. § 83 Abs. 2 FinStrG handelt" ist auszuführen, dass es sich nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde diesbezüglich anscheinend um eine irrtümliche Angabe dieser Bestimmung unter Pkt. II. handelt, zumal Pkt. II. ausdrücklich als Überschrift "Verständigung" anführt. Auf das Vorbringen, zu diesem Faktum II (Verständigung über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen Verdachtes der Begehung eines Finanzvergehens nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG) fehle überhaupt jegliche Begründung, war nicht näher einzugehen, da die förmliche Einleitung des Strafverfahrens nur im Zusammenhang mit eingeleiteten Finanzstrafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen mit Ausnahme von Finanzordnungswidrigkeiten für das gegenständliche Rechtsmittelverfahren von Bedeutung ist.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass auf Grund der vorliegenden Beschwerde es nicht darum geht, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich zu überprüfen ist, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind bzw. ob die bisher der Finanzstrafbehörde bekannt gewordenen Umstände für einen Verdacht ausreichen oder nicht. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass anlässlich der Einleitung des Finanzstrafverfahrens keine endgültigen Lösungen, sondern nur Entscheidungen im Verdachtsbereich zu treffen sind. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Verdächtige dieses Vergehen tatsächlich und in welchem Umfang begangen hat, bleibt dem Ergebnis des nachfolgenden Untersuchungsverfahrens vorbehalten (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 18.1.1994, Zlen 93/14/0020, 0060,0061; vom 26.4.1993, Zl. 92/15/0140; vom 20.1.1993, Zl. /13/0275, u. a.). Dabei ist die Finanzstrafbehörde verpflichtet, entsprechend den Vorschriften nach den §§ 114 und 115 FinStrG über das Untersuchungsverfahren, den wahren Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, seine Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen und hat gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 16. Mai 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte: | Faktischer Geschäftsführer, Schätzung, Zeugen |