Gewinn aus der Veräußerung eines GmbH-Anteiles als sonstige Einkünfte zu besteuern?
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2003/15/0053 eingebracht. Mit Erk. v. 21.9.2006 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch die KPMG Alpen -Treuhand GmbH gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 29. 5. 2001 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1993 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der Bw. hat im Berufungsjahr neben Einkünften aus selbständiger Arbeit (Betriebsberatung) solche aus Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb bzw. aus Land- und Forstwirtschaft erklärt.
Aus einer Beilage zur Einkommensteuererklärung 1993 ("Detail zu Einkünften aus Gewerbebetrieb") ging hervor, dass der Bw. u.a. die Beteiligung an der "DEI GmbH" am 7. September 1993 verkauft hatte. Dem am 19. Jänner 1995 ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 wurden zunächst die Einkünfte in der erklärten Höhe zu Grunde gelegt. Auf Grund von geänderten Mitteilungen über die gesonderte Feststellung von Einkünften wurden am 22. Jänner 1996 bzw. am 15. April 1997 gem. § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für 1993 erlassen.
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom 28. November 2000 wurde dem Bw. im Wesentlichen mitgeteilt, dass der Bw. laut vorliegendem Kontrollmaterial am 7.9.1993 die am 24.10.1991 an der Firma "DEG EZ GmbH" erworbenen Anteile an die CR GmbH" abgetreten habe. Da er zumindest zwischen 24. und 30.10.1991 zu mehr als 10% (12%) an dieser GesmbH beteiligt gewesen sei, werde er gebeten, eine Veräußerungsgewinnermittlung gemäß § 31 EStG für 1993 vorzulegen.
Die steuerliche Vertreterin des Bw. hat mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2000 zunächst darauf verwiesen, die Abtretung habe die Anteile an der "DEI GmbH" und nicht an der "DEG EZ GmbH" betroffen. Der Abtretungspreis habe tatsächlich 980.000,00 S betragen, die Anschaffungskosten 50.000,00 S, sodass sich ein Veräußerungsgewinn auf Grund der Abtretung am 7.9.1993 in Höhe von 930.000 S errechne. Allerdings sei man zur Rechtsauffassung gelangt, dass ein steuerbarer Tatbestand durch diese Veräußerung nicht verwirklicht worden sei. Der Bw. sei per 10.10.1991 mit 10% an der "DEG EZ GmbH" beteiligt gewesen. Diese Gesellschaft wiederum sei zu diesem Zeitpunkt mit 30% an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen. An der "DEI GmbH" sei der Bw. zunächst nicht beteiligt gewesen, sodass durchgerechnet sein Anteilsbesitz an der "DEI GmbH" 3% betragen habe. Weitere Gesellschafter der "DEG EZ GmbH" seien Herr DI. P. und Herr Mag. G. mit ebenfalls 10%. In der Folge sei von den Gesellschaftern beschlossen worden, in der "DEI GmbH" ein Immobilienprojekt zu entwickeln, wobei die "CH AG" zu 70% und der Bw., Herr Dl. P. und Herr Mag. G. zu je 10% am Ergebnis dieses Projektes teilhaben sollten. Da es sich zu diesem Zeitpunkt bei der "DEI GmbH" um eine Mantelgesellschaft gehandelt habe, sei zwischen dem Bw., DI. P. und Mag. G. Einigung darüber erzielt worden, dass die Anteile an der "DEI GmbH" von der "DEG EZ GmbH" zum damals fremdüblichen Nominale von 50.000,00 S erworben werden sollten. Die vorbehaltslose Willenseinigung über die Abtretung der Anteile an der "DEI GmbH" sei in einer gemeinsamen Besprechung von allen Gesellschaftern gleichzeitig erzielt worden. Es sei beschlossen worden, die formale Abtretung, zu welcher ein Notariatsakt erforderlich gewesen sei, sobald wie möglich durchzuführen.
Der Bw. habe sodann aus zeitlichen Gründen den Notariatsakt über den Erwerb von Anteilen an der "DEI GmbH" am 24.10.1991 unterzeichnet. Die anderen beiden Gesellschafter, welche sich ebenfalls bereits zur Übertragung verpflichtet hätten, seien zu diesem Termin nicht anwesend gewesen und hätten den Notariatsakt 6 Tage später, am 30.10.1991 unterzeichnet. Rein formal betrachtet sei der Bw. somit im Zeitraum vom 24.10.1991 bis 30.10.1991, somit eine Woche, mit 10 % direkt an der "DEI GmbH" und mit 2% indirekt über die "DEG EZ GmbH" an der "DEI GmbH" beteiligt. Ab 30.10.1991 sei die "DEG EZ GmbH" nicht mehr an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen, sodass das formale Beteiligungsausmaß des Bw. ab diesem Zeitpunkt wiederum 10 % betragen habe.
Die formalrechtliche Betrachtungsweise sei bei der Anwendung des Steuertatbestandes des § 31 EStG nicht maßgeblich. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung und Literatur vielmehr das wirtschaftliche Eigentum. Diesbezüglich wurde auf Doralt, Kommentar zum EStG, Rz 22f verwiesen.
Eine Anschaffung bzw. Veräußerung erfolge zu jenem Zeitpunkt, in dem das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, das sei der Kaufvertrag, abgeschlossen werde. Das Rechtsgeschäft über den Kauf der Anteile zwischen Herrn DI. P. und Herrn Mag. G. einerseits und der "DEG EZ GmbH" sei aber bereits vor dem 24.10.1991 zu Stande gekommen. Wirtschaftlich sei daher die "DEG EZ GmbH" im Zeitraum 24.10.1991 bis 30.10.1991 nicht mehr an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen.
Der formell für die Übertragung von GmbH-Anteilen notwendige Notariatsakt sei lediglich der Modus. Die sachenrechtliche Durchführung sei aber eindeutig nicht von Bedeutung (Doralt, Kommentar zum EStG, § 30 Rz 21).
Zusammenfassend werde festgestellt, dass auf Grund des gleichzeitigen vorbehaltslosen mündlichen Abtretungsvertrages, welcher beim gemeinsamen Beschluss, ein Immobilienprojekt zu entwickeln, auch plausibel sei, keiner der Gesellschafter in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu irgendeinem Zeitpunkt zu mehr als 10% an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen sei.
Das Finanzamt hat entgegen den Ausführungen der steuerlichen Vertreterin des Bw. mit Bescheid vom 29. Mai 2001 das Verfahren betreffend Einkommensteuer 1993 gem. § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und mit gleichem Datum einen Einkommensteuerbescheid für 1993 erlassen, in dem u.a. sonstige Einkünfte (Veräußerungsgewinn im Sinne des § 31 Abs. 1 EStG 1988) in Höhe von 920.000,00 S zum Ansatz gebracht wurden. Das Finanzamt ging in der Begründung zu diesen Bescheiden im Wesentlichen davon aus, dass der Bw. in der Zeit vom 24.10.1991 bis 30.10.1991 an der Firma "DEI GmbH" zu 10% direkt und über die Firma "DEG EZ GmbH" zu 2% indirekt beteiligt gewesen sei. Mit Notariatsakt vom 7.9.1993 habe er den Nominalanteil von 50.000 S an die "CR GesmbH" um einen Betrag von 980.000 S veräußert. Damit hätten die Voraussetzungen des § 31 EStG infolge der mittelbaren Beteiligung für einige Tage vorgelegen. Als Veräußerung iSd. § 31 EStG sei jede entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen anzusehen, wobei als Veräußerung das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag), das auf Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums an der Beteiligung gerichtet sei, gelte. Zu beachten seien dabei jedoch die Bestimmungen der EStR 1984 Abschn. 85 Abs. 1, wonach erst die tatsächliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen als Veräußerungsvorgang anzusehen sei (Doralt Rz 84 zu § 31). Damit eine Anteilsabtretung wirksam werden könne, bedürfe es gem. § 76 Abs. 2 GmbH Gesetz eines Notariatsaktes, sodass die Veräußerung der Anteile der übrigen Anteilsinhaber an der "DEG EZ GmbH" erst mit Unterfertigung und nicht vor dem 24.10.1991 erfolgt sei.
Daraufhin hat die Vertreterin des Bw. mit Schriftsatz vom 20. Juni 2001 gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 berufen und neuerlich darauf verwiesen, der Bw. sei zu keinem Zeitpunkt mittelbar oder unmittelbar zu mehr als 10 % an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen.
Die Vertreterin des Bw. hat neuerlich die Beteiligungsverhältnisse des Bw. an der "DEG EZ GmbH" bzw. an der "DEI GmbH" dargestellt und ergänzend ausgeführt, die vorbehaltslose Willenseinigung über die Abtretung der Anteile an der "DEI GmbH" sei in einer gemeinsamen Besprechung von allen Gesellschaftern gleichzeitig erzielt worden. Es sei beschlossen worden, die formale Abtretung, zu welcher ein Notariatsakt erforderlich gewesen sei, sobald wie möglich durchzuführen.
Zweifel bestünden nun dahingehend, welcher Zeitpunkt als maßgeblicher Anschaffungs- bzw. Veräußerungszeitpunkt iSd. § 31 EStG anzusehen sei. In der Begründung zum abgeänderten Einkommensteuerbescheid 1993 werde die Auffassung vertreten, dass als maßgeblicher Zeitpunkt bei einer Anschaffung oder einer Veräußerung iSd. § 31 EStG der Abschluss eines Notariatsaktes sei. Dies mit der weiteren Begründung, dass eine Veräußerung erst mit dem Notariatsakt wirksam werde. Sollte diese Auffassung zutreffend sein, sei der Bw. tatsächlich für 6 Tage hindurch mit 10 % direkt an der "DEI GmbH" und mit 2 % indirekt über die "DEG EZ GmbH" an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen.
Aus Sicht der Vertreterin sei aber allein der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes, das heiße der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages maßgebend. Der Zeitpunkt der sachenrechtlichen Durchführung sei jedoch nicht von Bedeutung (Doralt, Kommentar zum EStG, § 30, Rz 21 mit Verweis auf VwGH 17. März 1967, 112/66).
Eine sehr deutliche Aussage zu dieser Frage des Anschaffungszeitpunktes bzw. Veräußerungszeitpunktes iSd. §§ 30 und 31 EStG enthalte das Erkenntnis des VwGH vom 20. November 1997, 96/15/0256. Der VwGH stelle in diesem Erkenntnis Folgendes klar:
"Unter Anschaffung und Veräußerung iSd. § 30 EStG sind die schuldrechtlichen, auf den Eigentumsübertrag gerichteten Rechtsgeschäfte zu verstehen. Für die Berechnung der Spekulationsfrist ist daher der Zeitpunkt des Zustandekommens dieser schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte - insbesondere Kaufverträge - maßgeblich. Allerdings kommt es ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt eines solchen Rechtsgeschäftes an, wenn die Vertragsparteien bereits vorher eine Vereinbarung geschlossen haben, aufgrund derer das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist. Hiezu bedarf es einer beide Vertragsparteien bindende, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmenden Vereinbarung."
In diese Richtung gehe auch die in den Einkommensteuerrichtlinien 2000 zusammengefasste Rechtsmeinung der Finanzverwaltung. In Rz 6620 werde festgehalten, dass es nur auf den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages ankomme, und der Tag der sachenrechtlichen Übergabe nicht maßgebend sei. Ergänzend dazu werde zur Veräußerung von Beteiligungen iSd. § 31 EStG in der Rz 6666 nochmals festgehalten, dass als Veräußerung jede entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen gelte.
Auch die Einkommensteuerrichtlinien 1984, welchen kein normativer Charakter zukomme, würden keine ausdrückliche Aussage dazu enthalten, ob die Verwendung des Begriffes der "tatsächlichen Übertragung" eine weiterreichende Bedeutung habe. Darüber hinaus seien die Einkommensteuerrichtlinien 1984 durch die Einkommensteuerrichtlinien 2000 abgelöst worden.
Die von der Vertreterin des Bw. vertretene Gesetzesauslegung entspreche eindeutig dem wirtschaftlichen Konzept des § 31 EStG. Bei einer rein zivilrechtlichen Betrachtungsweise wäre es relativ einfach, die Verwirklichung eines Veräußerungstatbestandes nach § 31 EStG zu vermeiden. Sofern Anteile an einer GmbH von einem Treuhänder gehalten werden würden, würde die entgeltliche Übertragung von einem Treugeber auf einen anderen Treugeber bei dem in der Bescheidbegründung vorgebrachten Konzept nie zur Verwirklichung des Veräußerungstatbestandes iSd. § 31 EStG führen, da der Treugeberwechsel ohne Errichtung eines Notariatsaktes stattfinde.
Eindeutiger Inhalt der Gesetzesbestimmung sei daher eine wirtschaftliche Betrachtungsweise.
Das Finanzamt hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 11.7.2001 als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass es für die Frage, ob die "DEG EZ GmbH" im Zeitraum vom 24.10.1991 bis 30.10.1991 nicht mehr an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen sei und. folglich auch der Bw. zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 10% an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen wäre, darauf ankomme, zu welchem Zeitpunkt DI. P. und Mag. G. ihre Anteile (je 10 %) an der "DEG EZ GmbH" erworben hätten. Das Finanzamt ging dabei davon aus, dass das schuldrechtliche Rechtsgeschäft erst mit 30.10.1991 - d. h. mit Unterfertigung des Notariatsaktes - zu Stande gekommen sei.
Daraufhin hat die Vertreterin des Bw. mit Schriftsatz vom 8. August 2001 den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. Die Vertreterin des Bw. hat darin dem Finanzamt beigepflichtet, dass das schuldrechtliche Rechtsgeschäft tatsächlich erst mit der Unterfertigung des Notariatsaktes am 30.10.1991 zu Stande gekommen sei. Abweichend davon wurde neuerlich die Rechtsansicht vertreten, dass der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes, also der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages dann nicht maßgebend sei, wenn schon vorher ein Tatbestand verwirklicht worden sei, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Teile vorwegnehme. Es wurde diesbezüglich auf die Erkenntnisse des VwGH vom 8.2.1989, 88/13/0049f sowie vom 20.11.1997, 96/15/0256 verwiesen. In den EStR 2000, Rz 6622 werde ausgeführt, dass § 30 EStG einer wirtschaftlicher Betrachtungsweise zugänglich sei, da der Tatbestand an einen wirtschaftlichen Vorgang anknüpfe - nämlich jenen einer in kurzer Zeit realisierten Vermögensvermehrung. Demnach stelle auch der entgeltliche Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums eine Anschaffung dar (VwGH 22.9.1981, 217, 218/80). Auch nach Rz 6666 sei als Veräußerung iSd. § 31 EStG jede entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen anzusehen.
Es werde daher festgehalten, dass die Abtretung der Anteile durch die vorbehaltslose Willenseinigung von allen Gesellschaftern bereits vor der formalen Abtretung mit Notariatsakt erzielt worden sei. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei somit die Übertragung der Anteile gleichzeitig vor der formalen Abtretung erfolgt, sodass der Bw. zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 10% an der "DEI GmbH" beteiligt gewesen sei. Im Zeitraum 24. Oktober 1991 bis 30. Oktober 1991 sei die "DEG EZ GmbH" nicht mehr als wirtschaftlicher Eigentümer der 2% an der "DEI GmbH" anzusehen, sondern ab der vorbehaltlosen Willenseinigung seien die Gesellschafter bereits wirtschaftliche Eigentümer der Anteile an der "DEI GmbH".
Über die Berufung wurde erwogen:
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob der Bw. vom 24.Oktober bis 31. Oktober 1991 über eine Beteiligung von 12% (10% direkte Beteiligung, 2% mittelbar über die Beteiligung der "DEG EZ GmbH" an der "DEI GmbH") an der "DEI GmbH" verfügt hat, was zur Folge hätte, dass der aus der Veräußerung des Anteiles per 7. September 1993 erzielte Gewinn einer Besteuerung im Sinne des § 31 EStG 1988 zu unterziehen wäre.
Gem. § 31 Abs. 1 EStG 1988 gehören zu den sonstigen Einkünften die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft zu mehr als 10% beteiligt war. Eine solche Beteiligung liegt auch dann vor, wenn der Veräußerer mittelbar, zum Beispiel durch Treuhänder oder durch eine Kapitalgesellschaft, beteiligt war.
Dies bedeutet, dass gem. § 31 EStG 1988 Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen seit dem Inkrafttreten des EStG 1988 bereits dann steuerpflichtig sind, wenn das Beteiligungsausmaß des Veräußerers mehr als 10% beträgt bzw. (zu irgendeinem Zeitpunkt) innerhalb der letzten fünf Jahre betrug, wobei bei unentgeltlichem Erwerb auch auf das Beteiligungsausmaß des Rechtsvorgängers abzustellen ist (vgl. NZ 1990, 251).
Die Vertreterin des Bw. geht im Vorlageantrag - abweichend von der vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung vertretenen Ansicht - davon aus, dass die Abtretung der Anteile durch die "vorbehaltlose Willenseinigung von allen Gesellschaftern bereits vor der formalen Abtretung mit Notariatsakt erzielt worden" sei. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei somit die Übertragung der Anteile gleichzeitig vor der formalen Abtretung erfolgt, sodass der Bw. zu keinem Zeitpunkt zu mehr als 10% an der "DEI GmbH beteiligt gewesen sei. Im Zeitraum 24.10.1991 bis 30.10.1991 sei die "DEG EZ GmbH" nicht mehr als wirtschaftlicher Eigentümer der 2% an der "DEI GmbH" anzusehen, sondern ab der vorbehaltlosen Willenseinigung seien die Gesellschafter bereits "wirtschaftliche Eigentümer" der Anteile an der "DEI GmbH". Die Vertreterin hat ihre Auffassung im Wesentlichen damit begründet, dass der Zeitpunkt des schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes, also der Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, dann nicht maßgebend sei, wenn schon vorher ein Tatbestand verwirklicht worden sei, der den wirtschaftlichen Vorteil eines Verkaufsgeschäftes für beide Vertragsteile vorwegnehme. Es wurde diesbezüglich auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8.2.1989, 88/13/0049f sowie vom 20.11.1997, 96/15/0256 verwiesen.
Hiezu ist zunächst festzustellen, dass als Veräußerungsgeschäft das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, das auf Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums an der Beteiligung gegen Entgelt gerichtet ist (zB Kaufvertrag) gilt. Ein Abstellen auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums würde zur Disposition des Steuerpflichtigen über die Fünfjahresfrist führen (vgl. Doralt, EStG-Kommentar, EStG 1988, § 31 Rz 84f).
Die Anknüpfung an das schuldrechtliche Rechtsgeschäft ergibt sich aus dem Zweck des Gesetzes und aus der historischen Anknüpfung an das Spekulationsgeschäft: Für die Erzielung eines Veräußerungsgewinnes durch Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte ist nicht der Besitz und die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit entscheidend; dazu genügt der obligatorische Anspruch. Daher werden auch solche Veräußerungsgeschäfte erfasst, bei denen die Veräußerung des Wirtschaftsgutes früher erfolgt als der Erwerb (Doralt, aaO, § 30 Rz 24).
Gem § 76 GmbHG bedarf es zur Übertragung von Geschäftsanteilen mit Rechtsgeschäft unter Lebenden eines Notariatsaktes. Das gilt auch für Vereinbarungen über die Verpflichtung zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteils (RWZ 1999, 303).
Dies bedeutet, dass die Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen ohne gültigen Notariatsakt zivilrechtlich unwirksam ist; die Unwirksamkeit kann auch durch tatsächliche Erfüllung des Geschäftes nicht saniert werden (vgl. RWZ 1999, 303).
Es ist der Vertreterin des Bw. allerdings darin zuzustimmen, dass auch die Bestimmung des § 31 EStG 1988 der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, also der Auslegung des Gesetzesbegriffes nach seinem wirtschaftlichen Gehalt, zugänglich ist, dh. auch für die Veräußerung von Beteiligungen ist das wirtschaftliche Eigentum und nicht das formale Eigentumsrecht maßgeblich (vgl. NZ 1990, 251).
Dies bedeutet für den gegenständlichen Fall, dass zu beurteilen ist, ob bereits durch die von der Vertreterin behauptete vorbehaltlose Willenseinigung der Gesellschafter vor der Unterfertigung des Notariatsaktes am 24. Oktober 1991(durch den Bw.) bzw. am 30. Oktober 1991 durch DI. P. und Mag. G. diese bereits wirtschaftliche Eigentümer der Gesellschaftsanteile geworden sind bzw. die "DEG EZ GmbH" ihre Gesellschafterstellung zum damaligen Zeitpunkt bereits verloren hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Option (Abtretungsanbot) allein wirtschaftliches Eigentum nicht verschafft (VwGH vom 9.5.1989, 89/14/0033, vom 29.11.1988, 88/14/0184, vom 21.10.1986, 86/14/0107, vom 13.5.1986, 85/14/0169). Dem Abtretungsberechtigten steht durch die Option allein die Ausübung der wesentlichen Eigentümerfunktionen (Stimmrecht, Bezug der Früchte, Veräußerungs- und Verpfändungsmöglichkeit) nicht zu.
Wie der Oberste Gerichtshof im Erkenntnis vom 26.4.1990, 6 Ob 542/90 ausgeführt hat, "haben die weitaus überwiegende Judikatur des Obersten Gerichtshofes, auch in jüngerer Zeit und der Großteil der Lehre die Ansicht vertreten, dass auch das Verpflichtungsgeschäft der Notariatsaktsform bedarf." Der OGH hat sich in diesem Erkenntnis diesem Standpunkt angeschlossen. Der OGH hat darin auch ausgeführt, die Formvorschrift diene auch der Publizität, es solle möglichst evident sein, wer jeweils gerade Gesellschafter sei. Eine Heilung eines formungültigen Übertragungsaktes durch Erfüllung würde - laut OGH - aber gerade mehrfache Umsätze von Anteilen ohne sachenrechtlichen Übertragungsakt möglich machen. Da § 76 Abs. 2 zweiter Satz GmbHG auch Vereinbarungen über die Verpflichtung zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteiles dem Formgebot unterwerfe, würde es schließlich einen nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch darstellen, Rechtsgeschäfte, die dem späteren Hauptvertrag vorangehen, einer strengeren Formpflicht zu unterwerfen als diesen selbst. Aus einem formfrei geschlossenen Vertrag über die Veräußerung von Anteilen an einer Gesellschaft m.b.H., möge auch der vereinbarte Preis bezahlt sein, könne daher nicht auf Erfüllung, das heißt auf Errichtung eines Notariatsaktes über die Abtretung oder auf Unterfertigung einer dazu dienenden Spezialvollmacht geklagt werden. Der OGH hat weiter ausgeführt, dass die erforderliche Notariatsaktform durch den Gesellschaftsvertrag nicht abbedungen werden könne. Durch den Gesellschaftsvertrag seien zwar Erschwerungen bei der Übertragung von Geschäftsanteilen, nicht aber Erleichterungen von der Formvorschrift möglich.
Angesichts des Umstandes, dass aber aus einem formfrei geschlossenen Vertrag - wie dem vorstehenden Erkenntnis zweifelsfrei entnommen werden kann - nicht auf Erfüllung, d.h. auf Errichtung eines Notariatsaktes geklagt werden kann, wird die Ansicht vertreten, dass die zwischen dem Bw., DI. P., Mag. G. und der "DEG EZ GmbH" - außerhalb der Formvorschriften des GmbHG - geschlossene Vereinbarung nicht dazu geeignet war, das wirtschaftliche Eigentum an den abzutretenden Anteilen zu vermitteln.
Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, dh auf die Zeit der möglichen Nutzung gelten machen kann (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 2. Auflage, Rz 3 zu § 24 Abs. 1, NZ 1990, 251).
Das trifft aber im gegenständlichen Fall schon deshalb nicht zu, weil eine formfreie Vereinbarung offensichtlich nicht einmal den Anspruch auf Abschluss des für die wirksame Abtretung von GmbH-Anteilen erforderlichen Notariatsaktes vermittelt. Damit kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass das wirtschaftliche Eigentum bereits durch die Einigung der Gesellschafter vor Abschluss des Notariatsaktes auf diese übergegangen wäre. Weder die positiven Befugnisse eines Eigentümers (Gesellschafterrechte) konnten ausgeübt werden, noch war der Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache möglich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, 15. April 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 31 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Abtretung, GmbH-Anteil, Verpflichtungsgeschäft, wirtschaftliches Eigentum |
Verweise: | VwGH 09.05.1989, 89/14/0033 |