UFS RV/1306-L/02

UFSRV/1306-L/0224.4.2003

Liebhaberei bei einem nebenberuflichen Karatetrainer

 

Anmerkungen:
Zu Liebhaberei, wenn bereits Fixkosten die Einnahmen überschreiten, siehe VwGH 21.6.1994, 93/14/0217 und 12.8.1994, 94/14/0025.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Helmut Puffer, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wels betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1995 bis 1999 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber ist HTL- Lehrer und übt neben dieser hauptberuflichen Tätigkeit noch eine weitere Tätigkeit als Karate -Trainer aus.

Aus dieser nebenberuflichen Tätigkeit wirtschaftete er in den streitgegenständlichen Berufungsjahren erhebliche Verluste, die von der Abgabenbehörde I. Instanz rückwirkend im Zuge der Beurteilung dieser Betätigung als Liebhaberei nicht anerkannt wurden.

Gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1995 bis einschließlich 1999 wurde innerhalb offener Frist Berufung im wesentlichen mit folgender Begründung erhoben:

In den angeführten Bescheiden seien die Einkünfte des Gewerbebetriebes des

Berufungswerbers nunmehr mit Null festgesetzt worden. In der mit Schriftsatz vom 3. Mai 2001 ausgefertigten Bescheidbegründung werde die Erledigungsabweichung vom Begehren wie folgt begründet: "Nach Lehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommen nur Tätigkeiten, die auf Dauer Gewinne bzw. Einnahmenüberschüsse erwarten lassen, als steuerliche Einkunftsquelle in Betracht. Andernfalls liege steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Entscheidend sei nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen, sondern in erster Linie die objektive Gewinnerzielungsmöglichtkeit . Im konkreten Fall sei in den Zeiträumen 1995 bis 1999 nebenberuflich die Trainertätigkeit im Karatesport betrieben worden und dazu folgende Verluste steuerlich geltend gemacht worden:

 

  

Schilling

Jahr

1995

-107.958,--

Jahr

1996

-152.879,--

Jahr

1997

-113.371,--

Jahr

1998

-194.993,--

Jahr

1999

-95.204,--

 

Die Regel , dass eine Liebhaberei erst nach einem gewissen Zeitraum beurteilt werden könne, gelte dann nicht, wenn bei Tätigkeiten ,wie im gegenständlichen Fall Gewinne zu erzielen , von vornherein als aussichtslos erscheinen lassen. Da somit keine Einkunftsquelle im Sinne der steuerlichen Vorschriften gegeben sei, seien die angefallenen Verluste der Jahre 1995 bis 1999 steuerlich nicht abzugsfähig. Es werde einseitig unterstellt, dass die Tätigkeiten Gewinne zu erzielen von vornherein als aussichtslos erscheinen lassen. Diese Feststellung sei durch keinerlei Fakten begründet. Vielmehr verlange der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.6.1997 , 94/15/0235, dass das Entstehen der Verluste zu ergründen ist und sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite zu analysieren seien. Dies sei genauso wenig geschehen, wie die Forderung einer sorgfältigen Teststellung zumindest der wesentlichsten Aktivitäten (VwGH vom 28. 4.1999 , 94/13/0100). Weiters würden die Richtlinien zur Liebhabereiberurteilung verlangen im Pkt. 11.1, dass "bei der Kriterienprüfung dem Grundsatz des Parteiengehörs im besonderen Maße Rechnung zu tragen ist. Dies ist ebensowenig wie eine sorgfältige Kriterienprüfung, bzw. das Abverlangen einer Prognose-

berechnung erfolgt.

Bei Beurteilung des Ausmaßes der Verluste sei insbesondere darauf abzustellen, ob die Verluste in Bezug auf die konkrete Betätigung als gravierender Verlust einzustufen seien.

Dabei sei das Verhältnis der jährlichen Verluste zu den jährlichen Umsätzen zu beobachten.

Wie die tiefstehend angeführte Aufstellung zeige, ergebe sich laufend eine Verbesserung

dieses Verhältnisses zu Gunsten des Berufungswerbers.

 

Jahr

Umsatz

Verlust

1995

90.886,--

107.958,--

1996

92.810,-- (+45.750,--)

152.879,-- (107.129,--)

1997

212.750,--

113.371,--

1998

143.870,--

194.993,--

1999

203.901,--

95.204,--

 

Der Betrag von S 45.750,-- war ursprünglich strittig. Der Berufungswerber habe daraufhin den Klagsweg beschritten und im Jahre 2000 den Prozess gewonnen. Im besonderen habe der Berufungswerber bereits im Jahre 2000 Maßnahmen getroffen, die hohen Fahrtkosten zu minimieren. So wurden beispielsweise Fahrgemeinschaften gebildet bzw. wo dies nicht möglich gewesen sei, auf öffentliche Verkehrsmittel ausgewichen. Alleine diese Kosten einsparende Maßnahme bewirke bereits im Jahre 2000 eine wesentliche Ausgabensenkung, sodass schon in diesem Jahr ein Überschuss erzielt werden könnte. Außerdem würden die Einnahmen aus der Trainertätigkeit erhöht (wie dies bereits aus der Umsatzentwicklung der vergangenen Jahre ersichtlich sei), sodass durch die eher gleichbleibenden Fixkosten schon alleine daraus ein positives Ergebnis erwirtschaftet werden könne. Nachdem der Berufungswerber seine Trainertätigkeit nicht aus seinen privaten Bedürfnissen heraus betreibe, sondern daraus letztendlich eine nachhaltige Einnahmequelle erzielen will, sei hier das typische Erscheinungsbild eines "Gewerbebetriebes" gegeben. Es sei daher nicht richtig, dass die Tätigkeit "von vornherein als aussichtslos Gewinn zu erzielen erscheinen lasse" .

Es liege daher eindeutig eine Betätigung mit Einkunftsquellenvermutung vor, da selbstverständlich der Berufungswerber die Absicht habe, einen Gesamtgewinn (bzw. einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) zu erzielen. Somit sei nicht nur die subjektive, sondern bei der gegenständlichen Betätigung selbstverständlich auch die objektive Gewinnerzielungsmöglichkeit gegeben. Der Zeitraum , innerhalb dessen ein Gesamtüberschuss erwirtschaftet werden könne, sei daher im gegenständlichen Fall konkret absehbar. Im übrigen sei die steuerliche Vertretung des Berufungswerbers der Meinung, dass der Beobachtungszeitraum noch keinesfalls als ausgereift angesehen werden dürfe, wo doch der Verwaltungsgerichtshof einen solchen von rund 20 Jahren annehme (VwGH vom 31.5.2000, Z. 94/13/0045). Es werde daher beantragt, a) die oben angeführten Bescheide ersatzlos aufzuheben und b) die Aussetzung der Einhebung der Abgaben gemäß § 212 BAO für die vorliegenden Abgaben zu bewilligen .

Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. September 2001 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen:

 

Der Berufungswerber sei Direktor-Stellvertreter und Professor an der HTL für Lebensmitteltechnologie und Getreidewirtschaft des L.OÖ. sowie der Meisterschule für Müller, Bäcker und Konditoren des L.OÖ. in W. Nebenberuflich übe er die Tätigkeit als Karate -Trainer aus. Diese Tätigkeit sei im Zuge der Veranlagung betreffend das Jahr 1999 (rückwirkend bis 1995) als Liebhaberei beurteilt worden. Aus der nebenberuflichen Tätigkeit seien in den Jahren 1995 bis 1999 folgende Ergebnisse erzielt worden:

vergleichsweise Gegenüberstellung der Einnahmen zu den Reisekosten

Jahr

Verluste

Einnahmen

Reisekosten

1995

107.958,--

90.886,--

183.693,50

1996

152.879,--

92.809,60

184.942,40

1997

113.371,--

212.749,90

227.105,80

1998

194.993,--

143.870,02

249.785,30

1999

95.201,--

203.901,12

217.683,30

In den Einnahmen seien neben den tatsächlichen Trainererlösen noch erhebliche Aufwandsentschädigungen enthalten, sodass das Verhältnis von Trainereinnahmen gegenüber den Reisekosten sich noch drastischer darstelle.

Gemäß §1 Abs. 2 Z. 1 Liebhabereiverordnung sei Liebhaberei zu vermuten, wenn Verluste aus einer Betätigung entstehen, die typischerweise eine besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen ( z.B. Sport- und Freizeitausübung). Die für das Vorlegen einer Einkunftsquelle entscheidende Absicht der Erzielung eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) sei nicht anzunehmen, in denen bei entstehenden Verlusten die Betätigung nach der durch die Lebenserfahrung gestützten inneren Wahrscheinlichkeit überwiegend nicht einen solchen Totalgewinn bezwecke, weil sie im engen Zusammenhang mit durch bestimmte Tätigkeiten manifestierten Lebensbereichen stehe, die nicht in erster Linie der Erzielung einkommensteuerbarer Erträge dienen. Die bundesweite nebenberufliche Tätigkeit als Karate Trainer sei typischerweise in den vorhin erwähnten Tätigkeitsbereich einzuordnen. Alleine die Reisekosten würden beträchtlich die Einnahmen übersteigen, sodass von vornherein die Gewinnerzielungsmöglichkeit nicht bestehe. Die Berufung sei daher als unbegründet abzuweisen. Sollte künftig hin eine Änderung der Betätigung dahingehend eintreten (drastische Kürzung der Reisekosten - Erhöhung der Einnahmen), so könnte der Beobachtungszeitraum neu beginnen und die Tätigkeit einer neuen Beurteilung hinsichtlich Liebhaberei zugeführt werden.

Gegen die Berufungsvorentscheidung wurde der Antrag auf Vorlage der Berufung innerhalb offener Frist an die Abgabenbehörde 2. Instanz gestellt:

In der Bescheidbegründung der Berufungsvorentscheidung sei die Abgabenbehörde 1 Instanz jedenfalls nicht auf die in der Berufung vorgebrachten Einwendungen eingegangen. Der Abgabenbehörde 1. Instanz seien in all den betreffenden Jahren die Einzelheiten bekannt und auch die Tätigkeit, aus denen die erklärten Einnahmen stammen, bekannt gewesen. Auch habe die Behörde nie einen entsprechenden Vorhalt herausgegeben, sodass der Berufungswerber davon ausgehen durfte, dass ihm dies in der Erklärung überreichten Daten völlig klar vorgekommen seien. Es sei jedenfalls nicht richtig, dass der Berufungswerber die Trainertätigkeit aus einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung ausübe. Von einer entsprechenden Absichterzielung eines Gesamtgewinnes sei in jedem Fall auszugehen, da kein vernünftiger Mensch in eine anstrengende Tätigkeit Zeit und Geld investieren würde, ohne eine entsprechende Gegenleistung (Gesamtgewinn) zu erwarten. Anlaufverluste würden bei jeder Art der Betätigung entstehen, weshalb alleine daraus nicht auf eine Liebhabereitätigkeit geschlossen werden könne. Zumindest der Einkommensteuerbescheid 1996, der mit Bescheid vom 4. Februar 1999 gemäß § 293 BAO berichtigt wurde, habe den Charakter der "Vorläufigkeit" verloren, da er den Zusatz "gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufiger Bescheid " wähle.

Es werde beantragt, die Einkommensteuer 1995 bis 1999 entsprechend der eingereichten Erklärungen zu veranlagen und die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.

 

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, dass das steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.

 

 

Abs. 2 :

Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen und der Freibeträge.

Gemäß § 1  Abs. 2 Z 1 der Liebhabereiverordnung II 1993, BGBl 1993/33, bzw. II 1995 , BGBl. 1995/314 ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verehrsauffassung in einem besonderen Maße für die Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z. B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen.

Der Unabhängige Finanzsenat teilt die Auffassung der Abgabenbehörde 1. Instanz, wonach sich bei einer näheren Untersuchung der Einnahmen und bestimmter Ausgaben- wie beispielsweise der Reisekosten - ein eindeutiges negatives Ergebnis ergibt.

 

Alleine schon aus der Tatsache der so hohen Reisekosten im Verhältnis zu den Einnahmen ist von vornherein eine Gewinnerzielungsmöglichkeit nicht gegeben. Eine Prognoseberechnung erübrigt sich daher.

 

Bei einer Änderung der Struktur der Tätigkeit (drastische Kürzung der Reisekosten bzw. einer Erhöhung der nebenberuflichen Einnahmen aus der Karatetätigkeit) könnte sich ein neuer Beobachtungszeitraum ergeben, für den eine eigenständige Liebhabereibeurteilung zu erfolgen hat.

 

Diese Rechtsansicht wird auch durch verschiedene Erkenntnisse des Höchstgerichtes

(z.B. VwGH vom 24.4.1997, 94/15/0012 zu § 2 Abs. 2 und 3 EStG 1988 , widerlegliche Liebhabereivermutung bei Verlusten aus Land-und Forstwirtschaft und Vorliegen von nichtselbständigen Einkünften) bestätigt.

 

Ergänzend wird bemerkt:

Eine leicht zu erstellende Analyse der Tätigkeit ergibt deren klare Unwirtschaftlichkeit .Der Zustand ist im ganzen Berufungszeitraum feststellbar. Die Verluste sind systemimmanent.

Diese Feststellung erfolgt überdies gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig.

 

Linz, 24.April 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 2 Z 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993

Schlagworte:

Liebhaberei, nebenberuflich beschäftigter Karatetrainer

Verweise:

VwGH 24.04.1997, 94/15/0012

Stichworte