BFG RV/5100412/2020

BFGRV/5100412/202014.4.2020

Behandlungskosten in einer Privatklinik sind keine außergewöhnliche Belastung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100412.2020

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom 16. September 2019 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 5. September 2019 (St.Nr.: xxx), betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe

 

In seiner Erklärung zur Einkommensteuer für das Jahr 2018 beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom 23. August 2019 ersuchte die belangte Behörde um Vorlage von Unterlagen im Zusammenhang mit den außergewöhnlichen Belastungen. Es werde ersucht, die diesbezüglichen Belege sowie eine Kostenaufstellung zu übermitteln.

Mit Eingabe vom 30. August 2019 wurde bekanntgegeben, dass es seitens der Krankenkasse keine Kostenerstattung gegeben hätte; eine Privatversicherung sei nicht vorhanden.
Folgende Belege wurden übermittelt:
 < Schreiben OÖ GKK vom 1. August 2018:
für den stationären Aufenthalt (12-18.4.2018) seien die Kosten bereits im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß zu Zahlung übernommen worden (allgemeine Gebührenklasse).
Die Rechnung über 7.500,01 € seien die verbleibenden Kosten, die bei der Inanspruchnahme einer privaten Krankenanstalt anfallen würden, der Sozialversicherungsanteil sei bereits abgezogen worden. Für diese Rechnung könne aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ausnahmslos kein Ersatz geleistet werden.
 < Rechnung 19.12.2018 (Klinik A) – Reha-Aufenthalt:
Aufenthalt von 19.12.2018 bis 9.1.2019: 418,11 € (+ Einzelzimmerzuschlag: 300,00 €)
 < Auftragsbestätigung (Überweisung) vom 12.4.2018 an Klinik B: 7.500,00 €
 < Rechnung vom 30.4.2018 Klinik B: Aufenthalt von 12.4.-18.4.2018
Sonderklasse Aufzahlung pauschal: 3.570,90 €
OP-Honorar inkl. Pooldotation: 3.929,11 €
Diagnose: Lumbale und sonstige Bandscheibenschäden mit Radikulopathie; Disc- und Sequesterektomie
Betrag bereits durch die Vorauszahlung am 12.4.2018 beglichen.
 < Sachverständigengutachten (Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) 10.5.2019:
Gesamtgrad der Behinderung: 50 v. H.
Trotz Bandscheibenoperation persistierende Beschwerden, die Bewertung des Wirbelsäulenleidens bleibt unverändert.
< Behindertenpass: gültig ab 11.3.2019 (Grad der Behinderung: 50%)

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom 5. September 2019 wurden die beantragten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.
Begründend wurde ausgeführt, dass Kosten für die Inanspruchnahme einer privaten Krankenanstalt (B Krankenhaus Linz) als Krankheitskosten nur dann zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG erwachsen seien, wenn diese höheren Kosten aus triftigen medizinischen Gründen getätigt würden. Die triftigen medizinischen Gründe seien durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen. Mangels Nachweis, dass die medizinische Behandlung ausschließlich auf Grund der Inanspruchnahme einer privaten Krankenanstalt möglich gewesen sei bzw. welche konkreten medizinischen Nachteile durch die Nichtinanspruchnahme der privaten Krankenanstalt gedroht hätten, hätten die Aufwendungen in Höhe von 7.500,01 € nicht berücksichtigt werden können.

Die Aufzahlung für das Einzelzimmer sei als Krankheitskosten nur dann zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG erwachsen, wenn diese höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen getätigt würden.
Diese triftigen medizinischen Gründe seien durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen. Es sei lediglich die Gebührenrechnung vorgelegt worden.
Die Aufzahlung für das Einzelzimmer in Höhe von 300,00 € hätte daher nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können.

Die geltend gemachten Aufwendungen für den Kuraufenthalt seien um eine Haushaltsersparnis in der Höhe von täglich 5,23 € (22 Tage * 5,23 = 115,06 €) gekürzt worden.

Lt. vorgelegtem Sachverständigengutachten würde ein Gesamtgrad der Behinderung ab dem Kalenderjahr 2019 zustehen.

Mit Eingabe vom 16. September 2019 wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom 5. September 2019 eingereicht.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Operation (Kosten 7.500,01 €) dringend notwendig gewesen sei, da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt 8 Monate an heftiger Lumboischialgie gelitten hätte (Befund vom 6.4.2018).
Da die Operation dringend notwendig gewesen sei, sollte sie auch dementsprechend im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt werden.
Weiters werde noch eine Bestätigung vom Sozialministerium für 2018 und der Befund von der Klinik A übermittelt.
 < Arztbrief vom 6.4.20018 (Wirbelsäulenchirurgie):
Diagnose:
OP L5/S1 median bis rechts mediolateral
Anamnese:
Der Beschwerdeführer leidet seit acht Wochen an heftiger Lumboischialgie rechts entlang Dermatom S1, begleitet von Kribbelparästhesien. Die bisherigen konservativen Maßnahmen einschließlich gezielten Infiltrationen und Physiotherapie brachten keine suffiziente Beschwerdelinderung.
Untersuchungsbefund:
Es zeigt sich in der klinischen Untersuchung zurzeit keine Parese. Sensibilitätsstörung Dermatom S1 rechts. Hochpositiver Lasegue bei 30 o rechts. Druckschmerz über dem Facettgelenk L5/S1 rechts.
Erhobene Befunde:
Die mitgebrachte Kernspintomographiebilder der LWS zeigen einen median bis rechts mediolateralen Discusprolaps mit Bedrängung der Nervenwurzel S1.
Procedere:
Aufgrund der lang bestehenden Symptomatik, dem passenden radiologischen Befund und der Therapieresistenz empfiehlt sich hier ein operatives Vorgehen. Geplant ist eine mirkoskopische Diskektomie L5/S1 von recht in minimal invasiver Technik. Der Beschwerdeführer werde sich den Eingriff noch überlegen und nach seiner Entscheidung werde er sich telefonisch melden.
 < Ärztlicher Bericht (Klinik B) über den stationären Aufenthalt:
„Es gestaltet sich ein unkomplizierter postoperativer Verlauf mit Rückgang der radikulären Symptomatik und blander Wundheilung.
Der Beschwerdeführer wird aufgrund heftiger und therapieresistenter Lumoischialgie re. entsprechend Radikulpathie S1 begleitet von Sensibilitätsstörung im genannten Dermatom mit MR-tomographisch verifiziertem sequestriertem Discusprolaps L5/S1 median bis re. mediolateral stationär aufgenommen.
Am 13.4.2018 erfolgte die Operation, minimal invasive mikroskopisch interlaminäre Disc- und Sequesterektomie L5/S1 von re. Erfreulicherweise ist es zu deutlicher Beschwerdesymptomatik gekommen, sodass der Beschwerdeführer am 18.4.2018 in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden konnte.“

 < Schreiben Bundesministerium Service vom 11.4.2018:
Grad der Behinderung: 50% (Befristung bis 31.5.2019).

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. Jänner 2020 wurde der Bescheid vom 5. September 2019 geändert.
Neben dem Freibetrag wegen eigener Behinderung (50%) seien noch nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 303,05 € berücksichtigt worden.
Begründung:
 < Außergewöhnliche Belastung bei Behinderung:
Nach Vorlage des Schreibens vom Sozialministeriumservice Landesstelle OÖ vom 11.4.2018 mit dem Inhalt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50% festgestellt worden sei, hätte der pauschale Freibetrag in Höhe von 243,00 € berücksichtigt werden können.

 < Zusätzlich seien Kosten der Heilbehandlung im Ausmaß von 303,05 € (418,11 € abzüglich Haushaltsersparnis für 22 Tage x 5,23) für den Aufenthalt in der Reha-Klinik A im Zusammenhang mit der Behinderung gewährt worden.

 < Zu den beantragten Kosten für den Aufenthalt in der Sonderklasse im Krankenhaus wird Folgendes ausgeführt:
Hat ein Steuerpflichtiger Aufwendungen (außergewöhnliche Belastungen) durch eigene körperliche Behinderung, so stehen ihm die in § 34 Abs. 6 und 35 Einkommensteuergesetz 1988 vorgesehenen steuerlichen Begünstigungen nach Maßgabe der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zu.
Wie aus § 35 Abs. 5 EStG 1988 folgt, steht es dem Behinderten jederzeit frei, an Stelle des auf ihn zutreffenden Pauschalbetrages die nachgewiesenen oder glaubhaft gemachten tatsächlichen Aufwendungen, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Behinderung stehen, als außergewöhnliche Belastung nach dem § 34 EStG 1988 geltend zu machen. In diesem Fall unterbleibt deren Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG.

Zusätzlich zu den in § 35 EStG vorgesehenen Pauschalbeträgen können nach § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel wie Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung (wie Arztkosten, Spitalskosten, Kosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten und Medikamente) im nachgewiesenen Ausmaß geltend gemacht werden. Die in §§ 2 bis 4 besagter Verordnung genannten Mehraufwendungen sind ohne Kürzung um den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG auch neben dem Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu berücksichtigen.

In Ihrem Fall wurde durch das vorgelegte ärztliche Sachverständigengutachten vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) nachgewiesen, dass der Krankenhausaufenthalt im Zeitraum 12.4.2018 bis 18.4.2018 in der Klinik B Linz im Zusammenhang mit der Behinderung gestanden hat.

Strittig ist allerdings ob die im Zusammenhang mit der Belegung der Sonderklasse angefallenen Kosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
Folgt man der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, was die krankheitsbedingten Aufwendungen betrifft, so sind höhere Aufwendungen als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Bloße Wünsche und Vorstellungen des Betroffenen über eine bestimmte medizinische Behandlung sowie allgemeine Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten Betreuung sind noch keine triftigen medizinischen Gründe.
Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl. auch Jakom EStG², § 34, Rz 90) und sind durch ein ärztliches Gutachten (in Ihrem Fall ärztliches Gutachten - ausgestellt vor Behandlungsbeginn - über die unbedingte Notwendigkeit der Operation in der Klinik B Linz mangels Alternative zur Beseitigung Ihres Leidenszustandes) nachzuweisen.
Wenn triftige medizinische Gründe den Aufenthalt in einem bestimmten Spital geboten erscheinen lassen, müssen nicht auch unbedingt die Kosten der Sonderklasse als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Mit dem Beschwerdeschreiben vom 16.9.2019 haben Sie das Schreiben (Befund) von Dr. VN NN, Facharzt für Wirbelsäulenchirurgie an der Klinik B Linz vom 6.4.2018 (Untersuchung vom 5.4.2018) beigelegt und darauf hingewiesen, dass die Operation dringend notwendig war, da Sie zu diesem Zeitpunkt bereits acht Monate an heftiger Lumboischialgie gelitten haben.
Im gegenständlichen Arztbrief wird unter dem Titel "Procedere" auf Grund der lang bestehenden Symptomatik, dem passenden radiologischen Befund und der Therapieresistenz ein operatives Vorgehen empfohlen.
Dieser Arztbrief vermag jedoch keine sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteile aufzuzeigen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass jedem Patienten, eingebettet in ein dicht gewebtes Netz, die gleiche Behandlung nach dem Stand der Wissenschaften zusteht.
Mangels triftiger medizinischer Gründe ist das Element der Zwangsläufigkeit zu verneinen.
Um die außergewöhnliche Belastung abziehen zu können, müsste sie allerdings zwangsläufig erwachsen sein (vgl. § 34 Abs. 1 und 3 EStG 1988), was in Ihrem Fall zu verneinen ist.

Zu Ihrer Anmerkung über die "hohe Nachzahlung" in Ihrem Beschwerdeschreiben wird auf die Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften - § 41 EStG 1988 - hingewiesen:
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist bei Vorliegen von lohnsteuerpflichtigen Einkünften für das jeweilige Kalenderjahr ein Pflichtveranlagungstatbestand gegeben, wenn Bezüge gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 (Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung) zugeflossen sind.
Gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 sind bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung 25% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen.
Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen.
Im Wege der Veranlagung (§ 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) werden die zugeflossenen Krankengelder (in Ihrem Fall 6.670,81 €) der vollen Tarifbesteuerung (siehe Berechnung der Einkommensteuer im Einkommensteuerbescheid) gemäß § 33 Abs. 1 EStG 1988 unter Anrechnung der vorläufigen einbehaltenen Lohnsteuer unterworfen. Die Nachforderung besteht daher zu Recht.
Ihrer Beschwerde wurde teilweise stattgegeben.

Mit Eingabe vom 19. Jänner 2020 wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom 9.1.2020 (Vorlageantrag) eingereicht.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Operation wirklich notwendig gewesen sei. Es werden nochmals eine Bestätigung dafür vom Arzt beigelegt.
Normal sollte wenigstens ein Teil der Operationskosten rückerstattet werden.

 < Bestätigung vom 16.9.2019:
„Es wird bestätigt, dass Herr Beschwerdeführer am 13.4.2018 an einem sequestriertem Bandscheibenvorfall in Höhe L5/S1 rechts über einen minimal-invasiven Weg operiert wurde. Nachdem der Patient präoperativ ausführliche konservative Therapien ohne Erfolg hinter sich gebracht hatte und der Bandscheibenvorfall eine deutliche Raumforderung auf nerval Strukturen ausgeübt hatte, war eine Operation aus medizinischer Sicht absolut erforderlich. Das postoperative Resultat ist äußerst zufriedenstellend.“

Mit Vorlagebericht vom 5. März 2020 wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die belangte Behörde beantragte darin der Beschwerde im Sinne der Beschwerdevorentscheidung teilweise stattzugeben.

 

 

ENTSCHEIDUNG

 

A) Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer beantragte die Aufwendungen für den Aufenthalt und die Operationskosten in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Für die Operation an den Bandscheiben wurden folgende Aufwendungen aufgelistet:
 < Sonderklasse Aufzahlung für Aufenthalt vom 12.4.-18.4.2018: 3.470,90 €
 < OP-Honorar inkl. Pooldotation: 3.929,11 €

Seitens der Gebietskrankenkasse wurde unmittelbar mit der Klinik B die Verrechnung des gesetzlichen Anteiles vorgenommen (Zahlung der Allgemeinen Gebührenklasse).

Nach den Angaben des Beschwerdeführers hat er zum Zeitpunkt der Operation bereits 8 Monate an heftiger Lumboischialgie gelitten, sodass die Operation dringend notwendig war. Die bisherigen Maßnahmen (gezielte Infiltration, Physiotherapie) haben keine suffiziente Beschwerdelinderung gebracht.
Seitens des Arztes wurde dem Beschwerdeführer ein operatives Vorgehen empfohlen.

Am 13.4.2018 wurde die Operation erfolgreich in der Privatklinik der B durchgeführt.

Seitens des Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wurde dem Beschwerdeführer der Gesamtgrad der Behinderung mit 50% bescheinigt.
Es liegt eine degenerative Veränderung der Wirbelsäule-DP: L5/S1 vor. Die Einstufung erfolgte mit 50% - es bestehen klinische Defizite-Hypästhesie/Parenthesie – derzeit werden zur Schmerzbehandlung morphinhaltige Analgetika eingesetzt.

Angemerkt wird weiters, dass die beantragten Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Kuraufenthalt im Zuge der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung unter Berücksichtigung einer Haushaltserparnis berücksichtigt wurden.
Ebenso wurde der Pauschalbetrag für die 50%ige Behinderung berücksichtigt.

Dieser Ansicht wird auch in diesem Erkenntnis gefolgt und ist demnach nicht mehr streitanhängig.

 

B) Beweiswürdigung:

Oben genannter Sachverhalt ist grundsätzlich unstrittig und wird durch folgende Unterlagen bestätigt:
 < BASB Landesstelle OÖ vom 11.4.2018: Gesamtgrad der Behinderung:50 v. H.

 < Rechnung Klinik B vom 30.4.2018:
 - Aufzahlung Sonderklasse: 3.570,90 €
 - OP-Honorar: 3.919,11
Dieser Betrag wurde lt. vorliegender Zahlungsanweisung am 12.4.2018 tatsächlich überwiesen.

 < Schreiben OÖ.GKK vom 1.8.2018:
Bestätigung, dass die Allgemeine Gebührenklasse mit der Klinik B direkt verrechnet wurde. Die Rechnung der Klinik B über 7.500,01 € sind die verbleibenden Kosten, die bei der Inanspruchnahme einer privaten Krankenanstalt anfallen.

 < Schreiben Dr. VN NN (Wirbelsäulenchirurgie) vom 6.4.2018:
Der Beschwerdeführer leidet seit acht Monaten an heftiger Lumboischialgie.
Es wird ein operatives Vorgehen empfohlen.

 < Ärztlicher Bericht Klinik B vom 18.4.2018:
Operation: Minimal invasive mikroskopische interlaminäre Disc- und Sequesterektomie L5/S1

 

C) Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Alle vorstehenden Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein.

Strittig ist im gegenständlichen Fall die Anerkennung seitens des Beschwerdeführers geltend gemachter Kosten im Zusammenhang mit einer Bandscheibenoperation im Privatkrankenhaus der B in Linz als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels“ das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (Behauptungs- und Nachweispflicht: Jakom/Peyerl, EStG 12 , § 34 Rz 9, mit Verweis auf VwGH 10.08.2005, 2001/13/0191).

Zwar gibt es im Abgabenverfahren keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel; als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (vgl. UFS 24.07.2008, RV/2087-W/04, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; BFG 29.05.2015, RV/7101625/2015). Die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. UFS 11.12.2006, RV/0317-G/06; BFG 29.05.2015, RV/7101625/2015; BFG 8.11.2019, RV/7101576/2017).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 13.5.1986, 85/14/0181; VwGH 19.2.1992, 87/14/0116) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung oder für die medizinische Betreuung eines unterhaltsberechtigten Angehörigen erwachsen, auch dann zwangsläufig anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen anfallen (vgl. VwGH 4.3.1986, 85/14/0149; in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall waren die triftigen medizinischen Gründe durch den behandelnden Arzt und den Gutachter hinreichend (und im dort angefochtenen Bescheid unwiderlegt) aufgezeigt). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer diesen Nachweis nicht erbracht bzw. nicht erbringen können.
Dass ein derartiger Nachweis notwendig ist, wurde dem Beschwerdeführer unmissverständlich bereits im Einkommensteuerbescheid vom 5. September 2019 („… triftigen medizinischen Gründe seien durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen …“) zur Kenntnis gebracht.
Auch in der Beschwerdevorentscheidung vom 9. Jänner 2020 wurde auf dieses Erfordernis hingewiesen.

In den vorgelegten Unterlagen (siehe dazu bereits oben in der Darstellung des Verfahrensganges in diesem Erkenntnis) wird das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe, sohin das Bestehen von feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung im Privatkrankenhaus eintreten würden, im gegenständlichen Fall nicht aufgezeigt (es wird dort ein operatives Vorgehen empfohlen, ein Hinweis auf die Zwangsläufigkeit der Durchführung in einer Privatklinik ist nicht erkennbar).
Dass medizinische Gründe für einen derartigen Eingriff gegeben waren, wird auch hier nicht in Abrede gestellt.

Es wäre an dem Beschwerdeführer gelegen gewesen, einen entsprechenden Nachweis (eine geeignete ärztliche Bestätigung) über das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe im gegenständlichen Fall vorzulegen (Behauptungs- und Nachweispflicht bei abgabenrechtlichen Begünstigungen, siehe oben); dies hat er nicht getan (sollte zum Beispiel eine kürzere Wartezeit ein Grund für die Auswahl der Privatklinik gewesen sein – was allerdings nicht behauptet wurde – so ist anzumerken, dass eine kürzere Wartezeit für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Behandlung in einem Privatspital darstellt – vgl. BFG 29.1.2018, RV/7103988/2017).

Strittig ist also hier nicht die Tatsache, dass die Operation notwendig war und dass diese in Zusammenhang mit der festgestellten Behinderung steht.
Strittig ist, ob die hier strittigen Aufwendungen (einer Privatklinik) auch tatsächlich notwendig und zwangsläufig waren (Vorliegen triftiger medizinischer Gründe).
Seitens des behandelnden Arztes (Dr. VN NN) wurde zwar ein operatives Vorgehen empfohlen, nicht jedoch, dass diese Behandlung ausschließlich in einer Privatklinik möglich gewesen wäre.
Es ist also nicht die Tatsache zu würdigen, dass eine Operation durchgeführt wurde, sondern wo diese Operation durchgeführt wurde.
Seitens der Gebietskrankenkasse wurden die Kosten für die „Allgemeine Gebührenklasse“ übernommen. Die darüber hinaus gehenden Kosten für die Behandlung in einer Privatklinik lagen ausschließlich in der persönlichen Entscheidung des Beschwerdeführers – aus welchen Gründen auch immer.

Dass gegenständliche Operation ausschließlich in dieser Privatklinik, mit erheblich höheren Kosten, vorgenommen hätte werden können, wurde in keiner Eingabe erwähnt und wäre auch nicht glaubhaft.

Die durchgeführte Operation „minimal invasive mikroskopische interlaminäre Disc- und Sequesterektomie L5/S1“ kann auch in anderen Krankenhäusern vorgenommen werden, welche mit der „Allgemeinen Gebührenklasse“ abrechnen.
In jenem Fall wären also keine zusätzlichen Kosten für den Beschwerdeführer angefallen.
Würde diese Operation einzig und allein in dieser Privatklinik durchgeführt werden können, so wären auch seitens der Gebietskrankenkasse diese Aufwendungen zu ersetzen. Schon allein diese Tatsache spricht gegen die Zwangsläufigkeit der streitgegenständlichen Aufwendungen.

Die Entscheidung, die Operation in der Privatklinik B durchführen zu lassen, lag also einzig und allein im Befinden des Beschwerdeführers und war keinesfalls zwangsläufig bestimmt.
Eine Verordnung, zwangsläufige Einweisung, eines behandelnden Arztes, dass die hier durchgeführte medizinische Behandlung ausschließlich in dieser Privatklinik durchführbar ist, wurde nicht vorgelegt.
Gegenständlich wurde lediglich ein operatives Vorgehen empfohlen. Im Schreiben vom 6.4.2018 wurde auch mit keinem Wort erwähnt, dass dieser Eingriff ausschließlich ein einer Privatklinik durchführbar sein würde.

Es wird also nicht die Operation an sich abgelehnt, sondern lediglich die entstandenen Zusatzkosten, die durch die subjektive Entscheidung des Beschwerdeführers entstanden sind. Es kann keine Zwangsläufigkeit der hier gewählten Vorgangsweise erkannt werden und somit auch keine außergewöhnliche Belastung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 34 und 35 EStG 1988.

 

D) Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich auf solche, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 13.5.1986, 85/14/0181, siehe oben) beantwortet wurden. Die (ordentliche) Revision ist somit nicht zulässig.

 

 

Linz, am 14. April 2020

 

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