Zum Vorjahr ergangene BE hat Vorhaltscharakter im Folgejahr
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/13/0125 eingebracht. Mit Erk. v. 3.9.2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der EK, vom 26. April 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom 21. April 2004 betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2003 entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Abgabe war bereits fällig.
Entscheidungsgründe
Auf den im zur Einkommensteuer für das Jahr 2003 ergangenen Bescheid es unabhängigen Finanzsenates vom 14. März 2006, RD/0089-W/04, dargestellten Sachverhalt wird verwiesen.
Mit angefochtenem Bescheid wich die Amtspartei von der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 insofern ab, als sie die Steuerpflicht von erklärten Umsätzen iHv € 2.834,25 nicht infolge Leistungserbringung annahm, sondern die aus diesem Entgelt resultierende Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 vorschrieb, weil die Berufungswerberin (Bw) als Kleinunternehmerin anzusehen und ein Regelbesteuerungsantrag nicht aktenkundig war. Dem Akt liegt als Honorarabrechnung eine Gutschrift der Tageszeitung bei, in der das Entgelt und die darauf entfallende Umsatzsteuer getrennt ausgewiesen sind. Folglich zog die Amtspartei auch die geltend gemachte Vorsteuern von € 3.062,97 nicht von der geschuldeten Umsatzsteuer ab.
In der Berufung bringt die Bw vor, der dem Bescheid zur Kleinunternehmerregelung zu Grunde gelegte Sachverhalt sei aktenwidrig, denn sie habe am 22.5.1999 gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 auf die Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet.
Da sie Unternehmer sei, habe sie gesetzeskonform jede ihrer Rechnungen mit ausgeworfener Mehrwertsteuer ausgestellt, und sei sie berechtigt, die Vorsteuer bei der Abgabenbehörde geltend zu machen. Die Umsatzsteuer habe sie bereits in jeder relevanten UVA mit der Abgabenbehörde verrechnet. Schließlich beantragt die Bw die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Zum Regelbesteuerungsantrag wird auf die die Jahre 2000 und 2001 betreffende Berufungsentscheidung vom 5. Juli 2004, RV/4498-W/02, hingewiesen.
Es ergeht mit Datum 15. März 2006 ein Vorhalt an die Bw, mit dem sie aufgefordert wird, 1.) die Anspruchsvoraussetzung für die geltend gemachte Vorsteuer von 3.062,97 Euro durch Vorlage von Rechnungen nachzuweisen und 2.) die Höhe des Privatanteils der unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgüter durch Vorlage entsprechender Aufzeichnungen bekannt zu geben und 3.) die Unternehmereigenschaft für die über die Beratungstätigkeit für die Tageszeitung hinausgehende behauptete Tätigkeit nachzuweisen. Schließlich wird das in Aussicht gestellte Schätzungsergebnis vorgehalten, das sich an den Feststellungen der Vorjahre orientiert.
In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 30.3.2006 bringt die Bw vor, dass es bei unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern keinen Privatanteil gebe. Im Jahre 2003 sei die Bw Mitautorin eines näher bezeichneten Buches einer Tageszeitung gewesen, habe an dem Werk "Die männermordende Unschuld von Blunzendorf" gearbeitet und sei ihr Werk "Der echte Sabbath im Mondjahr" erschienen. Ihre Unternehmereigenschaft sei bereits durch die Ausstellung einer UID-Nummer bewiesen. Die zur Geltendmachung der Vorsteuer relevanten Rechnungen legt die Bw bei und führt insgesamt 66 Buchungsnummern an.
Über die Berufung wurde erwogen:
Es wird in keiner Weise bestritten, dass die Bw unternehmerisch tätig ist. In Streit steht ausschließlich, welche ihrer Tätigkeiten als unternehmerisch iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 anzusehen sind, wie weit also ihr Unternehmen reicht.
Die Bw tritt seit Mai 1999 als Geschäftspartnerin des LP auf und seit diesem Zeitpunkt stehen die zwischen ihr und LP gelegten Rechnungen vor den Abgabenbehörden in Streit. Mit den zu LP behaupteten Geschäften hat sich der unabhängige Finanzsenat ausführlich in der Berufungsentscheidung vom 5. Juli 2004, RV/44998-W/02, betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahr 2000 und 2001, auseinandergesetzt und entschieden, dass diese keine unternehmerische Tätigkeit darstellen.
Da der Sachverhalt zum Jahr 2002 in rechtserheblicher Hinsicht dem der Vorjahre 2000 und 2001 entsprach, hat der unabhängige Finanzsenat für das Jahr 2002 unter Hinweis auf die Berufungsentscheidung RV/4498-W/02, und zwar zur Einkommensteuer mit Bescheid vom 15. Mai 2005, RD/0006-W/04, und zur Umsatzsteuer mit Berufungsentscheidung vom 18. Oktober 2005, RV/1789-W/03, ebenso entschieden. Für das Jahr 2003 hatte der unabhängige Finanzsenat in erster Instanz den Einkommensteuerbescheid RD/0006-W/04 erlassen und wiederum bezüglich der strittigen Geschäfte mit LP in rechtserheblicher Hinsicht den gleichen Sachverhalt zu Grunde gelegt.
Die Bw wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass eine zu einem bestimmten Jahr ergangene Berufungs(vor)entscheidung für die Folgejahre Vorhaltscharakter hat (zB VwGH vom 3.7.2003, 99/15/0177, und vom 16.12.2003, 2000/15/0101), dennoch setzt sich die Bw auch im gegenständlichen Verfahren nicht mit der Beweiswürdigung der Abgabenbehörden auseinander. Die von LP in Rechnung gestellte Vorsteuer wird aus denselben wie bereits in den zu den Vorjahren ergangenen Entscheidungen dargelegten Gründen nicht anerkannt. Wegen der zwischen ihr und LP behaupteten kontokorrentmäßigen Aufrechnung wären in selber Höhe überdies auch die vereinnahmten Entgelte anzusetzen, weil die Aufrechnung bei beiden Personen gleichzeitig die Vereinnahmung einer Forderung und die Begleichung einer Schuld bewirkt. Die Aufrechnung bewirkt nur eine Verkürzung des tatsächlichen Zahlungsflusses, nicht seinen Ausschluss. Schließlich ist zu den notorisch in Streit stehenden Geschäften auch LP nicht als Unternehmer anzusehen, weshalb eine über solche Geschäfte von ihm ausgestellte Rechnung gar nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen kann.
Mit dem lapidaren Vorbringen, bei unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern gebe es keinen Privatanteil, verkennt die Bw einerseits die Rechtslage und andererseits entspricht diese Ansicht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens.
Aus von anderen Unternehmern als von LP gelegten Rechnungen ergäben sich nach den vorgelegten Rechnungen grundsätzlich Vorsteuern von € 143,47.
Hievon sind gemäß §12 Abs. 1Z 2 lit. a UStG 1994 jene Vorsteuern auszuscheiden, deren Lieferungen oder sonstigen Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten. Dies trifft auf jene Entgelte zu, die überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 sind. Unter das im EStG 1988 angeführte Abzugsverbot fallen hier die Anschaffung einer Perücke (Vorsteuer € 36,37) und eines Weckradios (Vorsteuer € 9,98), denn beides sind typisch unter § 20 Abs. 1 Z 2a EStG 1988 zu subsumierende Gegenstände der Lebensführung, die Anschaffung eines Wirtschaftswörterbuches Deutsch-Französisch (Vorsteuer € 4,67) als ebenso unter § 20 Abs. 1 Z 2a EStG 1988 zu subsumierenden Aufwand der Lebensführung, der selbst dann unter das Abzugsverbot fällt, wenn ihn die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt oder wenn der Aufwand zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgt.
Die verbleibende Vorsteuer von € 92,45 entfällt auf Fahrtkosten (Wiener Linien und OeBB, Vorsteuer € 20,62), Mobiltelefon (Vorsteuer € 34,67), Toner (Vorsteuer € 16,44) und die restlichen € 20,72 auf Verpackungskisten, Messebesuch, Aluminiumlineal und College Kreisschablone.
Aus der im Schriftsatz vom 30.3.2006 dargelegten Anschauung, dass es bei unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern keinen Privatanteil gebe, wird geschlossen, dass die Bw keine Aufzeichnungen bezüglich einer privaten Nutzung geführt hat. Im Hinblick auf die Freude der Bw an der Behelligung der Abgabenbehörden sowie das Führen von sinn- und zwecklosen Abgabenverfahren und Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof ist für die Bw bei der Schätzung des Privatanteils ein im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen wesentlich höherer Prozentsatz anzusetzen. Im Erkenntnis vom 15.2.2006, 2005/13/0133, führt selbst der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf zwei Beschlüsse aus, die Beschwerdeführerin gebe zu "erkennen, in dem mit der notorischen Vielzahl ihrer Anträge errichteten Verfahrenslabyrinth augenscheinlich nunmehr selbst die Orientierung verloren zu haben".
Mit Vorhalt vom 15.3.2006 wurde der Bw angekündigt, in Anlehnung an die für die Vorjahre ergangenen Entscheidungen die Vorsteuer mit 20 % von geschätzten Betriebsausgaben iHv € 170,- anzusetzen, wodurch ein Eigenverbrauch als erfasst anzusehen wäre. Angesichts der von Dritten in Rechnung gestellten Vorsteuer von € 92,45 entspricht eine Schätzung der Vorsteuern laut Vorhalt in etwa den tatsächlichen Verhältnissen. Mangels Auskunft zum Privatanteil ist Schätzungsbefugnis iSd § 184 BAO gegeben.
Dass das Unternehmen der Bw über die für die Tagszeitung erbrachte Beratungstätigkeit hinausgeht, zeigt die Bw mit dem Vorbringen, sie habe im Jahr 2003 an dem Werk "Die männermordende Unschuld von Blunzendorf" mitgearbeitet und ihr Werk "Der echte Sabbath im Mondjahr" sei erschienen, nicht auf.
Berechnung der Umsatzsteuer für das Jahr 2003:
Einnahmen, € | Umsatz- bzw. Vorsteuer, € | |
Tageszeitung lt. Erklärung | 2.834,26 | 566,60 |
Vorsteuer, geschätzt | 34,00 | |
Zahllast | 526,80 |
Wien, am 6. April 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Verfahrensgrundsätze, Pateiengehör, Vorhalt |
Verweise: | VwGH 03.07.2003, 99/15/0177 |