BFG RV/7104502/2018

BFGRV/7104502/201819.12.2019

Nahrungsergänzungsmittel als außergewöhnliche Belastung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104502.2018

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr über die Beschwerde vom 8.2.2016 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom 12.1.2016 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 zu Recht erkannt: 

 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 2014 die Berücksichtigung u.a. von Krankheitskosten von 6.434,61 Euro als außergewöhnliche Belastung. Im Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 12.1.2016 wurden Aufwendungen von lediglich 4.569,54 Euro als außergewöhnliche Belastung anerkannt, welche jedoch wegen des Selbstbehaltes keine steuerliche Auswirkung hatten.

In der Begründung führte das Finanzamt aus:

"Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt. Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. Nicht abzugsfähig sind daher Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, bzw. auch Kosten für eine Verjüngungskur (VwGH 13.01.1961, 1093/60).

Beim Merkmal der Außergewöhnlichkeit von Belastungen ist ein Abgabepflichtiger, der Krankheitskosten oder Kosten einer Behinderung geltend macht, mit (kranken und gesunden) Abgabepflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu vergleichen. Aufwendungen, die bei der Mehrzahl der Abgabepflichtigen auftreten, die also im täglichen Leben üblich sind, stellen keine außergewöhnliche Belastung dar. Maßnahmen, die in der Mehrzahl von Gesunden in der Absicht getätigt werden, ihre Gesundheit zu erhalten oder ihr Wohlbefinden zu steigern, reichen für die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nicht aus.

Im Sinne der obigen Ausführungen waren die als Krankheitskosten beantragten Ausgaben für
., Punkt 9 - Bio Gerstengras Kapseln € 48,90
., Punkt 10 - Vemma Premix € 296,-
., Punkt 11 - Vitamin D3 € 47,80
., Punkt 12 - Naturzeolith fein, Emmi-Dental Professional Set, Medicus Spirit Regenwaldgeist, Weisser Salbei € 356,30
., Punkt 13 - Ester C Gold, Zinkcitrat, Sango Corallencalcium usw. € 857,-
., Punkt 14 - Vermerk des Versicherungsunternehmens, dass die Leistung im Rahmen der Gesundheitsförderung erfolgt € 15,22
., Punkt 18 - Ausgaben **7** für Honig, Heilkräuter usw. € 136,80 sowie Ausgaben Apotheke für Kaugummi, Ohropax, Gerstengras, Eukawohl Kiss-Spray, Luuf Aeth.Oele, Kottas Tee, Soldan Bonb., € 107,05,

somit insgesamt € 1.865,07 nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen."

In der Beschwerde vom 8.2.2016 wandte der Bf ein, dass seine Aufwendungen nicht der Vorbeugung von Krankheiten, der Erhaltung der Gesundheit oder einer Verjüngungskur gedient hätten, sondern der gezielten Behandlung seiner im Jahr 2014 bestandenen Krankheiten.

1. Zur Behandlung von grippalen Infekten, eines geschwächten Immunsystems und einer akuten sowie chronischen Sinusitis habe Dr. A. ihm verschrieben: Vitamin C, Zink und Sango Corallencalcium, Vitamin D, Gerstengras, L-Arginin, Kräutermischung aus Meerrettich und Kapuzinerkresse (natürliches Antibiotikum), Manuka Honig (natürliches Antibiotikum). Die Rechnungen unter Punkt 13 und 18 stünden damit in Zusammenhang.

2. Der Betrag von 15,22 Euro betreffe die Kontaktlinsen (Rechnungen Punkt 15).

3. Er habe 2014 auch an Gastritis, Diarrhoe, Darmerkrankung und Hepatitis B gelitten. Dr. A. habe ihm Naturzeolith verschrieben (Rechnungen Punkt 12).

4. Aufgrund einer Speichenköpfchen-Fraktur und Ruptur des hinteren Kreuzbandes des linken Knies habe Dr. A. Vitamin C, Zink, Sango Corallencalcium, Vemma Premix Therapie zwecks Wundheilung und Kochenstabilisierung/aufbau verschrieben (Rechnungen Punkt 13 und 10).

5. Am 28.10.2014 sei ein umfangreicher kieferchirurgischer Eingriff erforderlich gewesen. Neben Antibiotika habe er zwecks Wundheilung und Knochenstabilisierung/aufbau habe er Vitamin C, Zink, Sango Corallencalcium, Vemma eingenommen (Rechnungen Punkt 13 und 10). Über Verschreibung von Dr. A. habe er auch ein Emmi Dental Professional Set erworben (Rechnung Punkt 12).

6. Nach der Kieferoperation sei es zu Komplikationen gekommen. Dr. A. und der Kieferchirurg Dr. C. hätten wegen der Entzündung und der Sensibilitätsstörung zu folgender Therapie geraten: Vitamin D, Vitamin K2, Gerstengras, Vitamin C, Zink, Sango Corallencalcium und Dolozym Forte Gold (Rechnungen Punkt 9, 10, 11 und 13).

7. Zur Behandlung von Migräne, Muskelverspannungen und den Folgen der Kieferoperation habe Dr. A. ein Kräuterfluid (Medicus Spirit Regenwaldgeist) verschrieben (zwei Rechnungen über je 26,90 Euro).

Es sei daher aus den Punkten 9, 10, 11, 12, 13, 15, und 18 ein Betrag von insgesamt 1.809,82 Euro als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Beigelegt ist der Beschwerde eine Bestätigung von Dr. A., Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 3.2.2016 über die Verschreibung der oben angeführten Mittel zur Behandlung der detailliert angeführten Krankheiten des Bf.

In der Beschwerdevorentscheidung vom 19.5.2017 gab das Finanzamt dem Beschwerdebegehren lediglich insofern Folge, als nunmehr zusätzlich zu den bereits im Erstbescheid anerkannten Krankheitskosten weitere 15,22 Euro für Kontaktlinsen(Pflege) als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt anerkannt wurde.  Im Übrigen legte das Finanzamt in der Bescheidbegründung ausführlich die in höchstgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur vertretene Meinung betreffend Krankheitskosten bzw Aufwendungen zur Erhaltung der Gesundheit und für Nahrungsergänzungsmittel dar. Aufwendungen zur Erhaltung der Gesundheit, für Stärkungsmittel und Nahrungsergänzungen wie im vorliegenden Fall seien demgemäß keine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG, auch wenn sie ärztlich verordnet worden seien. Hinsichtlich der nicht anerkannten Aufwendungen habe der Bf triftige medizinische Gründe nicht nachweisen können.

Im Vorlageantrag vom 20.6.2017 verwies der Bf erneut auf das Schreiben von Dr. A. vom 3.2.2016, die bestätigt habe, dass er an mehreren Krankheiten gelitten habe, die eine Heilbehandlung erforderten (u.a. grippale Infekte, akute und danach chronische Sinusitis, Wundheilungsstörungen). Seine Aufwendungen hätten keinesfalls der Verbesserung seines Allgemeinzustandes oder Wellness gedient. Sämtliche Medikamente seien von Dr. A. verordnet worden.

Es sei auch nicht korrekt, dass kein Nachweis eines Behandlungsplanes erfolgt sei. Dr. A. habe im Schreiben vom 3.2.2016 detailliert dargelegt, welche Medikamente für welche Krankheiten verordnet wurden. Er habe Blutbefunde, Operationsberichte und Diagnoseberichte sowie sämtliche Honorarnoten und Rechnungen, aus denen der zeitliche Rahmen klar hervorgehe, vorgelegt. Damit sei eindeutig ein Behandlungsplan zu erkennen.

Die Abgabenbehörde habe anhand von Internetrecherchen die verordneten Medikamente als solche zur Erhaltung der Gesundheit, für Stärkungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel eingestuft. Eine Internetrecherche könne aber nicht die Entscheidung eines Arztes ersetzen und sei nicht geeignet, nachweislich vorliegende Krankheiten als Allgemeinzustand umzudeuten. Die Diagnose und Verschreibung von Medikamenten zur gezielten Heilbehandlung sei ausschließlich Aufgabe des Arztes.

Entscheidend sei, dass die geltend gemachten Medikamente ärztlich verordnet seien. Die Beschwerdevorentscheidung habe seine Beschwerdeschrift, das Schreiben von Dr. A., die Befunde und Diagnosen nicht korrekt berücksichtigt und bewertet. Seine Krankheiten, die gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Heilbehandlung erfordert habe, und die ärztliche Verordnung von Medikamenten sei eindeutig erwiesen. Es handle sich bei dem Betrag von 1.809,82 Euro aus den Punkten 9, 10,11, 12, 13, 15, und 18 um Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung, die stets als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sei.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Der Bf litt im Jahr 2014 an verschiedenen Krankheiten wie grippale Infekte, Sinusitis, Knieverletzung, Knochenbruch, Kieferoperation, Wundheilungsstörungen, Gastritis, Hepatitis B, Darmerkrankung, Migräne, Muskelverspannung (siehe ärztliche Bestätigung vom 3.2.2016). Das Finanzamt anerkannte ärztliche Honorarnoten, Laborrechnungen und (zum Teil) Apothekenrechnungen aus dem Jahr 2014 von insgesamt 4.569,54 Euro iZm den Krankheiten des Bf als außergewöhnliche Belastung. Dieser Betrag blieb wegen des anzuwendenden Selbstbehaltes ohne steuerliche Auswirkung.

Der Bf begehrte im Beschwerdeverfahren die Anerkennung von weiteren Aufwendungen von insgesamt 1.809,82 Euro für verschiedene Präparate, für die der Bf ärztliche Verordnungen vorweisen konnte (jeweils ohne Datum). Ein Kostenersatz durch die Krankenkasse erfolgte nicht.

Folgende Produkte machte der Bf zusätzlich geltend:

Produkt

Rechn.datum

Euro

Händler

Bio Gerstengras Kapseln (pflanzliches Lebensmittel)

27.11.2014

48,90

**1** KG

Vemma Premix (Vitamine, Spurenelemente)

2.9.20143.10.20143.11.20143.12.2014

296,00 

**2**

Vitamin D3, K2

28.11.2014

47,80

**3**

Naturzeolith fein (Mineralstoffe)

5.5.201423.7.201423.9.201422.12.2014

159,60

**4** Gesundheitsprodukte

Medicus Spirit Regenwaldgeist (Kräuterextrakt)

1.12.201422.12.2014

53,80

**4** Gesundheitsprodukte

Emmi-Dental Professional Set (Ultraschallzahnbürste)

17.11.2014

129,00

**4** Gesundheitsprodukte

Ester C Gold (Vitamin C), Zinkcitrat, L-Arginin (Aminosäure), Vitamin D, Sango Corallencalcium (Mineralstoffe), Dolozym Forte (Enzympräparat)

div.

872,90

**5** Shop

Kontaktlinsenzubehör, abzüglich Versicherungsleistung

div.

15,22

**6**

Gerstengras

30.1.201424.12.2014

24,9024,90

Apotheken

Honig, Heilkräuter

26.5.201420.6.20141.7.201414.7.20141.12.2014

22,8516,8014,0540,4042,70

**7**

Summe

 

1.809,82

 

 

Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und dienen zur Ergänzung der normalen Ernährung. Sie können zB Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe, Aminosäuren, Pflanzen oder Kräuterextrakte enthalten (lt. "Merkblatt Nahrungsergänzungsmittel" der WKO). Das Bundesfinanzgericht folgt der Einschätzung des Finanzamtes, dass es sich bei den nicht anerkannten Präparaten Großteils um Nahrungsergänzungsmittel handelt, die üblicherweise zur Stärkung des Allgemeinzustandes eingenommen werden. Der Bf ist aber der Ansicht, dass in seinem konkreten Fall diese Produkte der erforderlichen Heilbehandlung dienten, zumal er ärztliche Verordnungen vorweisen konnte.

Nahrungsergänzungsmittel werden in dosierter Form in den Verkehr gebracht. Für die gesunde Durchschnittsbevölkerung ist der Verzehr von Nahrungsergänzungsmitteln aus ernährungswissenschaftlicher Sicht nicht notwendig. Kranke Personen sollten die Einnahme mit dem behandelnden Arzt absprechen (siehe www.ages.at/themen/lebensmittelsicherheit/nahrungsergänzungsmittel ).

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 36.400 Euro 12%.

Krankheitskosten sind nach allgemeiner Rechtsauffassung außergewöhnlich und auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im o.a. Sinne. Abzugsfähig sind beispielsweise Aufwendungen für Arzt und Krankenhaus, Medikamente, Ambulanzgebühren, Behandlungsbeiträge, Selbstbehalte, Zuzahlungen etc. (vgl. Jakom/Peyerl, EStG 2019, § 34 Rz 90 "Krankheitskosten").

Aber nicht alle Kosten, die bei Behandlung einer Krankheit entstehen, sind einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich. Nach der Judikatur werden nur Kosten anerkannt, die mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind. Nicht absetzbar sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können (VwGH 24.6.2004, 2001/15/0109).

Nicht abzugsfähig sind nach einhelliger Rechtsmeinung Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit (vgl. Doralt, EStG 11 , § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"). Zu derartigen allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zählen Aufwendung für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel, funktionelle Lebensmittel oder Körperpflegeprodukte, außer die Verwendung ist im Einzelfall medizinisch indiziert, was der/die Steuerpflichtige nachzuweisen hat (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 16. Erg.Lfg., § 34 Anm 78 "Krankheitskosten").

Nahrungsergänzungsmittel sind wie auch alternativmedizinische Behandlungen absetzbar, wenn die Zwangsläufigkeit mittels ärztlicher Verordnung oder anderweitig nachgewiesen wird (vgl. Jakom/Peyerl, EStG 2019, § 34 Rz 90 "Nahrungsergänzungsmittel", "Alternativmedizinische Behandlung"). Auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 12.9.2018, Ra 2017/13/0039) hält fest, dass eine ärztliche Verordnung geeignet ist, die medizinische Notwendigkeit des Aufwandes und damit auch dessen Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 darzutun und verweist zur Relevanz einer ärztlicher Verordnung im Zusammenhang etwa mit "Beruhigungs- und Stärkungsmitteln und Vitaminpräparaten" auf Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 34 EStG 1988 Anhang II - ABC, " Krankheitskosten ".

Ausgehend von dieser Rechtslage wird im vorliegenden Fall Folgendes festgestellt:

Für die strittigen Präparate liegen ärztliche Verschreibungen vor. Auch wenn die Verschreibungen kein Ausstellungsdatum aufweisen, ist in Verbindung mit der ausführlichen ärztlichen Bestätigung vom 3.2.2016 als erwiesen anzusehen, dass die Produkte zur Behandlung der detailliert angeführten Krankheiten und gesundheitlichen Beschwerden des Bf im Jahr 2014 verschrieben wurden. Vom Bf vorgelegte Befunde, Operationsberichte und Diagnoseberichte sowie die Honorarnoten dienen zur weiteren Untermauerung der diagnostizierten Krankheiten. Im konkreten Fall wurden die Nahrungsergänzungsmittel - mit Ausnahme der im Folgenden angeführten Produkte - daher im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplans eingenommen und waren medizinisch indiziert. Aufwendungen in Höhe von 1.544,02 Euro sind daher absetzbar (Berechnung siehe unten).

Differenziert sind allerdings die Aufwendungen von insgesamt 136,80 Euro für Produkte vom **7** zu beurteilen. Der Bf hat eine ärztliche Verordnung für eine Kräutermischung aus Meerrettich und Kapuzinerkresse sowie Manuka Honig vorgelegt. Die übermittelten Rechnungen über insgesamt 120 Euro enthalten die Positionen "KMischung", "Honig Produkt", "Honig" und "Heilkräuter". Der Rechnungsbeleg vom 20.6.2014 über 16,80 Euro fehlt. Den Belegen ist nicht zu entnehmen, ob sie sich tatsächlich auf die ärztlich verschriebenen Mittel beziehen. Im Übrigen weist die Verordnung als Dosierungsanweisung lediglich den Vermerk "1x2" auf, woraus sich eine konkrete verbindliche Behandlungsanweisung nicht ableiten lässt. Auch sind Kräutermischungen und Honig keine Nahrungsergänzungsmittel, da sie offensichtlich nicht in dosierter Form verkauft werden. Da die medizinische Indikation der erworbenen Produkte daher nicht nachgewiesen wurde, sind die Aufwendungen von 136,80 Euro nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Was die Ultraschallzahnbüste betrifft, mag sich die Anwendung einer solchen schonenderen Zahnbürste auf die Beschwerden des Bf positiv ausgewirkt haben. Die Verwendung von elektrischen Zahnbürsten (Ultraschall-, Schall- oder Rotationszahnbürsten) gehört aber für gesunde und kranke Personen zur typischen Lebensführung. In der Anschaffung der elektrischen Zahnbürste um 129 Euro kann keine Außergewöhnlichkeit iSd § 34 Abs. 2 EStG erblickt werden.

Zusätzlich zu den im Erstbescheid anerkannten Aufwendungen sind somit folgende Beträge zu berücksichtigen:

Produkt

Rechn.datum

Euro

Bio Gerstengras Kapseln

27.11.2014

48,90

Vemma Premix (Vitamine, Spurenelemente)

2.9.20143.10.20143.11.20143.12.2014

296,00 

Vitamin D3, K2

28.11.2014

47,80

Naturzeolith fein (Mineralstoffe)

5.5.201423.7.201423.9.201422.12.2014

159,60

Medicus Spirit Regenwaldgeist (Kräuterextrakt)

1.12.201422.12.2014

53,80

Ester C Gold (Vitamin C), Zinkcitrat, L-Arginin (Aminosäure), Vitamin D, Sango Corallencalcium (Mineralstoffe), Dolozym Forte (Enzympräparat)

div.

872,90

Kontaktlinsenzubehör, abzüglich Versicherungsleistung

div.

15,22

Gerstengras

30.1.201424.12.2014

24,9024,90

Zwischensumme

 

1.544,02

im angefochtenen Bescheid anerkannt

 

4.569,54

außergew. Belast. insges.

 

6.113,56

 

Berechnung des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988:

Einkünfte aus nichtselbst. Arbeit

35.018,49

sonstige Bezüge § 34 Abs. 5 EStG 1988

5.928,30

Zwischensumme

40.946,79

Sonderausgaben

-585,61

Einkommen gem § 2 Abs. 2 EStG

40.361,18

12% Selbstbehalt

4.843,34

 

Berechnung der Einkommensteuer:

Gesamtbetrag der Einkünfte

35.018,49

Sonderausgaben

-585,61

Außergewöhnliche Belastungen

-6.113,56

Selbstbehalt

4.843,34

Einkommen

33.162,66

Steuer vor Abzug der Absetzbeträge

(33.162,66-25.000) x 15.125 / 35.000+5.110

8.637,44

 

Verkehrsabsetzbetrag

-291,00

Arbeitnehmerabsetzbetrag

-54,00

Steuer nach Abzug der Absetzbeträge

8.292,44

Steuer sonstige Bezüge

318,50

Einkommensteuer

8.610,94

Anrechenbare Lohnsteuer

-9.386,97

Rundung

0,03

Festgesetzte Einkommensteuer

-776,00

 

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung strittig sind, sondern primär Fragen der Beweiswürdigung, die im konkreten Einzelfall zu lösen waren.

 

 

Wien, am 19. Dezember 2019

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

VwGH 12.09.2018, Ra 2017/13/0039

Stichworte