1) Zeitlich begrenzter Wirkungsbereich von Bescheiden über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen;2) Mangelhafte Rechnung iZm Vorsteuerabzug
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., L., Z. 5, vertreten durch Edith Schönach, Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhand GmbH, 6700 Bludenz, In der Halde 3a, vom 17. Mai 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch, vertreten durch Mag. Thomas Huemer, vom 4. Juni 2004 betreffend Umsatzsteuer für 2003 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom 12. Februar 2004 (eingegangen am 26. März 2004) informierte die Bw. das Finanzamt Feldkirch über ihre im Dezember 2003 aufgenommene Vermietungstätigkeit. Es handelt sich dabei um die Vermietung von beweglichen Gütern.
Nach Abgabe einer Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994, mit der auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet wurde, reichte die Bw. eine Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 10-12/2003 beim Finanzamt ein, in der die steuerbaren Umsätze mit 0,00 € angeführt wurden und abziehbare Vorsteuern in Höhe von 20.000,00 € ausgewiesen waren.
Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes Feldkirch vom 6. April 2004 wurde die Bw. um Nachweis der in der Umsatzsteuervoranmeldung ausgewiesenen Vorsteuer an Hand von Rechnungen sowie um Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2003 gebeten.
Am 20. April 2004 wurde die Umsatzsteuererklärung 2003 beigebracht, welche bezüglich der ausgewiesenen Umsätze und Vorsteuern der Umsatzsteuervoranmeldung 10-12/2003 entspricht. Weiters wurde eine von der Fa. "W.&P. GmbH & Co KG" ausgestellte Rechnungskopie datiert mit 31. Dezember 2003 übermittelt. Als Verkaufsgegenstand ist angeführt "Anlagegüter laut Aufstellung unter Eigentumsvorbehalt". Als Gesamtnettopreis sind 100.000,00 € ausgewiesen. Zudem wurde eine MwSt von 20%, somit 20.000,00 € in Rechnung gestellt. Nicht übermittelt wurde die Anlagegüteraufstellung, auf die die gegenständliche Rechnung Bezug nimmt.
Mit Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 27. April 2004 wurde die Umsatzsteuer für 10-12/2004 - wie beantragt - mit 0,00 € festgesetzt, die geltend gemachten Vorsteuern jedoch mit der Begründung nicht anerkannt, es sei kein Nachweis beigebracht worden, welche Anlagegüter erworben worden wären.
Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2004 wurde gegen diesen Bescheid fristgerecht Berufung erhoben und die Anerkennung von Vorsteuern in Höhe von 20.000,00 € beantragt. In der Begründung wurde ausgeführt, die im Ergänzungsersuchen vom 6. April 2004 angefragten Unterlagen seien von der Bw. fristgerecht an das Finanzamt versendet worden, im Referat 30 jedoch nicht angekommen. Der Berufung werde daher die Umsatzsteuererklärung 2003, die Rechnung über den Ankauf der Anlagegüter sowie die Anlagegüteraufstellung beigelegt.
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Feldkirch vom 3. Juni 2004, zugestellt am 7. Juni 2004, wurde die Berufung mit folgender Begründung abgewiesen:
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 sei das Vorliegen einer den Anforderungen des § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung. Sei die Rechnung mangelhaft, könne der Vorsteuerabzug erst für jenen Voranmeldungszeitraum vorgenommen werden, in welchem die Berichtigung oder Ergänzung der mangelhaften Rechnung erfolge (vgl. Ruppe, UStG 1994, Rz 41f sowie 59 zu § 12). Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1994, § 11 Abs. 3 leg.cit. und § 11 Abs. 4 leg.cit. habe eine Rechnung die Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände sowie den Tag der Lieferung zu enthalten. In der gegenständlichen Rechnung sei als gelieferter Artikel "Verkauf Anlagegüter laut Aufstellung unter Eigentumsvorbehalt" angeführt. In dem der Berufung beigelegten Verzeichnis des Anlagevermögens der Bw. vom 31. Dezember 2003 seien jedoch Gegenstände mit in zwei Zwischensummen ausgewiesenen Anschaffungswerten von 291.013,84 € und 84.150,11 € mit verschiedenen Anschaffungsdaten die Jahre 2000 und 2001 betreffend aufgelistet. Ein Zusammenhang mit der gegenständlichen Rechnung über 120.000,00 € sei somit nicht erkennbar. Im Übrigen enthalte die Rechnung kein Lieferdatum. Mangels Vorliegens einer den Erfordernissen des § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung sei somit ein Vorsteuerabzug nicht zulässig, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2004 beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In Ergänzung zu den Ausführungen im Berufungsschriftsatz vom 17. Mai 2004 und den diesem Schriftsatz beigelegten Unterlagen wurde dem Vorlageantrag eine detailliertere Aufstellung betreffend die angekauften Anlagegüter beigelegt. Die Bw. merkte dazu an, aus dieser Beilage sei ersichtlich, wie sich der Kaufpreis für die Anlagegüter zusammensetze. Weiters wurde angeführt, das Lieferdatum sei gleichzeitig das Zahlungsdatum, somit der 19. Dezember 2003.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Berufung vom 17. Mai 2004 richtet sich gegen den Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 10-12/2003 vom 27. April 2004.
Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO idF des AbgRmRefG (BGBl. I Nr. 97/2002) hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist.
Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides, so gilt gemäß § 274 BAO idF des AbgRmRefG (BGBl. I Nr. 97/2002) die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet. Soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, ist die Berufung als gegenstandslos zu erklären.
Gemäß § 323 Abs. 10 BAO treten die §§ 273 und 274 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2002 mit 1. Jänner 2003 in Kraft und sind, soweit sie Berufungen und Devolutionsanträge betreffen, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden.
Gegenständlich wurde am 4. Juni 2004 ein Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2003 erlassen. Da Bescheiden über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen (§ 21 Abs. 3 UStG 1994) nur ein durch die Erlassung des Umsatzsteuerveranlagungsbescheides (Jahresbescheides) zeitlich begrenzter Wirkungsbereich zukommt, treten sie mit der Erlassung des maßgeblichen Umsatzsteuerveranlagungsbescheides (§ 21 Abs. 4 UStG 1994) außer Kraft. Nach der Rechtslage vor dem AbgRmRefG (dieses trat mit 1.1.2003 in Kraft) waren im Zeitpunkt der Erlassung des Umsatzsteuerveranlagungsbescheides noch unerledigte Berufungen gegen Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen als unzulässig geworden zurückzuweisen. Auf Grund des § 274 BAO idF des AbgRmRefG kann aber nunmehr davon ausgegangen werden, dass eine gegen einen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen gerichtete Berufung, die im Zeitpunkt der Erlassung des Umsatzsteuerveranlagungsbescheides noch unerledigt ist, sich auch gegen diesen richtet, weil der Umsatzsteuerveranlagungsbescheid (auch) an die Stelle des angefochtenen Bescheides tritt (Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urtz, BAO, § 273, 8); Ritz, BAO-Handbuch, S.188).
Da der Umsatzsteuerjahresbescheid für 2003 vom 4. Juni 2004 dem Berufungsbegehren nicht Rechnung trug, ist - im Sinne der obigen Ausführungen - die Berufung vom 17. Mai 2004 somit als gegen diesen Umsatzsteuerjahresbescheid gerichtet zu betrachten.
Inhaltlich ist strittig, ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 erfüllt sind, insbesondere ob eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 vorliegt.
Die seitens der Bw. vorgelegte Rechnung vom 31. Dezember 2003 lautet wie folgt:
Name und Anschrift der leistenden Unternehmerin
Name und Anschrift der Leistungsempfängerin
Rechnung
Projekt: Verkauf Anlagevermögen
Projekt-Nr.:
Rechnungs-Nr.: 10140
Datum: 31. Dezember 2003
Menge | Artikel | MwSt | Einzelpreis | Gesamtpreis |
1 | Verkauf Anlagevermögen lt Aufstellung unter Eigentumsvorbehalt | 20% | € 100.000,00 | |
Leistungen netto | € 100.000,00 | |||
zuzügl. MwSt 20% | € 20.000,00 | |||
Gesamtsumme brutto | € 120.000,00 | |||
abzügl. Anzahlung vom | ||||
Zahlbetrag | € 120.000,00 |
Nettobetrag am 19. Dezember 2003 per Überweisung erhalten.
Gemäß § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Nach § 11 Abs 1 UStG 1994 müssen Rechnungen folgende Angaben enthalten:
1. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;
2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;
3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;
4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt;
5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung und
6. den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag.
Wie das Finanzamtes Feldkirch in seiner Berufungsvorentscheidung vom 3. Juni 2004 zutreffend feststellte, enthält die seitens der Bw. vorgelegte Rechnung vom 31. Dezember 2003 kein Lieferdatum. Auch in den vorgelegten Anlagegüteraufstellungen ist kein Lieferdatum angeführt. Im Vorlageantrag vom 4. Juli 2004 brachte die Bw. diesbezüglich vor, das Lieferdatum sei gleichzeitig das Zahlungsdatum, somit der 19. Dezember 2003.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss jedoch - der Vorschrift des § 11 Abs 1 Z 4 UStG entsprechend - der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung entweder in der Rechnung selbst oder in einem sonstigen Beleg enthalten sein, auf den in der Rechnung hingewiesen wird (siehe diesbezüglich die VwGH-Erkenntnisse vom 26. Februar 2004, 2004/15/0004, vom 22. Februar 2000, 99/14/0062, vom 12. September 2001, 99/13/0069 und vom 25. April 2001, 98/13/0081). Die Rechtsprechung begründet diese Sichtweise damit, dass das Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 UStG als eine materiellrechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges anzusehen ist, die nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise durch andere Beweismittel ersetzt werden kann (VwGH 12.12.1988, 87/15/0079). Die Bindung des Vorsteuerabzuges an eine Rechnung, die den Formvorschriften des § 11 UStG entspricht, ist nicht als unsachlich zu beurteilen, da der Leistungsempfänger jederzeit auf die Ausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung dringen kann. Sobald eine den Erfordernissen des § 11 UStG entsprechende Rechnung vorgelegt wird, ist der Vorsteuerabzug zu gewähren, allerdings erst für den Voranmeldungszeitraum, in dem die Berichtigung oder Ergänzung der mangelhaften Rechnung erfolgt (VwGH 18.11.1987, 86/13/0204, VwGH 17.9.1996, 95/14/0068, Ruppe, § 12, Tz. 42).
Nach der obig dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die der unabhängige Finanzsenat teilt, wird daher durch die bloße Mitteilung im Vorlageantrag - die Lieferung der Anlagegüter sei am 19. Dezember 2003 erfolgt, somit an dem Tag, an dem laut vorgelegter Rechnung die leistende Unternehmerin den gesamten Nettobetrag per Überweisung erhalten hat - der Vorschrift des § 11 Abs 1 Z 4 UStG nicht Genüge getan, weshalb der Vorsteuerabzug zu versagen und das Berufungsbegehren abzuweisen war.
Feldkirch, am 4. Juli 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen, zeitliche Begrenzung des Wirkungsbereiches, mangelhafte Rechnung, Fehlen des Lieferdatums, Vorsteuerabzug |