UFS RV/0108-F/05

UFSRV/0108-F/0513.3.2007

1) Investitionszuwachsprämie; Rechtzeitigkeit der Vorlage des Verzeichnisses2) Investitionszuwachsprämie; Behaltefrist für prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter

 

Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 713/07 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 2.10.2007 abgelehnt. Mit Beschluss vom 31.10.2007 an den VwGH abgetreten. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0268 eingebracht. Mit Erk. v. 15.01.2008 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der D.W., gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungsführerin ließ im Jahr 2002 eine Photovoltaikanlage zur Erzeugung und Lieferung elektrischer Energie errichten. Per 31.12.2004 hat sie die gewerbliche Tätigkeit wieder aufgegeben und die Photovoltaikanlage veräußert.

Am 9. April 2003 wurden die Umsatz- und Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 beim Finanzamt eingereicht. Mit Bescheiden vom 13. Mai 2003 wurde die Berufungsführerin zur Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2002 veranlagt.

Am 11. Juni 2003 langte beim Finanzamt mit einer gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 erhobenen Berufung ein mit 8. Juni 2003 datiertes Verzeichnis (Formblatt E 108e) zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2002 in Höhe von 3.828,50 € ein.

Mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom 18. August 2004 versagte das Finanzamt die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie mit der Begründung, dass die Geltendmachung der Prämie nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides ausgeschlossen sei.

Dagegen wandte sich die Berufungsführerin mit Berufung und nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung mit Vorlageantrag. Begründend führt sie aus, dass der Antrag innerhalb der offenen Berufungsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid gestellt worden sei und es nicht sein könne, dass die Berufungsfrist für die Investitionszuwachsprämie, die Teil der Einkommensteuerregelung sei, nicht gelte. Auch sei zum Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung selbst in der Finanzverwaltung noch nicht geklärt gewesen, ob für eine Photovoltaikanlage eine Investitionszuwachsprämie geltend gemacht werden könne. Das Finanzamt Bregenz habe Ende Mai alle Besitzer von Photovoltaikanlagen schriftlich über die Möglichkeit der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie unter Beilage des nötigen Formulars und einer Ausfüllhilfe informiert. Das Finanzamt Feldkirch habe eine solche Information verabsäumt. Das Formular sei ihr erst auf Rückfrage beim Finanzamt zugesandt worden. Zudem zeige sich die rechtliche Unsicherheit betreffend Einreichungsfrist auch darin, dass diese in den Folgejahren bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides verlängert worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bestimmung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 in der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 155/2002, lautet:

"Der Steuererklärung ist ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung."

Der unabhängige Finanzsenat hat, gestützt ua. auf Hofstätter/Reichel (Die Einkommensteuer, Kommentar, § 108e Tz 7) sowie Doralt (EStG7, § 108e Tz 15), wiederholt die Auffassung vertreten, dass nach der oben wiedergegebenen, für die Jahre 2002 und 2003 anzuwendenden Regelung (die Neuregelung des § 108e EStG 1988 durch das Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, derzufolge die Geltendmachung der Prämien bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des jeweiligen Jahresbescheides zulässig ist, ist nach der Inkrafttretensbestimmung des § 124b Z 105 EStG 1988 erstmals für Prämien anzuwenden, die das Kalenderjahr 2004 betreffen) die Einreichung des Verzeichnisses zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung des betreffenden Jahres befristet ist und mit der nicht fristgerechten Einreichung des Verzeichnisses der Anspruch auf die Investitionszuwachsprämie verloren geht.

Diese Auffassung hat nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.9.2006, 2004/15/0104, bestätigt. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst aus, dass das Gesetz eine Antragstellung in der Form einer Vorlage eines Verzeichnisses vorsehe. Nach dem letzten Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 gelte das Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres als Abgabenerklärung, die Fristen der BAO für die Einreichung von Abgabenerklärungen seien diesbezüglich jedoch nicht anzuwenden. Abgabenerklärungen nach § 108e EStG 1988 seien im § 134 Abs. 1 BAO nicht genannt; der Antragsteller sei zur Einreichung einer solchen Abgabenerklärung nicht verpflichtet. Der Gesetzgeber habe nach der Stammfassung des § 108e EStG 1988 eine Antragsfrist für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie nicht ausdrücklich formuliert, nach der Systematik und Teleologie der Regelungen seien sie aber dahin zu verstehen, dass mit der Wortfolge "ist anzuschließen" der zeitliche Rahmen der Antragstellung festgelegt werde. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie - in der Stammfassung des § 108e EStG 1988 - keine Befristung vorgesehen habe. Auch eine zusammenschauende Betrachtung mit den Regelungen betreffend die Prämie für Forschung und Bildung (§ 108c), die befristete Sonderprämie für die katastrophenbedingte Ersatzbeschaffung (§ 108d) und die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f) lasse erkennen, dass der Gesetzgeber jeweils eine überschaubare Frist für die Einreichung des Antrages auf Prämiengewährung festgelegt habe. Die Stellung des Antrages auf Prämiengewährung sei in allen genannten Fällen zeitlich begrenzt. Dass der in § 108e EStG 1988 verwendeten Wortfolge, wonach der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie anzuschließen ist, gleichfalls ein zeitlicher Aspekt beizumessen sei, erscheine auch nicht unsachlich: Dem Finanzamt sei es dadurch möglich, in einem Arbeitsgang einerseits die Veranlagung zur Jahressteuer (bzw. die Gewinnfeststellung) vorzunehmen und andererseits zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die beantragte Prämie gegeben seien. Zudem sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Zeitpunkt der Erstellung der Jahressteuererklärung bereits alle Informationen vorlägen, die er in Bezug auf die Geltendmachung von Prämien benötige. Dazu komme, dass bei Begünstigungsvorschriften, wie der Gewährung staatlicher Prämien, dem Antragsteller die Beachtung bestimmter Antragsmodalitäten oder -fristen durchaus zugemutet werden könne, um nach Ablauf einer bestimmten Frist den finanziellen Bedeckungsbedarf des Staates feststellen zu können. Daraus ergebe sich, dass ein Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie, der nach Einreichung der Steuererklärung des betreffenden Jahres gestellt wird, verspätet sei.

Gegenständlich wurde das Verzeichnis unbestritten erst nach der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 eingereicht und hat das Finanzamt die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 sohin zu Recht versagt. Daran vermögen auch die Ausführungen der Berufungsführerin nichts zu ändern. Selbst wenn in der Finanzverwaltung zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen für das Jahr 2002 nicht geklärt gewesen sein sollte, ob für eine Photovoltaikanlage eine Investitionszuwachsprämie geltend gemacht werden kann, wäre es der Berufungsführerin offen gestanden, eine Nichtanerkennung der Investitionszuwachsprämie aus anderen Gründen als der verspäteten Geltendmachung wie auch nunmehr im Rechtsmittelwege zu bekämpfen. Voraussetzung hierfür wäre aber wiederum die fristgerechte Antragstellung und ein entsprechender Bescheid des Finanzamtes gewesen. Dass ein anderes Finanzamt ein entsprechendes Informationsschreiben verschickt hat, ist zwar eine an sich begrüßenswerte Serviceleistung, ändert im Einzelfall aber nichts an der Notwendigkeit einer fristgerechten Antragstellung gemeinsam mit der Abgabenerklärung des betreffenden Jahres und können daraus auch keine wie immer gearteten Rechte abgeleitet werden.

Unabhängig von der Frage der Rechtzeitigkeit der Geltendmachung erweist sich die Nichtgewährung der Investitionszuwachsprämie zudem auch im Hinblick auf das vorzeitige Ausscheiden der Photovoltaikanlage als rechtens.

Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 ist Voraussetzung für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus im Erkenntnis vom 20.4.2006, 2005/15/0156, betreffend einen Fall, in dem angeschaffte LKW im zweiten und den darauf folgenden Jahren des fünfjährigen Abschreibungszeitraumes einer ausländischen Betriebsstätte zugeordnet wurden, eine Behaltefrist für die in die Bemessungsgrundlage der Investitionszuwachsprämie einbezogenen Wirtschaftsgüter abgeleitet. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf Hofstätter/Reichel (a.a.O., § 108e, Tz 3, Seite 4 "Behaltefrist") aus, es ergebe sich aus § 108e Abs. 1 EStG 1988 das Erfordernis, dass prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen dienen müssten, zumal nur in einem solchen Fall von Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" die Rede sein könne. Die Investitionszuwachsprämie fördere die Mehrung von Investitionen im Verhältnis zur Vergangenheit. Ziel dieser Förderung sei es, aus konjunkturellen Gründen in bestimmten Jahren die Investitionstätigkeit der österreichischen Wirtschaft anzukurbeln (vgl. Quantschnigg, ÖStZ 2003/239). Auch dieser Zweck der Regelung erhelle, dass die Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum dem Anlagevermögen des investierenden Unternehmens zugehören müssten.

Gegenständlich wurde die Anlage im November 2002 in Betrieb genommen und bereits zum 31.12.2004 die Betriebsaufgabe erklärt. Sohin kann aber keine Rede davon sein, dass diese dem Betrieb über einen längeren Zeitraum gedient hätte, zumal ausgehend von der der Ermittlung der AfA zugrundegelegten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren nur ein geringer Teil (rd. 17%) der Anschaffungskosten im Wege der Absetzung für Abnutzung abgesetzt wurde. Somit kann gegenständlich auch dahingestellt bleiben, ob man davon ausgehen wollte, dass die Verhältnisse während des gesamten Zeitraums der Abschreibung des betreffenden Wirtschaftsgutes im Wege der AfA unverändert sein müssen, dh. die Wirtschaftsgüter dem Betrieb über den gesamten Zeitraum der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer dienen müssen, oder ob etwa bloß auf das (zeitliche) Überwiegen (vgl. Hofstätter/Reichel, a.a.O., § 108e, Tz 3, Seite 5) abgestellt wird.

Der Berufung konnte somit gesamthaft gesehen kein Erfolg beschieden sein.

Feldkirch, am 13. März 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 108e Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 108e Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Investitionszuwachsprämie, verspätete Antragstellung, zeitliche Befristung, Behaltefrist, Anlagevermögen, betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, Absetzung, Betriebsaufgabe

Verweise:

VwGH 21.09.2006, 2004/15/0104
VwGH 20.04.2006, 2005/15/0156
UFS 02.11.2005, RV/0936-W/05

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