UFS RV/1364-W/05

UFSRV/1364-W/051.12.2005

Absetzbarkeit und Kürzung um Pflegegeld hinsichtlich der die Ehegattin betreffenden außergewöhnlichen Belastungen

 

Anmerkungen:
abweichend Rz 869ff der LStR 2002

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom 16. Juli 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom 25. Mai 2005 betreffend Einkommensteuer 2004 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Einkommensteuererklärung (L1) des Berufungswerbers (Bw) für das Jahr 2004 langte am 14. März 2005 elektronisch beim Finanzamt ein (ANV-Akt Bl 1/2004), worin als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht wurden: Grad der Behinderung (des Bw): 70%; Diät: Zucker, zusätzliche Kosten (Kennzahl 476): 9.060 €.

Weiters sind aktenkundig drei Blätter (ANV-Akt Bl 5-7/2004), aus denen die Zusammensetzung der o.a. 9.060 € hervorgeht: Ausgabenkategorie WC-Umbau (wegen Ehegattin des Bw): 7.589,78 € Ausgabenkategorie Medikamente für Ehegattin des Bw: 914,34 € Ausgabenkategorie Medikamente für Bw: 397,97 € Kilometergeld AKH-Fahrten (Coagu) betr Bw: 158 € Addition der gerundeten Beträge: 7.590 + 914 + 398 + 158 = 9.060.

Nachdem ihm anlässlich persönlicher Vorsprachen und telefonisch mitgeteilt worden sei, dass die Aufwendungen für Krankheitskosten seiner Gattin nur soweit abzugsfähig seien, als sie den Selbstbehalt überstiegen, machte der Bw mit Telefax vom 21. April 2005 folgende zusätzliche Kosten geltend, die ihm bisher als unter dem Selbstbehalt liegend erschienen seien (ANV-Akt Bl 8/2004): zusätzliche eigene Krankheitskosten (Zahnbehandlung): 1.423,39 € Mehraufwand für Diätverpflegung der Gattin des Bw wegen Diabetes: 840 €, geschätzt in Anlehnung an diesbezügliche Pauschalbeträge.

Das Finanzamt addierte (betreffend Ehegattin des Bw) die Hilfsmittel (WC-Umbau) iHv 7.589,78 €, Heilbehandlungskosten iHv 914,34 €, Mehraufwand wegen Diät laut Nachtrag iHv 840 € (Zwischensumme: 9.344,12 €) und subtrahierte davon das von der Ehegattin des Bw bezogene Bundespflegegeld iHv 7.443,60 €, sodass sich Krankheitskosten betreffend die Ehegattin iHv 1.900,52 € ergaben. Aus diesem Betrag resultierte, vermehrt um die Zahnbehandlungskosten betreffend den Bw iHv 1.423,39 €, ein Betrag von 3.323,91 €. Weiters ermittelte das Finanzamt durch Addition der Medikamentenkosten betreffend den Bw (397,97 €) und der Coagu-Kosten (158 €) einen Betrag von 555,97 €.

Das Finanzamt erließ einen mit 25. Mai 2005 datierten Einkommensteuerbescheid 2004 (ANV-Akt Bl 25ff/2004), in welchem folgende außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt wurden: 3.323,91 € abzüglich Selbstbehalt iHv 3.278,47 € (effektiv somit 45,44 €) 363 € Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs 3 EStG 1988 840 € Pauschbetrag wegen eigener Behinderung (gemäß § 2 Abs 1 VO: 12x70) 555,97 € nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung (§ 4 VO).

Am 15. Juni 2005 langte über Finanz-Online ein Anbringen des Bw mit Erstellungsdatum 14. Juni 2005 ein, worin er die Verlängerung der Berufungsfrist für den Einkommensteuerbescheid 2004 bis zum 18. Juli 2005 beantragte (ANV-Akt Bl 29/2004). Eine bescheidmäßige Entscheidung über den Fristverlängerungsantrag erfolgte nicht (ANV-Akt Bl 28/2004). Somit ist nach Ansicht der Berufungsbehörde im Ergebnis eine stillschweigende Verlängerung der Berufungsfrist bis zum 18. Juli 2005 eingetreten, weil die Berufungsfrist gemäß § 245 Abs 3f BAO durch den jedenfalls rechtzeitigen Fristverlängerungsantrag bis zum 18. Juli 2005 gehemmt worden ist, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der 14. oder der 15. Juni 2005 das maßgebende Einbringungsdatum ist.

Am 11. Juli 2005 nahm der Bw Akteneinsicht (ANV-Akt Bl 31/2004).

Mit Schreiben vom 16. Juli 2005 (Postaufgabe 18. Juli 2005 und daher gemäß § 108 Abs 4 BAO rechtzeitig) erhob der Bw Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2004 mit dem Begehren, die Krankheitskosten für seine Gattin in der geltend gemachten Höhe anzusetzen und nicht um das Bundespflegegeld iHv 7.443,60 € zu kürzen (ANV-Akt Bl 32ff/2004). Seine Gattin leide an schweresLeiden, Diabetes und Bluthochdruck, sei auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen und zu 100% erwerbsunfähig. Sie bedürfe bei allen Wegen einer Begleitperson. Die geltend gemachten Kosten beträfen Heilkosten (Medikamente) sowie den behindertengerechten Umbau der WC-Anlage, welcher ausschließlich aufgrund der Behinderung der Gattin erforderlich gewesen sei (zwecks Befahrbarkeit mit dem Rollstuhl), zumal das WC erst im Jahre 1994 neu installiert und verfliest worden sei. Offenbar gehe das Finanzamt davon aus, dass diese Kosten in ursächlichem Zusammenhang mit dem Pflegegeld stünden, was nach Ansicht des Bw unrichtig sei. Nur pflegebedingte Aufwendungen seien um das Bundespflegegeld zu kürzen, keinesfalls aber Krankheitskosten. Laut VwGH 3.8.2004, 99/13/0169, handle es sich beim Bundespflegegeld um einen pauschalen Beitrag, pflegebedürftigen Personen so weit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeiten zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen. Heilbehandlungkosten seien nach diesem Erkenntnis als nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel zu qualifizieren. Eine Gegenrechnung mit dem Pflegegeld sei daher zu verneinen, da dies lediglich zur Finanzierung der regelmäßigen behinderungsbedingten Aufwendungen diene. Dass es sich bei dem behindertengerechten Umbau der WC-Anlage um nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel handle, stehe außer Streit. Wenn dennoch die Gegenverrechnung der Kosten mit dem Pflegegeld beabsichtigt sei, werde der Eventualantrag gestellt, die Krankheitskosten um die pflegebedingten Kosten in Anlehnung an das gewährte Pflegegeld im Schätzungswege zu erhöhen, weil solche natürlich glaubhaft angefallen seien, vom Bw aber nicht konkretisiert werden könnten, weil er sie in der Annahme (und entsprechend der bisherigen Vorgangsweise des Finanzamtes), diese seien mit dem Pflegegeld abgegolten, nicht aufgezeichnet habe.

Am Ende der Berufungsschrift ersuchte der Bw um Anhörung vor dem UFS, was als Antrag auf mündliche Verhandlung über die Berufung gemäß § 284 Abs 1 Z 1 BAO aufgefasst werden kann.

Mit zweitinstanzlichem Schreiben vom 17. November 2005 (UFS-Akt Bl 22ff) wurde dem Bw die Zusammenfassung des bisherigen Verfahrens und - mangels Bindung des UFS an die LStR 2002 (insb Rz 869ff) - als Lösungsweg für den Streitfall die in weiterer Folge dargestellten Erwägungen der Berufungsbehörde vorgehalten, was auch dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht wurde (UFS-Akt Bl 28). Wie - in Telefonaten des Bw mit der Berufungsbehörde und dem Finanzamt vorangekündigt (UFS-Akt Bl 30f) - verzichtete der Bw mit Telefax vom 30. November 2005 (UFS-Akt Bl 31) auf die mündliche Verhandlung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist die Gesamthöhe der vom Selbstbehalt betroffenen außergewöhnlichen Belastungen, wobei ein Teilbetrag von 1.423,39 € (Zahnbehandlung des Bw selbst) unstrittig ist. Im Sinne des Bw wäre ein zusätzlicher, die Gattin des Bw betreffender Betrag von 9.344,12 € zu berücksichtigen; im Sinne des Finanzamtes ein solcher von 1.900,52 €.

Für die (hier: rechtliche) Zwangsläufigkeit der strittigen Kosten, die gemäß § 34 Abs 1ff EStG 1988 eines der Kriterien für die Absetzbarkeit ist, muss auf die Unterhaltsverpflichtung des Bw gegenüber seiner Gattin Bedacht genommen werden.

In der zivilgerichtlichen Praxis werden folgende pauschale Prozentregeln zur Ermittlung des Unterhaltsanspruches des Ehegatten mit geringerem (bzw nicht vorhandenem Einkommen) gegenüber dem Ehegatten mit dem höheren (bzw einzigen) Einkommen angewendet: Wenn nur der Ehemann ein Einkommen (Anm: nicht im Sinne des EStG; gemeint ist jeweils das Nettoeinkommen) hat, so hat die Ehegattin einen Unterhaltsanspruch iHv 33% des Einkommens des Ehegatten (Dittrich/Tades, ABGB36, § 94 E 191). Wenn jeder der beiden Ehegatten ein Einkommen hat, so ist dem Ehegatten mit dem niedrigeren Einkommen einschließlich seines eigenen Einkommens ein Anteil von 40% des für beide Ehegatten zur Verfügung stehenden Familieneinkommens auszumessen (aaO, E 186). Ist das Einkommen der unterhaltsberechtigten Ehegattin so geringfügig, dass ihr nach der 40%-Regel ein höherer Anspruch zustünde, als wenn sie über kein Einkommen verfügte, so ist die 33%-Regel anzuwenden (aaO, E 186a, vgl auch E 189).

Auf den Fall des Bw angewendet, resultiert aus seinem Lohnzettel und aus dem Lohnzettel seiner Ehegattin für das Jahr 2004 bei der Anwendung der 40%-Regel folgende Unterhaltsverpflichtung des Bw gegenüber seiner Ehegattin:

Nettoeinkommen des Bw:

 

Kennzahl 210

37.956,80 €

abzüglich SV-Beiträge gesamt

-2.766,10 €

abzüglich Beiträge zu Interessensvertretung

-102,00 €

abzüglich einbehaltene Lohnsteuer

-8.645,20 €

daher im Jahr 2004 zur Verfügung stehend (I)

26.443,50 €

  

Nettoeinkommen der Gattin des Bw:

 

Kennzahl 210

4.057,06 €

abzüglich SV-Beiträge gesamt

-176,54 €

daher im Jahr 2004 zur Verfügung stehend (II)

3.880,52 €

  

im Jahr 2004 zur Verfügung stehendes

 

Familiennettoeinkommen (Summe I + II)

30.324,02 €

  

davon 40%

12.129,61 €

abzüglich Nettoeinkommen der Gattin

-3.880,52 €

Unterhaltsverpflichtung des Bw an seine Gattin

8.249,09 €

Kontrolle: Betrag laut 33%-Regel wäre höher:

8.726,36 €

Das Pflegegeld ist aufgrund seiner Zweckrichtung nicht in die Anwendung der 40%-Regel einzubeziehen; es hat nicht das in wirtschaftlicher Betrachtungsweise frei verfügbare Einkommen der Ehegattin erhöht.

Für die Absetzbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen, die die Ehegattin betreffen, ist im Fall des Bw weiters auch § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 maßgebend: "Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen." "Darüber hinaus" bedeutet hinsichtlich der Ehegattin: Über den in § 34 Abs 7 Z 3 EStG 1988 erwähnten (allfälligen) Alleinverdienerabsetzbetrag hinaus. Dieser steht dem Bw aber unstrittig nicht zu, sodass auch § 34 Abs 6 fünfter Teilstrich EStG 1988 und die Verordnung über außergewöhnliche Belastungen (BGBl 1996/303 idgF; abgekürzt: agBelVO) hinsichtlich der die Ehegattin betreffenden Belastungen des Bw auf den Bw nicht direkt angewendet werden können. Indirekt können sie jedoch insoweit für die Streitfrage bedeutsam sein, ob iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 die streitgegenständlichen Kosten iHv 9.344,12 € bei der Ehegattin des Bw "eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden".

Aus der eingangs dargestellten Berechnung der Grundlagen für den angefochtenen Bescheid ist zu schließen, dass es unstrittig ist, dass dem Grunde nach die 9.344,12 € bei der Ehegattin des Bw eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist dies für jeden der drei Teilbeträge zu bestätigen: für die Heilbehandlungskosten iHv 914,34 € (hM; vgl auch LStR 2002 Rz 863), für den Mehraufwand wegen Diät iHv 840 € (gemäß § 2 Abs 1 agBelVO) und für den WC-Umbau iHv 7.589,78 € laut VfGH 13.3.2003, B 785/02 (vgl Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG, § 35 Anm 16; keine Vermögensumschichtung, weil das Vorbringen unbedenklich ist, dass ohne behindertengerechten WC-Umbau keine Investitionen in das WC erforderlich waren). Offen bleibt jedoch, ob damit bereits § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 für die gesamten 9.344,12 € erfüllt ist, oder ob auch die Höhe der außergewöhnlichen Belastung, die die Aufwendungen bei der Ehegattin darstellen würden, von Bedeutung ist: Letzterenfalls könnte dem ersten Anschein nach § 34 Abs 6 fünfter Teilstrich EStG 1988 bewirken, dass bei der Ehegattin des Bw nur 9.344,12 € abzüglich des Pflegegeldes die außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Aus dem im Folgenden zitierten Ausführungen des VwGH geht jedoch hervor, dass für die - zu 100% erwerbsgeminderte Ehegattin des Bw (vgl Behindertenausweis, ANV-Akt Bl 34f/2004) - gemäß § 1 Abs 3 iVm §§ 2 und 4 agBelVO die gesamten 9.344,12 € ohne Abzug des Pflegegeldes als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen wären.

In dem vom Bw vorgebrachten VwGH-Erkenntnis 3.8.2004, 99/13/0169 wird u.a. ausgeführt: "Die durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, gestaltete, für ab dem 1. Juni 1996 getätigte behinderungsbedingte Mehraufwendungen des Beschwerdeführers anzuwendende Rechtslage ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des letzten Satzes des § 34 Abs. 6 EStG 1988 eine Norm statuiert hat, mit welcher im Kleid einer Verordnungsermächtigung der materielle Gehalt der in den diesbezüglichen Regelungen der §§ 34 und 35 EStG 1988 geschaffenen Ansprüche geändert worden ist... Nicht anders verhält es sich auch mit der Bestimmung des § 34 Abs. 6 Teilstrich 5 EStG 1988, auf welche die belangte Behörde den Spruch ihres Bescheides gestützt hat: Die in dieser Vorschrift getroffene Anordnung, dass Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung eines Steuerpflichtigen, der pflegebedingte Geldleistungen erhält, nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die Summe dieser pflegebedingten Geldleistungen übersteigen, wird durch den letzten Satz des § 34 Abs. 6 EStG 1988 inhaltlich verändert, indem der Bundesminister für Finanzen auch zur Festlegung von solchen Fällen ermächtigt wird, in denen Aufwendungen ´ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung´ zu berücksichtigen sind."

Im VwGH-Erkenntnis 3.8.2004, 99/13/0169 wird auf das VfGH-Erkenntnis 13.3.2003, B 785/02 Bezug genommen wird, worin u.a. ausgeführt wird: "2.3. Die belangte Behörde macht zusätzlich geltend, daß selbst bei Außerachtlassung des Gegenwertgedankens eine steuerliche Berücksichtigung der fraglichen Aufwendungen in Hinblick auf § 4 der eingangs zitierten Verordnung über außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht komme, da nach dieser Verordnungsstelle nur ´[n]icht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel)´ zu berücksichtigen seien, zu denen aber die Aufwendungen für den Badezimmerumbau nicht zu rechnen seien. Damit unterstellt die Behörde der Norm letztlich einen gesetzwidrigen Inhalt: § 34 Abs 6 EStG 1988 sieht vor, daß (alle) Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung (u.a. für Kinder, für die - wie im vorliegenden Fall - erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird) ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes - aber unter Anrechnung der pflegebedingten Geldleistungen - als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Überdies wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, mit Verordnung festzulegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung (u.a.) auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind. Wenn der Verordnungsgeber in Ausübung dieser Ermächtigung (in § 4) ´[n]icht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel´ nennt, so kann das nur in einem weiten Sinn so interpretiert werden, daß darunter auch etwa behinderungsbedingte Ein- und Umbauten in Gebäuden verstanden werden, würden doch andernfalls aus dem Geltungsbereich der Verordnung gerade jene Aufwendungen herausfallen, bei denen in Hinblick auf die Unregelmäßigkeit des Anfalles die Anrechnung von Pflegegeld besonders widersinnig und daher unsachlich wäre. Eine gesetzeskonforme Interpretation des § 4 der Verordnung BGBl. 303/1996, idF BGBl. II 91/1998, führt daher zu dem Ergebnis, daß unter den dort verwendeten Begriff ´Hilfsmittel´ (der durch den Klammerausdruck nur beispielhaft erläutert wird) auch sanitäre Einrichtungsgegenstände fallen, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden werden oder nicht (im Ergebnis gleicher Ansicht E. Müller, Freibeträge für behinderte Kinder, SWK 1998, 239 ff., 247)."

Es ist somit davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Kosten iHv 9.344,12 € bei der Ehegattin des Bw iSd § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Die streitgegenständlichen 9.344,12 € sind in ihrer rechtlichen Zwangsläufigkeit jedoch durch die Unterhaltsverpflichtung des Bw von 8.249,09 € begrenzt (s oben).

Der Ehegattin des Bw stand nach der 40%-Regel ein Anteil von 12.129,61 € am verfügbaren Familieneinkommen zu, wovon 9.344,12 € auf das entfielen, was bei der Bw eine außergewöhnliche Belastung wäre. Der verbleibende Rest iHv 2.785,49 € entfiel auf den Rest der Lebenshaltungskosten, der bei der Bw keine außergewöhnliche Belastung wäre. Dies hat folgende Auswirkungen auf die Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung des Bw im Hinblick auf § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988:

Der der Gattin des Bw rechnerisch zur Verfügung gestandene Betrag iHv 12.129,61 € entfiel zu 77,04% auf dasjenige, was bei ihr eine außergewöhnliche Belastung darstellen würde und zu 22,96% auf sonstiges.

Dementsprechend ist auch die Unterhaltsverpflichtung des Bw zu aliquotieren: Von den 8.249,09 € erfüllte ein Anteil von 77,04% und somit 6.355,10 € den Tatbestand von § 34 Abs 7 Z 4 EStG 1988 und ist daher zusätzlich zu den unstrittigen 1.423,39 € für die eigene Zahnbehandlung des Bw bei den - vom Selbstbehalt betroffenen - außergewöhnlichen Belastungen zu berücksichtigen, welche somit insgesamt 7.778,49 € ausmachen.

Ergeht auch an Finanzamt Waldviertel zu Steuernummer X

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am 1. Dezember 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 2 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996

Schlagworte:

Ehegatte, 40%-Regel, Unterhaltsanspruch

Stichworte