UFS RV/0622-W/03

UFSRV/0622-W/0329.4.2004

Dienstgeberbeitragspflicht eines wesentlich beteiligten Gesellschafter - Geschäftsführers

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/14/0042 (früher 2004/13/0086) eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom 20.9.2007 wegen Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Dr. Reinhard Lauer, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk und Klosterneuburg betreffend Festsetzung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1/1997 bis 12/2001 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Im Zuge einer den Streitzeitraum umfassenden Lohnsteuerprüfung stellte der Prüfer fest, dass für die Geschäftsführerbezüge des zu 100% an der Bw. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers H.T. der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nicht entsprechend der ab 1994 geänderten Rechtslage für die Jahre 1997 bis 2001 abgeführt worden ist. Es wurden daher für folgende Beträge die im Spruch des Bescheides genannten Abgaben nachgefordert (alle Beträge in ATS):

Jahr

Gf-Bezug

SV

BMGrL

DB

DZ

1-12/1997

340.000,-

 

340.000,-

15.300,-

1.802,-

1-12/1998

605.000,-

121.619,71

726.620,-

32.697,90

3.851,09

1-12/1999

535.000,-

52.682,41

587.682,-

26.445,69

3.114,71

1-12/2000

443.000,-

95.430,84

538.431,-

24.229,40

2.799,84

1-12/2001

394.000,-

111.830,82

505.831,-

22.762,40

2.579,74

 

Im Ergebnis wurde der Bw. mit Bescheid des Finanzamtes vom 18. Februar 2003 eine Nachzahlung iHv € 8.825,05 an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und € 1.028,13 an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Bw. vor, es bestehe keine DB-Pflicht, da keine Merkmale eines Dienstverhältnisses vorlägen. Der Geschäftsführer sei zu 100% an der GmbH beteiligt. Zwischen ihm und der Bw. sei ein Werkvertrag abgeschlossen worden, der keine Merkmale eines Dienstverhältnisses enthalte. Der Geschäftsführer arbeite weisungsfrei, es bestehe keine Pflicht zur persönlichen Leistung, sondern der Geschäftsführer könne sich durch andere von ihm beauftragte Personen vertreten lassen. Er arbeite wo, wann und wie er wolle und könne sich seinen Urlaub selbst einteilen. Er gebe sich selbst Rechenschaft über seine Spesen und es bestehe keine organisatorische Eingliederung.

Der Geschäftsführer trage Unternehmerrisiko und profitiere von realisierten Gewinnchancen. Die Geschäftsführervergütung sei erfolgsabhängig, sie werde nur bei Vorliegen eines Gewinnes ausbezahlt.

Die Rechtsform der GmbH werde nur aus mietrechtlichen Gründen aufrechterhalten. Bei einer Rechtsformänderung würde die Miete in eine unerschwingliche Höhe steigen. De facto arbeite der Geschäftsführer aber wie ein Einzelunternehmer.

Auch Beiser vertrete in seinem Artikel,"Wesentliche Beteiligte als Dienstnehmer für Kommunalsteuer und DB", SWK Nr. 20/21, 2002, S 541, die Ansicht, dass ein 100%-Beteiligter, der sich selbst einteilen könne, nicht DB-pflichtig sei, auch wenn er seine Bezüge 14 mal jährlich erhalte.

Im vorliegenden Fall erhalte der Geschäftsführer für die ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen eine erfolgsabhängige Vergütung. Ein angemessener Teil des Gesellschaftsgewinnes habe im Unternehmen zu verbleiben. Sollte wider Erwarten die Entnahme im Verhältnis zum Gewinn zu hoch sein, sei der Differenzbetrag zurückzuerstatten. Die gewinnabhängige Geschäftsführervergütung berechne sich wie folgt:

Geschäftsführerentnahmen = Umsatz abzüglich Einzel- und anteilige Gemeinkosten abzüglich thesaurierter Gewinn.

Außerdem sei für das Jahr 1997 bereits Verjährung eingetreten, da die Prüfung erst im Jahr 2003 begonnen habe.

Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Im Verfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde die Bw. darauf hingewiesen, dass bereits im Dezember 2002 Vorerhebungen zum Prüfungsfall stattgefunden hätten. Es gäbe einen Aktenvermerk über ein Telefongespräch mit dem steuerlichen Vertreter und außerdem sei am 13.12.2002 eine Firmenbuchabfrage durchgeführt worden.

Außerdem wurde die Bw. ersucht, die im Jahr 2001 für den Geschäftsführer tatsächlich bezahlten Pflichtversicherungsbeiträge nachzuweisen, da laut Konto "Pflichtversicherungsbeiträge" ein Betrag von ATS 111.830,82 und laut Gewinn- und Verlustrechnung nur ein Betrag von ATS 108.686,72 aufgewendet worden sei.

Unter Bezugnahme auf dieses Ersuchschreiben führte der steuerliche Vertreter der Bw. aus, aus dem Firmenbuchauszug gehe nicht hervor, für welchen Zweck die Abfrage durchgeführt worden sei; den in Kopie mitgeschickten Aktenvermerk kenne er nicht, der Inhalt stimme jedoch nicht mit der Realität überein. Die Berechnungen der Geschäftsführerbezüge seien bereits im November 2003 (?) dem Kommunalsteuerprüfer vorgelegt worden. Erinnerlich sei das Telefonat über die Lohnsteuerprüfung im Jänner 2003 gewesen.

Als Nachweis für die Höhe der tatsächlich gezahlten Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung wurde eine Bestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft über einen Betrag von ATS 99.231,38 vorgelegt.

Der steuerliche Vertreter der Bw. wurde ersucht bekanntzugeben, welche Bilanzansätze zur Ermittlung der Einzel- und anteiligen Gemeinkosten und des thesaurierten Gewinnes herangezogen worden seien und anzugeben, wie hoch der Prozentsatz der berücksichtigten anteiligen Gemeinkosten sei und wie dieser ermittelt worden sei.

Der steuerliche Vertreter der Bw. gab daraufhin an, dass eine Aufgliederung in Einzel- und Gemeinkosten nicht erforderlich sei und auch vom Geschäftsführervertrag nicht verlangt werde. Es würden die im Jahresabschluss ausgewiesenen Kosten (= Grundkosten bzw. Zweckaufwand) reichen, die verursachungsgerecht der jeweiligen Periode zugerechnet würden. Einer dazu übermittelten Beilage ist zu entnehmen, dass es sich bei den Einzel- und anteiligen Gemeinkosten um sämtliche Aufwendungen aus der Gewinn- und Verlustrechnung abzüglich der Geschäftsführervergütung handelt und der thesaurierte Gewinn gleich dem sich aus der Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen (inklusive Geschäftsführervergütung) ergebenden Jahresüberschuss ist.

 

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Verjährung

1.1 Die Abgabenbehörde hat diesbezüglich folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Tel. 13.12.02: Stb.Lauer 11.00 - 11.20

Berechnungen zur GF-Bezugsberechnung vorhanden, können aber aus zeitlichen ! Gründen nicht gefaxt od. geschickt werden!

Stb. sehr unglaubwürdig, daß es solche Berechnungen überhaupt gibt!

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt befindlichen Unterlagen.

1.2 Dieser Sachverhalt war rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Entsprechend der Bestimmung des § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

Nach Abs. 2 leg. cit. beträgt die Verjährungsfrist bei Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht nach Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Nach § 209 Abs. 1 BAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Nach außen in Erscheinung tretende ("erkennbare") Amtshandlungen sind (bei Zutreffen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen) unterbrechungswirksam, wenn sie in ihrer rechtlichen Gestalt - etwa als Bescheidausfertigungen, Bedenkenvorhalte, Erhebungen durch Behördenorgane an Ort und Stelle - als Behördenmaßnahmen über den Amtsbereich der Behörde hinaustreten und hiefür ein aktenmäßiger Nachweis besteht (Stoll, BAO-Kommentar II, 2189).

Strittig ist einzig und allein die Frage, ob die Firmenbuchabfrage vom 13.12.2002 bzw. das am selben Tag mit dem steuerlichen Vertreter geführte Telefonat als taugliche Unterbrechungshandlungen in Betracht kommen oder nicht.

Hinsichtlich des von der Abgabenbehörde erster Instanz als Unterbrechungshandlung herangezogenen Aktenvermerkes über ein am 13.12.2002 mit dem steuerlichen Vertreter der Bw. geführtes Telefonat ist auszuführen, dass Telefongespräche als Unterbrechungshandlungen hinsichtlich des Gespächsteiles beurteilt werden können, der die von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlung, somit die behördliche Fragestellung bildet (vgl. VwGH v. 30.9.1998, 94/13/0012). Eine Aussage des Abgabepflichtigen im Rahmen eines Telefongespräches kann aber ebensowenig wie eine schriftliche Vorhaltsbeantwortung eine als Unterbrechungshandlung zu beurteilende Amtshandlung sein. Die bloße Tatsache eines Telefongesprächs stellt somit keine Unterbrechungshandlung dar, sondern es wäre erforderlich, dass im Aktenvermerk über das Telefongespräch der konkrete Inhalt der behördlichen Fragestellung und der Bezug der Fragestellung auf die konkreten Abgaben nachvollziehbar dargestellt werden.

Der von der Abgabenbehörde erster Instanz am 13.12.2002 angefertigte Aktenvermerk hält lediglich eine Anwort des steuerlichen Vertreters fest. Er entspricht daher den von der Judikatur geforderten Voraussetzungen nicht, weshalb er nicht als taugliche Unterbrechungshandlung zu qualifizieren war.

Bei der Firmenbuchabfrage, die am 13.12.2002 hinsichtlich der Bw. durchgeführt worden ist und die auch durch einen Firmenbuchauszug dokumentiert ist, handelt es sich nach Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz sehr wohl um eine Behördenmaßnahme, die über den Amtsbereich der Behörde hinaustritt. Der aktenmäßige Nachweis besteht im Firmenbuchauszug selbst, der sich im Lohnsteuerakt befindet.

Somit wurde die Verjährung hinsichtlich DB und DZ für das Jahr 1997 im Jahr 2002 unterbrochen und begann mit 1.1.2003 von Neuem zu laufen. Der mit 18. Februar 2003 datierte und nunmehr berufungsgegenständliche Haftungs- und Abgabenbescheid erging somit vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist.

2. DB- und DZ-Pflicht der Geschäftsführerbezüge

2.1. Die Abgabenbehörde hat diesbezüglich folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:

a) Der Geschäftsführer ist zu 100% an der Bw. beteiligt.

b) Für die Beurteilung der Stellung des Geschäftsführers H.T. als Dienstnehmer sind folgende Punkte des Geschäftsführervertrages vom 29.12.1995 relevant:

Laut Punkt 1.1. ist H.T. berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft zu führen.

Laut Pkt. 2.1. obliegt dem Geschäftsführer die Leitung und Überwachung des Unternehmens. Er hat insbesondere für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bestmöglicher Weise Sorge zu tragen.

Laut Pkt. 2.3. hat der Geschäftsführer die ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eine ordentlichen Geschäftsmannes nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrages, der Generalversammlungsbeschlüsse und dieses Werkvertrages wahrzunehmen.

Laut Pkt. 2.4. ist der Geschäftsführer nicht weisungsgebunden. Er kann sich durch eine andere von ihm beauftragte Person vertreten lassen.

Laut Pkt. 4.1 erhält der Geschäftsführer für die ordnungsgemäße Erbringung der Leistungen eine erfolgsabhängige Vergütung. Eine Geschäftsführerentschädigung ist nur nach Vorliegen eines Gewinnes möglich. Es hat ein angemessener Teil des Gesellschaftsgewinnes zur Abdeckung der bestehenden Verbindlichkeiten (Altlasten) im Unternehmen zu verbleiben. Die Höhe der Entnahme wird aufgrund der zu erwartenden Gewinnausschüttung akontiert. Sollte die Entnahme wider Erwarten im Verhältnis zum Gewinn zu hoch sein, ist dieser Differenzbetrag rückzuerstatten. Die gewinnabhängige Geschäftsführervergütung berechnet sich wie folgt:

Umsatz - Einzel- und anteilige Gemeinkosten -Thesaurierter Gewinn Geschäftsführerentnahmen

Laut Pkt. 5.1 hat der Geschäftsführer für notwendige Geschäftsreisen Anspruch auf Ersatz seiner Spesen.

c) Der Geschäftsführer erhielt in den Streitjahren folgende monatliche Akontozahlungen (alle Beträge in ATS):

1997

1998

1999

2000

2001

25.000,-

40.000,-

45.000,-

45.000,-

35.000,-

25.000,-

35.000,-

45.000,-

45.000,-

19.000,-

25.000,-

30.000,-

30.000,-

45.000,-

25.000,-

25.000,-

35.000,-

45.000,-

45.000,-

35.000,-

25.000,-

35.000,-

40.000,-

45.000,-

35.000,-

25.000,-

35.000,-

45.000,-

45.000,-

35.000,-

30.000,-

40.000,-

25.000,- 20.000,-

30.000,-

35.000,-

25.000,-

30.000,-

35.000,- 25.000,-

18.000,-

30.000,-

25.000,-

30.000,-

45.000,-

30.000,-

30.000,- 10.000,-

10.000,-

30.000,-

45.000,-

35.000,-

50.000,-

35.000,-

35.000,-

45.000,-

25.000,-

22.000,- 48.000,-

40.000,-

80.000,-

45.000,-

35.000,-

35.000,- -50.000,-

 

d) Die Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung wurden von der Bw. getragen und zwar in folgender Höhe (alle Beträge in ATS):

1997: 0,- 1998 121.619,71 1999: 52.682,41 2000: 95.430,84 2001: 99.231,38

Diese Feststellungen gründen sich auf die im Lohnsteuerakt erliegenden Geschäftsführerkonten, den Geschäftsführervertrag, die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen sowie die Vorhaltsbeantwortungen des steuerlichen Vertreters der Bw..

2.2 Dieser Sachverhalt war rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.

Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für die Jahre 1997 und 1998 in § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes (HKG), ab dem Jahr 1999 in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).

Wie der Verwaltungsgerichtshof seit den Erkenntnissen vom 18.9.1996, 96/15/0121, und vom 20.11.1996, 96/15/0094, in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist dem in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist allerdings das Vorliegen der auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden Weisungsgebundenheit anzunehmen. Sodann ist zu beurteilen, ob die Voraussetzungen der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen (vgl. VwGH vom 10.5.2001, 2001/15/0061).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.3.2001, G 109/00, zitierte Judikatur) stellt das steuerliche Dienstverhältnis auf die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sowie das des Fehlens des Unternehmerwagnisses ab; nach dieser Rechtsprechung ist in Zweifelsfällen zudem auf weitere Kriterien (wie beispielsweise laufenden Arbeitslohn, fixen Arbeitsort, feste Urlaubseinteilung) abzustellen. Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist somit ein durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneter Typusbegriff. Solchen Typusbegriffen sind die realen Erscheinungen an Hand einer Mehrzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssen und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen hat (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G 109/00).

Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis G 109/00 darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutrifft. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (VwGH vom 22.9.2000, 2000/15/0075, VwGH vom 30.11.1999, 99/14/0270, und VwGH vom 27.7.1999, 99/14/0136), fixer Arbeitsort (VwGH vom 30.11.1999, 99/14/0226), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (VwGH vom 24.2.1999, 98/13/0014), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (VwGH vom 26.4.2000, 99/14/0339, VwGH vom 27.1.2000, 98/15/0200), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (VwGH v. 26.4.2000, 99/14/0339).

Zusammenfassend kann somit, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23.4.2001, 2001/14/0054, zu Recht erkannt hat, festgestellt werden, dass das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit vor allem auf folgende Kriterien abstellt:

Bei der Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ist ausgehend (vor allem) von den im letzten Absatz genannten Kriterien zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen ( vgl. VwGH vom 23.4.2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052).

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesses dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. VwGH vom 23.4.2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052).

Im gegenständlichen Fall war H.T. im Streitzeitraum durchgehend Geschäftsführer der Bw. und oblag ihm entspechend dem Geschäftsführervertrag vom 29.12.1995 die Leitung und Überwachung des Unternehmens, er hatte insbesondere für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bestmöglicher Weise Sorge zu tragen. Der damit festgelegte Tätigkeitsbereich bewirkt, dass der Geschäftführer sehr wohl in den Organismus der Bw. eingegliedert ist.

Ein Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss (vgl. VwGH vom 23.4.2001, 2001/14/0054 und 2001/14/0052).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 21.12.1999, 99/14/0255, und vom 26.7.2000, 2000/14/0061, ausgesprochen hat, steht im Vordergrund dieses Merkmales, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Eine Gegenüberstellung der Geschäftsführerbezüge und der Gewinne der Streitjahre ergibt folgendes Bild (alle Beträge in ATS):

Geschäftsführerbezug Gewinn

1997: 340.000,- 244.632,65 1998: 605.000,- 214.889,01 1999: 535.000,- 121.203,16 2000: 443.000,- 100.407,86 2001: 394.000,- 44.307,62

Die behauptete Erfolgsabhängigkeit lässt sich daraus nicht entnehmen, zumal selbst im Jahr 2001 bei einem Gewinn von lediglich rund ATS 44.000,- ein Bezug von ATS 394.000,- ausbezahlt wurde, d. i. ein um ATS 54.000,- höherer Betrag als im Jahr 1997, in dem ein um ATS 200.000,- höherer Gewinn erzielt worden ist.

Der zur Untermauerung der Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerbezüge gemachte Hinweis auf die im Geschäftsführervertrag enthaltene "Formel" bedeutet letztlich lediglich, dass sich der Geschäftsführerbezug als Differenz zwischen Umsatz und Aufwendungen (exklusive Geschäftsführerbezug) und Gewinn laut Bilanz errechnet, beweist aber nicht, dass der Geschäftsführerbezug in einer bestimmten Relation zum erwirtschafteten Gewinn steht.

Die tatsächliche Entlohnung stellt sich im Wesentlichen als eine solche zu einem Fixbezug dar (durchschnittlich ATS 39.000,- pro Monat) und bei dieser Art der Entlohnung ist das Vorliegen eines ins Gewicht fallenden Unternehmerrisikos zu verneinen.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsfühers entsprechend der Ertragslage oder der Liquidität der Gesellschaft für sich allein noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit der Honorierung des Geschäftsführers zulassen (vgl. VwGH v. 28.11.2002, 2001/13/0117).

Gegen das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses spricht auch die Tatsache, dass der Geschäftsführer laut Geschäftsführervertrag für notwendige Geschäftsreisen Anspruch auf Ersatz seiner Spesen hat und die Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung von der Bw. für den Geschäftsführer getragen werden.

Dass sich ein Unternehmerwagnis aus sonstigen stark schwankenden und ins Gewicht fallenden Ausgaben ergeben hätte, wurde von der Bw. nicht behauptet und ist auch der Aktenlage nicht zu entnehmen.

Die von der Bw. für den Geschäftsführer getragenen Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung wurden vom Prüfer zu Recht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen. Im Jahr 2001 ergibt sich aber eine Korrektur zugunsten der Bw., da tatsächlich nicht ATS 111.830,82, sondern lediglich ATS 99.231,38 bezahlt wurden.

Dem Vorbringen, vom Gesellschafter und der Bw. sei ein Werkvertrag abgeschlossen worden, der keine dienstnehmerähnlichen Merkmale enthalte, ist entgegenzuhalten, dass es auf die zivilrechtliche Einstufung der Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des Geschäftsführers nicht ankommt (vgl. VwGH v. 31.1.2002, 2001/15/0063).

Den Tatsachen, dass der Geschäftsführer arbeitet, wo, wann und wie er will und sich seinen Urlaub selbst einteilen kann, kommt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu, handelt es sich dabei doch um Merkmale, die vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren.

Hinsichtlich der Ausführungen in der Berufung, der Geschäftsführer sei nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet, sondern könne sich durch von ihm beauftragte Personen vertreten lassen, ist anzumerken, dass es nicht unüblich ist und einem Dienstverhältnis nicht entgegensteht, wenn sich leitende Angestellte vertreten lassen können (vgl. VwGH v. 31.1.2002, 2001/15/0063).

Auch der Hinweis auf den Artikel von Dr. Reinhold Beiser , Wesentlich Beteiligte als Dienstnehmer für Kommunalsteuer und Dienstgeberbeitrag, SWK 2002, S 541, ist in Anbetracht der oben angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geeignet, der Berufung zum Erfolg zu verhelfen.

Mit dem Einwand, der Geschäftsführer arbeite wie ein Einzelunternehmer, die Rechtsform der GmbH sei nur aus mietrechtlichen Gründen aufrechterhalten worden, übersieht die Bw., dass sich aus der Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft für das Steuerrecht das Trennungsprinzip ableitet, das auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (auch dem Alleingesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht. Der Gesellschafter - Geschäftsführer ist nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig (vgl. VwGH v. 27.6.2001, 2001/15/0057).

In Anbetracht der obigen Ausführungen war der Berufung teilweise stattzugeben und die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag an die im Jahr 2001 tatsächlich bezahlten Beiträge zur gewerblichen Sozialversicherung anzupassen und die Abgaben wie folgt festzusetzen:

Jahr

Gf-Bezug

SV-Beiträge

DB in ATS

DB in €

DZ in ATS

DZ in €

1997

340.000

 

15.300,-

1.111,89

1.802,-

130,96

1998

605.000,-

121.620,-

32.698,-

2.376,26

3.851,-

279,86

1999

535.000,-

52.682,-

26.446,-

1.921,91

3.115,-

226,38

 

2000

443.000,-

95.431,-

24.229,-

1.760,79

2.800,-

203,48

2001

394.000,-

99.231,-

22.195,-

1.612,97

2.515,-

182,77

Summe

2,317.000,-

368.964,-

120.868,-

8.783,82

14.083,-

1.023,45

 

Wien, 29. April 2004

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967

Schlagworte:

Verjährung, Verjährungsfrist, nach außen erkennbare Amtshandlung, Unterbrechung, taugliche Unterbrechungshandlung, Telefongespräch, Firmenbuchabfrage, Firmenbuchauszug, Gesellschafter-Geschäftsführer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Eingliederung in den geschäftlichen Organismus, Unternehmerrisiko, laufender Arbeitslohn, Weisungsgebundenheit

Verweise:

VwGH 30.09.1998, 94/13/0012
VwGH 10.05.2001, 2001/15/0061

Stichworte