UFS RV/1948-W/03

UFSRV/1948-W/0330.4.2007

Übergabe von Betriebsvermögen?

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat am 26. April 2007 durch die Vorsitzende Dr. Hedwig Bavenek-Weber und die weiteren Mitglieder ADir. Leopold Stetter, Mag. (FH) Roland Pichler und Dkfm. Dr. Peter Bernert über die Berufung des Herrn W.H., S., vertreten durch P.S., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 8. Februar 2002 betreffend Schenkungssteuer nach der am 26. April 2007 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit notariellem Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 24. Dezember 2001 wurden von Herrn R.H. und Frau A.H. die diesen je zur Hälfte gehörigen Liegenschaften EZ 1 an Herrn W.H., dem Berufungswerber, übergeben. Neben diesen Liegenschaftsanteilen wurde von Herrn R.H. auch noch dessen Kraftfahrzeugbetrieb an den Berufungswerber übertragen. In diesem Vertrag hat Frau A.H. anerkannt und bestätigt, dass ihre Liegenschaftshälften, soweit sie betrieblichen Zwecken des Kraftfahrzeugbetriebes dienen, im wirtschaftlichen Eigentum des Herrn R.H. stehen.

Neben der Übernahme der betrieblichen Passiva haben sich die Übergeber noch verschiedene Rechte vorbehalten, welche mit einem jährlichen Wert von S 87.000,-- (entspricht € 6.322,54) einbekannt wurden. Auf Grund der zum Zeitpunkt der Übergabe geltenden Bestimmungen des Bewertungsgesetzes ergibt sich hinsichtlich dieser Wohn- und Ausgedingsrechte der Übergeber eine kapitalisierte Gegenleistung in Höhe von S 783.000,-- (entspricht € 56.902,83). Die Einheitswerte der übertragenen Liegenschaften betragen S 1,246.000,-- (entspricht € 90.550,35), S 176.000,-- (entspricht € 12.790,42) und S 89.000,-- (entspricht € 6.467,88). Die Übergabe des Kraftfahrzeugbetriebes erfolgte mit allen Aktiva und Passiva zum Stichtag 31. Dezember 2001. Laut vorgelegter Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens stehen den Besitzposten in der Höhe von S 5,463.768,-- Schuldposten in der Höhe von S 4,282.309,57 gegenüber.

Für den Erwerb von Herrn R.H. wurde dem Berufungswerber vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Bescheid vom 8. Februar 2002 die Grunderwerbsteuer mit S 34.066,-- (entspricht € 2.475,67) vorgeschrieben. Auf Grund des § 15a ErbStG kam es bei diesem Erwerbsvorgang zu keiner Vorschreibung einer Schenkungssteuer.

Für den Erwerb von Frau A.H. wurde dem Berufungswerber vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien neben der mit Bescheid vom 8. Februar 2002 vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 7.830,-- (entspricht € 569,03) mit einem weiteren Bescheid ebenfalls vom 8. Februar 2002 noch eine Schenkungssteuer in der Höhe von S 166.650,-- (entspricht € 12.110,93) vorgeschrieben. Für diesen Erwerbsvorgang wurde keine Befreiung nach § 15a ErbStG gewährt.

In der gegen den zuletzt genannten Schenkungssteuerbescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht:

"Sachverhalt:

Per Übergabevertrag des Einzelunternehmens R.H.wurden die im wirtschaftlichen Eigentum des Betriebes stehenden Betriebsgebäude mitübergeben. Die Hälfte der Betriebsgebäude steht im zivilrechtlichen Eigentum von A.H. (Gattin von R.H.).

Für die anteilige Übertragung von A.H. wurde seitens des Finanzamtes Schenkungssteuer festgelegt bzw. wurde von der Nichtanwendung des § 15 a ErbStG ausgegangen.

Berufungsgrund:

Gem. § 15 a ErbStG sind Schenkungen unter Lebenden von inländischen Betrieben, sofern der Geschenkgeber das 55. Lebensjahr vollendet hat, bis zu einem Freibetrag in Höhe von 5 Mio öS nicht steuerpflichtig.

In den EB zur Regierungsvorlage ist erwähnt, dass durch diese Bestimmungen der unentgeltliche Erwerb von Betriebsvermögen steuerlich begünstigt werden soll.

Erbschaftssteuerlich sind Wirtschaftsgüter nach der Verwaltungspraxis dem Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn ertragsteuerlich notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen gegeben ist (siehe: vgl BMF 4.1.1999, SWI 1999,99 = EAS 1.393, sowie zur vergleichbaren deutschen Rechtslage dBMF 17.6.1997, BStBl I 1997, 673).

Damit ist es unstrittig, dass die ertragsteuerliche Definition von Betrieb und Betriebsvermögen für die Anwendung des § 15 a ErbStG maßgeblich ist (siehe: Fraberger, Unternehmen steueroptimal schenken und vererben, S. 58).

Der im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehende Gebäudeteil ist insoweit (=als wirtschaftliches Eigentum) dem anderen zuzurechnen, als dieser auf eigene Kosten umfangreiche Investitionen durchführt und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlen (siehe ESt-RL 2000 Rz 131).

Die im zivilrechtlichen Hälfteeigentum stehenden Gebäudeteile von A.H. waren seit rd. 20 Jahren Betriebsvermögen (=wirtschaftliches Eigentum, aufgrund ESt-RL 2000, Rz 131) des Betriebes von R.H. (=H.).

Im vorliegenden Fall ist der Hälfteanteil von A.H. zur Gänze dem von W.H. unentgeltlich erworbenen Betrieb zuzurechnen.

Wir beantragen daher, den Betriebswerb zur Gänze als "§ 15 a-Erwerb" zu betrachten und damit auch das zur Gänze im Betriebsvermögen befindliche Gebäude (im zivilrechtlichen Hälfteeigentum der beiden Ehegatten) im Freibetrag von 5 Mio S zu berücksichtigen."

Vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien wurde diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 30. Oktober 2003 als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung wie folgt:

"Nach § 15 a Abs. 2 Z. 1 ErbStG zählen zum begünstigungsfähigen Vermögen inländische Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 des EstG 1988, in der jeweils geltenden Fassung, dienen. Dass diese Einkünfte zum Zeitpunkt der Übergabe die Übergeber beziehen müssen, ergibt sich im Zusammenhang mit dem Absatz 1 des § 15 a ErbStG.

§ 15 a ErbStG bezieht sich bei der Definition des Betriebes ausdrücklich auf das Einkommensteuergesetz, daher müssen bei der Übergabe eines Gewerbebetriebes die Einkünfte des Übergebers unter die Einkunftsart Gewerbebetrieb fallen.

Die Übergeber waren je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der übergebenen Liegenschaften. Die Betriebsübergabe des Kraftfahrzeugbetriebes erfolgte vom Vater an den Sohn (Betrieb und Hälfte der Liegenschaften).

Die Übertragung der betrieblich genutzten Liegenschaften, die zur Hälfte im zivilrechtlichen Eigentum der Übergeberin stehen, stellt keine Betriebsübergabe im Sinne des § 15 a ErbStG dar. Da nicht die wirtschaftlichen sondern die zivilrechtlichen Verhältnisse maßgebend sind, geht das diesbezügliche Berufungsvorbringen ins Leere. Im Hinblick darauf, dass die Übergeberin keinen Betrieb oder Teilbetrieb an den Sohn übertragen und keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen hat, erfolgte die Vorschreibung der Schenkungssteuer zu Recht."

In dem daraufhin eingebrachten Vorlageantrag wurde Folgendes vorgebracht:

"Hinsichtlich der Begründung verweisen wir auf die Berufung vom 8. März 2002.

Darüber hinaus führen wir wie folgt aus:

Es ist unstrittig, dass die ertragsteuerliche Definition von Betrieb und Betriebsvermögen für die Anwendung des § 15 a ErbStG maßgeblich ist (siehe: Fraberger, Unternehmen steueroptimal schenken und vererben, S. 58; siehe auch RL betreffend Anwendung des neuen Freibetrages für Betriebsübergaben, Pkt. 2.1 BMF, AÖF 1999,277)

Der im zivilrechtlichen Eigentum des einen Ehegatten stehende Gebäudeteil ist insoweit (=als wirtschaftliches Eigentum) dem anderen zuzurechnen, als dieser auf eigene Kosten umfangreiche Investitionen durchführt und fremdübliche Nutzungsvereinbarungen fehlen (siehe ESt-RL 2000 Rz 131).

Die im zivilrechtlichen Hälfteeigentum stehenden Gebäudeteile von A.H. waren seit rd. 20 Jahren Betriebsvermögen (=wirtschaftliches Eigentum, aufgrund ESt-RL 2000, Rz 131) des Betriebes von R.H..

Im vorliegenden Fall ist der Hälfteanteil von A.H. zur Gänze dem von W.H. unentgeltlich erworbenen Betrieb zuzurechnen.

Wenn also der Gesetzgeber den Betriebsbegriff im § 15 a ErbStG nach ertragsteuerlichen Kriterien definiert, muss die ertragsteuerliche und schenkungssteuerliche Sichtweise gleichlautend erfolgen: Ist daher dem Übergeber des Unternehmens das gesamte Gebäude als wirtschaftliches Eigentum zuzuordnen, muss auch das gesamte Gebäude im Zuge der Betriebsübertragung begünstigt nach § 15 a ErbStG sein.

Würde unserer Rechtsauffassung nicht gefolgt werden, könnten wesentliche Teile des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens (Hälfteeigentum der Gattin) nicht begünstigt übertragen werden - dies würde bedeuten, dass für schenkungssteuerrechtliche Zwecke das bilanzrechtliche Betriebsvermögen wiederum um das Hälfteeigentum der Ehegattin zu kürzen wäre.

Die Folge wäre, dass die Absicht des Gesetzgebers, die Übergabe von Betrieben zu erleichtern, in den Fällen des Auseinanderklaffens zwischen wirtschaftlichem und zivilrechtlichem Eigentum konterkariert sein würde."

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Veranlagungsakt des Herrn R.H., Finanzamt Amstetten, Melk, Scheibbs, St.Nr. xxx und die dem Finanzamt Amstetten, Melk, Scheibbs übermittelten Lohnzettel der Frau A.H..

Folgender Sachverhalt wurde festgestellt:

Herr R.H. hat bis zum 31. Dezember 2001 in SF den Kraftfahrzeugbetrieb (Autohaus, KFZ-Werkstätte) betrieben. Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb erzielte nur der Übergeber, Herr R.H.. Frau A.H. hatte nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, zuerst als Angestellte und später als Pensionistin. In den letzten Jahren wurde von Frau A.H. kein Jahresausgleich durchgeführt. Laut den vom Finanzamt Amstetten, Melk, Scheibbs vorgelegten Unterlagen hat Frau A.H. keine Einkünfte aus dem übergebenen Gewerbebetrieb erzielt.

Von Seiten des UFS wurde am 8. November 2006 der Vorhalt zur Vorbereitung auf die vom Berufungswerber beantragte mündliche Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat an beide Parteien übersendet. Das Finanzamt gab dazu am 4. Dezember 2006 und der Berufungswerber am 24. Jänner 2007 eine Stellungnahme ab.

In der am 26. April 2007 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass der halbe Einheitswert für die Berechnung der Schenkungssteuer für den Erwerb von Frau A.H. herangezogen wurde. Bei dem Erwerb von Frau A.H. wäre aber von diesem Einheitswert der halbe Anteil für das Betriebsgebäude auszuscheiden, da dieser Anteil dem Erwerb von Herrn R.H. zuzurechnen wäre. Eine Bereicherung des Berufungswerbers durch Frau A.H. habe in Bezug auf die Gebäudeteile im gegenständlichen Fall nicht stattgefunden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes. Bei Errichtung des Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages waren sich nach dem Inhalt dieses Vertrages sämtliche Vertragspartner bewusst, dass durch die vertraglichen Übergaben beim Berufungswerber eine Bereicherung vorliegt. Es liegt daher im gegenständlichen Fall jeweils eine Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 ErbStG vor.

Mit Art. IX Z. 4 Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I 1999/106, wurde § 15a ErbStG mit Wirkung vom 1. Jänner 2000 in das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz eingefügt. Damit wurde für den Erwerb von Todes wegen oder unter Lebenden von Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften eine umfängliche Befreiungsbestimmung geschaffen.

Gemäß § 15a Abs. 1 ErbStG in der zum Zeitpunkt der Übergabe geltenden Fassung bleiben Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden von Vermögen gemäß Abs. 2, sofern der Erwerber eine natürliche Person ist und der Geschenkgeber das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig ist, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen, nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 bis zu einem Wert von fünf Millionen Schilling (Freibetrag) steuerfrei.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zählen zum Vermögen nur

In den Erläuterungen der Regierungsvorlage des Steuerreformgesetzes 2000 ist zu § 15a ErbStG ausgeführt (1766 BlgNR 20. GP ):

"Mit dieser Bestimmung soll ein sachlicher Freibetrag von fünf Millionen Schilling für die unentgeltliche Übertragung von im Abs. 2 angeführten Vermögen geschaffen werden. Dieser Freibetrag soll dann zustehen, wenn das Vermögen von Todes wegen (§ 2 ErbStG) oder durch eine Schenkung unter Lebenden (§ 3 ErbStG) zugewendet wird und der Erwerber eine natürliche Person ist; bei der Schenkung unter Lebenden kommt als weitere Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrages dazu, dass der Geschenkgeber entweder das 55. Lebensjahr vollendet haben muss oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen erwerbsunfähig ist. Erwerbsunfähigkeit ist dieser Bestimmung zufolge dann anzunehmen, wenn er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Ob ein Geschenkgeber "erwerbsunfähig" ist, ist jeweils für das konkret übertragene Vermögen zu beurteilen.

Als begünstigungsfähiges Vermögen sollen gemäß Abs. 2 Betriebe und Teilbetriebe angesehen werden, bei denen nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb bezogen werden, sowie Mitunternehmer und Kapitalanteile, sofern der Erblasser oder Geschenkgeber mindestens zu einem Viertel unmittelbar am Vermögen der Gesellschaft oder am gesamten Nennkapital beteiligt war. Der Erwerb von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers ist begünstigt, wenn er unmittelbar mit dem Erwerb des Mitunternehmeranteils erfolgt.

Der Freibetrag (Freibetragsteil) soll grundsätzlich immer dann zustehen, wenn der Erblasser oder Geschenkgeber den Betrieb zur Gänze oder mindestens zu einem Viertel überträgt. Wird ein Teilbetrieb oder Anteil an einem Teilbetrieb übertragen, so ist Anwendungsvoraussetzung für die Befreiung, dass der Wert des übertragenen Vermögens mindestens ein Viertel des Wertes des gesamten Betriebes beträgt. Ist Gegenstand der Übertragung ein Mitunternehmer- oder Kapitalanteil oder ein Teil dieses Vermögens, kommt die Begünstigung nur dann zur Anwendung, wenn der Erblasser oder Geschenkgeber mindestens zu einem Viertel am Vermögen der Gesellschaft oder am Nennkapital der Gesellschaft beteiligt ist und mindestens dieser Anteil übertragen wird."

Im Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 24. Dezember 2001 wurden zwei getrennt voneinander zu beurteilende Rechtsvorgänge vereinbart, einerseits die Übergabe der Liegenschaftshälften und des Betriebes vom Vater des Berufungswerbers und andererseits die Übergabe der Liegenschaftshälften von der Mutter.

Tatbestandsvoraussetzung der Befreiungsbestimmung nach § 15a ErbStG sind u.a. bestimmte persönliche Elemente. So muss der Empfänger der Zuwendung eine natürliche Person sein und Schenkungen unter Lebenden sind nur dann befreit, wenn weiters der Geschenkgeber das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen in einem Ausmaß erwerbsunfähig ist, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Gesellschafter verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Damit ist aber klargestellt, dass der Gesetzgeber nur solche Erwerbsvorgänge begünstigen wollte, in denen der Geschenkgeber Betriebsführer oder Gesellschafter war.

Begünstigt ist ferner nur die Übertragung von Betrieben oder Teilbetrieben, die der Einkunftserzielung aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb dienen. Auf Seiten der Übergeberin müssen daher entweder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb vorliegen. Die ertragsteuerliche Definition des Betriebes ist somit nur für die Beurteilung, ob bei der Übergeberin ein Betrieb oder Teilbetrieb vorliegt, maßgeblich. Im gegenständlichen Fall ist jedoch unbestritten, dass die Übergeberin nur nichtselbständige Einkünfte und keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezog.

Auf Grund des § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Dabei darf nicht übersehen werden, dass diese Bestimmung keine Regel zur Auslegung von Steuergesetzen, sondern eine Richtlinie zur Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte ist (vgl. VwGH 11.4.1991, 90/16/0040).

Die Tatbestände des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes knüpfen in der Hauptsache an die äußere zivilrechtliche bzw. formalrechtliche Gestaltung an und leiten daraus abgabenrechtliche Folgen ab. Da die Erbschafts- und Schenkungssteuer an Rechtsvorgänge anknüpft (VwGH 29.1.1996, 94/16/0064), tritt die im Steuerrecht grundsätzlich anzuwendende wirtschaftliche Betrachtungsweise in den Hintergrund (VwGH 17.3.1986, 84/15/0117). Für den Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer ist grundsätzlich die formalrechtliche Beurteilung geboten (VwGH 27.6.1991, 90/16/0019). Der zivilrechtliche Tatbestand der Z. 1 des § 3 Abs. 1 ErbStG ist einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich (VwGH 15.11.1990, 90/16/0192).

Die Zurechnung eines Wirtschaftsgutes im Einkommensteuerverfahren nach wirtschaftlichen und nicht nach rechtlichen Gesichtspunkten kann für den Bereich des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechtes, in dem in formaler Betrachtungsweise in der Regel ein rechtlich relevantes Geschehen in der Außenwelt die Steuerpflicht auslöst, niemals Bindungswirkung haben. Die einkommensteuerliche Beurteilung ist unabhängig von der erbschaftssteuerlichen Vorgangsweise, weil Einkommensteuer und Erbschaftssteuer unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und in Folge dessen unterschiedlich ausgestaltet sind (VwGH 5.8.1993, 88/14/0060).

Eine Differenzierung in Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits kann nicht vorgenommen werden, da es sich bei dem Gebäude um eine unbewegliche Sache im Sinne des § 297 ABGB handelt, welche auf dem Grund und Boden in der Absicht aufgeführt wurde, dass sie stets darauf bleiben solle. Aus § 297 ABGB geht - einerseits im Verein mit § 294 ABGB, andererseits mit den §§ 414 ff ABGB - der Grundsatz des bürgerlichen Rechts hervor, dass das Eigentum am Grund und Boden vom Eigentum am darauf errichteten Gebäude nicht getrennt werden kann. Da die Mutter des Berufungswerbers zur Hälfte Eigentümerin dieses Grundstückes war, musste sie damit auch zur Hälfte Eigentümerin des auf diesem Grundstück errichteten Gebäudes sein. Da die Erbschafts- und Schenkungssteuer an Rechtsvorgänge anknüpft, konnte dieser Hälfteanteil an dem Gebäude nur von der Mutter an den Berufungswerber übertragen werden. Aus diesem Grund kann dem Vorbringen des Berufungswerbers, es lägen für die Übertragung dieses halben Anteiles an dem Gebäude von der Mutter auf Grund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 15a ErbStG vor, nicht näher getreten werden. Hier bleibt kein Raum für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise.

Dem Wortlaut des § 15a ErbStG entsprechend können mehrere Erwerbsvorgänge von verschiedenen Personen nicht zusammengefasst werden. Eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts ist ebenfalls nicht anzunehmen, da dies gerade dem Wesen der Erbschaftssteuer (Schenkungssteuer) als Erbanfallsteuer entspricht. Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist eine Steuer, die für den einzelnen Erwerbsvorgang festgesetzt wird und vom Bereicherungsprinzip beherrscht wird. Es ist sohin für jeden einzelnen Vermögensvorteil festzustellen, ob ein Tatbestand der Steuerbefreiung gemäß § 15a ErbStG vorliegt.

Nach dem eindeutigen Inhalt des Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages sind Herr R.H. und Frau A.H. je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaften EZ 1. Der Berufungswerber hat von Frau A.H. den halben Anteil an diesen Liegenschaften übertragen bekommen. Dieser halbe Anteil bezieht sich nach dem Grundsatz des bürgerlichen Rechts, dass das Eigentum am Grund und Boden vom Eigentum am darauf errichteten Gebäude nicht getrennt werden kann, nicht nur auf den Grund und Boden, sondern auch auf das auf diesem Grund und Boden errichtete Gebäude.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass Frau A.H. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat und seit einiger Zeit Pensionseinkünfte bezieht. Ihr sind jedoch niemals Gewinneinkünfte aus der Führung eines Gewerbebetriebes zugeflossen, und sie ist niemals (Mit)Unternehmerin gewesen, sondern Angestellte. Wenn auch die dem Berufungswerber von Frau A.H. übergebenen Liegenschaftshälften betrieblich genutzt und somit der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb dienten, fehlt es dennoch an dem weiteren Tatbestandsmerkmal, dass nämlich Frau A.H., um in den Genuss der Befreiungsbestimmung des § 15a ErbStG zu kommen, selbst (Mit)Unternehmerin hätte sein müssen. Der Umstand alleine, dass das von ihr übergebene Vermögen betrieblich genutzt worden ist und diese Liegenschaftshälften Betriebsvermögen waren, genügt nicht. Für diesen Erwerbsvorgang ist vom Berufungswerber neben der Grunderwerbsteuer auch die Schenkungssteuer zu entrichten.

Daran, dass der Erwerbsvorgang des Berufungswerbers von der Mutter Frau A.H. die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15a ErbStG nicht erfüllt, ändert auch die Argumentation des Berufungswerbers, dass ein einheitlicher Gewerbebetrieb übergeben worden sei, nichts. Bei der Beurteilung einer Mehrzahl von Besteuerungsvorgängen ist die Frage der Steuerfreiheit für jeden einzelnen Erwerbsvorgang gesondert zu prüfen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 1a zu § 15).

Werden daher Betriebsvermögen im alleinigen Eigentum eines Ehegatten und Liegenschaften im gemeinsamen Eigentum beider Ehegatten (Eltern) an ein Kind übergeben, ist also die Mutter nicht Mitunternehmerin, so steht ihr Hälfteanteil an den Liegenschaften nicht im Zusammenhang mit dem Mitunternehmeranteil, hier dem Betriebsvermögen des Vaters. Dieser Hälfteanteil bezieht sich nach dem Grundsatz des bürgerlichen Rechts, dass das Eigentum am Grund und Boden vom Eigentum am darauf errichteten Gebäude nicht getrennt werden kann, nicht nur auf den Grund und Boden, sondern auch auf das auf diesem Grund und Boden errichtete Gebäude. Demnach ist der Erwerb des Hälfteanteils der Liegenschaften (samt dem darauf errichteten Gebäude) von der Mutter nicht nach § 15a ErbStG befreit. Laut dem eindeutigen Inhalt des Übergabs- und Pflichtteilsverzichtsvertrages waren die Übergeber je zur Hälfte Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaften. Der Betrieb stand im alleinigen Eigentum des Vaters. Der Berufungswerber hat von seiner Mutter einen halben Anteil an den Liegenschaften übertragen bekommen. Für diesen Erwerb des Hälfteanteils ist, wie bereits erwähnt, vom Berufungswerber neben der Grunderwerbsteuer auch die Schenkungssteuer zu entrichten.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 30. April 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 15a ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955

Schlagworte:

Betrieb, Betriebsvermögen, Gewinnermittlung

Stichworte