BFG RV/7102165/2018

BFGRV/7102165/201829.6.2021

Kein Familienbeihilfenanspruch, wenn das Studium nicht zum objektiv frühest möglichen Zeitpunkt begonnen wird

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102165.2018

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Grohe als vorsitzende Richterin und die Richterin Mag. Regina Vogt als beisitzende Richterin sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Franz Josef Gross und Mag. Heinrich Witetschka in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch AUSTRIA TREUHAND Holding SteuerberatungsgmbH, Mariahilfer Straße 1C Tür 4a, 1060 Wien, über die Beschwerde vom 8. September 2017 gegen den Bescheid des (damaligen) Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, 3430 Tulln an der Donau, Albrechtsgasse 26-30, vom 21. August 2017, mit welchem zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (1.027,20 €) und Kinderabsetzbetrag (350,40 €) für die im März 1996 geborene Tochter S für den Zeitraum März 2017 bis August 2017 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, Sozialversicherungsnummer 1234, Gesamtbetrag der Rückforderung 1.377,60 €, am 28. Juni 2021 in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe für das Kind S, geb. am xy, wurden folgende Studiennachweise vorgelegt:

Für das Bachelorstudium Vergleichende Literaturwissenschaft UG2002 von 1. 10. 2014 bis 30. 11. 2016 liegt ein Sammelzeugnis vom 8. 8. 2017 vor, wonach im Zeitraum 15.12. 2014 bis 23. 2. 2016 Prüfungen über insgesamt 30 ECTS positiv abgelegt wurden.

Für das Bachelorstudium lnstrumental(Gesangs)pädagogik - Klassik (Harfe - Klassik) als ordentliche Studierende liegen zwei Bestätigungen des Studienerfolgs vom 14. 6.2017 der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vor: Eine über erfolgreich abgelegte Prüfungen im Umfang von 50,50 ECTS (Prüfungen von 19. 3. 2016 bis 9. 6.2017) sowie eine über erfolgreich abgelegte Prüfungen von 20,50 ECTS im Zeitraum 1.10. 2016 bis 1. 8. 2017.

Die MUK Privatuniversität der Stadt Wien bestätigte am 10. 4. 2018:

Mit diesem Schreiben wird bestätigt, dass Frau …, geboren am ...03.1996, die Zulassungsprüfung an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien für das Bachelorstudium Harfe im Februar 2015 sowie Februar 2018 absolviert und bestanden hat. Aufgrund mangelnder Studienplätze wurde Frau …deshalb auf die Warteliste gesetzt:

Zulassungsprüfungsdatum Zuteilung 16.02.2015 Warteliste, gültig bis 04.03.2016,

19.02.2018 Warteliste, gültig bis 01.03.2019."

Mit Bescheid vom 21. 8. 2017 forderte die belangte Behörde von der Beschwerdeführerin (Bf.) zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate März 2017 bis August 2017 i.H. von insgesamt € 1.377,60 für ihre Tochter S, geb. xy, zurück und begründete dies wie folgt:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf die Familienbeihilfe.

Nach § 17 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn die oder der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat und nicht die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden.

Nach einem Studienwechsel nach dem jeweils 3. inskribierten Semester (oder zweitem Ausbildungsjahr) besteht Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat. Es sind daher alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen ist und für die Familienbeihilfe bezogen wurde, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen.

Da Ihre Tochter S das Studium zu spät gewechselt hat, besteht für den Zeitraum März 2017 bis September 2017 kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Ab Oktober 2017 wird Familienbeihilfe für S für das Bachelorstudium Instrumentalpädagogik erneut gewährt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 4.9.2017, eingelangt am 8.9.2017, mit der die Aufhebung des Bescheides und die Festsetzung der Rückforderung mit "Null" beantragt wurden.

Als Begründung wurde folgendes ausgeführt:

"Zur Herbeiführung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie werden nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bestimmte Leistungen gewahrt. Demnach haben auch bereits volljährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn diese - wie das Kind der Beschwerdeführerin - ein Studium betreiben.

Der Anspruch verfällt nur dann, wenn kein Studienerfolg nachgewiesen werden kann. Ein günstiger Studienerfolg iSd FLAG liegt gem. § 2 FLAG 1967 nicht vor, wenn die Studierende gem. § 17 Abs 1 Z 2 StudFG 1992 das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt hat. Davon ausgenommen sind gem. § 17 Abs 2 Z 2 StudFG 1992 Falle, durch welche der Studienwechsel aufgrund eines unabwendbaren unverschuldeten Ereignisses zwingend herbeigeführt worden ist.

Das Kind hat als Hauptstudium "Vergleichende Literaturwissenschaften" studiert und im Sommersemester 2016 auf das Bachelorstudium "Instrumental-und Gesangspadägogik(Harfe)" gewechselt. Dieses betrieb es mit großem Eifer und absolvierte eine schwere Prüfung, um das Studium in seinem Interesse fortsetzen zu können.

Gleichzeitig meldete es sich vom bisherigen Hauptstudium "Vergleichende Literaturwissenschaften" am 30.11.2016 ab. Trotz bestandener Prüfung im neuen Hauptstudium "Instrumental- und Gesangspädagogik" wurde ihm ein Platz verwehrt. Folglich wechselte das Kind zu dem Studium "Vergleichende Literaturwissenschaften" zurück. Dieser Studienwechsel wurde daher durch ein unabwendbares Ereignis iSd § 17 Abs 2 Z 2 StudFG 1992 ohne Verschulden des Kindes zwingend herbeigeführt und ist somit nicht als StudienwechseliSd § 17 Abs. 1 leg cit. zu qualifizieren.

Ein günstiger Studienerfolg liegt demnach vor und somit besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum von März 2017 bis August 2017."

In eventu stellte die Bf. den Antrag, den Bescheid teilweise aufzuheben und die Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Sommersemester 2016 zu stornieren, da das Kind im Sommersemester 2016 eine Prüfung absolvierte habe und daher ein günstiger Studienerfolg iSd Studienforderungsgesetzes 1992 und des Familienlastenausgleichsgesetz1967 vorliege. Folglich seien die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für das Sommersemester2016 nicht zurückzuzahlen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23. 1. 2018 wurde die Beschwerde mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Der Begriff "Studienwechsel" im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes bedeutet den BETRIEB einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein/eine Studierende/r das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor.

Wie bereits im Rückforderungsbescheid ausführlich dargelegt, liegt ein beihilfenschädigender Studienwechsel dann vor, wenn das Hauptstudium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wurde.

Nach den vorliegenden Unterlagen hat S mit Studienbeginn im Wintersemester 2014 (Oktober/2014) das Bachelorstudium Vergleichende Literaturwissenschaft begonnen und dieses auch ernsthaft und zielstrebig betrieben.

Im Sommersemester 2016 (Februar 2016) hat sie ein neues Studium - Bachelorstudium Instrumental (Gesangs)pädagogik -Klassik Harfe, als Hauptstudium aufgenommen ohne vorher das mittlerweile drei volle Semester absolvierte Studium abzuschließen.

Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden der Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, gelten nicht als Studienwechsel iSd § 17Abs. 1 StudFG. Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es der/die Studierende mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn er/sie dieses Ereignis voraussah.

Der Studienwechsel muss jedenfalls durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt, dh. das unabwendbare Ereignis muss den Studienwechsel erforderlich machen.

Kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht.

Im vorliegenden Fall liegt ein unabwendbares Ereignis nicht vor, welches den Studienwechsel erforderlich gemacht hat, da dieses Ereignis, nämlich den Studienwechsel vorzunehmen, von S freiwillig durchgeführt wurde und dieser nicht als unabwendbares Ereignis anzusehen ist.

Dass S das jeweilige Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt bzw. absolviert hat, wurde seitens der Finanzverwaltung nicht bestritten, da auch die jeweiligen Studienerfolgsnachweise vorliegen, Tatsache bleibt jedoch, dass das Kind das Studium nach dem dritten inskribierten Semester freiwillig gewechselt hat und dieser Wechsel nicht auf ein unabwendbares Ereignis zurückzuführen ist.

Die Familienbeihilfe steht daher in der Zeit von März 2017 bis August 2017 (STEHZEIT) für das Kind nicht zu und wird Ihre Beschwerde abgewiesen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich der Vorlageantrag vom 29.1.2018, in dem ergänzend folgendes ausgeführt wird:

Die belangte Behörde stellt fest, dass ein nicht schädlicher Studienwechsel im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes nicht vorliege.

Hierbei ist insbesondere darauf festzuhalten, dass laut belangter Behörde kein "zwingender Studienwechsel" gegeben sei. Es läge deshalb ein beihilfenschädigender Studienwechsel vor.

Die Tochter S hatte immer die Absicht, das Bachelor-Studium Instrumental (Gesangs-)pädagogik - Klassik Harfe als Hauptstudium durchzuführen. Anlässlich der Inskription wurde ihr aber mitgeteilt, dass es hierfür keinen Ausbildungsplatz gäbe und sie wurde darauf verwiesen, vorübergehend ein anderes Studium durchzuführen, was sie auch mit dem Bachelor-Studium "Vergleichende Literaturwissenschaft" durchführte.

Nach Mitteilung, dass ein entsprechender Studienplatz frei ist, wechselte sie im Sommersemester 2016 zu ihrem Wunschstudium Instrumental(Gesangs-)pädagogik - Klassik Harfe.

Nunmehr führt die belangte Behörde als Begründung an, dass kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis vorliegt. Dies ist unrichtig, da ein Beginn des Studiums und ein Wechsel früher nicht möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studiumwechsel betrieben wurde, ein Mangel an Ausbildungsplätzen bestand.

Es liegt nicht in der Gestaltungsmacht der Studentin, eine ausreichende Anzahl an Studienplätzen zur Verfügung zu stellen.

Damit sie während des Wartens auf den Ausbildungsplatz keine verlorene Zeit hat, hat sie sich entschieden, ein ergänzendes Studium zu beginnen. Nunmehr ist es der belangten Behörde vorzuhalten, dass die gesetzlichen Bestimmungen nicht aussagen, dass ein Mangel an Studienplatzen ein Ereignis sei, welches in der Sphäre der Studentin liegt, vielmehr ist dies sehr wohl ein entsprechender zwingender Grund, ein anderes Studium zu beginnen und hierbei auf das Freiwerden eines Studienplatzes zu warten.

Es liegt somit ein unabwendbares Ereignis vor, welches ausschließlich von der Republik Österreich zu vertreten ist. Der Wechsel ist somit auf ein unabwendbares Ereignis zurückzuführen.

4. Zusammenfassung:

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Rückforderungsbescheides nicht gegeben sind und die Familienbeihilfe im Zeitraum vom 03/2017-08/2017 den Eltern zusteht."

In Ergänzung zu dem das gegenständliche Verfahren betreffenden Sachverhalt ist auszuführen, dass betreffend Familienbeihilfe für das Kind "S" bereits für den Zeitraum März 2016 bis Februar 2017 ein Verfahren beim Bundesfinanzgericht zur Zahl RV/7102164/2018 anhängig war. Diesem Verfahren lag eine Beschwerde des Kindesvaters zu Grunde, bei dem die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für den genannten Zeitraum ebenfalls mit der Begründung zurückgefordert worden waren, dass es sich bei dem Wechsel vom Studium "Vergleichende Literaturwissenschaften" zu Instrumental-und Gesangspädagogik Harfe" um einen im Sinne der §§ 2 Abs. 1 li. b FLAG 1967 iVm § 17 StudFG "schädlichen" Studienwechsel, da nach dem 3. inskribierten Semester, handelte.

Nachdem der Beschwerde mit Erkenntnis vom 16.7.2018 unter Zulassung der Revision stattgegeben worden war, erhob die belangte Behörde Revision und entschied der Verwaltungsgerichtshof darüber mit Erkenntnis vom 29.6.2020, Ro 2018/16/0048 in dem er das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufhob.

Begründend führte der Gerichtshof dazu aus:

... 27 Das Bundesfinanzgericht ist im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen, dass die Tochter der Mitbeteiligten zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende der Schulausbildung mit dem Studium "Instrumental (Gesangs)pädagogik - Klassik Harfe" begonnen hat.

28 Unter der Annahme, dass der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt diese rechtliche Beurteilung zulässt, bestünde nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung.

29 Der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG ist grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird.

30 So hat es der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Juni 2013, 2012/16/0088, betreffend die insoweit vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als unmaßgeblich erachtet, dass der Sohn des damaligen Beschwerdeführers als Überbrückung vor der Aufnahme des gewünschten und tatsächlich begonnenen Studiums der Humanmedizin das Biologiestudium begonnen hat.

31 Wird die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf §2 Abs. 1 lit. d FLAG. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach §2 Abs. 1 lit. b FLAG auslösende, Berufsausbildung dar.

32 Erfüllt ein zur Überbrückung der Wartezeit nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG aufgenommenes Studium aber nicht die Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit.b FLAG, kann mit der Aufnahme des Wunschstudiums zum frühestmöglichen Zeitpunkt aber auch kein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegen. Damit stellen sich aber Fragen zur Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln für den Anspruch auf Familienbeihilfe von vornherein nicht.

33 Dem Umstand, dass die frühestmögliche Aufnahme des von vornherein ins Auge gefassten Studiums mit der Aufgabe (Abbruch) des zur Überbrückung der Wartezeit begonnenen Studiums für die Frage der Familienbeihilfe keinen Studienwechsel darstellt, für die Frage der Studienbeihilfe jedoch nach den Bestimmungen des § 17 StudFG schon, stellt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Widerspruch dar, verfolgen das FLAG und das StudFG doch unterschiedliche Zielsetzungen. So handelt es sich bei der Familienbeihilfe um einen vom Einkommen des Anspruchsberechtigten grundsätzlich unabhängigen Beitrag zur Unterhaltslast, während die Studienbeihilfe einen vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abhängigen Beitrag zu den Kosten des Studiums darstellt.

34 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die gewünschte Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wurde.

35 Wie sich aus dem (zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG ergangenen) Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, ableiten lässt, ist in einem solchen Fall für die Frage der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG maßgebend, ob die tatsächlich begonnene Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wurde. Nur in diesem Fall kommt ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und der tatsächlich aufgenommenen Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG in Betracht. Für die tatsächlich aufgenommene Berufsausbildung steht aber (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) ein eigenständiger Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zu. Stellt das tatsächlich aufgenommene Studium aber eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen.

36 Ein solcher liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu.

37 Nach § 17 Abs. 2 Z 2 StudFG liegt kein schädlicher Studienwechsel vor, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurde.

38 Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall, wenn ein Ereignis eintritt, das eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. VwGH 27.2.2006, 2005/10/0071, VwSlg 16.856/A). Davon wäre im revisionsgegenständlichen Fall aber nicht auszugehen, war die Tochter doch nicht daran gehindert, das von ihr betriebene Studium "Vergleichende Literaturwissenschaft" erfolgreich fortzusetzen (vgl. auch VwGH 27.1.2004, 2003/10/0290).

39 Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 26. Mai 2011, 2011/16/0076 und 2011/16/0058, ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein Studierender einen Studienwechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessener hält, nicht bereits, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre.

40 Damit liegt aber auch dann kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis vor, wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG² § 2 Rz 103).

41 Die vom Bundesfinanzgericht getroffenen Feststellungen, insbesondere zu den konkreten Zulassungsvoraussetzungen und den Fristen und Terminen im konkreten Aufnahmeverfahren, lassen jedoch keine abschließende rechtliche Beurteilung zu, ob die Tochter das Studium "Instrumental (Gesangs)pädagogik - Klassik Harfe" zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss ihrer Schulausbildung aufgenommen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, zum Ausdruck gebracht hat, liegt keine zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnene Berufsausbildung vor, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung wegen des durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu - auch bei Erfüllen der von der Ausbildungseinrichtung geforderten Leistung im Zuge eines Aufnahme- oder Bewerbungsverfahrens - erst später erfolgt."

Das Bundesfinanzgericht erteilte daher in der Folge dem revisionswerbenden Finanzamt mit Beschluss vom 18.8.2020 folgenden Ermittlungsauftrag:

"Im Sinne von Rz 41 des Erkenntnisses VwGH 29. 6. 2020, Ro 2018/16/0048 sind insbesondere die konkreten Zulassungsvoraussetzungen und die Fristen und Termine im konkreten Aufnahmeverfahren zu erheben.

Ferner ist der Zeitpunkt der (erstmaligen) Anmeldung von S zu diesem Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz sowie zu einem allfälligen Aufnahmeverfahren für dieses Studium zu erheben, außerdem, ob die (erfolgreich abgelegte) Zulassungsprüfung für das Bachelorstudium Harfe an der MUK Privatuniversität der Stadt Wien eine allfällige Zulassungsprüfung an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz ersetzt.

Es ist somit der objektiv frühestmögliche Zeitpunkt, zu welchem S das Bachelorstudium lnstrumental(Gesangs)pädagogik - Klassik (Harfe - Klassik) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz nach Beendigung der Schulausbildung beginnen hätte können (vgl. Rz 31 des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs), zu ermitteln."

Mit Schreiben vom 12.11.2020 erstattete der damalige Beschwerdeführer folgende Vorhaltsbeantwortung an das Finanzamt unter Anführung der von der revisionswerbenden Behörde an ihn gerichteten Fragen:

"Wann erfolgte erstmal eine Anmeldung zum Harfestudium an der Universität für NUK Graz?

Antwort:

Die Anmeldungen zum Harfestudium sind wie folgt chronologisch aufgelistet:

2014 Matura in ***8***

2014/05 Aufnahmeprüfung in Wien für IGB Harfe

2015/05 Aufnahmeprüfung IGB Harfe in Wien

2015/06 Aufnahmeprüfung in Graz

2015/06 Aufnahmeprüfung in Salzburg

2016/01 Aufnahmeprüfung in Graz

2017/05 Aufnahmeprüfung in Wien

2017/06 Aufnahmeprüfung in Salzburg

Aus dieser Auflistung ist ersichtlich, dass sich Frau ***5*** ***2*** intensiv bemüht hat, einen Studienplatz sofort nach Abschluss der Schulausbildung zu erhalten

- Zweite Frage:

Gibt es datierte Aufzeichnungen, die das Interesse am Harfestudium in Graz unmittelbar nach der Schulausbildung dokumentieren können?

Antwort:

Frau ***5*** ***2*** hat an einem Gymnasium in ***8*** im Jahre 2014 maturiert und sich danach an der Universität für Musik und Darstellung Kunst in Wien beworben. Die Zulassungsprüfung ZPA IGB setzt sich aus diversen Prüfungsteilen zusammen, welche aus der Bestätigung ersichtlich ist. Frau ***5*** ***2*** hat sich für das Studienjahr2014/15 beworben, wie aus der Bestätigung vom 29.10.2020 ersichtlich ist. Die dabei absolvierten Zulassungs- und Aufnahmeprüfungen sind aus der Bestätigung ersichtlich.

Bedauerlicher Weise gab es zu Beginn des Wintersemesters 2014/15 keinerlei freie Plätze für das "Harfestudium", weil laut Auskunft der zuständigen Prüfungsreferate die budgetären Mittel für Harfe dem Instrument Violine zugeordnet wurden.

Beilage 1: Bestätigung der Universität für Musik und Darstellung Kunst in Wien vom 29.10.2020:

Bestätigung der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, StudienCenter, Prüfungsreferat für musikpädagogische Studien, vom 29. Oktober 2020:

Die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, StudienCenter, Prüfungsreferatfür musikpädagogische Studien, bestätigte am 29. Oktober 2020:

Das Prüfungsreferat für musikpädagogische Studien bestätigt, dass Frau ***5*** ***2***,geboren am ***7***, zur Zulassungsprüfung für die Studienrichtung Bachelorstudium Instrumental(Gesangs)Pädagogik-Harfe für folgende Studienjahre angemeldet war und angetreten ist:

Studienjahr 2014/15 Anmeldeschluss: 30.05.2014

Studienjahr 2015/16 Anmeldeschluss: 29.05.2015

Studienjahr 2017/18 Anmeldeschluss: 30.05.2017

Die Zulassungsprüfung ZP BA IGP setzt sich, laut Studienplan, aus folgenden Prüfungsteilen zusammen und sind zu absolvieren:

-Übersicht über Termine für Zulassungsprüfungen

•Terminübersicht für Zulassungsprüfungen in den musikpädagogischen Studien an der Universitätfür Musik und Darstellende Kunst Wien für das Studienjahr 2014/15

•Terminübersicht für Zulassungsprüfungen in den musikpädagogischen Studien an der Universitätfür Musik und Darstellende Kunst Wien für das Studienjahr 2015/16

•Terminübersicht für Zulassungsprüfungen in den musikpädagogischen Studien an der Universitätfür Musik und Darstellende Kunst Wien für das Studienjahr 2017/18.

Dritte Frage:

Was waren im Streitzeitraum die konkreten Zulassungsvoraussetzungen, Fristen und Termine zu diesem Studium (Vorlage von Foldern, Internetausdrucken, bestenfalls Bestätigung der Uni Graz)?

Antwort:

Die konkreten Zulassungsvoraussetzungen, Fristen und Termine sind jeweils auf der zuständigen Universitäts-Homepage ersichtlich. Frau ***5*** ***2*** hat die damit in Verbindung stehenden Voraussetzungen erfüllt. Bei der Bestätigung der Universität für Musik und Darstellung Kunst in Wien vom 29. 10.2020 ist als Beilage ersichtlich, welche Termine für Zulassungsprüfungen in den Musikpädagogischen Studienrichtunge nfür das Jahr 2014/15 Voraussetzung waren.

Beilage2: Bestätigung der Universität für Musik und Darstellung Kunst Wien vom 29.10.2020

Vierte Frage:

Kann die Zulassungsprüfung für das Harfestudium an der Universität Wien die Zulassungsprüfung an der Universität Graz ersetzen bzw. wird die Zulassungsprüfung in Wien an der Uni in Graz anerkannt? Bitte um Vorlage einer Bestätigung der Uni Graz wird ersucht.

Antwort:

Nein, aus den Bestätigungen der jeweiligen Universitäten ist ersichtlich, dass "aus Gründen der Qualitätssicherung keine extern absolvierten Leistungen für die Zulassungsprüfung anerkannt werden" können (Beilage 1 Bestätigung Kunst Uni Graz vom 20. 10.2020).

Gleiches bestätigt die Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien mit der Bestätigung vom 29.10.2020, die anführt, dass "bestandene Zulassungsprüfungen anderer Universitäten werden nicht für die ZPA IGB" anerkannt.

Beilage 3: Bestätigung der Universität für Musik und Darstellung Kunst Wien vom 29.10.2020

Bestätigung der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, Studien- und Prüfungsmanagement, vom 20. Oktober 2020

Hiermit bestätigt die Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, dass Frau***5*** ***2***, geboren am ***7***, am Zulassungsprüfungsverfahren für das Bachelor studiumIGP Harfe (UV033145621) im Juni/Juli 2015 (nicht bestanden) und im Jänner 2016 (bestanden)teilgenommen hat.

Aus Gründen der Qualitätssicherung können keine extern absolvierten Leistungen für die Zulassungsprüfung anerkannt werden.

Bestätigung der Universität Mozarteum Salzburg, Studien- und Prüfungsmanagement, vom 16. Oktober 2020

Das Studien- und Prüfungsmanagement der Universität Mozarteum Salzburg bestätigt hiermit, dass Frau ***5*** ***2***, geb. am ***7***, folgende Zulassungsprüfungen absolviert hat:

1. Bachelorstudium lnstrumental-(Gesangs-)Pädagogik (Harfe-Klassik) Termin: 15.6.-18.6.2015 (Anmeldeschluss: 15.4.2015)

2. Bachelorstudium lnstrumental-(Gesangs-)Pädagogik (Harfe-Klassik) Termin: 3.7.-7.7.2017(Anmeldeschluss:30.3.2017).

Die Genannte hat beide Zulassungsprüfungen nicht bestanden.

Für externe BewerberInnen gilt folgende Regelung: Es müssen alle Prüfungsteile absolviert werden, eine Anrechnung bestandener Teilprüfungen von absolvierten Zulassungsprüfungen an anderen Universitäten ist nicht möglich."

Am 17.11.2020 erging ein weiterer Ermittlungsauftrag an das Finanzamt u.a. mit folgendem Inhalt:

….Entscheidungsrelevant ist dem Erkenntnis des VwGH zufolge, ob das Studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz nach Beendigung der Schulausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde (Rz 27 ff.).

…….Die Vorhaltsbeantwortung vom 12. November 2020 und die Bestätigung der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vom 20. Oktober 2020 lassen offen, ob ***5******2*** das Bachelorstudium lnstrumental(Gesangs)pädagogik - Klassik (Harfe - Klassik)an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vor dem März 2016 beginnen hätte können.

……Es ist insbesondere bisher unklar, ob es zwischen Juni 2014 (Reifeprüfung) und Juni 2015 (erste Aufnahmeprüfung in Graz) Aufnahmeprüfungstermine in Graz gegeben hat und bejahenfalls, warum diese - anders als etwa der Prüfungstermin im Mai 2014 in Wien - von ***5*** ***2*** nicht wahrgenommen worden sind.

Laut Website der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz (https://www.kug.ac.at/studieren/interessierte/zulassungsanforderungen/studien-mit-zulassungspruefung/zulassung-bachelor-instrumentalstudium/)gibt es derzeit folgende Zulassungsprüfungstermine:

Wintersemester: 03. Juni oder 03. September (ACHTUNG: gilt nicht für alle Instrumente!)

Sommersemester: 13. Jänner

Der Website lässt sich allerdings nicht entnehmen, welche Zulassungsprüfungstermine für das Fach Harfe im Zeitraum zwischen Juni 2014 und Juni 2015 bestanden haben. Hier können zwischenzeitig Änderungen eingetreten sein.

Es ist daher zu ermitteln,

- wann (Datum) die Schulausbildung von ***5*** ***2*** im Juni 2014 beendet wurde,

- wann (Datum) nach Beendigung der Schulausbildung von ***5*** ***2*** der nächste Aufnahmeprüfungstermin in Graz war,

- wenn es vor dem Juni 2015 einen Aufnahmeprüfungstermin in Graz gegeben hat, warum***5*** ***2*** zu diesem nicht angetreten ist.

Die Ermittlungen zu 1. und 3. werden im Wege eines Auskunftsersuchens an den Bf erfolgen können, jene zu 2. durch behördliche Anfrage bei der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz.

Das Finanzamt beantwortete die gestellten Fragen mit Beschluss vom 4.12.2020 wie folgt:

Die Frage 1 konnte aus dem elektronischen Familienbeihilfenakt beantwortet werden. Die Schulausbildung wurde mit 16.06.2014 abgeschlossen. Die steuerliche Vertretung des Bf. bestätigte dies unter Vorlage des Reifeprüfungszeugnisses (siehe Anlage).

Die Frage 2 wurde von der Universität Graz wie folgt per Email beauskunftet:

Für das Studium Bachelorstudium IGP Harfe gab es im genannten Zeitraum folgende Zulassungsprüfungstermine:

02.07.2014 (Anmeldeschluss dafür war aber schon der 3.6.2014)

04.02.2015 (Studienbeginn mit Sommersemester wird nicht unbedingt empfohlen, da oftmals aufbauende LV's im SS nicht angeboten werden können - vor allem für kleinere Studienkohorten).

02.07.2015

Die Frage 3 wurde von der steuerlichen Vertretung des Bf. insbesondere damit beantwortet, es sei aus logischen Gründen nachvollziehbar, dass zuerst eine Universität in Wohnraumnähe (hier: Wien) ausgewählt wird. Auf die Originalantwort per Email wird verwiesen (siehe Anlage).

Stellungnahme:

Aus den nunmehr vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass ***5*** ***2*** nach Beendigung der Schulausbildung (16.06.2014) vor dem März 2016, bereits am 02.07.2014 mit dem Studium an der Universität Graz beginnen hätte können. Ob eine Anmeldung vor 16.06.2014 tatsächlich nicht möglich gewesen wäre, geht aus den nunmehr vorliegenden Unterlagen nicht eindeutig hervor. Lediglich der Bf. schreibt "Eine Anmeldung vor Beendigung am 16.06.2014 war in Graz nicht durchführbar". Es ist in dem Zusammenhang unklar, ob dies subjektiv wegen der Wohnraumnähe oder objektiv universitär nicht möglich gewesen wäre. Erhebungen dazu sind aber nach Ansicht des Finanzamtes verzichtbar, da es am 04.02.2015 erneut eine Zulassungsprüfung gab.

Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass der objektiv frühestmögliche Zeitpunkt, zu welchem ***5*** ***2*** das Bachelorstudium Instrumental(Gesangs)pädagogik - Klassik (Harfe - Klassik) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz nach Beendigung der Schulausbildung beginnen hätte können, der 04.02.2015 (bzw. im Anschluss an die Zulassungsprüfung) war".

Der Beschwerdeführer teilte ergänzend mit:

……..Die Anmeldefrist in Graz (welche auch gar nicht in Erwägung gezogen wurde, da die Universität nicht in ihrer Wohnraumnähe liegend war) war bereits am 03.06.2014 abgelaufen. Eine Anmeldung vor Beendigung am 16.06.2014 war in Graz nicht durchführbar.

Sie hat sich deshalb für das Studienjahr 2014/15 bei der Universität für Musik und Darstellung Kunst in Wien angemeldet wie auch aus der Bestätigung vom 29.10.2020 ersichtlich ist. Diese Aufnahmeprüfung hat sie nicht bestanden. Danach hat sie eine entsprechende Anmeldung bei der Universität Mozarteum Salzburg durchgeführt welche ebenfalls nicht bestanden wurde. Die weitere Anmeldung wurde sodann an der Kunstuni Graz durchgeführt, wobei sie die Aufnahmeprüfung im Juni/Juli 2015 nicht bestanden hat und im Jänner 2016 bestanden hat.

…………Frage 3:

Wenn es vor dem Juni 2015 einen Aufnahmeprüfungstermin in Graz gegeben hat, warum ist ***5*** ***2*** zu diesem nicht angetreten?

Antwort:

Hier ist auf die Beantwortung der obigen Fragen zu verweisen, wobei es aus logischen Gründen nachvollziehbar ist, dass zuerst die Universität in Wohnraumnähe ausgewählt wird.

Hier ist außerdem zu verweisen, dass der Studienbeginn nicht auf die Universität Graz beschränkt ist."

Der Bf äußerte sich mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom 1. Februar 2021 wie folgt:

In umseitig bezeichneter Beschwerdesache teilt der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist mit, dass er zu den bisherigen Feststellungen nichts ergänzen kann.

Zusammenfassend wird nochmals festgehalten, dass die Tochter des Beschwerdeführers aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen zuerst versucht hat, in räumlich näheren Universitäten einen Studienplatz zu erhalten und erst danach versuchte, einen Studienplatz bei weiter entfernten Universitäten zu erhalten.

Des Weiteren wird ausdrücklich festgehalten, dass eine Anrechnung von Prüfungen einer Universität nicht bei der anderen erfolgt, da die Ausbildung hierbei jeweils spezifisch erfolgt.

Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Auf den Fragen zum Studienwechsel im Zusammenhang mit einer Studienbeihilfe braucht nicht eingegangen werden, da diese nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist.

Aufgrund der rechtlich frühestmöglichen Aufnahme der gewünschten Berufsausbildung, insbesondere im Hinblick auf die erforderlichen Aufnahmeprüfungen, wird darauf hingewiesen, dass tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Berufsausbildung aufgenommen wurde Nach Ansicht des Beschwerdeführers liegt kein schädlicher Studienwechsel im gegebenen Anlassfall vor. Dies insbesondere auch deshalb, da ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden den frühestmöglichen Studienbeginn nicht zugelassen hat, da die jeweilige Universität das Studium aufgrund der Verwendung der budgetären Mittel für eine andere Studienrichtung nicht ermöglichte".

 

Die steuerliche Vertretung der Bf. wurde durch das Bundesfinanzgericht davon in Kenntnis gesetzt, dass die Ermittlungsergebnisse, die dem Erkenntnis RV/7103432/2020 vom 11.2.2021 zu Grunde gelegt worden waren-vorbehaltlich der Zustimmung des erkennenden Senates- auch im gegenständlichen Verfahren infolge der Identität des Sachverhaltes im Rahmen der Beweiswürdigung zur Anwendung kommen werden. Der Bf. wurde zwar die Möglichkeit zu einer weiteren Stellungnahme dazu bzw. einer Sachverhaltsergänzung eingeräumt, dem Bundesfinanzgericht jedoch per E-Mail vom 18.5.2021 mitgeteilt, dass eine solche durch die Bf. nicht erfolgen werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Bf. legte am 16.6.2014 die Reifeprüfung ab.

Sie beabsichtigte ein Studium der Musik mit dem Schwerpunkt auf dem Instrument Harfe zu beginnen.

Die in der Folge mit dem Wintersemester 2014 begonnenen Studienrichtungen und Aufnahmetests werden, soweit für den gegenständlichen Fall von Bedeutung, chronologisch wie folgt dargestellt:

1.10.2014:

Inskription der Studienrichtungen Theater-, Film- und Medienwissenschaft (A 033 580), Deutsche Philologie (A 033 617), Musikwissenschaft (A 033 636) und Vergleichende Literaturwissenschaft (A 033 670). "Hauptstudium" war das Bachelorstudium Vergleichende Literaturwissenschaft. In diesem Studium wurden in der Zeit von 15.Dezember 2014 bis 23. Februar 2016 Prüfungen erfolgreich abgelegt. Die genannten Studien wurden bis inkl. Sommersemsester 2016 inskribiert, jedoch ab dem Sommersemester 2016 nicht mehr betrieben.

4.2.2015:

Zulassungsprüfungstermin Uni Graz, nicht angemeldet bzw. angetreten

16.2.2015:

Zulassungsprüfung MUK Privatuni der Stadt Wien, bestanden, aber mangels freier Plätze auf eine Warteliste gesetzt.

15.6.2015-18.6.2015:

Zulassungsprüfung Mozarteum Salzburg, angetreten, nicht bestanden

Juni/Juli 2015:

Aufnahmeprüfung Graz, nicht bestanden

Jänner 2016:

Aufnahmeprüfung Graz, bestanden

März 2016:

Beginn des Bachelorstudiums lnstrumental-(Gesangs)pädagogik - Klassik (Harfe - Klassik) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie den zur Zahl RV/7103432/2020 beim Bundesfinanzgericht geführten Rechtsmittelakt, dem exakt der gleiche Sachverhalt und die zu lösenden Rechtsfragen zu Grunde lagen.

Dieses Beschwerdeverfahren wurde mit Erkenntnis vom 11.2.2021 rechtskräftig erledigt.

Die getroffenen Feststellungen stützen sich daher auf die Aktenlage des gegenständlichen Verfahrens und auf die Aktenlage sowie die im fortgesetzten Beschwerdeverfahren (RV/7103432/2020) gewonnenen Ermittlungsergebnisse.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Rechtsgrundlagen:

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet auszugsweise:

…………….. b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe…………….

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,………..

§ 26 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967 lauten:

1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

§ 17 StudFG lautet:

§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr)gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,

5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs.1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Strittig ist,

Nach dem sinngemäß anzuwendenden Erkenntnis VwGH 19. 10. 2017, Ro 2016/16/0018 hat die Bewerbung um eine weitere Ausbildung unmittelbar nach Beendigung der Schulausbildung zu erfolgen und müssten in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (etwa Antreten zu Bewerbungsgesprächen, Aufnahmeprüfungen udgl.) ohne Verzögerung gesetzt werden. Bewerbungen um einen Studienplatz vor Abschluss der Schulausbildung bleiben daher (auch im konkreten Fall) außer Betracht.

Unstrittig ist, dass die Tochter der Bf. nach bestandener Reifeprüfung im Juni 2014 das Studium der lnstrumental(Gesangs)pädagogik mit Schwerpunkt Harfe anstrebte.

Da sie dieses Studium darüber hinaus "aus Kosten-und Praktikabilitätsgründen" an ihrem Wohnort beginnen wollte, bewarb sie sich um einen Ausbildungsplatz an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien und bestand dort die Aufnahmsprüfung für das Studienjahr 2015/2016 im Februar 2015.

Mangels freier Ausbildungsplätze konnte das Studium aber tatsächlich nicht begonnen werden.

Maßgeblich ist, wie auch der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29.6.2020, Ro 2018/16/0048 zum Ausdruck brachte, ob das ins Auge gefasste und schließlich auch tatsächlich begonnene Studium zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Der frühestmögliche Zeitpunkt ist somit jener, zu dem die Ausbildung begonnen hätte werden können, unabhängig davon, ob Anmeldefristen zu beachten, Vorbereitungskurse zu absolvieren oder Aufnahmeprüfungen zu bestehen gewesen wären (vgl. z.B. BFG vom 19.2.2020, RV/3100177/2019).

Es ist somit aus der Sicht des angestrebten und nunmehr begonnenen Studiums (siehe wiederum z.B. BFG vom 19.2.2020, RV/3100177/2019) eine ex-post Betrachtung anzustellen, ob

Bei der Frage, ob nunmehr das schon mit Ende der Schulausbildung angestrebte Studium begonnen wurde, ist nach Auffassung des Senates eine inhaltliche Betrachtung dahingehend anzustellen, d.h. ob das schließlich begonnene Studium inhaltlich den Wunschvorstellungen der Tochter entsprach. Dass dies bei dem Studium an der Uni Graz, für das bereits am 4.2.2015 zu einer Zulassungsprüfung angetreten hätte werden können, nicht der Fall gewesen sein sollte, wird von der Bf. nicht vorgebracht. Vielmehr argumentiert sie die Bewerbung an der Uni Graz erst im Februar 2016 damit, dass die Tochter das (inhaltsgleiche) Studium an der Kunstuni Wien, auf Grund der Nähe zu ihrem bisherigen Wohnort bevorzugt hätte. Persönliche, oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe, die verhindern, dass mit der Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen oder diese fortgesetzt wird, sind jedoch unbeachtlich und gewähren keinen Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke,FLAG, Familienlastenausgleichsgesetz, Kommentar, § 2, Tz 132 und BFG vom 9.9.2019, RV/7104528/2019).

Unzweifelhaft handelt es sich auch bei Bevorzugung eines bestimmten Studienortes, etwa wie hier auf Grund der Nähe zum bisherigen Wohnort und sämtlicher damit verbundener Vorteile, um solche "persönlichen Gründe", die zwar durchaus verständlich sind, bei der Beurteilung des objektiv frühestmöglichen Zeitpunktes des Studienbeginns aber nach der obzitierten h.g. Rechtsprechung außer Betracht zu bleiben haben. Dies deshalb, weil die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG eine Ausnahme von der allgemeinen Regel normiert, dass keine Familienbeihilfe gebührt, wenn sich ein volljähriges Kind nicht in Ausbildung befindet (von weiteren gesetzlich normierten Ausnahmen abgesehen). Diese Bestimmung ist daher eng auszulegen.

Sie kann nicht so verstanden werden, dass der Zeitraum, für den Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, beliebig erstreckt werden kann, wenn die Aufnahme für ein Wunschstudium mit limitierter Teilnehmerzahl nicht beim ersten Versuch erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof verweist dazu im Erkenntnis vom 29.6.2020, Ro/2018/16/0048 auf seine Rechtsprechung im Erkenntnis vom 26.5.2011, 2011/16/0057, wonach keine zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnene Berufsausbildung vorliege, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung wegen des durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu-auch bei Bestehen eines Aufnahmetests- erst später erfolge. Das Risiko nicht aufgenommen zu werden, sei Studien mit beschränktem Zugang immanent.

Gerade die Formulierung, dass die Familienbeihilfe nur dann gebührt, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, lässt darauf schließen, dass hier lediglich eine unvermeidbare Lücke überbrückt werden sollte. So wird in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2011, 981 der Beilagen XXIV. GP ausgeführt, dass durch diese Regelung insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden soll.

Würde man darauf abstellen, ob es sich bei dem tatsächlich begonnenen Studium nicht nur inhaltlich, sondern auch hinsichtlich des Studienortes um das Wunschstudium handelt, könnte der Zeitraum bis zum Beginn der Berufsausbildung durch Nichtantritt zu einer Aufnahmeprüfung an einem nicht bevorzugten Studienort hinausgezögert und damit der Zeitraum, in dem sich das Kind nicht in Berufsausbildung befindet, beliebig verlängert werden.

Im Hinblick auf die auch vom Verwaltungsgerichtshof geforderte objektive Betrachtungsweise hinsichtlich der Frage, ob das schließlich begonnene Studium zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde (siehe oben) gelangte der erkennende Senat zu folgender Auffassung:

Hätte sich die Tochter der Bf. bereits zum frühestmöglichen Termin bezüglich ihres Wunschstudiums, nämlich am 4.2.2015, dem Aufnahmeverfahren an der Uni Graz unterzogen, hätte sie bei positivem Ausgang dieses Verfahrens bereits im Sommersemester 2015 mit ihrem "Wunschstudium" beginnen können. Dass der Einstieg im Sommersemester von der Uni nicht empfohlen wurde, bedeutete nicht, dass er nicht möglich gewesen sein sollte (vgl. BFG vom 9.5.2017, RV/7101655/2017 zu einem ungünstigen Sommersemesterbeginn). Im Übrigen erfolgte auch der Einstieg in das nunmehr betriebene Studium im Sommersemester, nämlich 2016.

Da die Tochter der Bf. das Harfestudium somit nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt i.S. des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 begonnen hat, stützt sich der Beihilfenanspruch ab dem Wintersemester 2014/2015 auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967. Der Beginn des Harfestudiums im Sommersemester 2016 erfolgte nach dem dritten Semester des bisherigen Hauptstudiums und stellt somit einen für den Beihilfenbezug schädlichen Studienwechsel i. S. des § 17 Abs. 1 Zif. 2 StudFG dar.

Entgegen der Auffassung der Bf. liegt ein solcher nur dann nicht vor, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des (der) Studierenden zwingend herbeigeführt wurde. Der Verwaltungsgserichthof führte dazu im Erkenntnis vom 29.6.2020, Ro 2018/16/0048 aus:

"38 Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall, wenn ein Ereignis eintritt, das eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. VwGH 27.2.2006, 2005/10/0071, VwSlg 16.856/A). Davon wäre im revisionsgegenständlichen Fall aber nicht auszugehen, war ***5*** ***2*** doch nicht daran gehindert, das von ihr betriebene Studium "Vergleichende Literaturwissenschaft" erfolgreich fortzusetzen (vgl. auch VwGH 27.1.2004, 2003/10/0290).

39 Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 26. Mai 2011, 2011/16/0076und 2011/16/0058, ausgeführt hat, bedeutet der Umstand, dass ein Studierender einen Studienwechsel für zweckmäßiger oder den persönlichen Vorstellungen für angemessener hält, nicht bereits, dass er zum Studienwechsel gezwungen gewesen wäre

40 Damit liegt aber auch dann kein zwingend herbeigeführter Studienwechsel durch ein unabwendbares Ereignis vor, wenn ein Wechsel nicht früher möglich war, weil in jenem Studium, das nach dem Studienwechsel betrieben wird, ein Mangel an Ausbildungsplätzen besteht (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG² § 2 Rz 103)."

Gem. § 17 Abs. 3 StudFG beträgt die Wartezeit bis zu einem neuerlichen Bezug der Familienbeihilfe nach dem hier schädlichen Studienwechsel drei Semester, sodass die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2017 bis August 2017 zu recht erfolgte (siehe wiederum für den an den Studienwechsel anschließenden Zeitraum März 2016 bis Februar 2017 das bereits in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis des BFG vom 11.2.2021, RV/7103432/2020, dem sich der erkennende Senat vollinhaltlich anschließt).

 

2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, weil durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend geklärt ist, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG für einen Elternteil nur dann entsteht, wenn das nunmehr vom Kind betriebene Studium zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Ob jedoch diese Voraussetzung vorliegt, ist eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu lösende reine Sachverhaltsfrage.

 

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG):

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am 1. Jänner 2021 an die Stelle des jeweils am 31. Dezember 2020 zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am 1. Jänner 2021 an die Stelle der am 31. Dezember 2020 zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am 31. Dezember 2020 bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am 1. Jänner 2021 zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem 1. Jänner 2021 von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem 31. Dezember 2020 wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

 

 

Wien, am 29. Juni 2021

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, FLAG

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967

Verweise:

VwGH 29.06.2020, Ro 2018/16/0048
BFG 11.02.2021, RV/7103432/2020

Stichworte