UFS RV/0608-L/05

UFSRV/0608-L/0514.6.2006

Zurückweisung einer verspäteten Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§§ 9, 80 BAO) gemäß § 273 Abs. 1 BAO

 

Entscheidungstext

 

Bescheid

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des R. Sch., ehemaliger Geschäftsführer, wohnhaft in S, Straße, vertreten durch P. E., Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, S, N-Straße, vom 12. Mai 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes B vom 20. November 2003 betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO für Abgabenrückstände der Firma O-GmbH (St.Nr. ab) im Betrag von 27.386,82 Euro entschieden:

Die Berufung vom 12. Mai 2004 wird gemäß § 273 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Begründung

Gegenständlichem Bescheid wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Mit Bescheid vom 20. November 2003 wurde der Berufungswerber als ehemaliger Geschäftsführer der Firma O-GmbH für bei dieser insolvent gewordenen Gesellschaft aushaftende Abgabenschuldigkeiten im Gesamtbetrag von 27.386,82 € gemäß §§ 9, 80 BAO als Haftender in Anspruch genommen. Dieser Haftungsbescheid wurde vom Finanzamt nach zugrunde liegender Aktenlage als eigenhändig zuzustellendes Schriftstück an die eingangs angeführte Wohnadresse des Berufungswerbers versendet. Laut Rückschein dieser Sendung konnte dem Berufungswerber die konkrete Rsa - Sendung an der genannten Abgabestelle weder beim ersten (24. November 2003) noch beim angekündigten zweiten Zustellversuch am 24. November 2003 persönlich zugestellt werden. Nach Zurücklassen einer entsprechenden Hinterlegungsanzeige an der Abgabestelle wurde das den Haftungsbescheid beinhaltende finanzbehördliche Schriftstück daher aktenkundig beim zuständigen Zustellpostamt hinterlegt und dort ab 26. November 2003 (Mittwoch) zur Abholung durch den Berufungswerber bereitgehalten.

Mit schriftlicher Eingabe vom 17. Dezember 2003 (datiert vom 16. d. Monats) ersuchte der eingangs genannte steuerliche Vertreter aus in diesem Schreiben näher angeführten Gründen namens des Berufungswerbers, die Berufungsfrist gegen den am "24. November 2003 eingelangten" Haftungsbescheid um einen Monat, und zwar bis am 24. Jänner 2004, zu verlängern. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2003 gab das Finanzamt diesem Berufungsfristverlängerungsgesuch antragsgemäß statt. Am 21. Jänner 2004 stellte der steuerliche Vertreter mittels Telefax erneut ein Berufungsfristverlängerungsansuchen betreffend Haftungsbescheid vom 20. November 2003 um ein weiteres Monat bis am 24. Februar 2004, weil sich Herr Dr. Z vom Finanzamt noch bis Ende Jänner 2004 im Krankenstand befände, vor Berufungseinbringung jedoch noch bei diesem persönlich wegen der für das Berufungsverfahren vorzulegenden Unterlagen vorgesprochen werden wolle. Mit Bescheid vom 22. Jänner 2004 erstreckte das Finanzamt die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den konkreten Haftungsbescheid bis am 24. Februar 2004. Auf der Zweitschrift dieses Fristverlängerungsbescheides vom 22. Jänner 2004 (Haftungsakt, Seite 21) finden sich folgende je mit dem Handzeichen "Z." versehene Aktenvermerke: "Mag. H. ersucht am 23. Februar 2004 tel. um Fristverlängerung und Termin zur mdl. Vorsprache." Vermerk vom 30. März 2004: "Tel. Ersuchen von Hr. Mag. H. -> persönliche Vorsprache mit Hr. Sch. am Dienstag, 6. April 2004, 9 Uhr". Vermerk vom 29. April 2004: "Mag. H. tel. Frist bis 15. Mai 2004 verlängert". Der Haftungsaktenlage ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass es sich bei Mag. H. um einen Wirtschaftstreuhänder/Steuerberater und Mitarbeiter des ausgewiesenen steuerlichen Vertreters des Berufungswerbers handelt.

Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2004 (beim Finanzamt eingelangt am 12. Mai 2004) erhob der steuerliche Vertreter namens des Berufungswerbers Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 20. November 2003. Die Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuer 9/2002 (5.703,21 €) erweise sich schon deshalb als verfehlt, weil die für diesen Voranmeldungszeitraum ursprünglich erklärten Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprächen. Die Durchsicht der Buchhaltung der Primärschuldnerin hätte zu Tage gebracht, dass die Gesellschaftserlöse im September 2002 wesentlich niedriger als erklärt gewesen wären. Infolge von EDV - Problemen wären im haftungsgegenständlichen Zeitraum unter anderem Erlöse aus Ausgangsrechnungen der Filiale der Gesellschaft in X verbucht worden bzw. erfasst, obwohl dieser Filialbetrieb im jeweiligen Datierungszeitpunkt dieser Ausgangsrechnungen bereits geschlossen gewesen wäre. Diesen "fiktiven Ausgangsrechnungen" stünden somit tatsächlich keine Zahlungseingänge bei der Gesellschaft gegenüber. Im Zeitraum Mai bis September 2002 wäre es weiters auch zu Kundenreklamationen gekommen, die jedoch nicht rückgebucht worden wären. Außerdem wären im konkreten Zeitraum diverse Ausgangsrechnungen erlösmäßig doppelt, und zwar sowohl bei Rechnungslegung als auch beim Zahlungseingang, erfasst worden. Da sich laut eingereichter berichtigter UVA für 9/2002 nach Richtigstellung dieser fehlerhaften Erlösbuchungen keine USt - Zahllast in erklärter Höhe von 6.044,01 €, sondern ein USt - Überschuss von 5.227,60 € ergäbe, komme für 9/2002 ein Haftungsausspruch daher nicht in Betracht. Zur Haftungsinanspruchnahme für die im Dezember 2002 und Jänner 2003 fällig gewesenen, jeweils nicht mehr entrichteten Gesellschaftsabgaben werde fehlendes Vertreterverschulden eingewendet, weil die Hausbank der Gesellschaft (XY-Bank) bereits ab November/Dezember 2002 wegen der damals bereits erheblich überschritten gewesenen Geschäftskontenrahmen Überweisungsaufträge bzw. Zahlungen nur mehr nach eigenem Gutdünken durchgeführt, sie dabei die angestandenen Zahlungen der Abgabenverbindlichkeiten unberücksichtigt gelassen, und der Berufungswerber auf dieses Vorgehen der Bank keine Einflussnahmemöglichkeit gehabt hätte. Ab Jänner 2003 wären bei der Primärschuldnerin überhaupt keine finanziellen Mittel mehr vorhanden gewesen. Die Gesellschaft hätte ihre operative Tätigkeit nämlich bereits Ende des Jahres 2002 eingestellt und das Geschäftslokal geschlossen. Gleichzeitig hätte die Hausbank eine totale Kontensperre über die Geschäftskonten verfügt, in dem sie ab 7. Jänner 2003 bereits durchgeführte Überweisungen rückgerechnet und neu eingegangene Überweisungsaufträge abgelehnt hätte. Zum Beweis dieses Vorbringens würden dem Berufungsschriftsatz eine Auflistung der Negativsalden am Geschäftskonto der Primärschuldnerin bei der XY-Bank für den Zeitraum 2. Dezember 2002 bis 31. Jänner 2003, eine Auflistung der "fiktiven" Ausgangsrechnungen des Filialbetriebes der Gesellschaft, eine Auflistung der im Zeitraum 5/2002 bis 9/2002 nicht rückgebuchten Kundenreklamationen, eine Auflistung der doppelt erfassten Ausgangsrechnungen, ein ELBA - Auszug mit Darstellung der im Zeitraum 7. bis 10. Jänner 2003 vom Geschäftskonto bei der XY-Bank nicht mehr durchgeführten bzw. rückgebuchten Überweisungen, die berichtigte UVA für 9/2002, eine Aufstellung über die Gesellschaftsverbindlichkeiten bei Ausgleichseröffnung am 12. Februar 2003 sowie ein E- Mail der XY-Bank angeschlossen, woraus hervorginge, dass die Geschäftskontenrahmen der Primärschuldnerin bei der Hausbank am 12. Februar 2003 ausgeschöpft gewesen, und deshalb hiervon keine Überweisungen mehr getätigt worden wären. Zu berücksichtigen wäre im Übrigen weiters, dass der Berufungswerber durch Einlagen in die Gesellschaft auch persönlich versucht hätte, deren Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Diese anhand seines Verrechnungskontos ersichtlichen Geldeinlagen (Forderungen) wären im Konkurs der Gesellschaft uneinbringlich geworden. Außerdem hätte der Berufungswerber durch seine Honorartätigkeit für die Firma C-AG, die Hauptlieferant der Primärschuldnerin gewesen wäre, zusätzliche Erlöse für die Gesellschaft in nicht unbeträchtlicher Höhe von ca. 40.500,-- € erwirtschaftet. Es werde daher beantragt, von einer Haftungsinanspruchnahme abzusehen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Juni 2005 wies das Finanzamt diese Haftungsberufung als unbegründet ab. Was die USt 9/2002 betreffe, hätte schon deshalb kein Anlass für ein Abgehen von den für diesen Voranmeldungszeitraum ursprünglich erklärten Bemessungsgrundlagen bestanden, weil Bestand und Höhe eines haftungsgegenständlichen Abgabenanspruchs im Abgaben- und nicht im Haftungsverfahren zu klären seien. Davon abgesehen erwiesen sich die in diesem Zusammenhang zum Nachweis der behaupteten Erlösdifferenzen vorgelegten Unterlagen auch nicht als glaubwürdig, zumal sich die Frage stelle, weshalb die berichtigende UVA für 9/2002 erst am 12. November 2003 mehr als ein Jahr nach dem konkreten Voranmeldungszeitraum eingereicht worden wäre, und weshalb dem Berufungswerber die für den Voranmeldungszeitraum 9/2002 nunmehr behaupteten Erlösminderungen nicht bereits wesentlich früher aufgefallen seien. Da der Berufungswerber selbst in der EDV - Branche tätig sei, hätte auch sein Vorbringen, dass EDV - Probleme für die behaupteten Fehlbuchungen verantwortlich gewesen wären, nicht überzeugen können. Gegen das Vorbringen, dass den verbuchten Umsatzerlösen teils fiktive Ausgangsrechnungen der Filiale zugrunde lägen, spreche, dass für die konkreten Ausgangsrechnungen laut vorgelegten Unterlagen jeweils auch Belegnummern vergeben worden seien. Wenn hinsichtlich der weiteren Haftungsmonate fehlendes Vertreterverschulden wegen fehlender Dispositionsmöglichkeit des Berufungswerbers über die Geschäftskonten der Gesellschaft bei der Hausbank eingewendet worden wäre, habe dies den Berufungswerber ebenfalls nicht entlasten können, weil er sich aufgrund der enormen Überziehung der mit der Hausbank vereinbarten Kontenrahmen selbst jeglicher eigenen Verfügungsmöglichkeit über die Geschäftskonten begeben hätte. Insgesamt vermittle der vorliegende Haftungsfall das Bild einer Geschäftsführung, bei der dem Berufungswerber trotz krisenhafter Finanzsituation der Gesellschaft offensichtlich jeglicher Überblick über die wirtschaftliche Lage dieses Unternehmens gefehlt habe. Dies indiziere aber ein Vertreterverschulden des Berufungswerbers an der Nichtentrichtung der Gesellschaftsabgaben, weil die zur Vermeidung einer Haftung geforderte Gläubigergleichbehandlung nur dann stattfinden könne, wenn der Geschäftsführer einen entsprechenden Überblick habe. Im Übrigen wäre im abgeführten Haftungsverfahren eine Gläubigergleichbehandlung auch nicht nachgewiesen worden. Zur Haftungsinanspruchnahme für rückständige Lohnsteuern der Gesellschaft werde auf § 78 Abs. 3 EStG verwiesen. Diese Bestimmung sehe vor, dass bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten Löhne nur in solcher Höhe zur Auszahlung gelangen dürften, dass aus den vorhandenen Mitteln auch noch die darauf entfallenden Lohnsteuern abgeführt werden könnten. Da im Berufungsfall Löhne in den haftungsgegenständlichen Monaten noch ausbezahlt, die darauf entfallenden Lohnsteuern aber nicht abgeführt worden wären, hafte der Berufungswerber daher für diese rückständigen Lohnsteuern wegen schuldhafter Verletzung vorgenannter Bestimmung.

Dagegen wurde mit Schreiben vom 13. Juli 2005 (beim Finanzamt eingegangen am 14. Juli 2005) rechtzeitig ein als "Berufung" bezeichneter Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat gestellt und dieser mit Anträgen auf Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Einhebungsaussetzung der Haftungsabgaben gem. § 212a BAO verbunden. In dieser Eingabe wurde in Bezug auf das erstinstanzlich abgeführte Haftungsberufungsverfahren Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert, weil sich das Finanzamt mit den zur Entlastung des Berufungswerbers vorgelegten Beweismitteln behauptungsgemäß teils überhaupt nicht auseinander gesetzt bzw. es diesen trotz Stichhaltigkeit und umsatzsteuerrechtlicher Zulässigkeit zur nachträglichen Berichtigung von Bemessungsgrundlagen keinen Glauben geschenkt hätte. Zum Nichtvorliegen eines Vertreterverschuldens des Berufungswebers an der Nichtentrichtung der Haftungsabgaben wurde im Wesentlichen wie bereits in der Berufungseingabe vorgebracht. Ergänzend dazu wurde noch wie folgt ausgeführt: Der vorliegende Haftungsfall biete für die Annahme schuldhafter Pflichtverletzungen des Berufungswerbers auch deshalb keinen Raum, weil der Rechtsmittelwerber im Zuge der wirtschaftlichen Krise des primärschuldnerischen Unternehmens alles unternommen hätte, um dessen Niedergang abzuwenden bzw. Sanierung zu ermöglichen. Er hätte nicht nur den Filialbetrieb in X aufgelöst, sondern auch durch hohen persönlichen Einsatz noch große Umsätze für die Gesellschaft erwirtschaftet. Durch persönliche Einlagen hätte er der Gesellschaft auch Geldmittel zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit zugeführt, die aufgrund des Konkurses der Gesellschaft verloren gewesen wären. Mit diesen Argumenten hätte sich die Erstbehörde eben so wenig auseinander gesetzt wie sie es auch unterlassen hätte, die der berichtigten UVA für 9/2002 zugrunde gelegten Bemessungsgrundlagen bzw. das Vorbringen, dass der Filialbetrieb zum Zeitpunkt des Ausstellungsdatums der konkreten Ausgangsrechnungen bereits geschlossen gewesen wäre, zu prüfen. Auch auf die im Berufungsschriftsatz dargestellten zurück gebuchten (Anmerkung der Rechtsmittelbehörde: gemeint wohl nicht zurück gebuchten) Reklamationen bzw. die umsatzsteuerrechtliche Doppelerfassung von Ausgangsrechnungen im Haftungszeitraum wäre das Finanzamt in der Sache selbst nicht eingegangen. Dem Berufungswerber wäre auch angelastet worden, sich keine ausreichenden Barmittel gehalten zu haben. Dieser Vorwurf sei unberechtigt, weil es sich bei der Primärschuldnerin um ein EDV - Handelsunternehmen mit vorwiegenden Umsätzen aus einem Webshop gehandelt hätte, und in dieser Branche grundsätzlich bargeldlos verkehrt werde. Liefen sämtliche Geldtransaktionen wie beim primärschuldnerischen Unternehmen über die Bank, bestehe für den Geschäftsführer nur die Pflicht, den Zahlungsverkehr mit der Bank durch entsprechende Haftungszuführungen zu gewährleisten. Für welche Zahlungen die Bank zugeführte Mittel jedoch danach verwende, liege außerhalb des Verantwortlichkeitsbereiches des Geschäftsführers. Es erweise sich daher auch der dem Berufungswerber in diesem konkreten Zusammenhang gemachte Schuldvorwurf als haltlos. Abschließend werde noch folgende persönliche Stellungnahme des Berufungswerbers zum Thema "EDV" zur Kenntnis gebracht und ersucht, die in der Berufung vom 10. Mai 2004 dargestellten Berichtigungen danach anzuerkennen: "Ich möchte festhalten, dass die im Schreiben angeführten EDV - Probleme ( O-GmbH ) nicht hardwarebedingt waren und somit nicht den Geschäftszweig der O-GmbH betreffen. Vielmehr waren diese EDV - Probleme programmbedingt durch die Überleitung der Warenwirtschaft (der Firma U, X ) in das Buchhaltungssystem der Firma MN. Die O-GmbH hatte das Wawi System nur aufgrund der Datenübernahme in MN angeschafft und sogar aufgrund der Filialerweiterung ein Webportal zur Einspielung von Umsatz, Artikel und Lagerstand durch U programmieren lassen. Leider musste U im Jahr 2002 Insolvenz anmelden, und Reklamationen führten zu nichts. Fehler gab es im Programm auch bei Buchungen und Kassaständen. Vom damaligen Steuerberater wurden diese Überleitungsdateien nicht auf ihre Plausibilität geprüft und einfach in die Buchhaltung übernommen. Daher auch die aufgezeigten Inkonsistenzen und Doppelerfassungen. Auch dies konnte erst nachträglich festgestellt werden. Ein entsprechendes Instrumentarium der nachträglichen Berichtigung von Bemessungsgrundlagen findet sich auch im Umsatzsteuergesetz." Am 19. Juli 2005 legte das Finanzamt die Haftungsberufung vom 12. Mai 2004 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Obiger Sachverhalt ist folgender rechtlichen Würdigung zu unterziehen:

Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden in erster Instanz erlassen, sind Berufungen zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist (§ 243 Bundesabgabenordnung idgF). Die Berufungsfrist beträgt gemäß § 245 Abs. 1 BAO einen Monat. Für den Beginn der Berufungsfrist ist der Tag maßgebend, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (vgl. § 109 BAO). Bei schriftlichen Erledigungen erfolgt die Bekanntgabe, wenn nicht in besonderen Vorschriften anderes vorgesehen ist, regelmäßig durch Zustellung (§ 97 Abs. 1 lit. a BAO). Dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Sendungen (Rsa - Sendungen) dürfen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden (§ 21 Abs. 1 ZustellG). Kann eine Rsa - Sendung beim ersten Zustellversuch nicht zugestellt werden, so ist der Empfänger schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 ZustellG zu hinterlegen (§ 21 Abs. 2 ZustellG). Gemäß § 17 Abs. 1 und 2 ZustellG ist eine eigenhändig zuzustellende, dem Empfänger an der Abgabestelle anlässlich zweier Zustellversuche unzustellbar gewesene Sendung im Falle der Postzustellung beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, der Empfänger von dieser Hinterlegung schriftlich zu verständigen, und in dieser an der Abgabestelle zurück zu lassenden Verständigung auch der Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, Beginn und Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird (§ 17 Abs. 3 erster und zweiter Satz ZustellG). Außer in den Fällen des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustellG gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt (§ 17 Abs. 3 dritter Satz ZustellG). Für die Berechnung der Berufungsfrist gilt § 108 Abs. 2, 3 und 4 BAO. Danach enden nach Monaten bestimmte Fristen grundsätzlich mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, der durch seine Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht (Absatz 2 leg. cit.). Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (Absatz 3 leg. cit.). Die Tage des Postenlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet (Absatz 4 leg. cit.). Zur Einhaltung einer (Berufungs)Frist reicht es aufgrund § 108 Abs. 4 BAO daher aus, wenn die Postaufgabe am letzten Tag der Frist erfolgt, sofern das maßgebliche Schriftstück (z.B. Berufung) überhaupt bei der Behörde einlangt (Ritz, BAO³ § 245 Rz 2). Dem § 110 Abs. 1 BAO zufolge können gesetzlich festgesetzte Fristen nicht geändert werden, es sei denn, es ist ausdrücklich anderes bestimmt. Bei der einmonatigen Berufungsfrist handelt es sich um eine gesetzliche Frist (§ 245 Abs. 1 BAO). § 245 Abs. 3 erster Satz BAO normiert jedoch ausdrücklich, dass die Berufungsfrist aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden kann. Die Bestimmungen des § 108 Abs. 3 und 4 BAO gelten auch für die durch Bescheid verlängerte Berufungsfrist (Ritz, BAO³ § 245 Rz 2). Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt (§ 245 Abs. 3 zweiter Satz BAO). Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Fristverlängerungsantrages und endet mit dem Tag, an dem die Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag dem Antragsteller zugestellt wird (§ 245 Abs. 4 erster Satz BAO). Hemmung der Rechtsmittelfrist bedeutet, dass die Frist mit dem Tag der Einbringung des zur Hemmung führenden Antrages abgestoppt wird, und mit dem Tag der Zustellung des die Hemmung beendenden Schriftstückes folgenden Tag ihr Rest weiterläuft. Aufgrund ausdrücklicher Anordnung im 245 Abs. 4 letzter Satz BAO kann die Hemmung in den Fällen des § 245 Abs. 3 BAO (Fristverlängerungsantrag) jedoch nicht dazu führen, dass die Berufungsfrist erst nach dem Zeitpunkt, bis zu dem letztmals ihre Verlängerung beantragt wurde, abläuft. Aus dem Wortlaut des § 245 Abs. 3 zweiter Satz BAO und § 245 Abs. 4 BAO ergibt sich, dass eine Verlängerung der Berufungsfrist einen diesbezüglichern Antrag voraussetzt. Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs.1 BAO (VwGH v. 17. November 2005, 2001/13/0279; Ritz, BAO³ § 245 Rz 11 und 12; SWK 2006, S 311). Anbringen zur Geltendmachung von Rechten sind gemäß § 85 Abs. 1 BAO - vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatz 3 leg. cit. - schriftlich einzureichen (Eingaben). Mündliche Anbringen vorgenannter Art hat die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 3 BAO dann entgegen zu nehmen, wenn dies die Abgabenvorschriften vorsehen (lit. a), oder dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist (lit. b) oder wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann (lit. c). Mündliche Anbringen sind in einer Niederschrift festzuhalten (§ 87 BAO). Sehen die Abgabenvorschriften für Anbringen Schriftlichkeit vor oder gestatten sie diese, dann können Anbringen dem § 86a Abs. 1 BAO zufolge auch telegrafisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Telefonische Anbringen sind nur zulässig, wenn sie gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sind. Telefonische Mitteilungen an die Abgabenbehörde sind gemäß § 89 BAO in Aktenvermerken festzuhalten. Durch ein Fristverlängerungsansuchen wird der Lauf der Berufungsfrist nur dann wirksam gehemmt (abgestoppt), wenn es sich dabei um ein Anbringen im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO handelt, und dieses vor Ablauf der Berufungsfrist, also rechtzeitig, eingebracht wird. § 108 Abs. 4 BAO (Nichteinrechnung des Postenlaufes) ist auch hier anwendbar (Ritz, BAO³ § 245 Rz 25).

Im vorliegenden Fall wurde der Haftungsbescheid vom 20. November 2003 vom Finanzamt als ein dem Berufungswerber eigenhändig zuzustellendes Schriftstück versendet. Aus dem im Haftungsakt abgelegten, dieser Sendung zugehörigen Rückschein ist ersichtlich, dass dieser Haftungsbescheid dem Berufungswerber anlässlich der beiden am 24. November 2003 und 25. November 2003 unternommenen Zustellversuche an seiner aktenkundigen Wohnadresse (Abgabestelle) trotz Ankündigung des zweiten Zustellversuches nicht zugestellt werden konnte. Da eine Ersatzzustellung aufgrund verfügter Eigenhandzustellung unzulässig war, wurde der Haftungsbescheid nach dem zweiten erfolglosen Zustellversuch vom Zustellorgan der Post gemäß § 21 iVm 17 ZustellG beim zuständigen Zustellpostamt hinterlegt und dabei laut Rückschein der Beginn der Abholfrist mit 26. November 2003 bestimmt. Indem hinterlegte Sendungen gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz BAO mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gelten, wurde der Haftungsbescheid vom 20. November 2003 dem Berufungswerber daher am 26. November 2003 (durch Hinterlegung) und nicht wie im Haftungsberufungsschriftsatz vermeint, bereits am 24. November 2003 zugestellt. Mit dieser Bescheidzustellung durch Hinterlegung wurde ab 26. November 2003 auch der Lauf der einmonatigen Berufungsfrist (§ 245 Abs. 1 BAO) in Gang gesetzt. Unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 2 BAO endete die gesetzliche Monatsfrist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid damit am Freitag den 26. Dezember 2003, da es sich bei diesem Tag allerdings um einen gesetzlichen Feiertag (Stefanitag) handelte, und die beiden nächstfolgenden Tage (27. und 28. Dezember 2003) auf einen Samstag bzw. Sonntag fielen, endete die gesetzliche Berufungsfrist (§ 245 Abs. 1 BAO) somit wegen der Anordnungen im § 108 Abs. 3 BAO grundsätzlich erst am Montag (Werktag) den 29. Dezember 2003.

Vor Ablauf dieser Frist langte beim Finanzamt am 17. Dezember 2003 ein somit rechtzeitiger schriftlicher Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 20. November 2003 bis am 24. Jänner 2004 ein. Durch dieses wirksame (schriftlich und rechtzeitig) Fristverlängerungsansuchen wurde der Lauf der gesetzlichen Berufungsfrist (§ 245 Abs. 1 BAO) ab Antragseinbringung am 17. Dezember 2003 wirksam gehemmt (§ 245 Abs. 3 und 4 BAO). Mit schriftlichem Bescheid vom 19. Dezember 2003 gab das Finanzamt diesem Fristverlängerungsgesuch gestützt auf § 245 Abs. 3 BAO antragsgemäß statt, so dass aufgrund rechtsgestaltender Wirkung dieses Bewilligungsbescheides die Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid behördlich bis 24. Jänner 2004 verlängert wurde. Aufgrund dieser bescheidmäßigen Fristverlängerung, und weil der 24. Jänner 2004 konkret auf einen Samstag fiel, konnte eine Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 20. November 2003 unter Berücksichtigung des § 108 Abs. 3 BAO allerdings wirksam (vorerst) bis spätestens Montag den 26. Jänner 2004 (letzter Fristtag der erstmals verlängerten Berufungsfrist), eingebracht werden. Mit dem der Zustellung dieses Fristverlängerungsbescheides an den Berufungswerber (bzw. an dessen zustellbevollmächtigten steuerlichen Vertreter) folgenden Tag endete auch die für die gesetzliche Berufungsfrist durch das Fristverlängerungsansuchen vom 17. Dezember 2003 ausgelöste Hemmung.

Vor Ablauf dieser verlängerten Berufungsfrist wurde mit Telefax vom 21. Jänner 2004 erneut um Verlängerung der Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid bis am 24. Februar 2004 ersucht. Da Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO, wie sie etwa Fristverlängerungsansuchen darstellen, aufgrund ausdrücklicher Anordnung im § 86a Abs. 1 BAO auch im Wege der Telekopie eingebracht werden können, stellte dieses zweite mittels Telefax eingebrachte Fristverlängerungsgesuch ebenfalls ein wirksames Anbringen zur Geltendmachung von Rechten dar. Deshalb, und weil es in Ansehung des oben dargestellten Fristendes per 26. Jänner 2004 auch rechtzeitig war, kam auch diesem zweiten Fristverlängerungsansuchen fristhemmende Wirkung zu, so dass der Lauf der (erstmals) verlängerten Berufungsfrist ab dem Tag dieser Antragseinbringung (21. Jänner 2004) neuerlich gehemmt war. Mit Bescheid vom 22. Jänner 2004 erstreckte das Finanzamt die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid antragsgemäß weiter bis 24. Februar 2004. Mit dem der Zustellung dieses Bewilligungsbescheides an den Berufungswerber (bzw. an dessen zustellbevollmächtigten steuerlichen Vertreter) folgenden Tag endete die für die bereits verlängerte Berufungsfrist ab 21. Jänner 2004 (Einbringung des zweiten Fristverlängerungsansuchens) bestandene Hemmung. Aufgrund rechtsgestaltender Wirkung des Fristverlängerungsbescheides vom 22. Jänner 2004, und weil das dabei behördlich eingeräumte Fristende per 24. Februar 2004 auf keinen der im § 108 Abs. 3 zweiter Satz BAO angeführten Tage, sondern auf einen Werktag fiel, endete damit die erneut verlängerte Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid, vorausgesetzt keiner weiteren Antragstellungen bzw. Bewilligungen im Sinne des § 245 Abs. 3 BAO, am Dienstag den 24. Februar 2004.

Dem Haftungsakt des Berufungswerbers, und zwar konkret dem darin auf der Zweitschrift des Berufungsfristverlängerungsbescheides vom 22. Jänner 2004 angebrachten und vom Organwalter "Z." gefertigten Aktenvermerk vom 23. Februar 2004 ist zu entnehmen, dass Mag. H. , laut Aktenlage ein Mitarbeiter des steuerlichen Vertreters des Berufungswerbers, am 23. Februar 2004, also vor Ablauf der bis 24. Februar 2004 verlängerten Berufungsfrist, telefonisch beim Organwalter "Z." des Finanzamtes um weitere Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid ersucht hat. Auf demselben behördlichen Schriftstück findet sich ein weiterer gleichfalls von "Z." unterzeichneter Aktenvermerk von 29. April 2004 mit folgendem Inhalt: "Mag. H. telefonisch Frist bis 15. Mai 2004 verlängert." Da dieser Aktenvermerk am Berufungsfristverlängerungsbescheid vom 22. Jänner 2004 erfolgt ist, und er nach dem Aktenvermerk vom 23. Februar 2004 angebracht ist, der das neuerliche telefonische Berufungsfristverlängerungsansuchen des steuerlichen Vertreters vom 23. Februar 2004 dokumentiert, besteht kein Zweifel, dass es sich bei der im Aktenvermerk vom 29. April 2004 vom Organwalter "Z." festgehaltenen telefonischen Fristverlängerung bis 15. Mai 2004 um eine von "Z." gegenüber Mag. H. demgemäß telefonisch ausgesprochene Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 20. November 2003 handelt. Wie bereits oben dargelegt, sieht § 85 Abs. 1 BAO für Anbringen zur Geltendmachung von Rechten grundsätzlich Schriftlichkeit und unter den im § 85 Abs. 3 BAO genannten Voraussetzungen auch Mündlichkeit vor, wobei über mündliche Anbringen jedenfalls eine Niederschrift aufzunehmen ist. Weiters können Anbringen, für die Schriftlichkeit vorgesehen ist, rechtswirksam auch mittels der im § 86a BAO angeführten Eingabeformen gestellt werden. Telefonische Mitteilungen an die Abgabenbehörde sind von dieser gemäß § 89 BAO in einem Aktenvermerk festzuhalten. Die BAO unterscheidet demnach also klar zwischen schriftlichen und mündlichen Anbringen sowie telefonischen Mitteilungen. Telefonische Anbringen sind immer nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind, wie dies etwa im § 2 AuskunftspflichtG der Fall ist. Wie jede andere verlängerbare Frist darf auch die Erstreckung der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 BAO nur über ein vor ihrem Ablauf gestelltes Ansuchen erfolgen (VwGH v. 22. Februar 1996, 93/15/0192). Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO (Ritz, BAO³ § 85 Rz 5 und § 245 Rz 12). Diese Bestimmung sieht telefonische Anbringen jedoch nicht vor. Da ein telefonisches Ansuchen um Verlängerung der Berufungsfrist auch kein "mündliches" Anbringen im Sinne des § 85 Abs. 3 BAO ist (Ritz, BAO³ § 85 Rz 9), handelt es sich daher bei einem telefonischen Ansuchen um kein wirksames Anbringen zur Geltendmachung von Rechten. Dies mit der Folge, dass einem telefonischen Ansuchen um Verlängerung der Berufungsfrist auch keine die Berufungsfrist hemmende Wirkung zukommt (VwGH v. 17. November 2005, 2001/13/0279; VwGH v. 31. März 2005, 2004/15/0089; VwGH v. 1. September 1999, 99/16/0097; SWK 2005, S 311; ARD 5674/12/2006).

Im Berufungsfall lag nach dem Inhalt des Haftungsaktes des Berufungswerbers vor dem Ablauf der mit Bescheid vom 22. Jänner 2004 rechtswirksam bis 24. Februar 2004 (weiter) verlängerten Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid somit weder ein schriftliches noch ein mündliches Ansuchen um neuerliche Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 20. November 2003 vor. Der oben wiedergegebene Aktenvermerk vom 23. Februar 2004 bekundet vielmehr lediglich ein "telefonisches" Ersuchen eines Mitarbeiters des steuerlichen Vertreters des Berufungswerbers um weitere Verlängerung der Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid, das aufgrund vorstehender Ausführungen jedoch kein Anbringen im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO dargestellt hat. Lag demnach aber kein vor Ablauf der bescheidmäßig bis 24. Februar 2004 verlängerten Berufungsfrist wirksam im Sinne des § 245 Abs. 3 BAO iVm § 85 BAO gestellter Antrag auf (nochmalige) Verlängerung der Berufungsfrist vor, konnte solcherart auch der Lauf der bescheidmäßig bis 24. Februar 2004 erstreckten Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 zweiter Satz BAO nicht gehemmt werden. Dies mit der Folge, dass die bereits verlängert gewesene Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid trotz dieses am 23. Februar 2004 telefonisch gestellten weiteren Fristverlängerungsgesuches weiterlief.

Eine telefonische Mitteilung der Abgabenbehörde, dass einem telefonischen Ersuchen um Verlängerung der Berufungsfrist entsprochen werde, wie im Berufungsfall durch den Aktenvermerk vom 29. April 2004 dokumentiert, stellt im Übrigen auch keinen für eine Bescheiderlassung hinreichenden Formalakt dar. Die Verlängerung der Berufungsfrist gemäß § 245 Abs. 3 BAO ist zwar eine verfahrensrechtliche Verfügung, die gemäß § 94 BAO auch mündlich ergehen kann. Die mündliche Erlassung eines Bescheides durch Verkündung gemäß § 97 Abs. 1 lit. b BAO ist jedoch ein Formalakt, der der Partei als solcher zu Bewusstsein kommen muss. Die Erledigung wird erst dann als Bescheid wirksam, wenn sie dem Abgabepflichtigen nach den Vorschriften des § 97 BAO bekannt gegeben wird. § 97 BAO sieht jedoch eine telefonische Bekanntgabe nicht vor. Die telefonische Mitteilung, die Berufungsfrist zu verlängern, ist daher kein wirksamer Bescheid, sodass solcherart eine Fristverlängerung auch nicht durch eine rechtsgestaltende Bescheidwirkung eintritt (VwGH v. 22. Dezember 2005, 2002/15/0166; VwGH v. 17. November 2005, 2001/13/0279; VwGH v. 22. Februar 1996, 93/15/0192; ARD 5674/11/2006; ARD 5674/12/2006; SWK 2006, S 311). Im Berufungsfall trat aufgrund telefonischer Mitteilung des Finanzamtes an den Mitarbeiter des steuerlichen Vertreters, dass die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid (weiter) bis 15. Mai 2004 verlängert werde, daher eine weitere über den 24. Februar 2004 hinausgehende Fristverlängerung auch nicht durch eine rechtsgestaltende Bescheidwirkung (VwGH v. 8. März 1994, 91/14/0026) ein. Da im vorliegenden Fall somit weder ein fristgerecht vor Ablauf der rechtswirksam bis 24. Februar 2004 verlängerten Berufungsfrist betreffend Haftungsbescheid eingebrachtes wirksames (fristhemmendes) Fristverlängerungsansuchen nach § 245 Abs. 3 BAO noch ein Bescheid vorlag, mit dem diese rechtswirksam verlängerte Berufungsfrist rechtsgestaltend über den 24. Februar 2004 hinaus erstreckt worden wäre, erweist sich die mit Schriftsatz vom 10. Mai 2004 bzw. Eingangsdatum vom 12. Mai 2004 erhobene Berufung gegen den Haftungsbescheid von 20. November 2003 daher als außerhalb der Berufungsfrist (Fristende 24. Februar 2004) bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingelangt.

Gemäß § 273 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b). Aus der Wortfolge "hat durch Bescheid zurückzuweisen" ergibt sich, dass im Falle der Unzulässigkeit oder Verspätung einer Berufung ein Zurückweisungsbescheid zwingend zu erlassen ist. Dabei handelt es sich um eine Formalerledigung und keine Berufungsentscheidung. Wird eine Berufung trotz Unzulässigkeit oder Verspätung nicht zurückgewiesen, sondern über sie meritorisch (in der Sache) abgesprochen, so belastet dies die Sachentscheidung (Berufungsvorentscheidung oder Berufungsentscheidung) mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde. Aus dem Terminus "die Abgabenbehörde" im § 273 Abs. 1 BAO ist abzuleiten, dass zur Zurückweisung von Berufungen sowohl die Abgabenbehörde erster als auch zweiter Instanz sachlich zuständig ist (Ritz, BAO³ § 245 Rz 41 und § 274 Rz 26). Wird der Abgabenbehörde zweiter Instanz eine Berufung zur Entscheidung vorgelegt, so hat sie diese vorrangig auf ihre Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit hin zu überprüfen, und im Falle der Verneinung einer dieser Voraussetzungen zwingend einen Berufungszurückweisungsbescheid zu erlassen. Dies ergibt sich nicht nur aus § 273 Abs. 1 BAO, sondern auch aus § 289 Abs. 1 iVm Abs. 2 erster Satz BAO. Nach Absatz 2 erster Satz des § 289 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz nämlich außer in den Fällen des § 289 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst zu entscheiden. Da im Absatz 1 leg. cit. mit Rechtsverweisung auf § 273 BAO auch die Zurückweisung einer Berufung angeführt ist, ist es der Abgabenbehörde zweiter Instanz bei Zutreffen eines der im § 273 Abs. 1 BAO unter lit. a und lit. b genannten Fälle somit auch aufgrund dieser Bestimmung versagt, eine Sachentscheidung über die Berufung (Berufungsentscheidung) zu erlassen. Sie ist in solchem Fall vielmehr verpflichtet, die Berufung ohne Eingehen auf die Berufungssache selbst mittels Bescheid zurückzuweisen (Ritz, BAO³ § 273 Rz 1). Dies selbst dann, wenn über die ihr vorgelegte unzulässige oder verspätete Berufung erstinstanzlich, wie im vorliegenden Fall, bereits rechtswidrigerweise meritorisch durch Berufungsvorentscheidung abgesprochen worden sein sollte (VwGH v. 20. März 1989, 88/15/0131; Ritz, BAO³ § 245 Rz 41). Durch Stellung eines rechtzeitigen Vorlageantrages nach ergangener Berufungsvorentscheidung gilt die Berufung nämlich aufgrund § 276 Abs. 3 BAO ab diesem Zeitpunkt an wiederum als unerledigt. Da die Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 20. November 2003 aufgrund obiger Ausführungen gegenständlich am 24. Februar 2004 geendet hat, die diesbezügliche Haftungsberufung aber erst am 12. Mai 2004 außerhalb dieser Frist verspätet beim Finanzamt eingebracht wurde, war sie somit spruchgemäß nach § 273 Abs. 1 BAO zurückzuweisen. Eine sachliche Prüfung und inhaltliche Würdigung des Sach- und Rechtsvorbringens des Berufungswerbers hat diesfalls nicht mehr zu erfolgen. Die Berufungsvorentscheidung vom 13. Juni 2005 gehört ab Erlassung dieses Berufungszurückweisungsbescheides nicht mehr dem Rechtsbestand an (Ritz, BAO³ § 276 Rz 24).

Zum im Berufungsvorlageantrag vom 14. Juli 2005 gestellten Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung anlässlich des zweitinstanzlichen Berufungsverfahrens wird auf § 284 Abs. 3 iVm Abs. 5 BAO hingewiesen, wonach der namens des Berufungssenates für die Erledigung einer Berufung zuständige Referent (§ 270 Abs.3 BAO) ungeachtet eines rechtzeitig (z. B. im Vorlageantrag) gestellten Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von einer solchen unter anderem dann absehen kann, wenn die Berufung gemäß § 273 BAO zurückzuweisen ist. Da diese Voraussetzung gegenständlich zutrifft, konnte im zweitinstanzlichen Haftungsberufungsverfahren daher ungeachtet des rechtzeitig gestellten Antrages im Sinne des § 284 Abs. 1 Z 1 BAO gestützt auf § 284 Abs. 3 iVm Abs. 5 BAO, und ohne dass hierdurch Parteirechte verletzt worden wären, eine mündliche Berufungsverhandlung unterbleiben (Ritz, BAO³ § 273 Rz 30).

Linz, am 14. Juni 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 273 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 83 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 94 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Berufungsfrist, Fristverlängerungsansuchen, Anbringen zur Geltendmachung von Rechten, Schriftlichkeit, Mündlichkeit, Hemmung der Berufungsfrist, telefonischer Fristverlängerungsantrag, telefonische Fristverlängerung

Verweise:

VwGH 17.11.2005, 2001/13/0279
VwGH 22.12.2005, 2002/15/0166
VwGH 31.03.2005, 2004/15/0089
VwGH 01.09.1999, 99/16/0097
VwGH 22.02.1996, 93/15/0192
VwGH 20.03.1989, 88/15/0131

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