UFS RV/1996-W/05

UFSRV/1996-W/059.1.2006

Einräumung eines Wohnungs(gebrauchs)rechtes

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/16/0016 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 29.6.2006 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. vom 29. September 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 31. August 2005, ErfNr. betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Schenkungsvertrag vom 6. Mai 2005 übertrug Herr R - in der Folge Geschenkgeber genannt - verschiedene Grundstücke an seine Kinder - in der Folge Geschenknehmer genannt. Auf den vertragsgegenständlichen Grundstücken befindet sich auch ein Einfamilienhaus mit der Grundstücksadresse 1230, welches u.a. auch vom Geschenkgeber und seiner Gattin - diese in der Folge Berufungswerberin (Bw) genannt - bewohnt wird.

In Einem räumten die Geschenknehmer dem Geschenkgeber und der Bw. das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht im Umfang eines Gebrauchsrechtes gemäß § 504 ABGB hinsichtlich der im Keller und im Erdgeschoss befindlichen Zimmer des genannten Einfamilienhauses und hinsichtlich der Gartenfläche ein und erteilten ihre Zustimmung zur Einverleibung dieses Wohnrechtes.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien unterstellte hinsichtlich der Einräumung des Wohnrechtes eine unentgeltliche Zuwendung des Geschenkgebers an die Bw.

Es bewertete dieses unter Anwendung des § 16 BewG und legte der Bemessung der Erbschaftssteuer den Betrag von € 90.628,04 zu Grunde. Hievon brachte es die Freibeträge Gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG in Höhe von € 2.200,- und gemäß § 14 Abs. 3 ErbStG in Höhe von € 7.300,- in Abzug und setzte die Steuer gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit in Höhe von € 4.867,68 fest.

Dagegen wendet sich die Berufung. Die Bw. hält einleitend fest, dass das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien grundsätzlich zu Recht von einer Zuwendung ihres Ehegatten ausgegangen sei. Doch handle es sich hier um eine einheitliche Zweckzuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 3 ErbStG. Sie führt erklärend aus, dass das durch die Schenkung übergebene Einfamilienhaus bis dahin und auch weiter die einzige Unterkunft für sie und den Geschenkgeber darstelle. Die Einräumung des Wohnrechtes ihr gegenüber sei der Unterhaltspflicht ihres Gatten entsprungen und sollte weiters auch ihre wohnrechtliche Absicherung nach dem Tod des Geschenkgebers gewährleisten. Damit aber läge keine der Schenkungssteuer zu unterziehende Zuwendung vor.

Sollte sich die Behörde dieser Ansicht nicht anschließen, so käme die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. c ErbStG in Betracht oder auch die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG, wobei die Bw. hiezu noch weiters ausführt, dass sie selbst lediglich über eine Nettopension von € 549,27 verfüge und dieser Betrag auch deutlich unter dem Existenzminimum läge. Es wäre ihr demgemäß nicht einmal möglich die notwendigsten Lebenshaltungskosten zu bestreiten, weshalb sie auf den Ehegattenunterhalt angewiesen sei, der eben nicht in Geld ausbezahlt sondern eben in der Bereitstellung von Kleidung, Nahrung, Wohnung, etc.... geleistet werde.

Darüber hinaus wendet sich die Berufung auch gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage.

Die hiezu ergangene Berufungsvorentscheidung führt im Wesentlichen dazu aus, dass keine der angeführten Befreiungsbestimmungen zur Anwendung gelangen könne. § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG deshalb nicht, da Unterhaltsverpflichtungen nur ein Recht auf Mitbenützung einer Wohnung beinhalten nicht aber die Verschaffung eines dinglichen Rechtes. § 15 Abs. 1 Z. 1 lit. c leg.cit. finde nur Anwendung auf Grundstücksübertragungen nicht aber auf die Einräumung von Wohnrechten. Bezüglich der Höhe der Bemessungsgrundlage setzt das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien entgegen, dass es sich im Berufungsfall um eine Verbindungsrente handle. Es errechne sich daher ausgehend von dem, - von den Vertragsparteien - angegebenen Monatswert von € 800,- der Kapitalwert für beide Personen mit € 128.305,90, wovon auf den Erstberechtigten ein Wert von € 37.677,86 entfalle und auf die Bw. ein Betrag von € 90.628,-. Dieser sei auch der Bemessung zu Grunde gelegt worden.

Der Vorlageantrag an die Abgabenbehörde II. Instanz hält das gesamte Berufungsvorbringen vollinhaltlich aufrecht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 ErbstG unterliegen der Steuer Schenkungen unter Lebenden.

Als Schenkung im Sinne des Gesetzes gilt gemäß § 3 (1) Z. 3 leg.cit. was infolge Vollziehung einer von dem Geschenkgeber angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;

§ 4 Z 2 leg. cit. lautet: "Als Zweckzuwendung gilt bei einer freigebigen Zuwendung unter Lebenden a) eine der Zuwendung beigefügte Auflage zugunsten eines Zweckes oder eine Leistung zugunsten eines Zweckes, von der die Zuwendung oder ein gegenseitiger Vertrag abhängig gemacht ist, b) eine in einem entgeltlichen Vertrag vereinbarte Leistung zugunsten eines Zweckes, sofern das Entgelt nicht der Umsatzsteuer unterliegt."

Gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG bleiben steuerfrei:

Gemäß Z. 1 lit. c :Schenkungen unter Lebenden zwischen Ehegatten unmittelbar zum Zwecke der gleichteiligen Anschaffung oder Errichtung einer Wohnstätte mit höchstens 150 m2 Wohnnutzfläche zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses der Ehegatten.

Gemäß Z. 9 leg.cit.: Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des angemessenen Unterhaltes oder zur Ausbildung des Bedachten.

Unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass es sich um eine Zuwendung vom Ehegatten der Bw. handelt.

Von einer einheitlichen Zweckzuwendung im Sinne des Gesetzes kann hier aber nicht gesprochen werden, da eine derartige nur insofern vorliegt, als es sich um die Schaffung einer selbständigen Vermögensmasse handelt (vergleiche hiezu z.B.: das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. 5. 1997, Zl. 96/16/0251 und die darin zitierten Kommentare); Eine derartige Zweckzuwendung liegt vor, wenn jemandem Vermögen zugewendet wird mit der Verpflichtung es nicht für eigene Zwecke und auch nicht für eine oder mehrere bestimmte Personen zu verwenden sondern für einen unbestimmten Personenkreis. Die Eigenart der Zweckzuwendung liegt darin, dass das Zugewendete nicht einer bestimmten Person, sondern einem objektiv bestimmten Zweck zukommen soll. Das trifft im Berufungsfall aber nicht zu.

Nun haben Ehegatten aber gegeneinander zivilrechtliche Ansprüche auf Unterhalt.

Sie haben gemäß § 94 Abs. 1 ABGB nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen.

Gemäß Abs. 2 leistet der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Missbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.

Gemäß Abs. 3 ist auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im Vorhinein nicht verzichtet werden.

§ 97 ABGB bestimmt, dass insofern, als ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt ist, dieser einen Anspruch darauf hat, dass der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere.

Dieses Wohnrecht besteht von Gesetzes wegen im Umfang des dringenden Wohnbedürfnisses und setzt eine tatsächliche Inanspruchnahme voraus. Dem verfügungsberechtigte Eheteil erwächst hieraus die Verpflichtung zur Wahrung der weiteren Wohnmöglichkeit für den anderen. Der Anspruch des wohnungsbedürftigen Ehegatten ist nach hM seiner Wirkung nach ein bloß schuldrechtlicher und richtet sich grundsätzlich nur gegen den Ehepartner. Ein Anspruch auf Einräumung eines dinglichen Rechtes besteht nach hA nicht (vergleiche hiezu z.B. Schwimann, Kommentar zum ABGB, 3. Auflage, Band 1, Rz. 1ff zu § 97).

Damit aber weist die Einräumung eines solchen (dinglichen) Wohnrechtes jedenfalls freigebigen Charakter auf und es kommt in einem derartigen Fall überhaupt erst zur Überprüfung ob ein Befreiungstatbestand des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG vorliegt.

§ 521 ABGB definiert das Servitut der Wohnung als Recht, die bewohnbaren Teile eines Hauses zu seinem Bedürfnis zu benützen. Sie ist also eine Servitut des Gebrauches von dem Wohngebäude. Die Dienstbarkeit der Wohnung kann im Rahmen der Privatautonomie entweder als Gebrauchsrecht im Sinne des § 504 ABGB oder als Fruchtgenussrecht im Sinne des § 509 ABGB vereinbart werden (vergleiche hiezu z.B. Schwimann, Kommentar zum ABGB, 3. Auflage, Band 2, Rz. 1ff zu § 521).

Nun hat der im Sinne des § 504 ABGB Gebrauchsberechtigte lediglich ein Recht zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse, während der im Sinne des § 509 ABGB Fruchtgenussberechtigte z.B. auch das Recht auf Vermietung und Verpachtung der dienenden Sache hat - somit also auch ein Recht auf die "Früchte", die er aus dieser Sache zu ziehen vermag.

Im gegenständlichen Fall wurde im Vertrag ausdrücklich die Einräumung eines Wohnrechtes im Umfang eines Gebrauchsrechtes gemäß § 504 ABGB vereinbart. Es steht der Bw. damit nur das bloße höchstpersönliche Wohnrecht an dieser Wohnung zu, nicht aber das Recht darüber hinaus Früchte aus der Einräumung der Servitut zu ziehen. Die Dinglichkeit eines derartigen Rechtes ergibt sich aber schon aus § 472 ABGB. Nun erfolgt die Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich autonom durch die Ehegatten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Es kann also allein die Tatsache, dass der Ehegatte der Bw. ihr im Zuge der Übergabe der Liegenschaften ein ex lege dingliches Recht zur Sicherung ihres Wohnbedürfnisses einräumt nicht dazu führen, dass die Angemessenheit des Unterhaltes dadurch in Frage gestellt wird.

In dem dem Erkenntnis vom 20. 12. 2001, Zl. 2001/16/0592 zugrunde liegenden Fall, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass die aus dem Familienrecht erfließende Berechtigung zur Benützung der Ehewohnung nicht dem dinglichen Recht des Wohnungsgebrauches gleichgesetzt werden kann liegt ein Sachverhalt zu Grunde, der nicht auf die Anwendbarkeit des Befreiungstatbestandes des § 15 Abs. 1 Z. 9 EbStG hin überprüft wurde. Vielmehr hat der Gerichtshof hier lediglich klargestellt, dass mit der vorliegenden Vereinbarung der Beschwerdeführerin von ihrem Ehemann die Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnungsgebrauches an dem ihm gehörigen Gebäude unentgeltlich eingeräumt und sie dadurch in ihrem Vermögen bereichert wurde, während das Vermögen ihres Ehegatten durch die Belastung der Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit entsprechend geschmälert wurde. Daraus folge aber, dass die vorliegende Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechtes an die Beschwerdeführerin der Schenkungssteuer unterliege.

Im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG erging das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1992, Zl. 91/16/0111, aus dem klar hervorgeht, dass selbst die Zuwendung einer lebenslänglichen Versorgungsrente "in Überbindung der Sorgepflicht an die Gattin" angemessen im Sinne des leg.cit. sein kann.

Selbst bei Einräumung eines Fruchtgenussrechtes hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. 2. 1988, Zl. 86/16/0187 zum Ausdruck gebracht, dass dieses alleine für sich betrachtet der Anwendung der Befreiungsbestimmung noch nicht entgegensteht, sondern dass vielmehr das Ergebnis der Angemessenheitsprüfung die Festsetzung der Schenkungssteuer rechtfertigt.

Umso mehr muss das auch auf ein reines Wohnungsgebrauchsrecht zutreffen, wenn die Gattin wie im gegenständlichen Fall offenbar auf Grund ihres geringen eigenen Einkommens nicht einmal in der Lage wäre auch nur ihr Wohnbedürfnis zu befriedigen.

Im Berufungsfall, bringt die Bw. nämlich vor, dass sie lediglich über ein eigenes Einkommen in Höhe von € 549,27 verfüge, wobei dieser Betrag deutlich unter dem Existenzminimum liege.

Zusammenfassend - nach eingehender Auseinandersetzung mit der Gesetzeslage, Kommentaren und Judikatur - wird daher festgestellt, dass die Einräumung des Wohnungsrechtes im gegenständlichen Fall eindeutig der Sicherung des Unterhaltes dient und es im Berufungsfall auch nicht der Anwendung des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG entgegensteht, dass die Leistung in der Einräumung des dinglichen Wohnrechtes liegt, da diese hier nicht einer Vermögensanhäufung dient, sondern eben lediglich der Befriedigung des höchst persönlichen Wohnbedürfnisses, die dem Recht der Ehegatten auf Unterhalt entspringt.

Es war daher unter Berücksichtigung dieser Umstände dem Berufungsbegehren zu entsprechen und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Wien, am 9. Jänner 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955

Schlagworte:

Wohnrecht, Dienstbarkeit, Unterhalt

Verweise:

VwGH 20.12.2001, 2001/16/0592
VwGH 11.02.1988, 86/16/0187
VwGH 22.10.1992, 91/16/0111

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