Cum-Ex-Geschäft: KESt-Rückerstattung auf Dividenden bzw. KompensationszahlungenDividendenberechtigung, Zurechnung der Aktien, Übergang des wirtschaftlichen Eigentums
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102008.2017
Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/13/0002. Mit Erk. v. 28.6.2022 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Renate Schohaj, und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Christian Seywald, Peter Schagerl, Arbeiterkammer Wien, Ing. KR Hans Eisenkölbl, Wirtschaftskammer Wien, im Beisein der Schriftführerin Andrea Moravec, in der Beschwerdesache ***15***, Adresse Bf., ***2***, vertreten durch ***3***, gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom 28. April 2014, betreffend Abweisung des Antrags auf Rückerstattung österreichischer Kapitalertragsteuer für das Jahr 2013, Evidenznummern ***4*** und ***5***, in der am 15. Juli 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
I) Anträge auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Kapitalgesellschaft, welche im Jahr 2013 Aktien von österreichischen Gesellschaften erworben und aus diesen Aktien Dividenden bzw. Ausgleichszahlungen bezogen hat. Diese österreichischen Gesellschaften behielten gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 EStG Kapitalertragsteuer (KESt) in der Höhe von 25% ein und führten diese an das Finanzamt ab.
Mit Eingabe vom 19. Mai 2013 und den Formularen ZS-RE1 und ZS-RE1A, Evidenznummer ***4***, beantragte die Bf. die Rückerstattung der in Österreich im Jahr 2013 im Wege des KESt-Abzugs auf inländische Dividendeneinkünfte eingehobene Quellensteuer in der Höhe von 1,106.250 Euro.
Mit Eingabe vom 12. August 2013 und den Formularen ZS-RE1 und ZS-RE1A, Evidenznummer ***5***, beantragte die Bf. die Rückerstattung der in Österreich im Jahr 2013 im Wege des KESt-Abzugs auf inländische Dividendeneinkünfte eingehobene Quellensteuer in der Höhe von 1,245.000 Euro.
II) Ergänzungsersuchen vom 2. April 2014:
Das Finanzamt ersuchte um Nachweis des wirtschaftlichen Eigentums an den gegenständlichen Wertpapieren an Hand geeigneter Dokumente und sonstiger Unterlagen:
1) Wer war wirtschaftlicher Eigentümer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Ausschüttungen und zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ausschüttungen?
2) Ab welchem Zeitpunkt ist die Bf. ständiger Eigentümer, Besitzer oder Inhaber der gegenständlichen Wertpapiere geworden und durch welchen Rechtsvorgang hat die Bf. diese Rechtsstellung erworben?
3) War die Bf. schon vor diesem Rechtsvorgang einmal ständiger Eigentümer, Besitzer oder Inhaber der gegenständlichen Wertpapiere?
4) Wurden die gegenständlichen Wertpapiere zwischen dem Zeitpunkt der Beschlussfassung und dem Zeitpunkt der Ausschüttung verkauft, verliehen oder haben sie auf andere Weise den Eigentümer, Besitzer oder Inhaber gewechselt?
5) Durch welchen Rechtsvorgang hat die Bf. die gegenständlichen Wertpapiere oder etwaige Rechte daran erworben?
6) Ist die Bf. zum jetzigen Zeitpunkt noch Eigentürmer, Besitzer oder Inhaber der gegenständlichen Wertpapiere? Wenn nein, welche Rechtsvorgänge wurden von der Bf. oder von anderen Personen mit den gegenständlichen Wertpapieren durchgeführt?
Das Finanzamt ersuchte des Weiteren um Vorlage eines Nachweises über die Transaktionen auf dem Depot (Jahresauszug) bezüglich des Jahres der Ausschüttung sowie um Nachweis der Einbehaltung und Abfuhr der KESt.
III) Eingabe vom 11. April 2014, Evidenznummer ***4*** und ***5*** (Beantwortung des Ergänzungsersuchens):
1) Die gegenständlichen Wertpapiere seien am Markt über Broker erworben worden. Die vorherigen wirtschaftlichen Eigentümer seien nicht bekannt. Der Erwerb der Wertpapiere sei jeweils vor dem Ex-Tag erfolgt, welcher jener Tag sei, der für die Ermittlung des Dividendenanspruches maßgeblich sei. Zum Zeitpunkt der Feststellung des Dividendenanspruches sei die Bf. wirtschaftlicher Eigentümer der Wertpapiere gewesen. Ab dem Datum des Erwerbes seien der Bf. sämtliche Rechte, Chancen und Risiken aus den Wertpapieren zugestanden, womit das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren ab dem Kaufdatum bei der Bf. gelegen sei. Auch die Dividenden seien von der Bf. in eigenem Namen und auf eigene Rechnung sowie auf eigenes Risiko vereinnahmt worden.
Evidenznummer ***4***: Unter Verweis auf die beigelegten Bestätigungen der Depotbank ***6*** und die beigelegten Depotauszüge für das Jahr 2013 übermittelte die Bf. folgende Aufstellung zu den Anschaffungszeitpunkten:
Datum Beschlussfassung | Datum Erwerb | |
***7*** AG | 22.03.2013 | 25.03.2013 |
***8*** AG | 18.04.2013 | 30.04.2013 |
***9*** AG | 03.05.2013 | 10.05.2013 |
Evidenznummer ***5***: Unter Verweis auf die beigelegte Bestätigung der Depotbank ***6***, die beigelegten Depotauszüge für das Jahr 2013 und die untenstehende Information zum Verkauf der ***10*** AG übermittelte die Bf. folgende Aufstellung zu den Anschaffungszeitpunkten:
Datum Beschlussfassung | Datum Erwerb | |
***11*** AG | 15.05.2013 | 21.05.2013 |
***10*** AG | 03.07.2013 | 05.07.2013 |
2) Die Wertpapiere seien zu folgenden Terminen und mittels folgender Rechtsvorgänge erworben worden:
Evidenznummer ***4***:
Datum Erwerb | Rechtsvorgang | |
***7*** AG | 25.03.2013 | Kauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
***8*** AG | 30.04.2013 | Kauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
***9*** AG | 10.05.2013 | Kauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
Evidenznummer ***5***:
Datum Erwerb | Rechtsvorgang | |
***11***AG | 21.05.2013 | Kauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
***10*** AG | 05.07.2013 | Kauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
Der Kauf der jeweiligen gegenständlichen Wertpapiere sei über Broker getätigt, via OeKB gesettelt und von der Depotbank der Bf. ***6*** abgewickelt und der Kaufpreis voll entrichtet worden. Die Verkäufer seien der Bf. nicht bekannt, ab dem Kaufdatum sei sie wirtschaftlicher Eigentümer gewesen.
Die Bf. verwies in diesem Zusammenhang auf die jeweilige Bestätigung der Depotbank ***6*** und die Depotauszüge.
3) Die gegenständlichen Wertpapiere seien jeweils vor dem Ex-Tag gekauft worden. Es sei davon auszugehen, dass bereits vor dem Jahr 2013 mit Aktien derselben bzw. anderer österreichischer Emittenten jeweils am Markt gehandelt worden sei.
4) Die Wertpapiere der Bf. würden grundsätzlich zumindest bis zur Ausschüttung gehalten und später - abhängig von der Marktentwicklung, Liquiditätsbedarf und alternativen Investmentmöglichkeiten - veräußert. Wie aus den beigelegten Bestätigungen auf den Depotauszügen der Depotbank ***6*** ersichtlich sei, seien die Wertpapiere zwischen dem Zeitpunkt der Anschaffung und der Veräußerung auch nicht durch die Bf. ge- oder verliehen worden.
Evidenznummer ***4***:
Erwerb | Dividenden Ex-Tag | Ausschüttung | Veräußerung | |
***7*** AG | 25.03.2013 | 26.03.2013 | 28.03.2013 | 02.04.2013 |
***8*** AG | 30.04.2013 | 02.05.2013 | 02.05.2013 | 08.05.2013 |
***9*** AG | 10.05.2013 | 13.05.2013 | 13.05.2013 | 21.05.2013 |
Evidenznummer ***5***:
Erwerb | Dividenden Ex-Tag | Ausschüttung | Veräußerung | |
***11*** AG | 21.05.2013 | 22.05.2013 | 23.05.2013 | 28.05.2013 |
In Bezug auf die Wertpapiere der ***10*** AG werde auf folgenden besonderen Sachverhalt hingewiesen: Im Jahr 2013 sei es bei diesem Wertpapier zu einem unüblich langen Zeitraum zwischen Ex-Tag und tatsächlicher Ausschüttung gekommen. Die Bf. habe dieses Wertpapier aufgrund der damaligen Markteinschätzung, der für die Bf. günstigen Kursentwicklung und aufgrund eines erhöhten Liquiditätsbedarfs bereits vor dem Tag der Ausschüttung veräußert. Da für die Zuweisung des Dividendenanspruchs bei an der Börse gelisteten Wertpapieren immer auf den Record Day (Ex-Tag -1) abzustellen sei, sei der Bf. die Dividende in voller Höhe am 15.07.2013 rechtmäßig gutgeschrieben worden, wobei die österreichische KESt abgezogen und abgeführt worden sei.
Erwerb | Dividenden Ex-Tag | Ausschüttung | Veräußerung | |
***10*** AG | 05.07.2013 | 08.07.2013 | 15.07.2013 | 12.07.2013 |
5) Wie bereits oben dargestellt, sei der Kauf der jeweiligen gegenständlichen Wertpapiere über Broker getätigt worden, via OeKB gesettelt und von der Depotbank der Bf. ***6*** abgewickelt und der Kaufpreis voll entrichtet worden. Ab dem Kaufdatum sei die Bf. wirtschaftliche Eigentümerin.
6) Die Bf. sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr Eigentümer, Besitzer oder Inhaber der gegenständlichen Wertpapiere. Es sei ihr Tradingansatz, die gegenständlichen Wertpapiere in der Regel nach Beschluss einer Ausschüttung aber noch vor dem Ex-Tag zu kaufen und in der Folge kurzfristig innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (je nach Marktentwicklung, Liquiditätsbedarf und alternativen Investmentmöglichkeiten) wieder zu veräußern. Es habe für die Bf. aber keinerlei Verpflichtung bestanden, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu verkaufen. Die Entscheidung erfolge grundsätzlich gemäß dem Tradingansatz der Bf. und je nach Marktentwicklung, Liquiditätsbedarf und alternativen Investmentmöglichkeiten. Der Verkauf erfolge generell am Markt über Broker, die Käufer seien der Bf. nicht bekannt.
7) Die Wertpapiere seien zu folgenden Terminen und mittels folgender Rechtsvorgänge veräußert worden:
Evidenznummer ***4***:
Datum Veräußerung | Rechtsvorgang | |
***7*** AG | 02.04.2013 | Verkauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
***8*** AG | 08.05.2013 | Verkauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
***9*** AG | 21.05.2013 | Verkauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
Evidenznummer ***5***:
Datum Veräußerung | Rechtsvorgang | |
***11*** AG | 28.05.2013 | Verkauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
***10*** AG | 12.07.2013 | Verkauf Over The Counter via Broker mit Settlement OeKB |
Der Verkauf der jeweiligen gegenständlichen Wertpapiere sei über Broker getätigt, via OeKB gesettelt und von der Depotbank der Bf. ***6*** abgewickelt worden. Die Käufer seien der Bf. nicht bekannt.
Betreffend die seitens des Finanzamtes geforderten Nachweise über die Transaktionen auf dem Depot (Jahresauszug) legte die Bf. die Bestätigung der Depotbank ***6*** sowie die Depotauszüge für das Jahr 2013 vor.
Betreffend den Nachweis der Einbehaltung und Abfuhr der KESt legte die Bf. Bestätigungen für eine Dividendengutschrift für das jeweilige Wertpapier vor, aus denen der Abzug der österreichischen KESt ersichtlich sei.
IV) Abweisungsbescheide vom 28. April 2014:
Mit Bescheiden vom 28. April 2014, Evidenznummer ***4*** und ***5***, wies das Finanzamt die Rückzahlungsanträge ab. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass laut vorgelegter Urkunden die Aktien vor dem Ex-Tag gekauft worden seien. Eine Lieferung der Aktien erfolge jedoch erst nach dem Dividendenstichtag (Ex-Tag). Die Dividende sei daher dem bisherigen Anteilseigner zuzurechnen.
V) Beschwerden vom 27. November 2014:
Nach rechtswirksamer Verlängerung der Rechtsmittelfrist erhob die Bf. gegen die Abweisungsbescheide vom 28. April 2014 form- und fristgerecht Bescheidbeschwerde und begründete diese wie folgt:
1. Zum wirtschaftlichen Eigentum führte die Bf. aus, dass die angefochtenen Bescheide inhaltlich auf der Information des BMF vom 18. September 2014 basierten (BMF-010203/0314-VI/1/2014). Das BMF führe darin zur Zurechnung von Einkünften aus, dass grundsätzlich der Anspruch auf die Dividendenzahlung demjenigen zustehe, der spätestens am letzten Tag vor dem Ex-Tag (Cum-Tag) die Aktien erworben habe, wobei selbst das BMF einräume, dass der Zeitpunkt der tatsächlichen Einlieferung für den Anspruch auf Dividendenzahlungen grundsätzlich keine Rolle spiele. Das BMF gehe jedoch davon aus, dass eine steuerliche Zurechnung der Dividendenzahlung - und in der Folge der Anspruch auf Rückerstattung - nur dann möglich sein solle, wenn die Aktien bereits vor dem Ex-Tag auf dem Depot des Steuerpflichtigen eingeliefert seien. Für die Zurechnung stelle das BMF daher auf den Depotbestand am Ende des Cum-Tages ab.
Die Zurechnung von Einkünften erfolge im österreichischen Steuerrecht nach der von Ruppe entwickelten Markteinkommenstheorie. Demnach würden Einkünfte demjenigen zugerechnet, der die "Möglichkeit hat, Marktchancen zu nutzen [...] und den Erfolg oder Misserfolg der Disposition treffen". In Zweifelsfällen sei darauf abzustellen, wer die Möglichkeit habe, die sich ihm bietende Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Die steuerliche Zurechnung von Einkünften folge dabei grundsätzlich der Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle. Einkünfte aus Kapitalvermögen seien demjenigen zuzurechnen, der die faktische Möglichkeit zur Nutzung des fraglichen Wirtschaftsguts habe. In einer Vielzahl von Fällen sei anzunehmen, dass die Grundsätze des wirtschaftlichen Eigentums iSd § 24 BAO für Wirtschaftsgüter auch für die Zurechnung der daraus resultierenden Einkünfte maßgeblich seien.
Die konkrete Zurechnung eines Wirtschaftsgutes könne in der Regel nur aus den Umständen des Einzelfalls abgeleitet werden. Maßgebend sei dabei stets das Gesamtbild der Verhältnisse, wobei nach Ansicht des VwGH insbesondere dann von einer Stellung als wirtschaftlicher Eigentümer auszugehen sei, wenn dem Erwerber auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse die Ausübung der wesentlichen Eigentümerfunktion zustehe. Es sei daher auf den Übergang des Besitzes, der Verfügungsmacht, die Gefahren- und Lastentragung, den Genuss des Nutzens und der Früchte sowie auf die Chance der Wertsteigerung und das Risiko der Wertminderung abzustellen. Die positiven Möglichkeiten bei Aktien bestünden im Preisrisiko und der Chance der Wertsteigerung, in den Früchten (Gewinnausschüttungen) und in der Möglichkeit der Einflussnahme auf das jeweilige Unternehmen (soweit die Anteile Stimmrechte vermittelten).
Auch der deutsche Bundesfinanzhof (BFH 15.12.1999, I R 29/97) führe zum wirtschaftlichen Eigentum an Aktien aus, dass "der Erwerber wirtschaftliches Eigentum im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt [erlangt], von dem ab er nach dem Willen der Vertragspartner über die Aktien verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit Aktien gemeinhin verbundenen Kursrisiken und -chancen, auf den Erwerber übergegangen sind." Als maßgebliche Kriterien für das wirtschaftliche Eigentum bei Aktien sehe demnach auch der BFH an, dass einerseits Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten und insbesondere die mit Aktien gemeinhin verbundenen Kursrisiken und Kurschancen bereits auf den Erwerber übergegangen seien und weiters der Erwerber eine unentziehbare Rechtsposition auf den zivilrechtlichen Erwerb der Anteile habe. Der BFH sehe das Kriterium der gesicherten Rechtsposition als erfüllt an, wenn nach den "einschlägigen Börsenusancen und den üblichen Abläufen die mit den Anteilen verbundenen Gewinnansprüche regelmäßig nicht mehr entzogen werden" könnten.
Jenes gelte laut BFH sogar auch unabhängig von etwaig getätigten Absicherungsgeschäften; "Werden alte Aktien eines Emittenten cum Dividende veräußert, so erlangt der Erwerber auch dann wirtschaftliches Eigentum an diesen Aktien, wenn er am Tag des Erwerbs junge Aktien desselben Emittenten ex Dividende an den Veräußerer der alten Aktien verkauft. Gleiches gilt beim Ankauf von Aktien cum Dividende und beim anschließenden zeitnahen Rückverkauf gleicher oder gleichwertiger Aktien ex Dividende durch voneinander unabhängige Geschäfte."
So sei für die Zurechnung der Dividende der Zeitpunkt relevant ab dem der Dividendenbezug und die Möglichkeit der Partizipation an der Wertsteigerung beim Erwerber liege. Dazu halte der BFH in seiner Rechtsprechung vom 16.4.2014, I R 2/12, auch zu cum/ex-Fällen fest, dass das wirtschaftliche Eigentum nicht erst im Zeitpunkt der Depot-Umbuchung und damit des Erwerbs des zivilrechtlichen Eigentums übergehe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen, die mit den Aktien verbundenen Verfügungsmöglichkeiten und Gewinnansprüche nicht mehr entzogen werden könnten, bereits vor Einbuchung auf dem Depot das wirtschaftliche Eigentum übergegangen sei.
Die Bf. habe ab dem Kaufdatum eine Position gehabt, mit der ihr die Ausübung der wesentlichen Eigentümerfunktionen zugestanden sei. So seien der Bf. ab dem Kaufdatum sämtliche Rechte, Chancen und Risiken aus den Aktien zugestanden. Der Kaufvertrag sei durchsetzbar gewesen und die Käuferstellung habe der Bf. nicht mehr entzogen werden können. Die Aktien seien somit schon an dem für die Feststellung des Dividendenanspruchs maßgeblichen Cum-Tages von der Bf. am anonymen Markt erworben worden. So seien die Dividenden von der Bf. in eigenem Namen und auf eigene Rechnung sowie auf eigenes Risiko vereinnahmt worden (siehe dazu die Bestätigungen der Dividendengutschrift und die Depotauszüge).
Die Bf. habe die Dividenden nachweislich selbst vereinnahmt, wobei keine Verpflichtung (z.B. durch Fruchtgenuss, oder ähnlichem) bestanden habe, die Dividenden weiterzuleiten. Die Bf. habe frei über die Dividenden verfügt, welche in der Folge auch in ihren Gewinn eingegangen seien. Stimmrechte (die jedoch hinsichtlich der Vermittlung von wirtschaftlichem Eigentum an Anteilen im Streubesitz tendenziell in den Hintergrund getreten seien) würden ebenfalls nicht mehr dem unbekannten Verkäufer zustehen, da die Wertpapiere in der Regel beim Verkäufer unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages ausgebucht würden (nur so könne die zeitnahe Einlieferung gemäß Börsenusancen - binnen 3 Tagen - beim Käufer gewährleistet werden). Auch würden andere Rechte, Möglichkeiten, Chancen und Risiken aus den Aktien ab dem Datum des Erwerbes der Bf. zufallen. Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten sowie insbesondere die mit Aktien gemeinhin verbundenen Kursrisiken und Kurschancen sowie Ansprüche auf laufende Erträge aus den Aktien würden bei der Bf. liegen. Somit sei das wirtschaftliche Eigentum bei der Bf. bereits ab dem Tag des Erwerbes gegeben.
Im Ergebnis könne festgehalten werden, dass aufgrund des wirtschaftlichen Eigentums der Bf. bereits zum Tag des Erwerbes der Anspruch auf Rückerstattung der einbehaltenen österreichischen Quellensteuer bei der Bf. bestehe. Die Rückerstattung der Quellensteuer sei daher antragsgemäß zu genehmigen.
2. Zur Relevanz der Depoteinlieferung führte die Bf. aus, dass die vom Finanzamt geforderte Einlieferung der Wertpapiere auf das Depot als Voraussetzung für den Anspruch auf KESt-Entlastung aus den folgenden Gründen abzulehnen sei:
Damit eine Berechtigung zur Rückerstattung von Quellensteuer vorliege, sei es Voraussetzung, dass die entsprechenden Dividendeneinkünfte dem antragstellenden Steuerpflichtigen (der Bf.) zugerechnet würden. Das österreichische Steuerrecht rechne Einkünfte nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu. Ein formales Abstellen auf die Depoteinlieferung widerspreche diesem Grundsatz und sei gesetzlich nicht gedeckt.
Gegen ein Abstellen auf die Einlieferung am Depot spreche der Umstand, dass das Risiko der Wertentwicklung der Aktie bereits mit dem Schlusstag, also jenem Tag zu dem der Erwerber das Kaufangebot annehme, auf den Erwerber übergehe. Der Tag der Einbuchung auf dem Depot sei dafür nicht relevant. So sei aufgrund der Börsenusancen die Aktie am Schlusstag zwar noch nicht auf dem Depot des Erwerbers eingebucht, allerdings könne auch die Erfüllung des sachenrechtlichen Verfügungsgeschäfts nicht mehr einseitig verweigert werden. Nachdem der Erwerber ab dem Schlusstag über die Aktie mindestens eine "Herrschaft gleich einem Eigentümer" über die Aktie ausüben könne, diese also jederzeit veräußern könne, müsse demnach auch das wirtschaftliche Eigentum schon bei dem Erwerber vorliegen.
Verliere die erworbene Aktie nach dem Schlusstag und vor der Einbuchung am Depot an Wert, so sei auch dieser "Wertverlust" bereits vom Erwerber zu tragen. Das Risiko sei bereits ab dem Schlusstag auf ihn übergegangen, für die Berechnung sei keinesfalls die Einbuchung relevant. Dieser Kurs am Schlusstag sei als Kaufpreis in der Folge auch der relevante und fixierte Anschaffungspreis, welcher für die Ermittlung eines späteren Veräußerungsverlustes herangezogen werde. Ebenso würde auch eine etwaige Kurssteigerung ab dem Kaufdatum beim Erwerber zu steuerbaren realisierten Wertsteigerungen führen.
Auch der BFH habe bereits explizit festgehalten, dass der Umstand, dass eine entsprechende Umbuchung am Depot gegebenenfalls (entsprechend den deutschen Börsenusancen) erst zwei Tage nach dem Vertragsabschluss erfolge, den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (schon bei wirtschaftlicher Verfügungsmacht) nicht beeinflusse (BFH 15.12.1999, I R 29/97, BFH 20.11.2007, I R 85/05, Sorgenfrei, Dividendenstripping und (k)ein Ende?, IStR 2008, 326 (327)). Für die Begründung des wirtschaftlichen Eigentums an Aktien und den daraus resultierenden Dividendeneinkünften könne die Einlieferung der Aktien in das Depot daher keine Bedeutung haben. Diese Einbuchung bei regulären Settlement nach dem Handelstag (in Deutschland an T+2, in Österreich an T+3) liege nicht im Einflussbereich der Vertragspartner und sei vielmehr aufsichtsrechtlichen Vorgaben und den Clearingregeln der jeweiligen Börse geschuldet. Daher erlange auch derjenige vor dem Ex-Tag wirtschaftliches Eigentum an einer Aktie, der diese sogenannte "cum Dividende" erwerbe und gegebenenfalls am Tag der Ausschüttung die "ex Dividende" wieder veräußere. Sobald es für den Erwerber gesichert sei, dass die Wertpapiere auf seinem Depot innerhalb eines den Börsenusancen entsprechenden Zeitraumes eingeliefert würden, bedeute dies einerseits, dass bei ihm schon vor Einlieferung wirtschaftliches Eigentum insoweit vorliege als für ihn die spätere Einlieferung erzwingbar sei und andererseits, dass die Wertpapiere beim Verkäufer bereits vor der Einlieferung beim Käufer aus dem Depot ausgebucht würden und der Verkäufer daher nicht mehr über die Wertpapiere verfügen könne.
Sobald der Erwerber einen gesicherten Anspruch auf Erhalt der Dividende habe und der Erwerber zudem bereits die mit dem Wirtschaftsgut verbundenen Risiken trage, so liege das wirtschaftliche Eigentum bereits beim Erwerber. Die technische Abwicklungsform beim Aktienhandel (sprich Einbuchung erst nach dem Handelstag an dem durch die Clearingregeln der jeweiligen Börse definierten Settlement-Tag in das Depot) könne an der Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums nichts ändern. So diene die Depoteinbuchung lediglich als ex-post Nachweis des tatsächlichen Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums, eine konstitutive Wirkung entfalte die Depoteinbuchung jedoch nicht.
Ein Abstellen auf die Depoteinbuchung würde auch nicht in Einklang mit der Markteinkommenstheorie von Ruppe stehen, die rein auf die faktische Beherrschung einer Einkunftsquelle und den sich daraus ergebenden Einkünften abstelle.
In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuwiesen, dass es auch beim Erwerb von Grundstücken zum Auseinanderfallen der Übergabe mit der Eintragung kommen könne. Aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.2.1992, 90/15/0117; Ritz, BAO 5; 3 24 Rz 10) sei jedoch davon auszugehen, dass der Erwerber eines Grundstückes in der Zeit zwischen der tatsächlichen Übergabe und der Eintragung im Grundbuch bereits wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstückes sei. Auf die formale Eintragung im Grundbuch werde auch hier nicht abgestellt.
3. Die in der Information des BMF dargelegte Ansicht, dass auf die Depoteinbuchung beim Erwerber abzustellen sei, stehe weiters im Wiederspruch zur EAS 707 vom 1.9.1995. So gehe das BMF in diesem EAS davon aus, dass für den Fall, dass Aktien inklusive des laufenden Dividendenanspruches gekauft würden, wobei auch hier die tatsachliche Einbuchung erst nach dem Cum-Tag erfolge, der Erwerber berechtigt sei, die Steuerrückerstattung geltend zu machen sofern:
- keine Steuerumgehung involviert sei,
- die Dividendenauszahlung zumindest mittelbar dem Käufer zufließe und
- die Steuerverwaltung des DBA-Partnerstaates das DBA korrespondierend anwende.
Sofern kein Missbrauch vorliege, gehe das BMF somit in EAS 707 von der Zurechnung der Dividende zum Erwerber auch bei Einbuchung erst nach dem Cum-Tag aus. Im vorliegenden Fall könne aufgrund der konkreten Abwicklung der Aktienkäufe für die Bf. (Erwerb der Aktien via OTC-Broker mit vollständiger Bezahlung am anonymen Markt, regulärem Settlement via OeKB (an T+3) und voller Einlieferung am Settlement-Tag, keine Verpflichtung zum Verkauf, keine Repurchase Agreements oder Leerverkäufe) kein Missbrauch und keine Steuerumgehung vorliegen.
4. Ein Abstellen auf die Einbuchung in das Depot des Erwerbers stelle sich vor diesem Hintergrund und der herrschenden Ansicht zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentums als nicht zulässig für die Bestimmung der Zurechnung von Dividendeneinkünften dar. Vielmehr sei auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen, welches im Regelfall schon wesentlich früher und zwar mit dem Erwerb am Kauftag übergehe. Ein Abstellen auf die Depoteinbuchung orientiere sich vielmehr an der technischen Abwicklungsform im Bereich des Aktienhandels und könne daher an der Beurteilung des wirtschaftlichen Eigentums nichts ändern.
Da die Wertpapiere beim Verkäufer in der Regel bereits unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages ausgebucht würden, der Verkäufer daher nicht mehr über die Wertpapiere (und die Dividende) disponieren könne, sodass bei ihm auch keine Einkünfte (Dividenden) vorlägen, die der Steuer unterliegen könnten (und damit auch keinen KESt-Abzug für Einkünfte aus Dividenden auf Ebene des Verkäufers rechtfertigen würden), stehe auch dem Verkäufer nach Verkauf keine Rückerstattungsmöglichkeit mehr zu. Die fehlende Rückerstattungsmöglichkeit seitens des Verkäufers könne im Fall der Bf. dadurch belegt werden, dass die Aktien jeweils am von der OeKB durch deren Clearingregeln vorgeschriebenen Settlement-Tag vollumfänglich in das Depot der Bf. eingeliefert worden seien und die Bf. weder Leerverkäufe in diesen Aktien noch Repurchase Agreements (Wertpapierpension, Wertpapierleihe) getätigt habe und auch der Verkäufer, aufgrund der zeitgerechten Einlieferung zum Settlement-Tag, keine Leerverkäufe getätigt haben könne (siehe dazu die bereits vorgelegten Bestätigungen der Depotbank ***6*** für die jeweiligen Aktien).
Würde beim Kauf von Wertpapieren vor oder am Cum-Tag die Zurechnung der Dividenden an den Käufer mangels Depoteinbuchung verweigert, entstünde somit eine Situation, in der die Dividenden niemandem zugerechnet werden könnten. Eine Zurechnung an den Verkäufer scheide bei einem normalen Verkaufsfall jedenfalls aus, da diesem gar keine Dividenden zufließen. Die Grundsätze der wirtschaftlichen Zurechnung gemäß § 24 BAO könnten nicht so ausgelegt werden, dass eine derartige Situation bei einem gewöhnlichen Kauf von Wertpapieren am Markt entstehen könne. Dies zeige auch die BMF Information vom 18. September 2014, welche genau für diesen Fall eine Möglichkeit zur Rückerstattung durch den Erwerber der Aktien vorsehe.
5. Das BMF führe in der Information vom 18. September 2014 folgendes aus: "Sollte in Ausnahmefällen aufgrund der technischen Abwicklung der Depoteinlieferung eine Situation entstehen, nach der weder der Veräußerer noch der Erwerber eine Rückerstattung erwirken könnten, sei der Nachweis des Vorliegens des wirtschaftlichen Eigentums im Einzelfall möglich."
Die Bf. habe die Aktien via OTC-Broker mit vollständiger Bezahlung am anonymen Markt, regulärem Settlement via OeKB (T+3) und voller Einlieferung am Settlement-Tag erworben. Die später erfolgten Verkäufe erfolgten wiederum am Drittmarkt, wobei der Bf. weder die Verkäufer noch die späteren Käufer der Aktien bekannt seien. Es habe für die Bf. keinerlei Verpflichtung bestanden, durch etwaig durch die Bf. getätigte Absicherungsgeschäfte die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt zu verkaufen. Die Verkaufsentscheidungen seien vielmehr gemäß dem Tradingansatz der Bf. und je nach Marktentwicklung erfolgt. Der Kaufpreis für die Aktien sei voll entrichtet worden und der Erwerbsvorgang sei jeweils vor dem Ex-Tag erfolgt (siehe Handelsbestätigung der Depotbank ***6*** für die jeweiligen Aktien).
Die Bf. weise insbesondere darauf hin, dass sämtliche Geschäfte voll bedient worden seien, d.h. dass alle erworbenen Aktien am von der OeKB vorgeschriebenen Settlement-Tag voll eingeliefert worden seien und weder Leerverkäufe in diesen Aktien noch Repurchase Agreements (Wertpapierpension, Wertpapierleihe) getätigt worden seien. Es sei denkunmöglich, dass es sich bei einem bloßen Kaufvertrag um eine missbrauchsanfällige Transaktion handle, da die vollständige Einlieferung bei der Bf. eine Ausbuchung am Depot des Verkäufers zwingend erfordere. Im Unterschied zu Repurchase Agreements zwischen denselben Personen mit zwingender Rückübertragung (Wertpapierpension, Wertpapierleihe), die daher in wirtschaftliche Betrachtung einer Finanzierung dienten, jedoch zu keinem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums führten, liegt bei einem gewöhnlichen Kaufvertrag beim Käufer jedenfalls wirtschaftliches Eigentum vor.
Sollte der Bf. die KESt-Entlastung verweigert werden, würde eine Situation entstehen, in der aus steuerlicher Sicht niemandem ein Recht auf KESt-Rückerstattung zustehe.
Abgesehen von den grundsätzlichen rechtlichen Bedenken der Bf. bezüglich der Inhalte der Information des BMF vom 18. September 2014 liege im vorliegenden Fall somit auch ein Ausnahmefall im Sinne dieser Information des BMF vor. Wie gezeigt wurde, sei der Bf. das wirtschaftliche Eigentum an den gegenständlichen Aktien bereits im Zeitpunkt der Abreifung der Dividende zugestanden. In der Folge sei daher das wirtschaftliche Eigentum der Bf. an den gegenständlichen Aktien und Einkünften nachgewiesen worden, weswegen sie Anspruch auf Anwendung von Artikel 10 DBA Österreich-VAE, wonach Österreich kein Quellenbesteuerungsrecht an den Dividenden zustehe, habe. Die einbehaltene KESt sei daher auf Basis von Artikel 10 DBA Österreich-VAE rückzuerstatten.
VI) Beschwerdevorentscheidungen vom 20. Jänner 2015:
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 20. Jänner 2015 wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass es für die steuerliche Zurechnung der Dividendenzahlung notwendig sei, dass die erworbenen Aktien bereits vor dem Ex-Tag (spätestens am Cum-Tag) am Depot des Steuerpflichtigen (des Kunden) eingeliefert sein müssten. Relevant sei somit der Depotbestand am Ende des Cum-Tages. Da im gegenständlichen Fall die tatsächliche Depoteinbuchung nicht vor dem Ex-Tag erfolgt sei, sei die Beschwerde abzuweisen.
VI) Ergänzungsersuchen vom 23. April 2015:
Das Finanzamt teilte der Bf. mit, dass es - unter Bezugnahme auf die Information des Bundesministers für Finanzen vom 18.9.2014, GZ BMF-010203/0314-VI/1/2014, für die steuerliche Zurechnung der Dividendenzahlung, und damit für die Rückerstattungsberechtigung, notwendig sei, dass die erworbenen Aktien bereits vor dem Ex-Tag (spätestens am Cum-Tag) am Depot des Steuerpflichtigen (des Kunden) eingeliefert sein müssten. Relevant sei somit der Depotbestand am Ende des Cum-Tages. Aufgrund dieser Anknüpfung sei grundsätzlich immer eine eindeutige Zuordnung der Aktienbestände gegeben, sodass gesichert sei, dass nur eine Person die Rückerstattung geltend machen könne. In der Information werde zudem festgehalten, dass - wenn in Ausnahmefällen aufgrund der technischen Abwicklung der Depoteinlieferung eine Situation entstehen sollte, nach der weder Veräußerer noch Erwerber eine Rückerstattung erwirken könne - der Nachweis des Vorliegens des wirtschaftlichen Eigentums im Einzelfall möglich sei.
Da sich die Bf. im Rahmen der Rückerstattungsanträge bzw. der Beschwerden darauf gestützt und behauptet habe, dass im konkreten Fall eine solche Situation entstanden sei, seien für eine tiefergreifende Beurteilung dieser Konstellation weitere Nachweise erforderlich. Eine solche Situation, in der weder Veräußerer noch Erwerber rückerstattungsberechtigt sei, könne nämlich nur entstehen, wenn der Veräußerer den Aktienbestand am letzten Cum-Tag ebenfalls nicht mehr am Depot ausgewiesen gehabt habe. Um dies beurteilen zu können, bedürfe es folgender Unterlagen bzw. Nachweise:
1) Nachweis über den Zeitpunkt, zu dem der Aktienbestand beim Veräußerer ausgebucht worden sei.
2) Nachweis darüber, dass der Veräußerer selbst ein Rückerstattungsverfahren nicht betrieben habe bzw. nicht betreiben werde.
3) Nachweis darüber, dass der Verkäufer keinerlei Leerverkäufe iZm den betreffenden Aktien getätigt habe.
VII) Eingabe vom 6. August 2015, Evidenznummer ***4*** und ***5*** (Beantwortung des Ergänzungsersuchens nach bewilligter Fristverlängerung):
1) Keine Möglichkeit für eine KESt-Entlastung durch den Verkäufer
Die Bf. habe die Akten im vorliegenden Fall over the counter (OTC) über einen Broker erworben, wobei die Aktien immer voll bezahlt, seitens der Depotbank des Erwerbers umgehend im OeKB Clearing System gemeldet, regulär via OeKB voll gesettelt (T+3) und vollumfänglich in das Depot bei ***6*** eingeliefert worden seien.
Nach den OeKB Settlement-Standards seien die Aktien grundsätzlich beim Verkäufer noch am Veräußerungstag auszubuchen oder mit Sperrvermerk zu versehen. Der Verkäufer könne dann nicht über die Aktien verfügen und erhalte auch keine Dividendenbestätigung. Der Veräußerer könne demnach keine Rückerstattung von Kapitalertragsteuer beantragen, es sei denn er verschaffe sich entgegen der Marktusancen in betrügerischer Absicht (widerrechtlich) eine Dividendenbestätigung (oder gebe diese nicht an die Bank zurück). Eine solche betrügerische Vorgangsweise ändere nichts daran, dass ihm kein gesetzlicher Rückerstattungsanspruch zustehe. Die Bf. habe keinen Grund anzunehmen, dass der Verkäufer betrügerisch gehandelt habe. Auch könne ein solches, theoretisch nicht auszuschließendes, betrügerisches Handeln ohne Wissen und Zutun der Bf. dem Käufer nicht angelastet werden.
Außerdem habe die Bf. mit der Wahl des Settlements via OeKB das zentrale Institut der Wertpapierabwicklung in Österreich genutzt, unter anderem um dem Verkäufer keine Möglichkeit für betrügerische Handlungen zu geben.
2. Systemimmanenter Ausschluss einer doppelten KESt-Rückerstattung im vorliegenden Fall
Eine potentielle doppelte Rückerstattung von KESt setze voraus, dass zwei Steuerbescheinigungen für dieselbe Aktie ausgestellt würden. Für den Fall, dass Aktien cum Dividende gekauft und am oder nach dem Ex-Tag beim Käufer in das Depot eingeliefert würden, sollte in der Praxis jedoch keine weitere Bescheinigung über die KESt im Umlauf sein:
• Die Aktien seien beim Verkäufer unmittelbar nach Meldung der Transaktion an seine Bank aus dem Depot auszubuchen (oder zumindest mit Sperrvermerk zu versehen). Der Verkäufer könne ab diesem Zeitpunkt nicht mehr über die Aktien verfügen und erhalte auch keine Dividendenbestätigung von seiner Bank.
• Die zeitgerechte Meldung einer Transaktion sei vom Käufer sicherzustellen; und auch der Verkäufer habe die Transaktion rechtzeitig an seine Depotbank zu melden. Entsprechende Transaktionen der Bf. seien immer durch die Depotbank als Intermediär gehandelt und somit immer unmittelbar gemeldet worden. Hätte der Verkäufer nicht auch unmittelbar gemeldet, wäre bei der Depotbank und der OeKB ein "mismatch" der Meldungen entstanden, welcher Rückfrageprozesse seitens der Banken ausgelöst hätte. Der Umstand, dass keine Rückfragen im Abwicklungsprozess gestellt worden seien zeige, dass auch der Verkäufer der Aktien zeitgerecht an seine Depotbank gemeldet habe.
• Sollte es zu einer verspäteten Meldung der Transaktion durch den Verkäufer kommen, so habe die Depotbank des Verkäufers eine etwaige schon erteilte Dividendenbestätigung vom Verkäufer rück zu fordern. Würde der Verkäufer die fälschlicherweise ausgestellte Bestätigung nicht aushändigen, so würde sich dieser eine Dividendenbestätigung betrügerisch verschaffen.
• Die Besonderheit im vorliegenden Fall bestehe darin, dass die Transaktionen nach den Settlement-Standards der Österreichischen Kontrollbank (OeKB) und mittels deren Settlement-System abgewickelt worden seien. Gemäß diesen Standards werde der Abschluss eines Kaufvertrages über Aktien noch am Vertragstag an die jeweilige Bank gemeldet und es komme zur Ausbuchung der Aktien am Depot des Verkäufers (bzw. Eintragung eines Sperrvermerkes). Eine Rückerstattung auf Seiten des Verkäufers sei daher im Fall des Verkaufes einer Aktie cum Dividende aufgrund der Börsenusancen gesetzeskonform nicht möglich. Da es keine Rückfragen gegeben habe, sei vom Verkäufer eine sofortige Meldung der Transaktion erstattet worden und eine betrügerische Rückforderung der Kapitalertragsteuer durch den Verkäufer sei demnach wohl auch nicht möglich.
In der deutschen Literatur werde diese Problematik wie folgt beschrieben:
"Eine doppelte Bescheinigung und somit in der Folge eine doppelte Rückerstattung der Steuer ist grundsätzlich nur in bestimmten Konstellationen möglich. Auch in Deutschland ist bei einem regulären Kauf/Verkauf der Aktien am freien Markt eine doppelte Rückerstattung grundsätzlich nicht möglich gewesen, denn bei einem Verkauf von Aktien wurde ein Sperrvermerk im Depot des Verkäufers angebracht und der Verkäufer erhielt dadurch weder eine Dividende gutgeschrieben noch eine Steuerbescheinigung ausgestellt. Nur wenn eine Transaktion im Zusammenhang mit einem Leerverkauf dieser Aktie durchgeführt wurde, ging dieser Sperrvermerk unter Umständen ins Leere, und es konnte offenbar in bestimmten Fällen zur Ausstellung zweier Steuerbescheinigungen kommen. Der Betrag der Nettodividende wurde dem Depotkonto des Leerverkäufers belastet und dem Erwerber gutgeschrieben, da der Erwerber die Aktien cum Dividende erworben hatte. Bei dieser Gutschrift handelt es sich um eine Dividendenausgleichszahlung dafür, dass der Leerverkäufer nicht in der Lage ist, einen eigenen Dividendenanspruch auf den Erwerber zu übertragen."
Fußnote: Um Steuerausfälle aufgrund mehrfach ausgestellter Steuerbescheinigungen entgegen zu wirken, hat der deutsche Gesetzgeber die Abzugsverpflichtung auf die letzte inländische auszahlende Stelle verlagert. Eine doppelte Ausstellung von Steuerbescheinigungen ist damit grundsätzlich ausgeschlossen. Siehe dazu: Desens, Kapitaleinkünfte bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag, DStZ 2012, 142 (153 f); vgl auch Desens, Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bei Aktienhandel, DStR 2014, 2317 (2320 ff); Seer/Krumm, Die Kriminalisierung der cum/ex Dividende-Geschäfte als Herausforderung für den Rechtsstaat (Teil 1), DStR 2013, 1757 (1760 f); Klein, Wirtschaftliches Eigentum bei Aktiengeschäften im Rahmen von "Cum/Ex-Geschäften" im Lichte der Rechtsprechung des I. Senats des BPH, Betriebs-Berater 2015, 726 (728 ff). In Österreich bestehen jedoch keine expliziten gesetzlichen Regelungen in diesem Zusammenhang, womit die allgemeinen Grundsätze der steuerlichen Zurechnung und DBA-Berechtigung zur Anwendung kommen.
Da die Wertpapiere beim Verkäufer in der Regel bereits unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages auszubuchen seien und dieser daher nicht mehr über die Wertpapiere (und die Dividende) disponieren könne, sodass bei diesem somit keine Einkünfte aus Früchten (Dividenden) vorlägen, die der Steuer unterliegen könnten (und damit auch keinen KESt-Abzug für Einkünfte aus Dividenden auf Ebene des Verkäufers rechtfertigen würden), stehe auch dem Verkäufer nach Verkauf keine Rückerstattungsmöglichkeit mehr zu.
An dieser Stelle werde auch darauf hingewiesen, dass es am wirtschaftlichen Eigentum des Käufers und an dessen Anspruch auf Rückerstattung von Kapitalertragsteuer nichts ändern könne, wenn sich der Verkäufer in betrügerischer Absicht widerrechtlich und entgegen den Marktusancen eine Dividendenbestätigung von einer Bank verschaffe (durch verspätete Meldung der Transaktion und Verweigerung der Herausgabe einer Dividendenbestätigung - was jedoch im vorliegenden Fall systemisch ausgeschlossen sei, da dies Rückfragen in der Abwicklung ausgelöst hätte).
Der gutgläubige Käufer könne nach den Settlement-Standards der OeKB und ihrer angeschlossenen Clearingbanken darauf vertrauen, dass bei Transaktionen im OeKB System die Aktien beim Verkäufer unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages ausgebucht bzw. mit einem Sperrvermerk versehen würden. Allfällige widerrechtliche Handlungen des Verkäufers seien dem Käufer - der weder von der Identität des Verkäufers noch von dessen steuerlicher Position Kenntnis erlangen könne - nicht anzulasten. Der Käufer, der im Vertrauen auf die Settlement-Standards der OeKB eine ordnungsgemäße und umgehende Meldung der Transaktion vornehme und im Anschluss die ordnungsgemäße Abwicklung der Transaktion bestätigt bekomme (d.h. Bestätigung des Erwerbs der Aktien, keine Fehlermeldung), könne davon ausgehen, dass auch der Verkäufer die Transaktion ordnungsgemäß gemeldet und keine Dividendenbestätigungen erschlichen habe.
Eine doppelte Ausstellung der Dividendenbestätigung scheine unter regulären Bedingungen, unter Verwendung des OeKB-Settlement Systems, grundsätzlich nicht möglich und wäre schon allgemein nur bei einer Erschleichung der Bestätigung, von Seiten des Verkäufers, denkbar.
Aufgrund des Erwerbes der gegenständlichen Aktien OTC über Broker- somit am anonymen Markt - sei die Bf. weder die Identität des Verkäufers noch dessen steuerlicher Position bekannt. Es sei daher denkunmöglich, dass die Bf. einen Nachweis über den genauen Zeitpunkt der Ausbuchung der Aktien am Depot des Verkäufers, eine Information über dessen steuerliche Gebarung oder die konkrete Art und Weise der Anschaffung der Aktien durch den Verkäufer beibringen könne.
Ein Negativbeweis könne auch nicht gefordert werden: Trotz der erhöhten Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sei die Behörde auch bei Auslandssachverhalten keineswegs von ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht befreit. Die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen solle dort einsetzen, wo die Ermittlungspflicht der Behörde an ihre Grenzen stoße und dem Steuerpflichtigen selbst die Mitwirkung möglich und zumutbar und sie auch als verhältnismäßig anzusehen sei. Dies bedeute aber keineswegs, dass sie dem Steuerpflichtigen den Nachweis beliebiger Dokumente aufbürden könne. Wenn daher der Partei die Vorlage bestimmter von ihr geforderter Unterlagen - wie hier der Beweis einer Nichtrückerstattung durch einen unbekannten Dritten - unmöglich (oder unzumutbar) sei, so sei die Behörde keineswegs von vornherein berechtigt, den von ihr vermuteten Sachverhalt daraufhin als erwiesen anzunehmen. Daher liege eine der Grenzen der Mitwirkungspflicht jedenfalls in der Unmöglichkeit, die verlangten Beweismittel vorzulegen. Der VwGH hat auch bereits zum Erfordernis eines sogenannten Negativbeweises, also dem Beweis, dass etwas eben nicht existiert, Stellung genommen. Dabei halte der VwGH fest (vgl. VwGH 5.11.1986, 85/13/0021), dass die Aufforderung, Unterlagen zur Widerlegung von Geschäftsvorfällen vorzulegen, ein kaum erfüllbares Verlangen nach Einbringung eines negativen Beweises und damit eine unzulässige Beweislastverschiebung wäre. Es sei somit aus verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig, dass von der Bf. Beweismittel eingefordert würden, deren Beschaffung durch die Bf. denkunmöglich sei.
Die Bf. verstehe das Ergänzungsersuchen daher so, dass eine Darlegung von für sie systemisch unmöglich zu erlangenden Nachweisen gefordert werde. Dem Käufer der Aktien eine Rückerstattung mit der Begründung zu verwehren, dass das Risiko bestehe, dass der Verkäufer der Aktien sich die Dividendenbestätigung erschlichen haben könnte, könne nicht zulässig sein. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Bf. im gegenständlichen Verfahren alles von Seiten des Käufers der Aktien mögliche unternommen habe, um die Rechtmäßigkeit des Rückerstattungsanspruches nachzuweisen und eine doppelte Rückerstattung (auch durch den Verkäufer) zu unterbinden.
Darüber hinaus scheine der Fall, in dem sich ein Verkäufer eine Dividendenbestätigung erschleiche und trotz bereits erfolgter Veräußerung der Aktien eine Rückerstattung beantrage, von der Finanzverwaltung schon im Rahmen der ursprünglichen Ergänzungsersuchen bedacht worden zu sein. Durch die Erhebung des gegenständlichen Eigentums-/Besitzstatus der Aktien im Zuge der offenbar flächendeckend ergangenen Ergänzungsersuchen, müssten Rückerstattungsanträge von Verkäufern trotz bereits erfolgtem Verkauf für das Finanzamt ersichtlich sein. Eine doppelte Rückerstattung könne daher durch die Überprüfung seitens des Finanzamtes ausgeschlossen werden.
3. Konsequenz gänzliche Verweigerung der KESt-Entlastung
Die fehlende Rückerstattungsmöglichkeit seitens des Verkäufers könne im Fall der Bf. dadurch belegt werden, dass die Aktiengeschäfte jeweils sofort im OeKB Clearing System eingemeldet, am von der OeKB durch deren Clearingregeln vorgeschriebenen Settlement-Tag vollumfänglich in das Depot der Bf. eingeliefert worden seien (der Verkäufer somit nicht Leerverkäufer sein könne) und die Bf. weder Leerverkäufe in diesen Aktien noch Repurchase Agreements (Wertpapierpension, Wertpapierleihe) getätigt habe. Aufgrund der zeitgerechten Einlieferung zum Settlement-Tag, könne auch der Verkäufer keine Leerverkäufe getätigt haben, da eine Einbuchung beim Käufer zu T+3 bedinge, dass der Verkäufer die Aktien an diesem Tag besessen und übertragen habe (siehe Bestätigungen der Depotbank ***6*** für die jeweiligen Aktien).
Würde beim Kauf von Wertpapieren vor dem oder am Cum-Tag die Zurechnung der Dividenden an den Käufer mangels Depoteinbuchung verweigert, entstünde somit eine Situation, in der die Dividenden niemandem zugerechnet werden könnten. Eine Zurechnung an den Verkäufer scheide in einem normalen Verkaufsfall aus, da diesem gar keine Dividenden mehr zufließen würden. Die Möglichkeit der KESt-Rückerstattung würde komplett verloren gehen. Denn im gegenständlichen Fall würde dann sowohl dem Verkäufer der Aktien (für diesen sei auch keine KESt abgeführt worden) als auch dem Erwerber, der die Dividenden abzüglich KESt erhalten habe, eine Rückerstattung verweigert. Im Ergebnis würde die Rückerstattung auch in einem späteren Jahr nicht nachgeholt werden können. Die Grundsätze der wirtschaftlichen Zurechnung nach § 24 BAO könnten jedoch nicht so ausgelegt werden, dass eine derartige Situation bei einem gewöhnlichen Kauf von Wertpapieren am Markt entstehen könne.
Dem BMF scheine bei dem Informationsschreiben (aufgrund entsprechender Hinweise im Begutachtungsverfahren) diese Problematik bewusst gewesen zu sein. So könne es in Fällen, denen keine missbräuchliche Gestaltung zugrunde liege, sondern die aufgrund von Verzögerungen - die ihren Grund beispielsweise in aufsichtsrechtlichen Vorgaben hätten - und bei denen das Eigentum nach Ansicht des BMF weder dem Verkäufer noch dem Käufer zustehe, zu einer Verwehrung der KESt-Rückerstattung sowohl beim Verkäufer als auch beim Käufer kommen. Das BMF führe in der Information vom 18. September 2014 dann auch aus: "Sollte in Ausnahmefällen aufgrund der technischen Abwicklung der Depoteinlieferung eine Situation entstehen, nach der weder Veräußerer noch Erwerber eine Rückerstattung erwirken können, ist der Nachweis des Vorliegens des wirtschaftlichen Eigentums im Einzelfall möglich."
4. Rechtsprechung des BFH unterstreiche wirtschaftliches Eigentum der Bf. im gegenständlichen Fall
Obwohl nicht explizit in den gegenständlichen Ergänzungsersuchen angesprochen, erlaube sich die Bf., auch auf die Rechtsprechung des BFH einzugehen, welche von Seiten des Finanzamtes in den Beschwerdevorentscheidungen zitiert worden sei.
In Deutschland gäbe es im Unterschied zu Österreich bereits mehrere höchstgerichtliche Entscheidungen zur "cum/ex-Thematik". In seinem Grundsatzurteil zu cum-/ex-Geschäften (BFH 15.12.1999, I R 29/97) habe der BFH bereits im Jahr 1999 darauf hingewiesen, dass neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum an den cum Dividende erworbenen Aktien und Dividenden auf den Erwerber übergehe. Für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums seien nach Ansicht des BFH der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten und insbesondere die mit den konkreten Aktien verbundenen Kursrisiken und Kurschancen relevant. Im Ergebnis gehe daher nach Ansicht des BFH das wirtschaftliche Eigentum an Aktien grundsätzlich mit dem Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) und nicht mit der Einbuchung am Depot über (BFH 15.12.1999, I R 29/97; BFH 20.11.2007, I R 85/05).
Als Zwischenergebnis könne daher festgehalten werden, dass die Leitentscheidung des BFH zu "cum-/ex-Transaktionen" den Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes widerspreche. Warum die Beschwerdevorentscheidungen den in den Beschwerden der Bf. vorgebrachten Argumenten widersprächen, gehe aus den Beschwerdevorentscheidungen nicht hervor.
Das Finanzamt verweise in den Beschwerdevorentscheidungen offenbar auf eine jüngere Entscheidung des BFH vom 16.4.2014, I R 2/12. Der Sachverhalt, der diesem jüngeren Urteil des BFH zugrunde gelegen sei, weise jedoch zahlreiche außergewöhnliche Elemente auf und unterscheide sich daher wesentlich von den von der Bf. verwirklichten Transaktionen. Die Besonderheit des Sachverhaltes, über den der BFH in dieser Entscheidung abgesprochen habe, liege unter anderem darin, dass der Kläger mehrere Verträge mit einer Bank abgeschlossen habe und es sich - wie der BFH festhalte - um ein von der "Bank initiiertes und modellhaft aufgelegtes Gesamtvertragskonzept" gehandelt habe (BFH 16.4.2014, I R 2/12, Rz 32). Ein solches "Gesamtvertragskonzept" sei bei den Transaktionen der Bf. nicht vorgelegen (siehe dazu die Bestätigungen der Depotbank).
Der Sachverhalt, über den der BFH am 16. April 2014 entschieden habe, habe folgende Besonderheiten (die kumulativ vorgelegen seien) aufgewiesen:
1. Der Erwerber habe den Anteilserwerb fremdfinanziert, und
2. die Aktien seien unmittelbar nach ihrem Erwerb im Rahmen einer Wertpapierleihe (bis zum Rückverkauf) weitergereicht worden, und
3. das Marktpreisrisiko der Aktien sei im Rahmen eines sogenannten Total Return Swap-Geschäfts abgesichert worden und der Erwerber habe 95% der Dividenden an die Bank abführen müssen.
Nach Ansicht des BFH sei aufgrund dieser speziellen Sachverhaltskonstellation "eine nennenswerte Inanspruchnahme der mit dem Innehaben der Wertpapiere verbundenen Rechte durch die Klägerin (...) ausgeschlossen" gewesen (BFH 16.4.2014, I R 2/12, Rz 32). Der BFH spreche daher davon, dass in diesem Fall nur ein bloßer Durchgangserwerb vorgelegen sei, der kein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien, sowie an den damit zusammenhängenden Rechten und Einkünften, begründen würde.
Der BFH halte in seinem Urteil vom 16. April 2014 jedoch explizit fest, dass
• allgemein das wirtschaftliche Eigentum auch bei "cum-/ex-Geschäften in der Regel auf den Erwerber übergehe (unter Verweis auf die Grundsatzentscheidung vom 15. Dezember 1999), sowie auch, dass
• das Vorliegen einzelner Komponenten der im Sachverhalt (der dem Urteil des BFH vom 16. April 2014 zugrunde gelegen sei) verwirklichten Gesamtvertragskonzeption den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums durch den Käufer nicht gefährden würde.
Der BFH habe sogar explizit ausgeführt, dass selbst wenn Aktien kurz nach dem Ex-Tag wieder veräußert würden oder wenn Kurssicherungsgeschäfte abgeschlossen würden, wirtschaftliches Eigentum mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes übergehe (BFH 16.4.2014, I R 2/12, Rz 33). Im Ergebnis spreche der BFH in seiner Einzelfallentscheidung zwar aus, dass im konkreten (missbräuchlichen) Fall durch die Gesamtheit der verwirklichten Sachverhaltselemente der Erwerb von wirtschaftlichem Eigentum an den Aktien durch den Erwerber nicht begründet worden sei, dies allerdings auf die Besonderheiten des Falles zurückzuführen sei (BFH 16.4.2014, I R 2/12, Rz 32). Nach dem BFH gehe wirtschaftliches Eigentum in der Regel auch bei cum-/ex-Geschäften auf den Erwerber über (BFH 16.4.2014, I R 2/12). Der BFH halte somit an seiner Grundsatzentscheidung vom 15. Dezember 1999 weiterhin fest.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich wesentlich von dem Sachverhalt, der dem Urteil des BFH vom 16. April 2014 zugrunde gelegen sei. Die Bf. habe die Aktien over the counter (OTC) über einen Broker erworben, wobei die Aktien immer voll bezahlt, seitens der Depotbank des Erwerbers umgehend im OeKB Clearing System gemeldet, regulär via OeKB voll gesettelt (T+3) und vollumfänglich im Depot der Bf. bei ***6*** eingeliefert worden seien. Es seien keine Sicherungsgeschäfte getätigt worden, die zu einer Verpflichtung, die Aktien zu verkaufen, zu verleihen oder anderweitig zu übertragen geführt hätten. Die Verkaufsentscheidungen der Bf. seien gemäß ihrem Tradingansatz und je nach Marktentwicklung erfolgt. Die Verkäufer und Käufer der Aktien seien der Bf. im Unterschied zum Sachverhalt in der BFH Entscheidung nicht bekannt gewesen - es liege somit auch keine aus Sicht des BFH schädliche Gesamtkonzeption vor. Insbesondere seien die besonderen Sachverhaltselemente, die vom BFH als Begründung des Urteils vom 16. April 2014 herangezogen worden seien, im vorliegenden Fall nicht erfüllt (was bereits in der Beschwerde dargelegt worden sei):
1. Die Depotbank der Bf. habe bzgl. der Aktientransaktionen lediglich als Intermediär, Abwickler und Depotverwahrer für die Bf. agiert.
2. Es hätten keine Wertpapierleihegeschäfte mit den betreffenden Aktien stattgefunden (siehe diesbezüglich die beiliegenden Bankbestätigungen). Die Bf. tätige ferner keine Leerverkäufe in diesen Aktien sowie ebenfalls keine Repurchase Agreements (Wertpapierpension, Wertpapierleihe, sonstige Repurchase-Geschäfte), weder vor noch nach dem Ex-Tag. Ferner sei durch die vollumfängliche Einlieferung zu T+3 (Settlement-Tag) und Abwicklung über OeKB auch gewährleistet, dass der Verkäufer keine Leerverkäufe getätigt habe, sondern die Wertpapiere am Tag des Verkaufs besessen und übertragen habe.
3. Es hätten mit den betreffenden Aktien keine Total Return Swap-Geschäfte stattgefunden (siehe diesbezüglich die beiliegenden Bankbestätigungen).
Vor diesem Hintergrund ziehe das Finanzamt aus dem Urteil des BFH vom 16. April 2014 unrichtige Schlüsse, da die Besonderheiten in dem der deutschen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, auf deren kumulatives Vorliegen sich der BFH in seiner Urteilsbegründung beziehe, im vorliegenden Fall nicht zutreffen würden. Das Finanzamt verkenne weiters die Grundsatzentscheidung des BFH vom 15. Dezember 1999 und gehe auch nicht auf die in den Beschwerden vorgebrachten Verweise auf beide Urteile des BFH ein. Im Ergebnis würden sich somit keine Argumente aus der Rechtsprechung des BFH gewinnen lassen, die die Position des Finanzamtes stützen könnten. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, denn die Judikatur des BFH widerspreche der Auffassung des Finanzamtes. Diese Argumente seien gegenüber dem Finanzamt auch bereits in der Beschwerde vorgebracht worden, welche vom Finanzamt jedoch nicht gewürdigt worden seien.
5. Zusammenfassende Würdigung
• Die Ansicht der Finanzverwaltung, wonach die Zurechnung von Dividenden für Zwecke der Quellensteuererstattung die Einbuchung am Depot des Erwerbers voraussetze, widerspreche den allgemeinen Grundsätzen der steuerlichen Zurechnung von Wirtschaftsgütern und Einkünften. Die Ansicht der Finanzverwaltung sei auch nicht in Einklang mit der geltenden Rechtslage zu bringen.
• Selbst bei Anwendung der Information des BMF wäre der Bf. die Rückerstattung zu gewähren, denn aufgrund der vorliegenden Sachverhaltskonstellation würde andernfalls eine Situation entstehen, nach der weder Veräußerer noch Erwerber eine Rückerstattung erwirken könnten. Zu verweisen sei auf den erbrachten Nachweis des wirtschaftlichen Eigentums der Bf. an den Aktien und Dividenden sowie auf die besondere Sachverhaltskonstellation (Meldung der Transaktion im OeKB System, volles Settlement via OeKB zu T+3, vollumfängliche Einlieferung in das Depot, keine Leerverkäufe, Repurchase Agreements, Wertpapierpensionsgeschäfte, Wertpapierleihegeschäfte, etc).
• Die Bf. habe im Vertrauen auf die in mehreren EAS und in den EStR 2000 geäußerte Rechtsansicht der Finanzverwaltung gehandelt. Eine Verweigerung der Rückerstattung der Kapitalertragsteuer wäre daher auch unbillig im Sinne von § 236 BAO. In eventu werde daher auch der Antrag auf Rückzahlung unter Anwendung von § 236 BAO gestellt.
• Eine Verweigerung der Rückerstattung der einbehaltenen Quellensteuer verstoße auch gegen das DBA AT-VAE (treaty override) und gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit.
• Die Aktien seien beim Verkäufer noch am Veräußerungstag auszubuchen oder mit Sperrvermerk zu versehen. Der Verkäufer könne nicht mehr über die Aktien verfügen und erhalte auch keine Dividendenbestätigung. Der Veräußerer könne demnach keine Rückerstattung von Kapitalertragsteuer beantragen, es sei denn er verschaffe sich entgegen der Marktusancen in betrügerischer Absicht (widerrechtlich) eine Dividendenbestätigung (oder gebe diese nicht an die Bank zurück) - was allerdings nichts daran ändern würde, dass ihm kein gesetzlicher Rückerstattungsanspruch zustehe und dass dies nicht dem Käufer angelastet werden könne.
Außerdem habe die Bf. mit der Wahl des Settlements via OeKB das zentrale Institut der Wertpapierabwicklung in Österreich genutzt, unter anderem um dem Verkäufer keine Möglichkeit für betrügerische Handlungen zu geben.
• Der Umstand, dass eine gesetzliche Regelung unvollkommen oder bei komplexen Transaktionen mit mehreren zusammenwirkenden Parteien (mindestens 3) missbrauchsanfällig sei, könne dem einzelnen Steuerpflichtigen, der nachweislich alles unternommen habe, um nicht für derartige "Dreiecksgeschäfte" missbraucht zu werden und im guten Glauben und Vertrauen auf die veröffentlichten Ansichten der Finanzverwaltung und die allgemeinen Prinzipien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung handle, nicht im Sinne eines Generalverdachtes ohne Würdigung des konkreten Sachverhaltes und der vorgebrachten Argumente und Nachweise zum Nachteil gereichen.
• Es möge rechtspolitisch angedacht werden, die Rückerstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen an weitere Voraussetzungen zu knüpfen. Derartige Voraussetzungen könnten jedoch nur aufgrund gesetzlicher Änderungen pro futuro und entsprechend durch Anpassung der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen umgesetzt werden. Eine rückwirkende Änderung der Anforderungen, die zu einer Erhöhung der Steuerlast auf bereits verwirklichte Sachverhalte führe, würde gegen Verfassungsrecht verstoßen. Könne sie schon auf gesetzlicher Basis nicht durchgeführt werden, sei eine solche Änderung im Erlasswege durch die Verwaltung schon gar nicht möglich.
VIII) Vorlageantrag vom 28. August 2015:
Nach rechtswirksamer Verlängerung der Rechtsmittelfrist beantragte die Bf. mit Eingabe vom 28. August 2015 die Vorlage ihrer Beschwerden an das Bundesfinanzgericht, die Entscheidung über die Beschwerden durch den Senat sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. In ihrem Vorlageantrag wiederholt sie im Wesentlichen die Ausführungen ihrer Beschwerden und der Eingaben in Beantwortungen der Ergänzungsersuchen.
IX) Emaileingabe vom 20. Juni 2016 (betreffend OeKB-Settlement):
Die Bf. brachte vor, dass es ihr bisher nicht bewusst gewesen sei, dass bei OTC-Geschäften mit OeKB Settlement gegenüber dem Käufer die Identität der Depotbank des Verkäufers benannt werde. Auf Rückfrage bei ihrer Depotbank ***6*** habe sie nach Einbeziehung der Settlement Experten von ***6*** in Erfahrung bringen können, dass aus den Backoffice-Geschäftsdaten der betreffenden Kaufgeschäfte tatsächlich die Securities Account Number der Depotbank des Veräußerers abgeleitet werden könne. Insofern sei der Bf. bestätigt worden, dass alle betreffenden Kaufgeschäfte gegen die Depotbank mit der OeKB Securities Account Number ***12*** - namentlich die ***13*** - gesettelt worden seien. Somit sei an der Einhaltung der OeKB Standards beim Verkäufer kein Zweifel mehr.
Eine Benennung der Identität des Verkäufers sei bei OTC-Geschäften hingegen nicht möglich. Weder der Käufer noch seine Bank könnten die Identität des Verkäufers in Erfahrung bringen. Der Grund dafür sei, dass die Depotbank des Verkäufers - so wie auch die Depotbank des Käufers - aufgrund der Settlement Einstellungen bei der OeKB die Identität ihres jeweiligen Kunden nicht preisgebe. Per Definition bliebe der Verkäufer bei Nutzung eines OTC-Brokers anonym, was internationale Marktusance sei. Die Wahl eines OTC-Brokers sei von der Bf. willentlich getroffen worden, um jeden Verdacht einer Absprache zwischen Käufer und Verkäufer von Anfang auszuschließen zu können. Es bestehe daher keine Möglichkeit, die Identität des Verkäufers in Erfahrung zu bringen.
X) Nachweis der betrieblichen Substanz und Abkommensberechtigung:
Zum Nachweis der betrieblichen Substanz sowie der Abkommensberechtigung nach dem DBA Österreich-VAE teilte die Bf. mit Eingabe vom 23. September 2016 mit, über angemietete Büroräumlichkeiten, eine betriebliche Tätigkeit, die über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgehe, sowie über Arbeitskräfte zu verfügen.
In diesem Zusammenhang übermittelte die Bf. zum Nachweis der Betriebsräumlichkeiten eine Kopie des Mietvertrages, eine Kopie ihrer Trade Licence sowie die Bilanz zum 31.12.2013, welche die Kapital- und Vermögensstruktur für die betriebliche Tätigkeit zeigt, die Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2013, aus welcher die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter ersichtlich sind sowie die vom Finanzministerium der VAE unterzeichneten Ansässigkeitsbescheinigungen, aus welchen hervorgeht, dass die Bf. für Zwecke der Anwendung des DBA Österreich-VAE in den VAE ansässig ist.
Da die Bf. somit als in den VAE ansässige Gesellschaft nach dem DBA Österreich-VAE abkommensberechtigt sei, sei Österreich zur vollständigen Entlastung der KESt auf die von der Bf. bezogenen Dividenden verpflichtet.
Am 11. April 2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
XI) Mündliche Verhandlung vor dem Senat am 15. Juli 2021:
In der mündlichen Verhandlung bringt der steuerliche Vertreter der Bf. zunächst vor, dass Cum-Ex-Geschäfte grundsätzlich erlaubt und am Markt üblich seien, die Besonderheiten des gegenständlichen Falles im bisherigen Verfahren keine Berücksichtigung gefunden hätten.
***14***, der Fachexperte für KESt-Rückerstattungen im Bundesministerium für Finanzen, habe sich mit Vertretern der OeKB getroffen und in der Folge der belangten Behörde mitgeteilt, dass nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen im vorliegenden Fall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine doppelte KESt-Rückerstattung stattgefunden habe und das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren bereits vor deren Einlieferung auf dem Depot auf die Bf. übergegangen sei.
Da ein OTC-Kauf vorliege, könne systematisch nachgewiesen werden, dass tatsächlich keine Doppelrückerstattung stattgefunden habe, denn auf Grund des Sperrvermerks habe der Aktienverkäufer jedenfalls keine Dividendenbestätigung erhalten. Der vorliegende Fall sei insofern besonders, als die Stücke voll gesettelt ins Depot eingeliefert worden seien. Die Dividende fließe ein einziges Mal an eine einzige Person - im vorliegenden Fall an die Bf. - was durch die Dividendenbestätigung nachgewiesen worden sei. Die Erträge seien seitens der Bf. nicht weitergeleitet worden, es habe für die Bf. keine Verpflichtung bestanden zu kaufen bzw. zu verkaufen und es habe einen Sperrvermerk gegeben, sodass der Aktienverkäufer keine KESt-Rückerstattung habe beantragen können.
Der Behördenvertreter führte zur Begründung des wirtschaftlichen Eigentums an den Wertpapieren sowie zu dem seitens der Bf. ins Treffen geführten Übergang der Risiken im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages aus, dass bei OTC-Geschäften im Falle eines Settlements über die OeKB alle Details frei verhandelbar seien. Für den Fall, dass ein Aktienverkäufer am Settlement Tag nicht liefern könne, beginne bei der Depotbank ein bestimmtes Procedere, im Rahmen dessen die OeKB zur Ersatzbeschaffung auf Kosten des Verkäufers beauftragt werde. Da für die OeKB der Trade erst mit dem Settlement beendet sei und bis zu diesem Zeitpunkt Gefahr und Risiko an der Sache beim Aktienverkäufer verbleiben würde, gehe dieses Risiko erst am Settlement Tag auf die Bf. über.
Richtig sei, dass die Dividende nur einmal bezahlt werde. Beim Handel rund um den Dividendenstichtag bestehe jedoch das Risiko, dass sowohl eine einmalige Dividendenzahlung als auch eine Ausgleichszahlung geleistet würden. Das Nutzungsrecht an den Wertpapieren stehe der Bf. zweifelsfrei zu. Die Depotbank ***6*** bestätige am Zahltag den Eingang der Dividende sowie den Umstand, dass die Dividende KESt-behaftet gewesen sei. Die Aktien betreffend ***7*** AG, ***8*** AG, ***9*** AG und ***11*** AG seien alle rechtzeitig gehandelt worden. Der Umstand, dass der Trade noch nicht gesettelt gewesen sei, die Depotbank ***6*** den Eingang der Dividenden jedoch bereits bestätigt habe, sei ein massiver Hinweis darauf, dass diese Dividendenbestätigungen nicht richtig sein könnten, wobei die Bank nicht beurteilen könne, ob es sich um tatsächlich KESt-behaftete Dividenden oder lediglich um Ausgleichszahlungen handle.
Die belangte Behörde wies des Weiteren darauf hin, dass für den Fall, dass die Depotbank direkter Kunde der OeKB sei, nicht jeder Trade einzeln, sondern der Tagesendbestand am Tagesende bestätigt werde.
Abschließend fasste die steuerliche Vertretung der Bf. zusammen, dass im vorliegenden Fall das wirtschaftliche Eigentum auch im Hinblick auf die Information des Bundesministeriums für Finanzen vom 18.9.2014, BMF-010203/0314-VI/1/2014, übergegangen sei. Die Thematik des Leerverkaufes sei im gegenständlichen Fall nicht relevant. Der ungedeckte Leerverkauf sei im Jahr 2013 verboten gewesen. Die Bf. habe auf die EAS des Bundesministeriums für Finanzen und die Einkommensteuerrichtlinien vertraut, die Information des Bundesministeriums für Finanzen vom 18.9.2014, BMF-010203/0314-VI/1/2014, sei erst ein Jahr nach Verwirklichung des Sachverhaltes veröffentlicht worden. Aus diesem Grund führe die Bf. auch den Grundsatz von Treu und Glauben ins Treffen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Feststellungen
Die Bf. ist eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten (in der Folge VAE) ansässige Kapitalgesellschaft.
Im Jahr 2013 hat die Bf. Aktien börsennotierter inländischer Unternehmen "cum" Dividendenanspruch von einem Broker im außerbörslichen Handel (over the counter - OTC) erworben.
Die Lieferung der Aktien erfolgte jeweils nach vollständigem Abschluss des Settlements (t+3) durch die OeKB, somit nach dem Dividendenstichtag - dem für den Depotstand zum Erhalt der Dividendenzahlung maßgeblichen Tag - "ex" Dividendenanspruch in das Depot der Bf. bei der ***6***. ***6*** agierte dabei als Intermediär, Abwickler und Depotverwahrer und meldete die Aktientransaktionen im OeKB Clearing System, welche die Aktien an t+3 settelte.
Der Grund für die Lieferung "ex" Dividende ist darin zu erblicken, dass die Unternehmen die Ausschüttung ihrer Gewinne beschlossen haben, die Dividenden aber noch nicht der Bf., sondern dem bisherigen rechtlichen Anteilseigner zuzurechnen sind. Die Bf. erhält demnach vom Verkäufer als Ersatz für die entgangenen Dividenden eine Ausgleichszahlung.
Das Bundesfinanzgericht stellt fest, dass es sich bei den sogenannten "Dividendengutschriften" um keine KESt-behaftete Dividendenzahlungen, sondern um Kompensationszahlungen in Höhe der Nettodividenden handelte, für welche keine Erstattung der Kapitalertragsteuer zusteht.
Evidenznummer ***4***:
Gesellschaft | Erwerb (Cum-Tag) | Dividenden Ex-Tag | Settlement t+3 (Aktien ex Dividende auf Depot) | Datum Ausgleichs-zahlung | Ver-äußerung | Ausgleichs-zahlung in € | Rück-erstattungs-betrag in € |
***7*** AG | 25.3.2013 | 26.3.2013 | 28.3.2013 | 28.3.2013 | 2.4.2013 | 900.000 | 225.000 |
***8*** AG | 30.4.2013 | 2.5.2013 | 6.5.2013 | 2.5.2013 | 8.5.2013 | 1,215.000 | 303.750 |
***9*** AG | 10.5.2013 | 13.5.2013 | 15.5.2013 | 13.5.2013 | 21.5.2013 | 2,310.000 | 577.500 |
Evidenznummer ***5***:
Gesellschaft | Erwerb (Cum-Tag) | Dividenden Ex-Tag | Settlement t+3 (Aktien ex Dividende auf Depot) | Datum Ausgleichs-zahlung | Ver-äußerung | Ausgleichs-zahlung in € | Rück-erstattungs-betrag in € |
***11*** AG | 21.5.2013 | 22.5.2013 | 24.5.2013 | 23.5.2013 | 28.5.2013 | 2,460.000 | 615.000 |
***10*** AG | 05.7.2013 | 08.7.2013 | 10.7.2013 | 15.7.2013 | 12.7.2013 | 2,520.000 | 630.000 |
Die in Österreich beschränkt steuerpflichtige Bf. begehrt die Rückerstattung der im Jahr 2013 im Wege des KESt-Abzugs auf inländische Dividendeneinkünfte eingehobene Quellensteuer auf Basis von Artikel 10 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 88/2004 (in der Folge: DBA Österreich-VAE).
Beweiswürdigung
Das depotverwaltende Kreditinstitut ***6*** bescheinigt den Erwerb der jeweiligen Wertpapiere, die Dividendengutschriften sowie den Einbehalt der Kapitalertragsteuer von jeweils 25%.
2.1. Aus den vorgelegten Handelsbestätigungen der Depotbank ***6*** vom 25.3.2013 und 3.4.2013 (betreffend ***7*** AG), vom 2.5.2013 und 8.5.2013 (betreffend ***8*** AG), vom 10.5.2013 und 21.5.2013 (betreffend ***9*** AG), vom 21.5.2013 und 28.5.2013 (betreffend ***11*** AG) sowie vom 5.7.2013 und 12.7.2013 (betreffend ***10*** AG) ist ua. der Zeitpunkt des Erwerbs des jeweiligen Wertpapiers (Trading Day), der Rechtsvorgang, der Zeitpunkt der Depoteinlieferung (t+3) sowie der Verkaufszeitpunkt des jeweiligen Wertpapiers zu entnehmen.
Laut diesen Bestätigungen wurden die gegenständlichen Wertpapiere von der Bf. jeweils am Cum-Tag - dem letzten Tag, an dem mit Dividendenanspruch gekauft werden kann - OTC von einem Broker erworben, an t+3 gesettelt und - mit Ausnahme der Aktien der ***10*** AG - nach dem Settlement wieder verkauft. Die ***10*** AG Aktien wurden bereits vor abgeschlossenem Settlement verkauft.
2.2. Die vorgelegten - von der Depotbank ***6*** unterschriebenen - Bestätigungen über Dividendengutschriften vom 27. Mai 2013 (betreffend ***7*** AG, ***8*** AG und ***9*** AG) sowie vom 16. Juli 2013 (betreffend ***11*** AG und ***10*** AG) belegen die Buchung einer Ausgleichszahlung am Settlementtag bei der Bf., liefern hingegen keinen Nachweis dafür, dass eine mit Kapitalertragsteuer behaftete Dividende an die Bf. ausbezahlt wurde.
Grundsätzlich ist aus einer Dividendenbestätigung nicht zu ersehen, ob eine echte KESt-behaftete Nettodividende oder eine Ersatzzahlung in Höhe der Nettodividende, aber ohne KESt Belastung und daher ohne Rückerstattungsanspruch angewiesen wurde.
Der Umstand, dass es sich im gegenständlichen Fall nicht um echte KESt-behaftete Nettodividendenzahlungen sondern lediglich um Ausgleichszahlungen ohne Dividendenanspruch handeln kann, ergibt sich allerdings daraus, dass die Aktien am Settlementtag (t+3) ex Dividende auf dem Depot der Bf. eingeliefert wurden. Erst zu diesem Zeitpunkt hätte für die Bf. die Möglichkeit bestanden, ihren Dividendenanspruch -soweit vorhanden - geltend zu machen. Diese theoretische Möglichkeit war jedoch insofern ausgeschlossen, als die Bf. zu diesem Zeitpunkt über die Aktien lediglich ex Dividende verfügen konnte.
Da es sich somit nicht um KESt-behaftete Dividenden gehandelt haben kann, steht fest, dass es sich bei den von der ***6*** bestätigten Vorgängen nur um das Einlangen von Kompensationszahlungen handeln kann, die der Aktienverkäufer für die Schlechtlieferung der cum Dividende erworbenen, aber ex Dividende gelieferten, Aktien leisten musste.
Bei den Aktien der ***8*** AG, der ***9*** AG sowie der ***11*** AG wird bei Zusammenschau des Erwerbszeitpunktes des jeweiligen Wertpapiers mit den für das jeweilige Wertpapier maschinell erstellten Bestätigungen für eine Dividendengutschrift (Income payment from securities) sowie der von der Depotbank unterschriebenen Bestätigung über Dividendengutschriften darüber hinaus offensichtlich, dass die jeweilige Nettodividende bereits vor dem Settlementtag bzw. Abschluss des Regulierungsverfahrens durch die OeKB angewiesen wurde (Ausschüttung der Dividende bzw. Zahltag vor Settlement). Damit steht eindeutig fest, dass es sich keinesfalls um die Anweisung einer KESt-behafteten Dividende der OeKB handeln kann, zumal für die OeKB der Aktienhandel erst mit dem Settlement abgeschlossen ist und die Dividende von der OeKB daher erst frühestens am Settlementtag angewiesen werden könnte.
***8*** AG Aktien:
Die Aktien wurden am 30.4.2013 erworben (Cum-Tag). Ex-Tag war der 2.5.2013.
Settlement Tag (=Dividendenzahltag der OeKB) war der 6.5.2013 (t+3).
Laut maschinell erstellter Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 3.5.2013 sowie der Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 27.5.2013 wurde die Nettodividende iHv. 911.250,00 Euro am 2.5.2013 (Dividendenzahltag) angewiesen.
Laut Bestätigungen der Depotbank ***6*** wurde die Nettodividende daher bereits vor Abschluss des Regulierungsverfahrens (vor dem Settlementtag am 6.5.2013) am Depot der Bf. eingeliefert.
Da die Anweisung einer echten Nettodividende seitens der OeKB erst nach abgeschlossenem Settlement im Rahmen des Regulierungsverfahrens erfolgen würde, steht somit fest, dass es sich bei der ausbezahlten Nettodividende nicht um eine KESt-behaftete Dividende der OeKB, sondern vielmehr um eine Ausgleichs-(Kompensations)zahlung handelt.
Dasselbe gilt für die Aktien der ***9*** AG:
***9*** AG Aktien:
Die Aktien wurden am 10.5.2013 erworben (Cum-Tag). Ex-Tag war der 13.5.2013.
Settlement Tag (Dividendenzahltag der OeKB) war der 15.5.2013 (t+3).
Laut maschinell erstellter Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 15.5.2013 sowie der Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 27.5.2013 wurde die Nettodividende iHv. 1,732.500,00 Euro am 13.5.2013 (Dividendenzahltag) angewiesen.
Laut Bestätigungen der Depotbank ***6*** wurde die Nettodividende daher bereits vor Abschluss des Regulierungsverfahrens (vor dem Settlementtag am 15.5.2013) am Depot der Bf. eingeliefert.
Dasselbe gilt für die Aktien der ***11*** AG:
***11*** AG Aktien:
Die Aktien wurden am 21.5.2013 erworben (Cum-Tag). Ex-Tag war der 22.5.2013.
Settlement Tag (Dividendenzahltag der OeKB) war der 24.5.2013 (t+3).
Laut maschinell erstellter Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 23.5.2013 sowie der Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 16.7.2013 wurde die Nettodividende iHv. 1,845.000,00 Euro am 23.5.2013 (Dividendenzahltag) angewiesen.
Laut Bestätigungen der Depotbank ***6*** wurde die Nettodividende daher bereits vor Abschluss des Regulierungsverfahrens (vor dem Settlementtag am 24.5.2013) am Depot der Bf. eingeliefert.
Bei den Aktien der ***7*** AG wird bei Zusammenschau des Erwerbszeitpunktes des Wertpapiers mit der für das Wertpapier maschinell erstellten Bestätigung für eine Dividendengutschrift (Income payment from securities) sowie der von der Depotbank unterschriebenen Bestätigung für eine Dividendengutschrift darüber hinaus offensichtlich, dass die Nettodividende am Settlementtag bzw. Abschluss des Regulierungsverfahrens durch die OeKB angewiesen wurde (Ausschüttung der Dividende bzw. Zahltag = Settlementtag). Bei der OeKB werden sämtliche Settlements des Tages gesammelt, nach Börsengeschäftsschluss erfolgt die Regulierung der Dividenden für diesen Tag. Die Weiterleitung der Dividenden sowie der bis dahin erfassten Regulierungen erfolgt durch die OeKB am nächsten Tag (Zahltag) um ca. 13:00. Da nach dem Regulierungsverfahren der OeKB die Auszahlung der Dividende somit praktisch jeweils mit dem Stand des Vortages (Zahltag minus 1) erfolgt, steht fest, dass es sich keinesfalls um die Anweisung einer KESt-behafteten Dividende der OeKB handeln kann, zumal für die OeKB der Aktienhandel erst mit dem Settlement abgeschlossen ist und die Dividende von der OeKB daher frühestens am Settlementtag mit Stand des Vortages angewiesen werden könnte. Hätte das Settlement tatsächlich am 28.3.2013 stattgefunden, hätte die OeKB erst am 29.3.2013 regulieren können.
***7*** AG Aktien:
Die Aktien wurden am 25.3.2013 erworben (Cum-Tag). Ex-Tag war der 26.3.2013.
Settlement Tag (Dividendenzahltag der OeKB) war der 28.3.2013 (t+3).
Laut maschinell erstellter Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 28.3.2013 sowie der Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 27.5.2013 wurde die Nettodividende iHv. 675.000,00 Euro am 28.3.2013 (Dividendenzahltag) angewiesen.
Laut Bestätigungen der Depotbank ***6*** wurde die Nettodividende daher am Settlementtag (28.3.2013) am Depot der Bf. eingeliefert.
Da die Anweisung einer echten Nettodividende seitens der OeKB erst nach abgeschlossenem Settlement im Rahmen des Regulierungsverfahrens erfolgen würde, steht somit fest, dass es sich bei der ausbezahlten Nettodividende nicht um eine KESt-behaftete Dividende der OeKB, sondern vielmehr um eine Ausgleichs-(Kompensations)zahlung handelt.
Bei den Aktien der ***10*** AG ergibt sich aus der Zusammenschau des Erwerbszeitpunktes des Wertpapiers mit der für das Wertpapier maschinell erstellten Bestätigung für eine Dividendengutschrift (Income payment from securities) sowie der von der Depotbank unterschriebenen Bestätigung für eine Dividendengutschrift, dass die Nettodividende erst nach dem Verkauf der Wertpapiere angewiesen wurde.
Damit steht fest, dass die Wertpapiere im Zeitpunkt der Ausschüttung nicht mehr in der Verfügungsgewalt der Bf. waren und die Bf. daher kein wirtschaftliches Eigentum mehr an den Aktien hatte.
***10*** AG Aktien:
Die Aktien wurden am 5.7.2013 erworben (Cum-Tag). Ex-Tag war der 8.7.2013.
Settlement Tag (Dividendenzahltag der OeKB) war der 10.7.2013 (t+3).
Die Aktien wurden am 12.7.2013 verkauft.
Laut maschinell erstellter Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 13.7.2013 sowie der Bestätigung für eine Dividendengutschrift vom 16.7.2013 wurde die Nettodividende iHv. 1,890.000,00 Euro am 15.7.2013 (Dividendenzahltag) angewiesen.
Die Aktien wurden jedoch bereits am 12.7.2013, und somit vor dem Dividendenzahltag, veräußert.
Da die Anweisung einer echten Nettodividende seitens der OeKB erst nach abgeschlossenem Settlement im Rahmen des Regulierungsverfahrens erfolgen würde, zu diesem Zeitpunkt die Aktien jedoch nicht mehr im Verfügungsbereich der Bf. standen, steht somit fest, dass es sich bei der ausbezahlten Nettodividende nicht um eine KESt-behaftete Dividende der OeKB, sondern vielmehr um eine Ausgleichs-(Kompensations)zahlung handelt.
2.3. Die ebenfalls von der Depotbank ***6*** ausgestellte Bestätigung über die Einbehaltung der österreichischen Kapitalertragsteuer in der Höhe von 25% liefert keinen Nachweis für die Abfuhr der Kapitalertragsteuer, weil die Depotbank ***6*** in die Abfuhr der Kapitalertragsteuer nicht involviert war.
Aus diesem Grund kommt den vorgelegten Bestätigungen keine Glaubwürdigkeit zu.
2.4. Das Bundesfinanzgericht stellt fest, dass kein vollständiger - chronologisch fortlaufender - Depotauszug für das Jahr 2013 vorgelegt wurde.
Ein Depotauszug ist eine Aufstellung aller Namen von den Wertpapieren mit den zugehörigen aktuellen Ständen zu dem jeweiligen Stichtag mit der Entwicklung der Performance des jeweiligen Papiers. Er beinhaltet alle Informationen bezüglich aller verwahrter Wertpapiere eines Aktienbesitzers, nämlich die Depotnummer, Name und Adresse des Depotinhabers, den Bestand, den Wert zum Depotstichtag sowie den Depot-Gesamtwert.
Insbesondere sind einem vollständigen Depotauszug die Wertpapierbewegungen in Form von Transaktionslisten und damit auch das Datum der tatsächlichen Einbuchung der Aktien am Depot zu entnehmen. Nur durch einen solcherart entsprechenden Depotauszug kann nachgewiesen werden, dass die Bf. bereits vor dem Ex-Tag, nämlich am Cum-Tag, über die Aktien verfügungsberechtigt war und daher Anspruch auf eine Dividendenzahlung hatte.
Die als Hilfsbelege für den nicht vorgelegten Depotauszug anzusehenden Einzelbestätigungen über jeden einzelnen Aktienhandel der Depotbank ***6*** vom 8. April 2014 (bezeichnet als "unterschriebene Depotauszüge der Depotbank ***6*** für die jeweiligen Wertpapiere im Original") sind nicht geeignet, einen geeigneten Nachweis für KESt-behaftete Dividendenzahlungen zu erbringen.
2.5. Es wurden weder Dividendenabrechnungsbestätigungen noch Transaktionslisten vorgelegt, aus denen die Bestände bzw. die Zu- und Abgänge am Wertpapierdepot (Bewegungsaufstellung) für einen Zeitraum von einem Monat vor und nach dem Ex-Tag ersichtlich sind.
2.6. Den Bestätigungen der ***6*** vom 14. Juni 2016 ist zu entnehmen, dass beide Vertragsparteien Kunden von Depotbanken sind (der Verkäufer der Wertpapiere als Kunde der ***13*** und der Erwerber der Wertpapiere als Kunde der ***6***), welche dieselben Settlement Standards anwenden.
Diese Bestätigungen sollen den Nachweis erbringen, dass ein Missbrauch im Sinne einer Mehrfachrückerstattung von Kapitalertragsteuer insofern ausgeschlossen ist, als nach den OeKB-Settlement Standards der Abschluss eines Kaufvertrages über Aktien noch am Vertragstag an die jeweilige Bank gemeldet wird, sodass es einerseits noch am Veräußerungstag zur Ausbuchung der Aktien am Depot des Verkäufers und andererseits zur Eintragung eines Sperrvermerkes durch dessen Depotbank kommt.
Der Umstand, dass beide Vertragsparteien (Verkäufer und Erwerber der Wertpapiere) Kunden von Depotbanken sind, welche direkte Kunden der OeKB bzw. an das Settlement System der OeKB angeschlossen sind, tut jedoch nichts zur Sache. Aufgrund des seitens der OeKB stattfindenden Regulierungsverfahrens ist der Aktienhandel für die OeKB jeweils erst mit dem Settlement, der Einlieferung der Aktien am Depot, abgeschlossen. Dies erschließt sich aus dem Regulierungsleitfaden der OeKB, wonach der Kassatag dem Settlement Tag (t+2 für Börsegeschäfte) entspricht. Nach abgeschlossenem Settlement wird die Dividendenzahlung seitens der OeKB angewiesen.
Sofern die Bestätigungen der ***6*** vom 14. Juni 2016 auf einen mit Anwendung der OeKB-Settlement Standards verfügten Sperrvermerk beim Verkäufer der Aktien verweisen, ist festzustellen, dass für die im vorliegenden Fall relevanten Aktienkäufe kein konkreter Nachweis für die Verfügung eines Sperrvermerks erbracht wurde.
Darüber hinaus sagt eine Verfügungssperre nichts über den gedeckten Depotstand der Aktien bei der verkaufenden Gesellschaft aus und schließt somit das Vorliegen eines Leerverkaufs nicht aus.
Die OeKB sperrt jeden offenen Handelsvorgang ohne zu erkennen, ob es sich dabei um einen Aktienhandel oder um einen Leerverkauf handelt. Damit werden in einem ersten Schritt Aktienhandel und Leerverkauf gleichgestellt. Die Abwicklung der Transaktion erfolgt im Rahmen des Clearings, welches mit dem Settlement der OeKB CSD.A GmbH an (hier) t+3, der tatsächlichen Buchung der Wertpapiere und Zahlungen, abgeschlossen ist. Erst nach abgeschlossenem Settlement weist die OeKB die Dividendenzahlung an.
Da somit die wirtschaftlichen Auswirkungen des Aktienhandels erst mit abgeschlossenem Settlement, also mit Einlieferung der Aktien ins Depot, eingetreten sind, und bis dahin alle Gefahren und Risiken an der Sache beim Aktienverkäufer verblieben, konnte die Bf. auch erst zu diesem Zeitpunkt über die Aktien gleich einem Eigentümer verfügen. Damit ist das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst nach dem Dividendenstichtag "ex" Dividende auf die Bf. übergegangen.
Mangels wirtschaftlichen Eigentums der Bf. an den Aktien am Cum-Tag, hatte die Bf. keinen Anspruch auf Dividendenzahlung, vielmehr war der Aktienverkäufer verpflichtet, auf seine Kosten eine Ersatzzahlung zu leisten. Der Nachweis für eine KESt-behaftete Dividendenzahlung konnte seitens der Bf. auch nicht erbracht werden.
Damit besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer.
Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
3.1.1. Rechtsgrundlagen der KESt Rückerstattung:
Bezieht eine Körperschaft, welche im Inland weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung hat, in Österreich Dividenden (Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 27 EStG), so begründet dies gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1988iVm. § 98 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988beschränkte Steuerpflicht, sofern für diese Einkünfte Kapitalertragsteuer einbehalten wurde.
Die Möglichkeit der Rückerstattung dieser im Abzugsweg einbehaltenen Quellensteuer setzt voraus, dass die Dividenden dem Rückerstattungwerber ertragsteuerlich zuzurechnen sind.
Die primäre Rechtsgrundlage für die Besteuerung internationaler Sachverhalte ist innerstaatliches Recht. Die Frage der Zurechnung von Einkünften im Quellenstaat hat daher nach dem nationalen Recht des Quellenstaates zu erfolgen. Erst in einem zweiten Schritt ist auf Grundlage des Abkommensrechts zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die im ersten Schritt festgestellten Besteuerungsrechte abkommensrechtlich aufrecht bleiben.
Daraus ergibt sich, dass die Zurechnung der gegenständlichen Inlandsdividenden auf Grundlage des innerstaatlichen Steuerrechts zu erfolgen hat. Ein Widerspruch mit dem DBA Österreich-VAE ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil Abkommensrecht keine Regeln hinsichtlich der Einkünftezurechnung enthält, sodass die Ansässigkeit und Abkommensberechtigung der Bf. in den Vereinigten Arabischen Emiraten für die Frage, welcher Person die inländischen Dividendeneinkünfte zuzurechnen sind, keine Bedeutung hat.
Erst in weiterer Folge, wenn entschieden ist, ob die Dividenden inländischer Kapitalgesellschaften der Bf. ertragsteuerlich zuzurechnen sind, ist die streitgegenständliche Rückerstattung der KESt auf diese Inlandsdividenden auf Basis des § 10 DBA Österreich-VAE zu beurteilen.
Im zugrundeliegenden Fall geht es um den Erwerb von Aktien börsennotierter inländischer Unternehmen von einem Broker im außerbörslichen Handel (OTC).
Eine Besonderheit des Handels mit Aktien stellen sogenannte Cum-Ex-Geschäfte rund um den Dividendenstichtag dar. Dabei werden Aktien kurz vor dem Termin der Dividendenzahlung mit Dividendenanspruch ("cum Dividende") erworben. Tatsächlich werden die Aktien aber erst nach dem Dividendenstichtag ohne Dividende ("ex Dividende") geliefert. Als Ausgleich für die nicht erhaltene Dividende wird eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende (Dividende abzüglich einbehaltener Kapitalertragsteuer) geleistet.
In diesen Fällen ist zu klären, wer nach objektiven Kriterien berechtigt ist, sich die abgeführte Kapitalertragsteuer rückerstatten zu lassen. Bei bestimmter Gestaltung besteht die Gefahr einer doppelten/mehrfachen Anrechnung von (nur einmal erhobener) Kapitalertragsteuer, sowohl an den ursprünglichen Aktieninhaber als auch an den Aktienerwerber.
Die Berechtigung der im Inland nicht ansässigen beschränkt steuerpflichtigen Bf. zur Rückerstattung der in Österreich im Jahr 2013 auf inländische Dividendeneinkünfte einbehaltene Quellensteuer gründet sich auf Artikel 10 Österreich-VAE und setzt voraus, dass die entsprechenden Dividendeneinkünfte dem Rückerstattungswerber (Bf.) zugerechnet werden können.
3.1.2. Steuerliche Zurechnung der Dividendeneinkünfte
Strittig ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, wem die inländischen Dividendeneinkünfte aus den Aktien zuzurechnen sind bzw. wann das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren vom Aktienverkäufer auf die Bf. übergegangen ist.
Dabei ist vorweg festzuhalten, dass das Gesetz weder eine explizite steuerliche Regelung für die Zuordnung von Dividendeneinkünften noch zum wirtschaftlichen Eigentum an Wertpapieren vorsieht.
Gemäß § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
§ 24 Abs. 1 BAO lautet auszugsweise:
"Für die Zurechnung der Wirtschaftsgüter gelten bei der Erhebung von Abgaben, soweit in den Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmt ist, folgende Vorschriften:
a) …
b) …
c) …
d) Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, werden diesem zugerechnet.
e) …"
Nach der von Ruppe entwickelten Markteinkommenstheorie folgt die steuerliche Zurechnung von Einkünften grundsätzlich der Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle (vgl. Gassner, Grundsatzfragen der Einkünftezurechnung, ÖStZ 2003, 438). Zurechnungssubjekt von Einkünften ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Zudem sind Einkünfte demjenigen zuzurechnen, der wirtschaftlich über die Einkunftsquelle disponieren und so die Art der Nutzung bestimmen kann (vgl. Ritz, BAO6, § 22 Rz 14 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).
Auch wenn das zivilrechtliche oder wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut nicht entscheidend für die Zurechnung der daraus fließenden Einkünfte (hier Dividenden-Einkünfte) ist (vgl. Ruppe in Ruppe, 141.) und die Zurechnung einer Einkunftsquelle bzw. die Zuordnung eines Wirtschaftsguts auseinanderfallen können, kann das wirtschaftliche Eigentum an den die Einkünfte vermittelnden Wirtschaftsgütern (hier den Wertpapieren) als Beweis der Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle dienen (vgl. Blum, ÖStZ 2015, 356).
Wirtschaftsgüter werden unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums demjenigen zugerechnet, der über sie die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt, wobei eine dem zivilrechtlichen Eigentümer vergleichbare wirtschaftliche Stellung im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. d BAO angenommen werden darf, wenn die Herrschaftssituation der als wirtschaftlicher Eigentümer in Betracht gezogenen Person auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse so geartet ist, dass dem Betreffenden die Ausübung der wesentlichen Eigentümerfunktionen zusteht (vgl. VwGH 9.5.1989, 89/14/0033).
Wirtschaftlicher Eigentümer (§ 24 BAO) ist in der Regel der zivilrechtliche Eigentümer. Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann. Für die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist insbesondere von Bedeutung, wer die Chance von Wertsteigerungen und das Risiko von Wertminderungen trägt (vgl. VwGH 13.9.2018, Ra 2018/15/0055, mwN).
Bei der Prüfung dieser Merkmale ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen. Im Umsatzsteuerrecht sind Lieferungen grundsätzlich in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem dem Abnehmer die Verfügungsmacht verschafft wird. Der Gefahrenübergang ist für sich allein nicht ausschlaggebend, hat aber Bedeutung im Rahmen der übrigen Umstände; maßgebend ist, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - beurteilt nach der Verkehrsauffassung - die Verfügungsbefugnis auf den Abnehmer übergegangen ist. Die Lieferung erfolgt demnach zu dem Zeitpunkt, in dem der Abnehmer die Befähigung zur Verfügung erlangt hat. Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist ein tatsächlicher Vorgang. Es ist erforderlich, dass dem Leistungsempfänger tatsächlich Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstandes zugewendet werden. Dies verlangt, dass die wirtschaftliche Substanz des Gegenstandes vom Leistenden auf den Leistungsempfänger übergeht und dies von den Beteiligten endgültig gewollt ist (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2017/15/0071; 27.2.2002, 2000/13/0095).
Aktien werden an der Börse bis zu einem bestimmten Stichtag (Cum-Tag) mit Dividendenanspruch (cum Dividende) und danach (Ex-Tag) ohne Dividendenanspruch (ex Dividende) gehandelt. Hat der Erwerber einer Aktie cum Dividende bis zu diesem Tag uneingeschränkte Dispositionsbefugnis über die Gesellschaftsanteile hat er Anspruch auf die Dividendenzahlung.
Die uneingeschränkte Dispositionsbefugnis und somit das wirtschaftliche Eigentum eines Dividendenbeziehers an den Gesellschaftsanteilen zeigt sich somit darin, dass dieser die echte KESt-behaftete Dividende beziehen kann und nicht bloß eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende, aber ohne Anspruch auf KESt-Rückerstattung, erhält.
Die konkrete Zurechnung eines Wirtschaftsgutes kann jedoch nur aus den Umständen des konkreten Einzelfalls abgeleitet werden. Maßgebend ist dabei stets das Gesamtbild der Verhältnisse, wobei insbesondere auf den Besitz, die Verfügungsmacht, die Gefahren und Lastentragung, den Genuss des Nutzens und der Früchte sowie auf die Chance der Wertsteigerung und das Risiko der Wertminderung abzustellen ist.
Sowohl nach der Markteinkommenstheorie als auch im Sinne der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind Einkünfte aus Kapitalvermögen (Dividenden) demjenigen zuzurechnen, dem die Anteile (Wertpapiere) zuzurechnen sind und der die faktische Möglichkeit zur entgeltlichen Nutzung dieses Wirtschaftsguts innehat.
Der bloße Abschluss eines Kaufvertrages über einen Gegenstand verschafft dem Käufer jedoch weder das zivilrechtliche noch das wirtschaftliche Eigentum an einer Sache.
Im Fall einer rechtsgeschäftlichen Übereignung girosammelverwahrter Aktien kann der zivilrechtliche Eigentumsübergang nicht bereits im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses stattfinden, weil die mit schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft erworbenen Aktien dem Depotkonto der Bf. zu diesem Zeitpunkt noch nicht gutgeschrieben waren und die Bf. daher den für den sachenrechtlichen Eigentumsübergang erforderlichen Besitz an den Wertpapieren noch nicht erworben hat. Für den zivilrechtlichen Eigentumsübergang der Wertpapiere auf die Bf. ist daher das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft, nämlich die Depoteinbuchung, maßgeblich.
Betreffend die mit der Frage der Dividendenberechtigung rund um den Dividendenstichtag zusammenhängende steuerrechtliche Zurechnung von Aktien stellt die Bf. daher nicht auf den Zeitpunkt des Erwerbs des zivilrechtlichen Eigentums, sondern auf die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums gemäß § 24 BAO ab. Dabei geht sie davon aus, dass sie bereits ab dem Kaufdatum eine Position innegehabt habe, mit der ihr die Ausübung der wesentlichen Eigentümerfunktionen zugestanden sei, der Kaufvertrag durchsetzbar gewesen und ihr die Käuferstellung nicht mehr habe entzogen werden können, sodass bereits mit dem Erwerb der Aktien am Kauftag das wirtschaftliche Eigentum auf sie übergegangen sei. Zudem seien ab dem Kaufdatum sämtliche Rechte, Chancen und Risiken aus den Aktien zugestanden.
Wirtschaftlicher Eigentümer ist, wer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist und zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss von der Einwirkung auf die Sachen, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer geltend machen kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse des jeweiligen Falles festzustellen (vgl. VwGH 25.1.2006, 2002/13/0042).
Entscheidendes Merkmal des wirtschaftlichen Eigentums ist dabei nicht eine Befugnis, sondern das mit dem Eigentum verbundene Ausschließungsrecht. Für den Wechsel im wirtschaftlichen Eigentum muss daher eine Situation eintreten, in welcher der Käufer den Verkäufer auf der Grundlage besonderer schuldrechtlicher Verpflichtungen oder faktischer Gegebenheiten (Besitz) von der Nutzung der Sache ausschließen kann.
Damit setzt das Zurechnungskonzept des wirtschaftlichen Eigentums einen Wechsel in der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vom zivilrechtlichen auf einen alleinigen wirtschaftlichen Eigentümer voraus, welcher jeden Dritten von der Einwirkung auf Dauer ausschließen können müssen.
Im gegenständlichen Fall hatte die Bf. aufgrund des Aktienkaufes jedoch keine Möglichkeit, wirtschaftlich über die durch die Aktien verkörperte Position des zivilrechtlichen Eigentümers der Wertpapiere zu verfügen. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass die Bf. dem zivilrechtlichen Eigentümer der Aktien seine Gewinnansprüche (Dividendenbezugsrecht) aus den Wertpapieren nicht entziehen konnte. Die Bf. selbst konnte vor Einlieferung der Aktien auf ihrem Depot in Ermangelung der Dispositionsbefugnis über die Wertpapiere keinen Anspruch auf Dividendenzahlung geltend machen. Erst mit Depoteinlieferung hatte die Bf. die volle Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle, doch waren die Wertpapiere zu diesem Zeitpunkt bereits ex Dividende, sodass die Bf. keinen Anspruch auf originäre Dividendenzahlung, sondern lediglich einen Anspruch auf eine Dividendenkompensationszahlung, hatte.
Der Einwand der Bf., wonach im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses über die Wertpapiere die Chance der Wertsteigerung und das Risiko der Wertminderung auf sie übergegangen sei, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Im Hinblick darauf, dass die Abwicklung des Aktienkaufs im Rahmen des Clearings erst mit dem Settlement der OeKB, der Einlieferung der Aktien auf dem Depot der Bf., endet, und daher alle Gefahren und Risiken an der Sache, insbesondere auch die Gefahr des Untergangs der Wertpapiere, erst mit erfolgreichem Settlement auf die Bf. übergehen, geht das wirtschaftliche Eigentum vor diesem Hintergrund ausschließlich im Zeitpunkt der Depoteinlieferung auf die Bf. über.
Dem Vorbringen der Bf., wonach das wirtschaftliche Eigentum bereits auf den Erwerber übergehe, sobald dieser einen gesicherten Anspruch auf den Erhalt der Dividende habe, ist entgegenzuhalten, dass es - wie bereits oben ausgeführt - für den Übergang der Verfügungsbefugnis erforderlich ist, dass die wirtschaftliche Substanz, der Wert und der Ertrag der Wertpapiere auf den wirtschaftlichen Eigentümer übergehen. Die Option auf den Erwerb von Wertpapieren für sich allein verschafft nicht wirtschaftliches Eigentum (vgl. VwGH 29.11.1988, 88/14/0184, VwGH 9. Mai 1989, 89/14/0033).
Bei außerbörslichen Aktiengeschäften (OTC) geht das wirtschaftliche Eigentum an den Aktien erst im Zeitpunkt der Belieferung auf den Aktienkäufer über. Die von der Bf. ins Treffen geführte Rechtsprechung des BFH zum Inhaberkauf (Urteil vom 15. Dezember 1999 - I R 29/97), wonach für über die Börse abgeschlossene Aktiengeschäfte der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums aufgrund der Börsenusancen bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Aktienkaufvertrages erfolgt, betrifft nur Verkäufe über die Börse durch einen privaten Bestandsverkäufer. Sie ist im Hinblick auf die zwischen dem börslichen und dem außerbörslichen Handel bestehenden Unterschiede nicht auf außerbörsliche, sog. over-the counter (OTC) Geschäfte - wie im vorliegenden Fall - übertragbar.
Dies deshalb, weil es beispielsweise bei außerbörslichen OTC-Geschäften regelmäßig an entsprechenden Clearingbanken fehlt, die die Lieferung der Wertpapiere und Regulierung der Zahlungsströme (Dividenden und Ausgleichszahlungen) garantieren. Insbesondere unterliegen außerbörsliche Käufe auch nicht der zweitätigen Erfüllungspflicht. Es können längere oder kürzere Lieferzeiten - wie im vorliegenden Fall t+3 - vereinbart werden. Bei diesen Geschäften bedarf es zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zwingend der Erlangung des Besitzes durch die Belieferung der Aktien.
So hatte die Bf. zum Zeitpunkt des schuldrechtlichen Vertrages noch keinen Besitz an den Aktien, der wie in dem vom BFH entschiedenen Fall aufgrund der Börsenusancen und des Ablaufs sichergestellt hätte, dass der zivilrechtliche Eigentümer von der Einwirkung auf die Wertpapiere ausgeschlossen wäre.
Des Weiteren ist bei regulären Börsegeschäften für Privatekunden gesichert, dass die Depotbank eines Verkäufers einen Aktienverkauf über die Börse nur dann durchführt, wenn ein Aktienbestand vorhanden ist. Während die Depotbank des Verkäufers durch einen Sperrvermerk dafür sorgt, dass der Verkäufer den gleichen Aktienbestand nicht mehrfach verkauft räumt die Depotbank des Käufers diesem bereits ab Kaufabschluss eine Verfügungsmacht ein. Demgegenüber sind bei OTC Geschäften die Depotbank des Käufers und des Verkäufers regelmäßig nicht am Zustandekommen des schuldrechtlichen Geschäfts beteiligt, sondern übernehmen nur Funktionen für die Abwicklung der sachenrechtlichen Erfüllung.
Auch im vorliegenden Fall teilt die Bf. mit, dass ihre Depotbank ***6*** lediglich als Intermediär, Abwickler und Depotverwahrer tätig wird.
Soweit die Bf. im Hinblick auf die Einhaltung der Settlement Standards der OeKB eine Verfügungssperre ins Treffen führt, ist dazu festzustellen, dass für die im vorliegenden Fall vorgenommenen Aktienkäufe weder das Vorliegen einer solchen Verfügungssperre konkret nachgewiesen wurde noch eine solche Verfügungssperre über den gedeckten Depotbestand des Aktienverkäufers Aufschluss gibt.
Ausgehend von der Definition des wirtschaftlichen Eigentums, erlangt der Aktienerwerber bei OTC-Geschäften erst durch den Besitz eine rechtlich geschützte Position, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. Erst ab diesem Zeitpunkt ist der Erwerb wirtschaftlichen Eigentums möglich.
Aus den dargelegten Gründen kann die Entscheidung des BFH nicht zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums durch den schuldrechtlichen Vertrag bei außerbörslichen OTC-Geschäften herangezogen werden.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Bf. vor Einlieferung der Aktien auf ihrem Depot mangels Dispositionsbefugnis weder zivilrechtliches Eigentum noch wirtschaftliches Eigentum an den streitgegenständlichen Wertpapieren erworben hat. Dies ergibt sich daraus, dass sie zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf Dividendenzahlung geltend machen konnte. Der Umstand, dass die Wertpapiere ex Dividende auf das Depot der Bf. eingeliefert wurden und die Bf. zu diesem Zeitpunkt daher keinen Anspruch auf originäre Dividendenzahlung mehr hatte, ist ein klarer Hinweis darauf, dass es sich dabei nicht um echte KESt-behaftete Dividenden, sondern lediglich um Kompensationszahlungen, handelte, die von der Bank als Dividendenzahlungen bestätigt wurden.
Die cum Dividende abgeschlossenen und ex Dividende gelieferten Aktiengeschäfte begründen daher keinen Anspruch auf Anrechnung der auf die originäre Dividende erhobene Kapitalertragsteuer.
Sofern die Bf. ausführt, dass aufgrund der vorliegenden Sachverhaltskonstellation eine Situation entstehe, nach der weder der Aktienverkäufer noch der Aktienkäufer eine Rückerstattung erwirken könne, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass im Hinblick darauf, dass der Aktienverkäufer weder der Bf. noch der Abgabenbehörde bekannt ist, offenbleiben muss, ob dieser eine KESt-Rückerstattung erwirkt hat oder nicht. Entscheidend ist jedoch nicht, ob eine Situation der gänzlichen Verweigerung der KESt-Rückerstattung entstehe; vielmehr kommt es darauf an, dass im Falle mehrerer Antragsteller anhand objektiver Kriterien zu beurteilen ist, welcher Antragsteller im Ergebnis rückerstattungsberechtigt ist.
Wenn die Bf. im Hinblick auf ihr Vertrauen auf die in mehreren EAS und in den EStR 2000 geäußerte Rechtsansicht die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben entwendet, ist zunächst festzuhalten, dass dieser Grundsatz nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.1.2004, 2003/16/0113; 15.6.2005, 2002/13/0104; 28.10.2009, 2008/15/0049) nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit schützt; die Behörde ist verpflichtet, von einer gesetzwidrige erkannten Verwaltungsübung abzugehen (vgl. Ritz, Rz 9 zu § 114). Jedenfalls schützt der Verwaltungsgerichtshof kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen des Bundesministeriums für Finanzen (VwGH 20.9.1995, 95/13/0011; 21.11.1995, 95/14/0035; 31.5.2000, 94/13/0045; 22.5.2002, 99/15/0119; 2.2.2010, 2007/15/0253), sondern nur von Auskünften im Einzelfall schützt (vgl. Ritz, Rz 10 zu § 114). Unabhängig davon ist das Bundesfinanzgericht nicht an Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen gebunden.
Abgesehen davon, dass im Beschwerdefall schon keine unrichtige Rechtsauskunft einer Abgabenbehörde vorliegt, kommt die vom Bf. angesprochene Grundsatz von Treu und Glauben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nur unter den oben genannten, ganz bestimmten - im Beschwerdefall nicht gegebenen Voraussetzungen - zum Tragen.
Es müssen besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies z.B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der zuständigen Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt (vgl. etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 24. April 1996, 93/15/0076, und vom 22. September 1999, 94/15/0104).
Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdefall nicht zu erkennen. Die Beschwerdeführer behauptet nicht, dass sie im Vertrauen auf die Auskunft bestimmte Besteuerungstatbestände verwirklicht hat, die sie ohne die gegenständliche Auskunft nicht verwirklicht hätte.
Überdies kann der Grundsatz von Treu und Glauben nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. das Erkenntnis des VwGH 26. April 2006, 2004/14/0076). Ein solcher Vollzugsspielraum bestand bei der Festsetzung der Einkommensteuer nicht.
Auch deswegen vermag der angesprochene Grundsatz der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Betreffen den Antrag der Bf. auf Nachsicht gemäß § 236 BAO ist darauf hinzuweisen, dass dieser bei der belangten Behörde und nicht beim Bundesfinanzgericht einzubringen wäre.
Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da zu der Rechtsfrage, in welchem Zeitpunkt bei cum-ex-Geschäften das wirtschaftliche Eigentum auf den Aktienkäufer übergeht, keine Rechtsprechung vorliegt, war die ordentliche Revision zuzulassen.
Wien, am 20. Juli 2021
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 24 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH 30.04.2019, Ra 2017/15/0071 |