Berichtigung bei Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/13/0006 eingebracht. Mit Erk. v. 25.5.2011 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Bundesbediensteter, Adr.1, vertreten durch Dr. Wilhelm Nefzger, Adr.2, vom 8. November 2002 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17, vertreten durch Mag. Silvia Pruckner, vom 10. Oktober 2002 betreffend Berichtigung gemäß § 293 b BAO des Einkommensteuerbescheides 2001 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) erklärte im Jahr 2001 neben seinen - hier nicht weiter relevanten - nichtselbständigen Einkünften als Bundesbediensteter, Verluste aus selbständiger Arbeit in Höhe von ATS 87.469,10 sowie insgesamt einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ATS 251.072,00, welcher aus der Vermietung zweier Liegenschaften in S-Gasse sowie in B.-L. resultierte.
Mit Einkommensteuerbescheid 2001 vom 5. September 2002 wurde der Bw. erklärungsgemäß veranlagt. Das Finanzamt hat sodann mit Bescheid vom 10. Oktober 2002 den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 5. September 2002 gemäß § 293b BAO berichtigt und dies damit begründet, dass die Entrichtung der Grunderwerbsteuer für die zunächst als Büro- und in der Folge als Vermietobjekt genutzten Liegenschaften in der S-gasse und K-Straße, keine (sofort) abzugsfähigen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten darstelle. Es lägen vielmehr aktivierungspflichtige Nebenkosten der Anschaffung vor, die sich einerseits auch auf nichtabnutzbaren Grund und Boden bezögen und im Übrigen linear verteilt auf die Nutzungsdauer abzusetzen seien. Die Bemessungsgrundlagen für die Abschreibung für Abnutzung der teilweise als Arbeitszimmer, teilweise als Mietobjekt genutzten Liegenschaften S-gasse und K-Straße seien um die Grunderwerbsteuern zu erhöhen, die auf nicht abnutzbaren Grund und Boden entfallenden Anteile auszuscheiden, und die Abschreibungsbeträge entsprechend zu adaptieren gewesen. Die sofort als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften bzw. als Betriebsausgaben bei den selbständigen Einkünften in Abzug gebrachten Grunderwerbsteuern seien nicht zum Abzug zuzulassen.
Die erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung wurden dementsprechend berichtigt, sodass bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit ein Gewinn in Höhe von ATS 1.473,00 resultierte. Der ursprünglich erklärte Verlust aus der Vermietung der Liegenschaft S-gasse 73 in Höhe von ATS 266.109,00 verringerte sich auf einen Verlust in Höhe von ATS 146.240,77. Der erklärte Werbungskostenüberschuss aus der Vermietung der Liegenschaft B-L blieb mit ATS 15.037,00 unverändert.
Das Finanzamt begründete die Bescheidberichtigung dahingehend, dass die Rechtswidrigkeit des Bescheides auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Der sofortige Abzug der Grunderwerbsteuer als Betriebsausgaben bzw. als Werbungskosten sei aus der Abgabenerklärung in Verbindung mit den Beilagen und im Zusammenhang mit dem übrigen Akteninhalt eindeutig erkennbar. Die Abgabenbehörde habe diese offensichtlichen Unrichtigkeiten ungeprüft in ihren Bescheid übernommen und sei der Bescheid rechtswidrig. Bei der Ermessensübung sei im Hinblick auf die steuerlichen Auswirkungen dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen gewesen.
Gegen diesen gemäß § 293b BAO berichtigten Bescheid richtet sich die gegenständliche Berufung mit den folgenden umfangreichen Einwendungen:
"Zunächst darf darauf hingewiesen werden, dass der nunmehrige Berufungswerber die Sofortabsetzung der Grunderwerbsteuern keinesfalls in seiner Abgabenerklärung "versteckt" und vor der prüfenden Behörde verborgen hat. Vielmehr wurden die beiden Steuern offen und klar erkennbar in der Einkommensteuererklärung für 2001 zu 100% als Ausgabe angesetzt, zumal der Berufungswerber aus sogleich dazulegenden Gründen der Ansicht war und ist, dass diese Vorgangsweise richtig ist. Überdies entspräche es auch nicht der stets rechtstreuen Einstellung des Berufungswerbers (der von Beruf zunächst Richter war und nunmehr - derzeit wegen einer Tätigkeit in der Rechtsanwaltschaft karenzierter - Oberstaatsanwalt im Bundesministerium für Justiz ist), der Finanzbehörde Betriebsausgaben oder Werbungskosten gleichsam "unterzujubeln".
Zu Recht hat die Behörde die in der Abgabenerklärung offen zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht in ihren Bescheid vom 5. September 2002 übernommen, der somit keinesfalls offenkundig unrichtig sondern vielmehr korrekt und richtig war. Ein Anwendungsfall für eine Bescheidkorrektur nach § 293b BAO lag somit nicht vor, sodass der Bescheid vom 10. Oktober 2002 schon aus diesem Grund ersatzlos aufzuheben und der zutreffende Bescheid vom 5. September 2002 uneingeschränkt wieder herzustellen wäre.
Es mag einer durchaus üblichen Praxis der Finanzbehörden entsprechen, die beim Erwerb von Liegenschaften zu zahlende Grunderwerbsteuer nicht sogleich als Werbungskosten anzusetzen, sondern sie in die AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen und damit nur eine - bei vermieteten Liegenschaften - auf 67,5 Jahre verteilte Abschreibung dieser Steuerbeträge zuzulassen. Diese Praxis ist jedoch verfehlt.
Nach § 7 Abs. 3 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung).
Die Grunderwerbsteuer selbst ist selbstverständlich kein "abnutzbares Anlagevermögen", was keiner näheren Darlegung bedarf. Sie zählt in Wahrheit aber auch nicht zu den Aufwendungen für den Erwerb der zur Einkunftserzielung dienenden Liegenschaften (des Anlagevermögens), somit auch nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten iSd § 7 Abs. 3 EStG 1988, wie dies etwa (unbestritten) bei Vertragserrichtungskosten, Beglaubigungsgebühren oder bei der Grundbuchseintragungsgebühr der Fall ist. Diese Aufwendungen werden in der Tat dazu getätigt, um - durch die damit erkauften Leistungen - in den Besitz der betreffenden Liegenschaft gelangen zu können. Sie sind also Nebenkosten oder "Nebenspesen" des Anschaffungsvorganges, was es rechtfertigt, sie den eigentlichen Anschaffungskosten (Kaufpreis oder Herstellungskosten) hinzuzurechnen und auf die Lebensdauer der abnutzbaren Teile der Liegenschaft verteilt im Rahmen der AfA abzusetzen.
Nur auf den ersten Blick ähnlich, in Wahrheit aber gänzlich anders gelagert, ist die Situation bei der Grunderwerbsteuer. Diese Abgabe steht in keinerlei Zusammenhang mit irgendwelchen Leistungen für den Liegenschaftserwerb des Steuerpflichtigen, der also keine (Gegen)Leistung für seine Zahlung erhält, die seinen Grunderwerb befördern würde. Der Staat erhebt vielmehr anlässlich des Grunderwerbs durch einen Staatsbürger eine Abgabe, die nur dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mindert, ihm aber keinen Vorteil im Hinblick auf seinen Grunderwerb bietet (anders als etwa die Grundbuchseintragungsgebühr, für die der Staat dem Gebührenzahler die Sicherheit einer Einverleibung im Grundbuch verschafft). Der Grunderwerb ist zwar der maßgebliche Steuertatbestand, in wirtschaftlicher Betrachtung besteht aber kein Zusammenhang zwischen der Steuererhebung und dem Grundstückskauf. Überspitzt ausgedrückt könnte der Steuergesetzgeber diese Abgabe genauso gut an die Erreichung eines bestimmten Lebensalters oder einer bestimmten Körpergröße knüpfen, er würde damit auch nichts anderes bewirken, als beim Bürger bei Eintritt einer gesetzlich festgelegten Tatsache ohne unmittelbare Gegenleistung aus dem Titel der Steuererhebung Geld einzuheben. Dass das Anknüpfen der Steuer an einen Liegenschaftserwerb auch durch wirtschafts- und sozialpolitische Erwägungen des Gesetzgebers, und nicht nur durch staatlichen Geldbedarf, motiviert sein mag, ändert nichts an dem Umstand, dass der Steuer keine Leistung in Betreff auf den besteuerten Grunderwerb gegenübersteht.
Kurz gesagt wendet der Steuerpflichtige also die GrESt nicht auf, um sich das Eigentum der später zur Einkunftserzielung verwendeten Liegenschaft zu verschaffen, sondern er ist vielmehr aufgrund der Gesetzeslage dazu verhalten, aus Anlass seines Grunderwerbs einen gewissen - nicht unerheblichen - Geldbetrag an den Staat abzuführen. Dass in der Folge die grundbücherliche Einverleibung des Liegenschaftskäufers erst dann möglich ist, wenn dieser die GrESt bezahlt und eine entsprechende steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung erwirkt hat, bedeutet nicht, dass der Käufer hier Leistungen bezahlt, die für seinen Grunderwerb nötig sind. Die Verknüpfung der Möglichkeit der Grundbuchseintragung mit der Vorlage einer UB soll ja nur den Staat dahin absichern, dass er die anlässlich des Grunderwerbs eingehobene Abgabe auch tatsächlich bekommt. Es handelt sich hier nur um einen - sehr wirksamen - Modus der Steuereintreibung und nicht etwa darum, dass der Staat durch die Ausstellung der UB dem Steuerpflichtigen bei seinem Grundstückserwerb helfen oder unterstützen würde (wie dies etwa auf die Vertragserrichtungsleistung eines Anwalts oder Notars zutrifft).
Man könnte nun allenfalls argumentieren, mit der Einhebung der Grunderwerbsteuer wolle der Staat vorweg einen ihm (möglicherweise) erwachsenen Aufwand aus späteren - von den staatlichen Gerichten zu entscheidenden - Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft abdecken, insofern gäbe es - mittelbar - doch eine Gegenleistung für die Steuer. Abgesehen davon, dass ja im Einzelfall nicht feststeht, ob es in der Tat zu einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien des Kaufvertrags kommen wird (in der Praxis geht der überwiegende Teil aller Grundstückskäufe ohne gerichtliche Auseinandersetzung über die Bühne und auch im Fall des Berufungswerbers stehen keine Rechtsstreitigkeiten im Raum), wäre das Argument auch deshalb verfehlt, weil bei den hier maßgeblichen hohen Streitwerten ja die später allenfalls zu zahlenden Gerichtsgebühren ohnehin so hoch sind, dass sie den gerichtlichen Aufwand gänzlich abgelten. Die sozialen Erwägungen des Gerichtsgebührengesetzes, die bei niedrigen Streitwerten zu relativ bescheidenen Pauschalgebühren führen, gelten nämlich bei den bei Grunderwerbstreitigkeiten relevanten hohen Streitwerten nicht. Im Gegenteil liegen bei hohen Streitwerten die Gerichtsgebühren im Durchschnitt deutlich über dem "Gerichtsaufwand", sodass die Verfahren mit hohen Streitwerten die sozial gemäßigten niedrigen Pauschalgebühren bei niedrigen Streitwerten mitfinanzieren. So beliefe sich etwa die Pauschalgebühr für der erste Gerichtsinstanz bei einem Streitwert in Höhe des Kaufpreises der Wohnung S-Gasse , von S 3,890.000/ € 282.697,00 auf € 4.332,00, die Pauschalgebühr zweiter Instanz auf € 6.371,00 und für die dritte Instanz auf € 8.494,00. Bei drei Gerichtsinstanzen wären also € 19.197,00 oder S 264.156,00 an Pauschalgebühren zu entrichten! Dazu kommt, das der Liegenschaftskäufer über die hohe Grundbuchseintragungsgebühr von 1% des Kaufpreises (bei der soeben genannten Wohnung immerhin € 2.827,00/ S 38.900,00) ebenfalls eine erhebliche staatliche Abgabe leistet.
Insgesamt zeigt sich daher, dass die Grunderwerbsteuer nicht Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Einkunftsquelle ist und somit § 7 Abs. 3 EStG 1988 auf sie nicht anzuwenden ist. Es wäre gleichheitswidrig und unsachlich, unterschiedlich gelagerte Sachverhalte (nämlich echte Anschaffungs- oder Herstellungskosten wie Beratungskosten im Zusammenhang mit dem Grunderwerb, Vertragserrichtungskosten, Beglaubigungs- und Grundbuchseintragungsgebühren und sonstige "Nebenspesen" einerseits und die nur aus Anlass des Grunderwerbs eingehobene Grunderwerbsteuer andererseits) gleich zu behandeln, indem sie unterschiedslos in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden.
Die neuere Judikatur des Verfassungsgerichtshofs leitet aus dem Art 7 B-VG und Art 2 StGG normierten Gleichheitssatz in verstärktem Maß ein allgemeines Sachlichkeitsgebot ab (s etwa Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht 515 mzN). Das daraus erfließende Verbot der unsachlichen Differenzierung (Mayer aaO 512) bedeutet, dass gleichartige Tatbestände gleich zu behandeln sind, verschiedenartige Tatbestände aber eine in sachlich angemessener Weise unterschiedliche Behandlung erfordern. Der Gleichheitsgrundsatz bindet die gesamte Vollziehung; das bedeutet, dass alle Rechtsvorschriften gegenüber allen Staatsbürgern gleichmäßig und sachlich angewendet werden müssen.
Gleichheitswidrigkeit durch Unsachlichkeit hat der VfGH etwa angenommen bei zwingend gleicher Sanktion für Tatbestände mit verschiedenem Unrechtsgehalt (VfSlg 12.763), bei Unsachlichkeit durch Systemwidrigkeit (VfSlg. 14.683, 15.040 ua) oder bei fehlender Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Einkommensteuerrecht (VfSlg. 12.940, 14.992 ua).
Im vorliegenden Zusammenhang darf dazu Folgendes bemerkt werden: Die nur aus Anlass (und nicht zur Verwirklichung) des Grunderwerbs eingehobene Grunderwerbsteuer verlangt der Staat vom Bürger sofort zu 100%. Er gibt ihm also nicht die Möglichkeit, die Steuer auf 67,5 Jahre verteilt abzustatten, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wird also im Jahr der Verausgabung um die gesamte Steuer vermindert. Ungeachtet dessen wird die nicht haltbare Ansicht vertreten, dass die steurliche Berücksichtigung dieser Abgabe erst nach und nach über den Zeitraum von 67,5 Jahren (also zweier Generationen!) erfolgen soll. Dies ist unangemessen und unsachlich.
Weiters ist zu bedenken, dass jener Geldbetrag, der dem Käufer zur Bezahlung des Kaufpreises samt Nebenspesen zur Verfügung steht, ja ohnehin bereits vielfache Besteuerungsstufen durchlaufen hat, also ohnehin nur noch ein Rest jenes Betrages ist, den der Steuerpflichtige im Regelfall durch Fleiß und Mühe ins Verdienen gebracht hat. Auch dies lässt die weitere Besteuerung anlässlich der Verwendung dieses Restbetrages zu einem bestimmten Zweck, verbunden mit der Weigerung, diese weitere Steuer sogleich als einkommensmindernd anzuerkennen, als unsachlich und darüber hinaus als bedenklichen Eingriff in das in Art 5 StGG sowie in Art 1 1. Zprot MRK verankerte Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums erscheinen.
Besonders unangemessen erscheint die bekämpfte Rechtsansicht des Berichtigungsbescheides in jenem Bereich, in dem die Grunderwerbsteuer in Zusammenhang mit dem Erwerb des nicht abnutzbaren Grundanteils der Liegenschaft gebracht und sohin in diesem Teil jede Absetzbarkeit der Steuer (nicht einmal auf den Zeitraum zweiter Generationen verteilt!) verweigert wird. Wie oben dargelegt, ist die GrESt kein Aufwand zum Erwerb der Einkunftsquelle sondern nur eine Abgabe, die anlässlich dieses Erwerbs (zu 100%) eingehoben wird. Insoweit dieser Ausgabe des Steuerpflichtigen dann auch noch jede steuerliche Berücksichtigung versagt wird, tritt der unzulässige Grundrechtseingriff besonders drastisch zutage.
Eigentumsfeindlich und grundrechtswidrig ist die bekämpfte Rechtsmeinung weiters in besonderem Maße bezüglich jenes Teils der GrESt, die nicht vom eigentlichen Kaufpreis sondern von einer anderen Steuer, nämlich der Umsatzsteuer aus dem Kaufpreis, berechnet wird. Bemessungsgrundlage für die GrESt ist nämlich der Bruttokaufpreis incl. USt, sodass der Käufer von einer von ihm zu bezahlenden Steuer noch einmal 3,5% GrESt abführen muss. Das Ganze gipfelt darin, dass er nun diese "Steuer von der Steuer" nicht sogleich einkommensmindernd ansetzen kann (obwohl er sie sofort bezahlen muss), sondern nur auf einen extrem langen Abschreibungszeitraum (den er in vielen Fällen gar nicht erlebt). Die Judikatur des VfGH verbietet jedoch derartige exzessive Regelungen (VfSlg 9.641, 10.926 ua).
Die vom Nettokaufpreis gezahlte USt selbst kann im Übrigen sofort (als Vorsteuer) zurückverlangt werden und nicht erst über einen langen Zeitraum verteilt.
Schließlich verletzt der angefochtene Bescheid auch den Grundsatz, dass das Jahreseinkommen der Einkommensteuermaßstab des Steuerpflichigen ist (VfSlg 11.316 uva). Das Einkommen des Jahres, in dem die Grunderwerbsteuer zur Gänze bezahlt wird, ist nämlich um den abgeführten Steuerbetrag vermindert, es wird also nach der Rechtsauffassung des bekämpften Bescheids insoweit Einkommensteuer von einem in Wahrheit gar nicht vorhandenen Einkommen erhoben. Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber für die Anschaffung der Liegenschaften S-gasse und K-Straße im Jahr 2001 insgesamt S 210.893,00 an Grunderwerbsteuer bezahlt. Dieser Steuerbetrag hat seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Jahr 2001 in voller Höhe gemindert, weil ihm der bezahlte Betrag naturgemäß nicht als Einkommen zur Verfügung stand. Ungeachtet dessen soll mit dem bekämpften Berichtigungsbescheid eine Einkommensteuer (in Höhe von teils 31%, teils 41%) von 98,5% dieses nicht vorhandenen Einkommens erhoben werden (nur ein kleiner Teilbetrag von S 164,40 soll im Jahr 2001 von der Besteuerung dieses "Nichteinkommens" ausgenommen sein). Die Erhebung von Einkommensteuer von nicht vorhandenem Einkommen ist ohne Zweifel unsachlich und systemwidrig. Der angefochtene Bescheid verkennt daher in verfassungswidriger Weise die Rechtslage, insbesondere den Begriff der "Anschaffungs- oder Herstellungskosten" des § 7 Abs. 3 EStG (vgl. oben).
Insgesamt zeigt sich, dass die gegen eine Sofortabsetzung gerichtete Rechtsmeinung des bekämpften Bescheides gegen das aus dem verfassungsmäßigen Gleichheitsgrundsatz abgeleitete Sachlichkeitsgebot und gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verstößt. Demgegenüber hat der Einkommensteuerbescheid vom 5. September 2002 in richtiger Rechtsanwendung die sofortige gewinnmindernde Absetzung der bezahlten Grunderwerbsteuern zugelassen und anerkannt. Durch den Bescheid vom 10. Oktober 2002 erfolgte in Wahrheit keine Berichtigung jenes Bescheides, sondern vielmehr in verfassungswidriger Weise die teilweise Vernichtung seiner Richtigkeit."
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, eine Unrichtigkeit sei dann nicht offensichtlich, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe. Dies sei dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage in der Rechtsprechung uneinheitlich gelöst wird, wenn Erlässe von der Judikatur abweichende (vertretbare) Rechtsansichten vertreten, wenn (insbesondere bei in der Judikatur nicht geklärten Rechtsfragen) Erlassmeinungen in der Literatur mit vertretbar erscheinenden Argumenten abgelehnt werden, wenn aus der Judikatur der Höchstgerichte ableitbare Rechtsansichten mit vertretbar erscheinenden Argumenten insbesondere in der Literatur abgelehnt werden.
Im vorliegenden Fall gehe es um die Frage, ob die Grunderwerbsteuer als Werbungskosten sofort abzugsfähig sei oder aber Teil der Anschaffungskosten für die Liegenschaft darstelle. Diese Frage werde von der ständigen Rechtsprechung und Literatur sowie in Erlässen einheitlich dahingehend gelöst, dass die Grunderwerbsteuer Teil der Anschaffungskosten für die Liegenschaft darstellt. Die vom Bw. vertretene Ansicht sei hingegen in keiner einschlägig relevanten Fachliteratur zu finden und stelle daher auch keine vertretbare Rechtsansicht im Sinne des § 293b BAO dar, und sei die Berichtigung des Einkommensteuerbescheides folglich zu Recht erfolgt.
Der Bw. stellte in der Folge form- und fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 293b BAO lautet:
"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht."
§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zugrunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. VwGH vom 1. Juli 2003, Zl. 97/13/0230).
Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem auch der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so liegt aus der Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, auch wenn der Abgabepflichtige seine Rechtsansicht - was naheliegend ist - für vertretbar hielte (vgl. VwGH vom 16. Mai 2002, 98/13/0180).
Eine offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn sie ohne nähere Untersuchungen ( im Rechtsbereich ) und ohne Ermittlungen ( im Tatsachenbereich ) deutlich erkennbar ist, also offen zu sehen ( "offensichtlich" ) ist (Stoll, BAO-Kommentar, 2831 ff).
Strittig ist im Berufungsfall lediglich die Frage, ob die seitens des Bw. in seiner Einkommensteuererklärung 2001 begehrte Sofortabsetzung der Grunderwerbsteuer als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten und die erklärungsgemäße Behandlung der Grunderwerbsteuer als sofortabzugsfähige Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten durch das Finanzamt eine offensichtlich unrichtige rechtliche Würdigung darstellt. Der Bw. bringt in seiner umfangreich begründeten Berufungsschrift vor, dass die durchaus übliche Praxis der Finanzbehörden, die beim Erwerb von Liegenschaften zu zahlende Grunderwerbsteuer nicht sogleich als Werbungskosten anzusetzen sondern sie in die AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen und damit nur eine - bei vermieteten Liegenschaften - auf 67,5 Jahre verteilte Abschreibung dieser Steuerbeträge zuzulassen, verfehlt sei. Die Grunderwerbsteuer sei selbstverständlich kein abnutzbares Anlagevermögen, sie zähle in Wahrheit aber auch nicht zu den Aufwendungen für den Erwerb der zur Einkunftserzielung dienenden Liegenschaft, somit auch nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne des § 7 Abs. 3 EStG 1988, wie dies etwa (unbestritten) bei Vertragserrichtungskosten, Beglaubigungsgebühren oder bei der Grundbuchseintragungsgebühr der Fall sei.
Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemißt sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Gemäß § 7 Abs. 3 leg. cit. müssen Steuerpflichtige, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, ein Verzeichnis (Anlagekartei) der im Betrieb verwendeten Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens führen. Das Verzeichnis hat unter genauer Bezeichnung jedes einzelnen Anlagegutes zu enthalten: Anschaffungstag, Anschaffungs-oderHerstellungskosten, Name und Anschrift des Lieferanten, voraussichtliche Nutzungsdauer, Betrag der jährlichen Absetzung für Abnutzung und den noch absetzbaren Betrag (Restbuchwert).
Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erstreckt sich zunächst auf die Gewinnermittlung, also nur auf die betrieblichen Einkünfte. § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 verweist allerdings ausdrücklich auf die §§ 7 und 8; damit gelten die Vorschriften über die AfA für alle Einkunftsarten, also auch im außerbetrieblichen Bereich (siehe Doralt, Einkommensteuergesetz-Kommentar, Band I, § 7, Tz. 9 sowie § 16, Tz. 136 ff).
Wird das Wirtschaftsgut (Gebäude oder sonstiges Wirtschaftsgut) entgeltlich erworben und zur Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte verwendet, dann sind der AfA die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen und gelten für diese die gleichen Grundsätze wie im betrieblichen Bereich.
Der Begriff "Anschaffungskosten" ist im EStG nicht definiert. Da aber für die Bewertung des Betriebsvermögens über § 4 Abs. 2 bzw. § 5 EStG die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgeblich sind, müssen auch diese für die Bestimmung des Begriffs herangezogen werden. Nachdem diese Grundsätze für den Bereich des Handelsrechts kodifiziert sind, ist die handelsrechtliche Definition auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich. Allerdings geht eine davon abweichende steuerliche Begriffsbestimmung grundsätzlich vor (VfGH 20.2.1994, B 473/92, 1994, 4). Der Begriff der Anschaffungskosten ist im außerbetrieblichen Bereich mit jenen im betrieblichen Bereich ident (VwGH 23.11.1994, 91/13/0111).
Anschaffungskosten sind "die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen" (§ 203 Abs. 2 HGB).
In den EB zu § 203 Abs. 2 heißt es dazu: "Die Umschreibung soll eine Schranke für zu extensive Auslegung und zu weitreichende Aktivierung sein. Mit der Definition wird klargestellt, dass die Anschaffung nicht schon mit dem Erwerb eines Gegenstandes, sondern erst dann beendet ist, wenn der Gegenstand betriebsbereit ist, und dass dementsprechend zu den Anschaffungskosten eines Gegenstandes neben dem Anschaffungspreis auch die sogenannten Anschaffungsnebenkosten und die nachträglichen Anschaffungskosten gehören. Diese müssen im kausalen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang und der Herstellung der Betriebsbereitschaft stehen."
Zu den Anschaffungskosten gehören demnach alle durch den Erwerb eines Wirtschaftsgutes entstandenen Ausgaben (VwGH 5.8.1992, 90/13/0138). Dazu zählen nach herrschender Lehre und Rechtsprechung neben den unmittelbaren Anschaffungskosten, den Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft und den nachträglichen Anschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten, die mit der Anschaffung in einem unmittelbaren (zeitlichen und kausalen) Zusammenhang stehen wie z.B. Vertragserrichtungskosten, Schätzungskosten, Gebühren, Zoll, Grunderwerbsteuer, Vermittlungsprovisionen, Transportkosten, Normverbrauchsabgabe und Anmeldekosten für Kfz (siehe Doralt, Einkommensteuergesetz-Kommentar, Band I, § 6, Tz. 65 und 66 sowie Tz. 69 und die dort zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Exakt dieselbe Rechtsauffassung, nämlich dass die Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten unter den Anschaffungskostenbegriff zu subsumieren ist, wird auch von Quantschnigg/Schuch in ihrem Einkommensteuer-Handbuch in § 6, Tz. 52 und 53 unter Anführung umfangreicher höchstgerichtlicher Judikatur sowie österreichischer und deutscher Fachliteratur vertreten.
Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Erwägungen bzw. unter Berücksichtigung der dargelegten Rechtslage zeigt sich, dass die auf die sofortige gewinnmindernde Absetzung der Grunderwerbsteuer gerichtete, wenngleich durch den Bw. umfangreich untermauerte Rechtsansicht aus der Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtlich unvertretbare und damit unrichtige Rechtsauffassung darstellt, die das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung einschließlich der ihr angeschlossenen Beilagen, erkennen hätte müssen. Demnach erweist sich die gemäß § 293 b BAO erfolgte Berichtigung als rechtens.
Den seitens des Bw. vorgebrachten verfassungsrechtlichen Einwendungen, insbesondere der Rüge der unsachlichen und damit verfassungswidrigen Auslegung des Begriffs der Anschaffungskosten ist entgegenzuhalten, dass die Abgabenbehörde zum Vollzug von ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen verpflichtet ist und die bloße Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes daran nichts ändert. Selbst wenn sich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Gesetz als zutreffend erweisen sollten, scheidet das Gesetz erst nach seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand aus. Da die Abgabenbehörde das ordnungsgemäß kundgemachte Gesetz demnach bis zu seiner Aufhebung ungeachtet der Möglichkeit seiner Verfassungswidrigkeit anzuwenden hat, bildet dieses auch den Rahmen für die Beurteilung der zur Bescheidberichtigung nach § 293 b BAO berechtigenden offensichtlichen Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung.
Liegen die Voraussetzungen des § 293 b BAO für eine Berichtigung vor, so liegt sie im Ermessen der Abgabenbehörde.
Die Zweckmäßigkeit der erfolgten Berichtigung ergibt sich bereits aus dem Ziel dieser gesetzlichen Norm, welches die Herbeiführung eines der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechenden Ergebnisses ist, wobei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Berichtigung zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde(vgl. Ritz², BAO-Kommentar, § 293 b, Tz 8-10 mwN sowie VwGH 21.1.2004, 2002/13/0071 und 9.7.2004, 95/13/0124).
Billigkeitsgründe, die der Berichtigung entgegenstünden, wurden vom Bw. nicht vorgebracht. Bei der Ermessensübung ist vor allem darauf Bedacht zu nehmen, ob sich aus der Berichtigung für die Partei wesentliche Auswirkungen ergeben. Sind die Folgen (insbesondere die steuerlichen Folgen) der Unrichtigkeit bloß geringfügig, so wird idR keine Berichtigung gemäß § 293 b vorzunehmen sein. Da im Berufungsfall die steuerlichen Auswirkungen der Berichtigung mit € 5.551,98 jedoch keineswegs als geringfügig anzusehen sind, ist die Bescheidberichtigung durch das Finanzamt aus den oben angeführten Erwägungen in richtiger Ermessensübung und damit zu Recht erfolgt.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 23. März 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Bescheidberichtigung, offensichtl. Unrichtigkeit, unvertretbare Rechtsansicht |