UFS RV/0239-S/04

UFSRV/0239-S/0430.9.2004

Meeraufenthalt in Grado auch bei ärztlicher Verordnung bzw. Empfehlung keine außergewöhnliche Belastung

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende HR.Dr.S. und die weiteren Mitglieder HR.Mag.H., Dr.Z. und Dr.N. über die Berufung des H.H.P., vom 28. März 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes S, vertreten durch E.H., vom 2. März 2004 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2001 nach der am 22. September 2004 in Sa, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung des Jahres 2001 unter anderem die Absetzung von Aufwendungen für Kuraufenthalte seiner Tochter in Bad Gleichenberg (Österreich) und Grado (Italien).

In einer persönlichen Vorsprache beim Amtsbeauftragten des Finanzamtes Stj führte der Berufungswerber zur geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung unter anderem aus, dass seine Tochter L. an Schuppenflechte leide und im Frühjahr 2001 zwei Kuraufenthalte in Bad Gleichenberg absolviert habe. In Bad Gleichenberg seien täglich Kuranwendungen (Foto Sole Behandlungen) durchgeführt worden. Im Juli und August sei die Familie des Berufungswerbers (zwei Erwachsene und zwei Kinder) für insgesamt 18 Tage bzw. Ende August nur mehr die Gattin und die Tochter vier Tage nach Grado (Italien) gefahren. Kuranwendungen seien nicht vorgenommen worden, da diese nach den Ausführungen des Berufungswerbers nicht erforderlich gewesen seien, weil bei einer Fototherapie, dies sei eine Foto-Sole Behandlung in Bädern mit über 30% Solegehalt und kontinuierlicher UV-A Bestrahlung der entsprechende Therapieeffekt durch die klimatischen Bedingungen am Meer automatisch eintrete. Eine ärztliche Behandlung bzw. Aufsicht sowie eine "kurmäßig" geregelte Tages- und Freizeitgestaltung sei nicht erfolgt. Im Jahr 2001 sei dies der einzig gemeinsam verbrachte Urlaub der Familie des Berufungswerbers (Familienurlaub) gewesen.

Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit den Kuraufenthalten in Grado (Italien) nicht. In der Begründung wurde ausgeführt, dass Aufwendungen für eine der Behandlung einer Krankheit dienenden Reise (Kur) nur dann als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten, wenn die Reise ausschließlich der Heilung oder Besserung einer Krankheit diene, wobei bei der Abgrenzung der Reiseaufwendungen als abzugsfähige außergewöhnliche Belastung oder als nichtabzugsfähiger Aufwand gem. § 20 EStG 1988 ein strenger Maßstab anzulegen sei. Ob eine abzugsfähige Kurreise oder eine nicht abzugsfähige Erholungsreise vorliege, hänge vom Gesamtcharakter der Reise ab. Wenn sich eine "Kurreise" in keiner Form von einem "normalen" Erholungsurlaub unterscheide, liege, wie im gegenständlichen Verfahren, ein nichtabzugsfähiger Aufwand vor (siehe VwGH 22. 02. 2001, 98/15/0123, 25. 04. 2002, 2000/15/0139, UFSW 20. 08. 2003 RV/1023-W/03, UFSG 12. 11. 2003, RV/0238-G/02).

Gegen diesen Bescheid wurde berufen und vorerst beantragt, bisher nicht geltend gemachte Aufwendungen für eine absolvierte Physiotherapie des Berufungswerbers in Höhe von ATS 1.880,00 (nach Abzug des Ersatzes des Versicherungsträgers) als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Zu den nicht anerkannten Aufwendungen für die Kuraufenthalte der Tochter wurde unter anderem Folgendes ausgeführt:

Die Tochter sei im Jahr 2001 an Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) erkrankt und sei nach einem "ersten Schub" dieser Krankheit im April in Bad Gleichenberg und unter Anwendung einer einwöchigen Licht-Sole-Therapie behandelt worden. Die Krankheit habe sich jedoch durch einen "zweiten Schub" dramatisch verschlechtert und man hätte die Wahl zwischen einem stationären Krankenhausaufenthalt oder einem weiteren Kuraufenthalt in Bad Gleichenberg verbunden mit einer mindestens vierwöchigen Licht-Sole-Therapie gehabt. Der behandelnde ortsansässige Facharzt habe dem Berufungswerber dringend zum Kuraufenthalt geraten, weil bei Hauterkrankungen auch der psychische Zustand der betroffenen Person eine entscheidende Rolle spiele wobei die Alternative zum Kuraufenthalt (stationärer Krankenhausaufenthalt) kontraproduktiv gewesen wäre. Durch die in Bad Gleichenberg absolvierte Kur sei eine deutliche Besserung des Krankheitsbildes erreicht worden, sodass der Alltag mit konsequenter Weiterführung der den Eltern von den behandelnden Ärzten verordneten Pflegemaßnahmen wieder zu Hause möglich gewesen sei. Zur weiteren Stabilisierung der Krankheit am Körper und der Verbesserung des Zustandes der immer noch stark befallenen Kopfhaut, habe der Hausarzt empfohlen im Sommer unbedingt für mindestens 14 Tage ans Meer zu fahren. Bei Vorliegen einer Erkrankung an Psoriasis vulgaris sei die Licht-Sole-Therapie eine medizinisch anerkannte Therapieform, die bei der Tochter des Berufungswerbers zum Glück sehr gut wirke. Die zur Durchführung dieser Therapien nötigen Voraussetzungen könnten bei Vorhandensein einer geeigneten Solequelle wie zB in Bad Gleichenberg und spezieller UV-Bestrahlungsapparaturen auch künstlich geschaffen werden. In natürlicher und bestens geeigneter Form seien die Voraussetzungen für eine Licht-Sole-Therapie aber am Meer gegeben. Zudem sei die Wirkung des Meeraufenthaltes durch die rund um die Uhr auf die Haut einwirkende salzhältige Luft besonders intensiv.

Der vom Finanzamt in seiner abweisenden Bescheidbegründung vertretenen Ansicht, dieser Meeraufenthalt unterscheide sich in keiner Weise von einem "normalen" Erholungsurlaub, sei entgegenzuhalten, dass während des Aufenthaltes am Meer von der Begleitperson im chronologischen Tagesablauf folgende Aufgaben wahrzunehmen seien, um den Erfolg der Therapie sichern zu können:

Beim Strandaufenthalt sei darauf zu achten, dass

Am Abend müsse

Durch diesen therapeutischen Meeraufenthalt sei der Flechtenbefall auf der Kopfhaut des Kindes deutlich gebessert worden und es konnte eine weitgehende Stabilisierung des Hautzustandes erreicht werden.

Wenn die Finanzbehörde glaube, dass für diese Meeraufenthalte jene in den zitierten VwGH-Erkenntnissen und UFS-Entscheidungen beschriebenen allgemeinen Voraussetzungen zur Anerkennung als abzugsfähige Kurreise anzuwenden seien, müsse mit Entschiedenheit widersprochen werden, weil die Bedingungen und Erfordernisse zur Behandlung der Erkrankung seiner Tochter wesentlich andere seien als in jenen Einzelfällen, über welche diese Erkenntnisse und Entscheidungen absprechen würden. Bei einer Erkrankung an Schuppenflechte und speziell beim Krankheitsverlauf seiner Tochter genüge nicht ein gelegentlicher Kuraufenthalt, sondern es sei eine Dauertherapie erforderlich, welche unter ständiger fachärztlicher Kontrolle stehe. Die jährlichen Meeraufenthalte zur Durchführung der Licht-Sole-Therapie stellten den zentralen Teil des Gesamtbehandlungskonzeptes dar. Während des Meeraufenthaltes sei keine direkte ärztliche Betreuung nötig, weil die Eltern inzwischen gelernt hätten alle wesentlichen Anwendungen bei dieser Licht-Sole-Therapie selbst durchzuführen. Dazu müsse gesagt werden, dass die in Bad Gleichenberg praktizierende Kurärztin keine Hautfachärztin gewesen sei. Genau genommen sei die Tochter von der Ärztin nur zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Kuraufenthaltes nur kurz "angeschaut" worden und der Kurerfolg in einer groben Skala ("deutliche Besserung des Hautzustandes") festgehalten worden. Es habe keinerlei Veränderung an der vom Hautarzt verordneten Medikation oder konkrete Kuranweisungen an die Heilbademeisterin gegeben. Diese habe die Kuranwendungen auf Grund ihrer Erfahrungswerte völlig selbstständig durchgeführt. Der erkennbar schwierigste Teil der Behandlungen sei die richtige Dosierung der UV-Strahlung gewesen. Die Kur habe aus drei Bereichen Solebad, UV-Bestrahlung und Salbenbehandlung bestanden. Genau dies sei auch am Meer von uns mit einer wesentlich intensiveren Behandlung der Kopfhaut durchgeführt worden, weil dies der Heilbademeisterin wegen des dafür nötigen beträchtlichen Zeitaufwandes nicht möglich gewesen sei.

Der vom Finanzamt vertretenen formalen Betrachtungsweise, wonach ein Meeraufenthalt, um als Kur Anerkennung zu finden, vor Ort einer ärztlichen Begleitung bedürfe und im Tagesablauf verpflichtend wahrzunehmende Behandlungstermine gegeben sein müssten, könne daher absolut nicht gefolgt werden. Es sei nicht wegzudiskutieren, dass der Meeraufenthalt mit den dort durchzuführenden Behandlungen einen sehr wesentlichen Teil der Gesamttherapie für unsere Tochter darstelle. Zum Glück sei die Durchführung dieser Therapie - aber nur bei einem Meeraufenthalt - so einfach, dass es keiner der sonst üblichen Kureinrichtungen sowie einer ärztlichen Aufsicht bedürfe. Diese Licht-Sole Therapie am Meer bewirke eine deutliche Verbesserung der zumeist in den Winter- und Frühjahrsmonaten auftretenden Verschlechterung des Hautzustandes und es werde eine so weitgehende Stabilisierung der Haut erreicht, dass dies ausreiche um ohne dramatische Verschlechterung über die Wintermonate zu kommen. Nicht zuletzt sei anzuführen, dass diese konsequente Dauertherapie bislang weitere schwere Krankheitsschübe verhindert habe. Hinzuzufügen sei noch, dass der Kurort Grado aus geographischen Gründen gewählt worden sei und keine teuren Flugreisen sowie Hotelaufenthalte gebucht worden seien, sondern die Unterbringung in einem Appartement. Es werde um Stattgabe des Berufungsbegehrens ersucht sowie eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem Berufungssenat beantragt. Dem Schriftsatz (Berufung) wurden zwei Bestätigungen des behandelnden Facharztes aus dem Jahr 2004 beigefügt.

In der mit 23. März 2004 datierten Bestätigung führt dieser unter anderem aus, dass die Tochter des Berufungswerbers bereits seit vielen Jahren in regelmäßiger Behandlung stehe. Die Hautveränderungen seien therapierbar aber nicht heilbar. Es komme immer wieder zu spontanen Schüben, die das Kind auch psychisch belasten würden. Nachdem sowohl Kuraufenthalte in Bad Gleichenberg wie auch Meeraufenthalte den Hautbefund äußerst günstig beeinflussen würden seien dem Kind wiederholt derartige Kur- und Meeresaufenthalte seit mehreren Jahren verordnet bzw. empfohlen worden, da diese ein längeres erscheinungsfreies Intervall zur Folge hätten. Diese seien somit nicht als Erholungsaufenthalt sondern als Therapie anzusehen.

In der Bestätigung vom 20. April 2004 wiederholte der behandelnde Facharzt vorerst, dass das Kind seit vielen Jahren an dieser Krankheit leide und in seiner Ordination regelmäßig behandelt werde. Wie in analogen Fällen würden sich auch bei M. die Hautveränderungen im Rahmen eines Meeraufenthaltes (Kombination Sonne - Sand - Salzwasser - Ruhe) rasch zurückbilden um dann zwar wieder zu recidivieren, allerdings erst nach einigen Monaten. Nachdem auch bei M. in den vergangenen Jahren jeweils nach entsprechenden Meeraufenthalten ein erscheinungsfreies Intervall festzustellen gewesen sei, sei ein derartiger Meeraufenthalt dermatologisch zu befürworten, zumal auch das anschließende erscheinungsfreie Intervall für das Kind eine wesentliche Erleichterung in der Lebensqualität bedeute. Nachdem M. bei ihren auftretenden Schüben regelmäßig in fachärztlicher Behandlung sei, sei eine ärztliche Betreuung während des Meeraufenthaltes nicht notwendig; auch einer zusätzlichen Therapie mit Ausnahme einer konsequenten Pflege bedürfe es in dieser Zeit nicht. Die spontane Rückbildungstendenz dieser Krankheit (Psoriasis vulgaris) bei Meeraufenthalten ohne Begleittherapie sei seit vielen Jahren bekannt, in der Literatur beschrieben und werde dementsprechend auch ausgenützt. Eine Heilung der Erkrankung sei jedoch leider nicht möglich (ausgenommen eine Spontanremission). Kuraufenthalte in diversen Bädern seien möglich, jedoch kostenintensiver und zeitaufwändiger weil der Therapieerfolg erst nach einem längeren Kuraufenthalt eintrete.

Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vor. Dem Berufungswerber wurde zur Wahrung des Parteiengehörs der vom Amtsvertreter anlässlich der Vorsprache des Berufungswerbers verfasste Aktenvermerk übersandt und gegebenenfalls um Stellungnahme ersucht.

In seiner Stellungnahme führte der Berufungswerber unter anderem aus, dass der Versicherungsträger nur die Kosten der Kuranwendungen in Bad Gleichenberg getragen habe, nicht aber jene für den Aufenthalt in Grado. Die Anmerkung "eine ärztliche Behandlung bzw. ärztliche Aufsicht bzw. eine kurmäßig geregelte Tages- und Freizeitgestaltung lag nicht vor" stimme nicht und es werde auf die Ausführungen in der Berufungsschrift verwiesen. Seine Gattin sei noch vom 4. bis 8. August 2001 in Grado geblieben um der Tochter einen längeren Aufenthalt am Meer zu ermöglichen. Die Verlängerung des Aufenthaltes sei auch nicht aus "Urlaubsgründen" erfolgt, sondern wegen der Erkrankung der Tochter, obwohl die Gattin auf Grund der Hitze bereits unter starken Schlafstörungen gelitten habe. Die Bemerkung "Aufenthalt mit Bekannten" stimme so nicht, denn seine Gattin habe lediglich die Möglichkeit gehabt mit Bekannten hin- und zurückzufahren. Man habe sich aus gesundheitlichen Gründen entschlossen eine nochmalige Reise nach Grado zu unternehmen, weil sich Meeraufenthalte innerhalb eines kürzeren Abstandes in der Wirkung addieren würden und sie hofften, dass dadurch die Wirkung länger anhalten werde um über den Winter zu kommen. Die fachärztlichen Bestätigungen lägen dem Berufungsschreiben bei und zur Anmerkung "Familie H. habe 2001 keine weiteren Famlienurlaube konsumiert", werde darauf verwiesen, dass dies wegen des begrenzten Urlaubsanspruches nicht möglich sei. Man habe sich wegen der Erkrankung der Tochter eine Urlaubsreserve zurückbehalten müssen. Insgesamt seien in Bad Gleichenberg und Grado 58 Tage zugebracht worden. Hinsichtlich des Tagesablaufes im Vergleich zu einem normalen Urlaub, werde auf die Ausführungen in der Berufungsschrift verwiesen. Die Aufenthalte in Grado hätten einen wesentlichen Teil des medizinischen Gesamtbehandlungskonzeptes dargestellt. Er könne nicht nachvollziehen, warum die Kosten für die Aufenthalte des Kindes mit einer Begleitperson keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG 1988 darstelle, zumal sämtliche Voraussetzungen erfüllt seien. Die Tatsache, dass er beim ersten Meeraufenthalt seine Familie eine Zeit lang begleitet habe, könne wohl nicht dazu führen, bei L. die medizinische Notwendigkeit dieses Aufenthaltes abzusprechen. Glücklicherweise sei dieses medizinische Konzept sehr wirkungsvoll, denn bis dato konnte ein weiterer Krankheitsschub verhindert werden.

In der am 22. September 2004 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Berufungswerber ergänzend vor, dass seine Tochter durch die Krankheit große Flecken am ganzen Körper gehabt hätte, an Schwerhörigkeit gelitten habe und weder alleine die Toilette aufsuchen noch Schuhe tragen konnte. Die großen Schmerzen seien durch Risse zwischen gesunder und kranker Haut entstanden. Es sei möglich gewesen innerhalb einer Woche eine Kur in Bad Gleichenberg zu bekommen. Die Kur sei teilweise erfolgreich gewesen. Die psychische Belastung der ganzen Familie sei durch die Krankheit der Tochter (im Jahr 2001 acht Jahre) sehr groß gewesen. Die Familie habe sich bemüht jede Möglichkeit zu nutzen, um weitere Schübe aufzuhalten, so auch Fahrten zum Meer. Diese Kur am Meer sei nicht so aufwendig gewesen, wie so manch andere Kur. Zum Ablauf der Kur verweise er auf seine bisherigen (schriftlichen) Ausführungen. Ergänzend führe er noch an, dass seine Tochter lange Haare trage und daher die Behandlung der Krankheit am Kopf schwierig gewesen sei.

Der Amtsbeauftragte verweise darauf, dass es außer Streit stehe, dass die Meeraufenthalte für die Gesundheit der Tochter sehr zuträglich gewesen seien. Das Problem liege in der Abgrenzung zwischen Kuraufenthalt oder Meeraufenthalt (Urlaubsreise). In diesem Zusammenhang verweise er auf die Judikatur. Es habe auch keine Bezuschussung durch den Sozialversicherungsträger gegeben. Die Judikatur fordere eine medizinische Indikation vor Antritt eines Kuraufenthaltes. Die ärztlichen Bestätigungen seien erst nachträglich im Laufe des Berufungsverfahrens (im Jahr 2004) vorgelegt worden.

Auf Befragen der Beisitzer gab der Berufungswerber an, dass für die Kur in Bad Gleichenberg eine ärztliche Bewilligung vorgelegen habe. Die Höhe der nicht anerkannten Aufwendungen beliefen sich auf ca. ATS 44.000,00 die sich wegen Überschreiten der zumutbaren Mehrbelastung voll auswirken würden. In den nachfolgenden Jahren sei die Familie einmal pro Jahr für 14 Tage ans Meer gefahren und die oben dargestellte Therapie sei durchgeführt worden. Der Krankheitszustand habe sich stabilisiert, aber eine Heilung sei bisher nicht eingetreten.

Auf die Frage des Amtsbeauftragten, ob weitere Kuren in Bad Gleichenberg beantragt worden seien, gab der Berufungswerber an, dass dies nicht erfolgt sei, da diese möglicherweise in der Schulzeit zu absolvieren gewesen wären und daher der Aufwand für ein Fernbleiben von der Schule zu groß gewesen sei.

Auf Befragen des Referenten, wo die (weiteren) Meeraufenthalte stattgefunden hätten, führte der Berufungswerber aus, dass diese immer nach Grado geführt hätten. Der Badeablauf in Bad Gleichenberg habe aus einem täglich zu absolvierenden Solebad (Dauer fünf bis 15 Minuten) und einer anschließenden UVA-Bestrahlung in einer Kabine (ca. fünf bis zehn Minuten bestanden. In Grado sei die Tochter mehrmals täglich im Meer untergetaucht und am Abend sei die Salben- und Shampoobehandlung durchgeführt worden.

Abschließend beantragte der Amtsvertreter eine teilweise Stattgabe des Berufungsbegehrens durch Anerkennung der Physiotherapiekosten aber Ablehnung der Kurkosten. Der Berufungswerber ersuchte seiner Berufung Folge zu geben und die Kosten der Physiotherapie sowie die Aufwendungen für den Aufenthalt in Grado (Kurkosten der Tochter) anzuerkennen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4)

(§ 34 Abs. 1 EStG 1988).

Zunächst ist festzuhalten, dass die im Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz enthaltene rechtliche Beurteilung, wann Kurkosten als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (siehe VwGH 25. 04. 2002, 2000/15/0139) und eine dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes entgegenstehende Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates (im Sinne des Antrages des Berufungswerber) nicht möglich ist. Es führt nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur)reise zu einer Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung. Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch). Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung einer Krankheit (unmittelbar) dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist und eine andere Behandlung nicht oder kaum Erfolg versprechend erscheint (vgl. Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1977, 2755/76, 2103/77, 2104/77). An den Nachweis dieser Voraussetzungen müssen wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit dienenden Erholungsreisen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1973, 1792/72) strenge Anforderungen gestellt werden. Wesentlich ist, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter eine Kurreise, auch mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, und nicht nur ein Erholungsaufenthalt ist, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich ist (vgl. z.B. das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage ergangene Urteil des BFH vom 12.6.1991, III R 102/89, BStBl II 1991, 763).

Auf Grund dieser von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen zur steuerlichen Anerkennung von Ausgaben für einen Kuraufenthalt (Kurreise) als außergewöhnliche Belastung, für die der Antragsteller auch nachweispflichtig ist (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1998, 93/13/0192), kann der Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz vom Berufungswerber nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn diese im angefochtenen Bescheid im Ergebnis davon ausging, dass allein die Angaben des Berufungswerbers in seinem Antrag (der beispielsweise keinerlei Kur- oder Therapiekosten am ausländischen Aufenthaltsort Grado - am Adriatischen Meer - ausgewiesen hat, dieser Aufenthalt in die Haupturlaubszeit gefallen ist, sich die übrigen Familienmitglieder auch zur gleichen Zeit in Grado aufgehalten haben, die ärztlichen Bestätigungen erst im Zuge des Berufungsverfahren ausgestellt wurden und den Empfehlungen des Arztes unter anderem zu entnehmen ist, dass die Kombination aus Sonne, Sand, Salzwasser, Ruhe die Hautveränderungen günstig beeinflussen würden) nicht ausreichten, diese von der Rechtsprechung geforderten strengen Voraussetzungen zu erfüllen. Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn der Berufungswerber in seinen Schriftsätzen darauf hinweist, dass keine teuren Hotel- bzw. Kuraufenthalte gebucht worden seien, sondern die Unterbringung in einem Appartement erfolgt sei sowie die "Kuranwendungen", die im wesentlichen aus der bei dieser Krankheit unter anderem angewandten Behandlungsmethode - auf Grund der Angaben des Berufungswerber offenbar eine topische (lokale) Therapie in Form von Cremen, Salben, Lotionen, Lösungen die auf die Haut aufgetragen werden sowie Shampoos (siehe www.m-ww.de/krankheiten/hautkrankheiten/psorias/kuren.html ) - selbst vorgenommen worden sind. Fest steht, dass die unbedingte Notwendigkeit dieser Aufenthalte und vor allem der Kurcharakter der Reisen sowie der Aufenthalte selbst in Abgrenzung zu einer bloßen Erholungsreise bzw. einem Erholungsurlaub nicht gegeben sind. Hinzuzufügen ist, dass die "Kuraufenthalte" in Grado (einem bekannten und beliebten Urlaubsort am Adriatischen Meer) in der Haupturlaubszeit absolviert wurden und daher im Übrigen das Gesamtbild eines steuerlich nicht berücksichtigungsfähigen Erholungsaufenthaltes nahe liegt auch wenn vom Finanzamt nicht bestritten wurde, dass sich die Meeraufenthalte günstig auf die Gesundheit der Tochter ausgewirkt hätten.

Die Behauptung des Berufungswerbers, dass ein mehrmaliges, tägliches Untertauchen des Kopfes im Meer der in Bad Gleichberg vorgenommenen Licht-Sole-Therapie gleichzuhalten sei, kann nicht gefolgt werden.

Ein Baden in der Gleichenberger Starksole (hohe Salzkonzentration) löst Schuppen und regerneriert den normalen Hautmantel und ist in Verbindung mit der nach dem Bad angewandten UV-Licht Bestrahlung sowie einer Salbenbehandlung ein in Österreich einzigartiges Behandlungskonzept (siehe www.kurtherme.at/kurzentrum/therapieüberblick/ - Homepage Bad Gleichenberg) bzw. eine andere Kuranwendung als ein mehrmaliges, tägliches Untertauchen des Kopfes im Meerwasser (Salzgehalt ca. 3.5% siehe www.uni-protokolle.de/Lexikon/Meerwasser.html ) mit einem anschließenden Aufenthalt in der Sonne.

Da die Reisen in den bekannten und beliebten Urlaubsort Grado in ihrem Gesamtcharakter keine Kurreisen, mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung sowie einer ärztlichen Kontrolle waren, sondern einem Erholungsaufenthalt nahe kommen, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich ist, war die Berufung in diesem Punkt abzuweisen.

Durch die Anerkennung der Aufwendungen des Berufungswerbers (ATS 1.880,00) für eine von ihm absolvierte Physiotherapie war der Berufung teilweise statt zu geben.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Salzburg, am 30. September 2004

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

außergewöhnliche Belastung, Krankheitskosten, Erholungsreise, Kuraufenthalt, Kurkosten, Familienurlaub

Verweise:

VwGH 25.04.2002, 2000/15/0139
VwGH 31.03.1998, 93/13/0192
BFH 12.06.1991, III R 102/89, BStBl II 1991, 763

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