UFS RV/0334-I/03

UFSRV/0334-I/034.8.2003

Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes (keine "Verordnungsgemeinde", Internatsunterbringung) ab 2002

 

Entscheidungstext

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit dem Bescheid vom 21. März 2003 führte das Finanzamt die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2002 entsprechend der vom Bw. am 22. Jänner 2003 abgegebenen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2002 durch.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung, in der der Bw. erstmals Aufwendungen für die auswärtige Berufsausbildung seines Sohnes M., welche ihm in der Zeit von September bis Dezember 2002 erwuchsen, als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Wie sich im Laufe des Berufungsverfahrens herausstellte, besucht der Sohn M. des Bw. seit September 2002 die HTL in F. und ist dort (wegen des enormen zeitlichen Aufwandes, der bei täglicher Heimfahrt zu bewältigen wäre) in einem Internat untergebracht. Die HTL in F. ist eine Fachschule für Maschinenbau, welche die Schüler in vier Schuljahren ausbildet, während eine entsprechende Einrichtung in I. die Erreichung des Ausbildungszieles in fünf Schuljahren anbietet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 € pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Zu dieser Gesetzesbestimmung hat der Bundesminister für Finanzen die Verordnung betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, erlassen und in deren § 2 Abs. 1 normiert, dass Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen gelten, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305/1993, anzuwenden.

In § 2 Abs. 3 der Verordnung ist angeordnet, dass Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen gelten, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (z. B. Unterbringung in einem Internat).

Da die angeführte Verordnung auf das Studienförderungsgesetz 1992 Bezug nimmt, ist hinsichtlich der Berechnung der zwischen Wohn- und Studienort bei Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel anfallenden Fahrzeit die zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen. Die Aufwendungen für eine auswärtige Berufsausbildung eines Kindes stellen jedenfalls dann eine außergewöhnliche Belastung dar, wenn bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels die Fahrzeit von einer Stunde überschritten wird. Für das günstigste Verkehrsmittel ist ausreichend, dass in jeder Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden existiert, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältigt. Das muss nicht das zweckmäßigste Verkehrsmittel sein. Auf die örtlichen Verkehrsverbindungen ist nicht Bedacht zu nehmen. Nicht einzurechnen sind daher Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (vgl. VfGH 11.12.1986, B 437/86, und VwGH 16.6.1986, 85/12/0247). Wartezeiten bei Umsteigevorgängen außerhalb des Heimat- oder Studienortes sind hingegen zu berücksichtigen.

Die Entfernung zwischen P. und F. beträgt lt. Routenplaner 17 km. Damit steht fest, dass § 2 Abs. 3 der angeführten Verordnung nicht anwendbar ist, da der Sohn M. des Bw. innerhalb einer Entfernung von 25 km von seinem Wohnort und somit innerhalb des von der in Rede stehenden Bestimmung definierten Einzugsbereiches seines Wohnortes seine Berufsausbildung absolviert.

Da die Entfernung zwischen Wohnort und Ausbildungsort des Sohnes M. des Bw. unter 80 km beträgt, ist wegen der Bestimmung des § 2 Abs. 1 der angeführten Verordnung noch zu überprüfen, ob zwischen diesen Orten in beiden Fahrtrichtungen öffentliche Verkehrsmittel verkehren und kein einziges für die Zurücklegung der Strecke P. - F. bzw. F. - P. weniger als eine Stunde benötigt, wobei Wartezeiten und Zeiten für Fußwege und Fahrten im Heimat- bzw. Ausbildungsort nicht, Wartezeiten außerhalb dieser Orte sehr wohl mitgerechnet werden.

Im vorliegenden Fall verkehren auf der vom Sohn M. des Bw. zurückzulegenden Strecke zwischen P. und F. bzw. in der Gegenrichtung öffentliche Verkehrsmittel, u. z. von M./Bahnhof bis S./Ortsmitte und von S./Ortsmitte bis F./Ortsmitte, wobei der Sohn des Bw. in S./Ortsmitte umsteigen muss. Allerdings gibt es in beiden Fahrtrichtungen Verbindungen, welche den Sohn M. des Bw. in weniger als einer Stunde in den Heimat- bzw. Studienort bringen:

Da also in beiden Richtungen öffentliche Verkehrsmittel verkehren, welche für die Zurücklegung der jeweiligen Fahrstrecke weniger als eine Stunde benötigen - wobei nach der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die individuellen Bedürfnisse keine Rücksicht zu nehmen ist - liegt F. auch nach der Bestimmung des § 2 Abs. 1 der Verordnung innerhalb des Einzugsbereiches von P.

Wenn aber der Sohn M. des Bw. seine Berufsausbildung innerhalb des Einzugsbereiches seines Wohnortes absolviert, können die durch diese Berufsausbildung verursachten Aufwendungen nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Es war somit wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck, 4. August 2003

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 1 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995
§ 2 Abs. 3 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995

Schlagworte:

auswärtige Berufsausbildung, Einzugsbereich des Wohnortes, Internat, Zweitunterkunft

Stichworte