VwGH 90/16/0192

VwGH90/16/019215.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Iro sowie die Hofräte Dr Närr,

Mag Meinl, Dr Kramer und Dr Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag Boigner, über die Beschwerden der 1) B und

2) C gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. August 1990, zu 1) Zl GA 11 - 738/12/90, und zu

2) Zl GA 11 - 738/11/90, beide betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §938;
BAO §21 Abs2;
ErbStG §3 Abs1 Z1;
ABGB §938;
BAO §21 Abs2;
ErbStG §3 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Notariatsakten vom 21. Juni 1983 schenkten die Beschwerdeführerinnen die ihnen gehörenden, einer bestimmten bar eingezahlten Stammeinlage entsprechenden Geschäftsanteile an einer GmbH einer mit ihnen weder verwandten noch verschwägerten Person. Da die GmbH in früheren Jahren Verluste erwirtschaftet hatte, denen nur mäßige Gewinne im Jahr 1982 bzw bis zur Schenkung der Geschäftsanteile gegenüberstanden und der gemeine Wert derselben zum 1. Jänner 1980 mit Null festgestellt worden war, gingen nach den Behauptungen der Beschwerdeführerinnen die Vertragsparteien bei Abschluß der Schenkungsverträge von der Annahme aus, die übereigneten Geschäftsanteile seien völlig wertlos. Zur Gebührenbemessung wurde daher vertraglich festgehalten, "daß die gegenständlichen Geschäftsanteile einen Wert von 1.000 S haben".

Auf Grund der Ergebnisse einer bei der GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde der gemeine Wert der Geschäftsanteile im Jahr 1987 (erstmals) zum 1. Jänner 1983 im Schätzungsweg mit 2.330 S je 100 S Nominale bescheidmäßig festgestellt.

Ausgehend vom festgestellten gemeinen Wert der Geschäftsanteile setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit Bescheiden vom 1. Juni 1987 bzw vom 10. November 1987 gegenüber den Beschwerdeführerinnen Schenkungssteuer fest.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist strittig, ob überhaupt (steuerpflichtige) Schenkungen vorliegen.

Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, die Beschwerdeführerinnen hätten formelle Schenkungsverträge abgeschlossen, weswegen davon ausgegangen werden könne, zwischen den Vertragsparteien hätte Willensübereinstimmung über unentgeltliche Vermögensverschiebungen bestanden. Von - wie in den Berufungen behaupteten - Verkäufen zu wirtschaftlich angemessenen Beträgen könne daher keine Rede sein. Da die Gültigkeit der Schenkungen nicht in Frage gestellt werde, wirkten sich die möglicherweise unrichtigen Wertvorstellungen der Vertragsparteien über die Bereicherung nicht aus.

Die Beschwerdeführerinnen meinen, für die Frage, ob (steuerpflichtige) Schenkungen vorlägen, sei keinesfalls die äußere Form der Schenkungsverträge maßgeblich. Vielmehr seien diese Rechtsgeschäfte wirtschaftlich zu betrachten und hiebei zu prüfen, ob bei den Vertragsparteien Bereicherungswille vorhanden gewesen sei und ob unentgeltliche Zuwendungen gemacht worden seien. Unter Hinweis auf die (unbestrittene) Tatsache, daß die Vertragsparteien die rund vier Jahre nach erfolgten Schenkungen eingetretene "Wertsteigerung" der Geschäftsanteile nicht voraussehen hätten können, sondern vielmehr von der Vermögens- und Ertragslosigkeit der GmbH und somit von der Wertlosigkeit der Geschäftsanteile ausgegangen seien, behaupten die Beschwerdeführerinnen, sie hätten weder einen Bereicherungswillen besessen, noch eine Bereicherung des Geschenknehmers in Kauf genommen. Darüber hinaus hätten sie sich über den wahren Wert der Leistungen im Irrtum befunden, was ebenfalls einen Bereicherungswillen ausschließe. Der Bereicherungswille würde aber auch dann fehlen, wenn ihnen bewußt gewesen wäre, daß die Geschäftsanteile einen erheblichen Wert gehabt hätten. Denn diesfalls läge ein offensichtliches Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Es mangle den abgeschlossenen Vereinbarungen auch das Merkmal der Unentgeltlichkeit, weil die Vertragsparteien von einer völligen Wertlosigkeit der Geschäftsanteile bzw von einem symbolischen Wert von 1.000 S ausgegangen seien. Mangels Vorliegens eines subjektiven Bereicherungswillens hätte daher die Schenkungssteuer nur mit Null vorgeschrieben werden dürfen.

Der Gerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres engen sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Gemäß § 3 Abs 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes.

2. ....

Nach § 938 ABGB heißt ein Vertrag, wodurch eine Sache jemandem unentgeltlich überlassen wird, eine Schenkung.

Der Gesetzgeber knüpft die Schenkungssteuerpflicht im § 3 Abs 1 Z 1 ErbStG an den zivilrechtlichen Tatbestand der Schenkung an. Schenkungsabsicht ist für die Schenkung begriffswesentlich. Sie besteht in der Absicht einer unentgeltlichen, somit auf keine Gegenleistung und freiwilligen (freigebigen), auch nicht durch sittliche Pflicht verlangten Leistung (vgl Schubert in Rummel2, Rz 4 zu § 938).

Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerinnen ist der zivilrechtliche Tatbestand der Z 1. des § 3 Abs 1 ErbStG einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Oktober 1982, Zlen 81/15/0050, 0060, 0061).

Auf Grund der zwischen den Vertragsparteien in Form von Notariatsakten abgeschlossenen Schenkungsverträge konnte die belangte Behörde unbedenklich davon ausgehen, daß die Übertragungen der Geschäftsanteile unentgeltlich, freiwillig und auf keiner sittlichen Verpflichtung beruhend erfolgt sind und daher Schenkungen verwirklicht wurden.

Im vorliegenden Fall war der gemeine Wert der Geschäftsanteile zum 1. Jänner 1983 (Hauptfeststellung) im Zeitpunkt der Schenkungen noch nicht festgestellt. Aus dem Umstand, daß der gemeine Wert derselben anläßlich der Hauptfeststellung zum 1. Jänner 1980 mit Null festgestellt worden war, konnten die Beschwerdeführerinnen keineswegs den Schluß ziehen, daß deren gemeiner Wert auch zum 1. Jänner 1983 Null betragen werde. Die Beschwerdeführerinnen behaupten auch nicht, sie hätten die Schenkungen wegen Irrtums angefochten.

Was die Ausführungen betreffend das Mißverhältnis zwischen Leistungen und Gegenleistungen betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß zum Wesen einer Schenkung die Unentgeltlichkeit gehört.

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren diese gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - also auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages - in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, daß die Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos werden.

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