Umsatzsteuersatz bei einer Pensionspferdehaltung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.2101023.2015
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2019/15/0002. Mit Erk. v. 28.05.2019 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache NN, vertreten durch ECA Haingartner und Pfnadschek Steuerberatung GmbH, Waasenplatz 1, 8700 Leoben, über die Beschwerde vom 1. Juli 2015 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Leoben Mürzzuschlag vom 29. Juni 2015, betreffend Umsatzsteuer 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe:
Der Beschwerdeführerin (Bf) erzielt Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen, nicht aber land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden.
Diese Umsätze sind seit 1.1.2014 mit dem Normalsteuersatz iHv 20% belastet.
In der am 9. April 2015 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2014 begehrte die Bf eine Berichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG iHv 3.244,67 Euro für Vorsteuern, die mit den Umsätzen aus der Pensionshaltung von Pferden unmittelbar zusammenhingen. Hierbei handle es sich um Vorsteuern von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die vor dem 1.1.2014 in Betrieb genommen worden und in den Jahren 2005 bis 2013 angeschafft oder hergestellt worden seien.
Begründend führte die steuerliche Vertretung der Bf Nachstehendes aus:
"Aufgrund der EUGH-Rechtsprechung vom 12.5.2011 Zahl C-441/09 hat das BMF die Umsatzsteuerrichtlinien geändert und qualifiziert ab 01.01.2014 die Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen, nicht land- u. forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, als Umsätze, die nicht in die Durchschnittsatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994 fallen (Rz 2877 UStR 2000).
Bis zum 31. Dezember 2013 unterlagen diese Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994, wenn diese Umsätze von nicht buchführungspflichtigen Unternehmen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes erzielt wurden und nicht auf die Anwendung dieser Bestimmung verzichtet wurde.
Die Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen nicht land- u. forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, sind seit 01. 01. 2014 mit dem Normalsteuersatz in der Höhe von 20 % belastet, ohne dass eine Entlastung durch einen Vorsteuerabzug für die zur Erzielung dieser Umsätze getätigten Investitionen, die in den Vorjahren notwendig waren um diese Umsätze zu erzielen, zulässig ist. Grundsätzlich sieht das Umsatzsteuergesetz in den Bestimmungen des § 12 Abs 10 und 11 UStG 1994 eine solche Entlastung durch eine Vorsteuerberichtigung bei einer Änderung der Verhältnisse vor. Eine solche Änderung der Verhältnisse liegt auch dann vor, wenn ein Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung oder umgekehrt erfolgt.
Anlässlich der Änderungen des § 12 Abs 12 UStG 1994 und des § 22 Abs 1 UStG 1994 mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, wurde eine Übergangsbestimmung im § 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 eingeführt und mit BGBL I 2013/63 erneut geändert, die bezweckt, dass Landwirte, die zur Regelbesteuerung optieren, beim Widerruf keine Vorsteuerberichtigung zu ihren Lastendurchführen müssen, wenn die Inbetriebnahme der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor dem 01.01.2014 erfolgte.
Die bei wörtlicher Interpretation dieser Übergangsbestimmung zur Wirksamkeit des Abgabenänderungsgesetzes 2012 nicht zulässige Entlastung durch einen teilweise nachzuholenden Vorsteuerabzug im Wege der gesetzlichen Bestimmungen gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 widerspricht den Grundregeln des Umsatzsteuergesetzes und führt zu einer exzessiven mehrfachen Steuerbelastung, da dadurch der Vorsteuerabzug von den Lieferungen und Leistungen der Vorstufe untersagt wird. Die Übergangsbestimmung verhindert bei jenen Landwirten, die durch die geänderte Rechtsauslegung bei Umsätzen aus der Pensionshaltung von Pferden aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Regelbesteuerung ab 01. 01. 2014 gezwungen werden, bei wörtlicher Interpretation eine positive Vorsteuerberichtigung von den Investitionen der Vergangenheit nach den Regeln des § 12 Abs 10 UStG 1994. Die Übergangsbestimmung gemäß § 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 ist daher m. E. insoweit verfassungswidrig.
Aufgrund der Wirkung dieser exzessiven Besteuerung durch die Verhinderung der positiven Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 entsteht eine Gleichheitswidrigkeit in der Besteuerung, da keine Entlastung durch einen Vorsteuerabzug von Investitionen in Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über den Weg einer positiven Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers zulässig ist. Der zwingende Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung mit dem Umsatzsteuersatz von 20 % ist jedenfalls ein Fall der Änderung der Verhältnisse, der zu einer positiven Vorsteuerberichtigung führen muss.
Um steuerrechtliche Vor- oder Nachteile für den Unternehmer im Falle eines Wechsels der Besteuerung von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung oder umgekehrt zu verhindern, wurde die Änderung der § 12 Abs 12 UStG 1994 und § 22 Abs 1 UStG 1994 vom Parlament beschlossen.
Die zum Schutz der in der Regelbesteuerung befindlichen Landwirte eingeführte Übergangsbestimmung, eine negative Vorsteuerberichtigung für die bis zum 31. 12. 2013 in Betrieb genommenen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu verhindern, ist eine vom Gesetzgeber gewollte Maßnahme der Billigkeit und darf nicht zum Schaden jener Unternehmer führen, die zur Regelbesteuerung gezwungen werden. Bei der Beschlussfassung dieser Gesetzesbestimmung wurde im Parlament darauf hingewiesen, dass die Übergangsbestimmung bezwecken soll, dass jene Landwirte, die zum Zeitpunkt der Gesetzwerdung Investitionen in das Anlagevermögen durchführten bzw. planten, unter den Voraussetzungen abschließen konnten, die vor Änderung durch das Abgabenänderungsgesetz 2012 gültig waren. Dadurch wurde dem Vertrauensgrundsatz entsprochen.
Dass sich diese Übergangsbestimmung nachteilig für die zur Regelbesteuerung gezwungenen Landwirte auswirken könnte, hat man anlässlich der Beschlussfassung des Abgabenänderungsgesetzes 2012 im Parlament nicht erwähnt und wahrscheinlich nicht erkannt, sodass daraus der Schluss gezogen werden kann, dass man sich über die Auswirkungen im umgekehrten Fall nicht bewusst war."
Von diesen Nachteilen sei daher eine bedeutende, große Anzahl von Land- und Forstwirten betroffen.
Zur Pensionspferdehaltung im Besonderen führte die Bf im Wesentlichen aus, dass nur ein sehr geringer Anteil der im Geschäftszweig der Pferdehaltung tätigen Land- und Forstwirte vor dem 1.1.2014 die Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1944 im Hinblick auf die Investitionen in diesem Geschäftszweig beantragt habe. Ein Großteil der im Bereich der Pensionspferdehaltung tätigen Landwirte habe die für die Pensionspferdehaltung nötigen sehr hohen Investitionen bereits vor bekannt werden der EuGH Rechtsprechung zur Umsatzsteuer für Umsätze aus der Pensionspferdehaltung, insbesondere in den Jahren 2004 bis 2011 durchgeführt. Viele betroffene Land- und Forstwirte, die im erwähnten Geschäftszweig tätig sind, hätten erst Ende 2013 realisiert, dass ihre Umsätze aus der Pensionspferdehaltung ab 1.1.2014 dem Normalsteuersatz von 20% unterliegen.
Eine Regelbesteuerung bloß für den Betriebszweig des Einstellens fremder Reittiere sei gesetzlich nicht zulässig. Es müsse entweder für den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Regelbesteuerung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1944 beantragt oder für den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994 angewandt werden. Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes habe sich das Bundesministerium für Finanzen veranlasst gesehen, die Umsatzsteuerrichtlinien zu ändern und festzulegen, dass durchschnittssatzbesteuerte Land- und Forstwirte mit den Umsätzen aus dem Bereich des Einstellens fremder Reittiere der Regelbesteuerung unterliegen und Umsatzsteuer in der Höhe des Normalsteuersatzes von 20% entrichten müssten. Ein Vorsteuerabzug für diesen Bereich habe grundsätzlich unter Berücksichtigung von § 22 Abs. 5 UStG 1994 zu gebühren. Hingegen bliebe es im übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bei der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994. Es falle also bloß der Betriebszweig des Einstellens fremder Reittiere ab 1.1.2014 aus der Durchschnittssatzbesteuerung heraus. Da das Gesetz keine Teiloption zur Regelbesteuerung bloß für den Pferdebetrieb zuließe, hätte ein Regelbesteuerungsantrag somit für den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gestellt werden müssen. Dies sei jedoch keine wirtschaftlich sinnvolle Alternative für die betroffenen Land- und Forstwirte.
Für die Beurteilung, ob eine Gleichheitswidrigkeit vorliege, wurde ein Beispiel mit einem Vergleichspaar, bestehend aus zwei Landwirten (1. Landwirt nicht regelbesteuert, 2. Landwirt regelbesteuert) angeführt. Das Ergebnis zeige, dass der Landwirt A (durchschnittssatzbesteuert) im Vergleich zum Landwirt B (regelbesteuert) bezogen auf die durchgeführten Investitionen einen Nachteil erleide, da bis zum 31.12.2013 dem Landwirt B das errechnete Umsatzsteuerguthaben zur Gänze verbliebe, hingegen der Landwirt A bis zum 31.12.2013 weder eine Gutschrift noch eine Zahllast bei der Umsatzsteuer habe. Ab 2014 sei die Umsatzsteuer beider Landwirte gleich hoch.
Die eingeführte Gesetzesvorschrift belaste rückwirkend die betroffenen Land- und Forstwirte, da nachträglich für in der Vergangenheit liegende Jahre kein Regelbesteuerungsantrag bloß für den Betriebszweig des Einstellens der fremden Reittiere gestellt werden könne. Für die Einführung rückwirkend belastender Gesetzesvorschriften würden durchwegs strenge verfassungsrechtliche Anforderungen gelten. Übergangsbestimmungen hätten die Aufgabe die Verhältnismäßigkeit herzustellen. Genau das passiere für jene Unternehmer, die zur Regelbesteuerung gezwungen werden, nicht. Insbesondere darin sei die Verfassungswidrigkeit zu erblicken.
Die umsatzsteuerliche Neutralität, die ein Grundpfeiler der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie sei, dürfe nicht durch nationale steuerliche Vorschriften gefährdet werden. Gegen dieses Prinzip werde durch die eingeführte Übergangsbestimmung in § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 verstoßen. Es müsse dem Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinn unbenommen bleiben, ob er eine umsatzsteuerliche Pauschalierung oder eine Ermittlung nach allgemeinen Vorschriften vornehme.
Nach Wiedergabe der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.9.1993, 93/15/015) und des Unabhängigen Finanzsenates (UFS 30.12.2003, RV/1890-L/02) zur Berichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994, führte die Bf aus, dass im zu beurteilenden Fall sich zwar der Umfang nicht geändert habe, aber die Rechtsansicht des Fiskus. Der Fiskus beurteile in seinen Richtlinien einen Teil der Tätigkeit des Unternehmers, nämlich das Einstellen fremder Reitpferde als eine Tätigkeit, die dem Normalsteuersatz unterliege. Der Unternehmer übe daher nach Ansicht des Fiskus eine durchschnittssatzbesteuerte landwirtschaftliche Produktion und eine dem normalen Regelwerk des Umsatzsteuerrechtes unterliegende steuerpflichtige Tätigkeit aus. Es dürfe aber keinen Unterschied machen, ob die Vorsteuerberichtigung durch eine Änderung des Umfanges der Tätigkeit ausgelöst werde oder ob rechtliche Gründe vorliegen würden.
Schließlich sei in diesen Fällen immer der regelbesteuerte, umsatzsteuerpflichtige Bereich, also der Betriebszweig der Pensionspferdehaltung gem. § 22 Abs. 5 UStG 1994 als gesondert geführter Betrieb im Sinne des § 12 Abs. 7 UStG 1994 zu behandeln. Bei einer derartigen Betrachtung wäre die Übergangsbestimmung des § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 unbeachtlich, da der Unternehmer neben den in Abs. 1 angeführten Umsätzen des § 22 UStG 1994 auch andere Umsätze, die dem Regelwerk des Umsatzsteuergesetzes unterliegen, ausführe und daher § 22 Abs. 5 UStG 1994 anzuwenden sei.
Folge man dieser Auffassung, gelange man zu dem Ergebnis, dass - Änderung der Steuerpflicht der Umsätze aus der Pensionspferdehaltung - immer ein Berichtigungsfall gemäߧ 12 Abs. 10 UStG 1994 vorliege.
Seit 01. 01. 2014 unterliegen die Umsätze der Arbeitsmediziner dem Normalsteuersatz und seien nicht mehr umsatzsteuerfrei gemäß § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994. Die erwähnte Übergangsbestimmung, die die zur Regelbesteuerung gezwungenen Landwirte betreffe, habe für den erwähnten Fall keine Wirkung. Die Arbeitsmediziner seien daher berechtigt, aufgrund der neuen Umsatzsteuerpflicht ihrer Umsätze ab 01. 01. 2014 eine positive Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs 10 UStG 1994 für vor diesem Zeitpunkt in Betrieb genommene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach den Regeln des § 12 Abs 10 UStG 1994 zu ihren Gunsten durchzuführen.
Das Vergleichspaar Arbeitsmediziner, die ebenfalls ab 1.1.2014 zur Regelbesteuerung gezwungen würden und Land- und Forstwirte, die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung erzielten, würden ein geeignetes Vergleichspaar darstellen. Das ergebe sich insbesondere daraus, dass im Ergebnis, bezogen auf einen langen Zeitraum die Durchschnittssatzbesteuerung bei Geschäften mit Konsumenten wirtschaftlich einer unechten Umsatzsteuerbefreiung gleich komme.
Die Bf habe im Jahr 2008 eine Reithalle errichtet. In der Umsatzsteuererklärung 2014 sei eine Beilage mit der Berechnung der Vorsteuerberichtigung aus dem Bau dieser Reithalle offengelegt worden. Die Einführung der 20%igen Umsatzsteuer für Pferdeeinstellbetriebe bedeute für die Bf eine Verringerung der Einnahmen, da die Erhöhung der Einstellpreise durch die 20%ige Umsatzsteuer nicht in vollem Ausmaß an die Einsteller weitergegeben werden konnte. Dieser Verlust aus der Einnahmenreduktion könnte durch die positive Vorsteuerkorrektur aufgefangen werden.
"Aus den genannten Gründen verletzt die Übergangsbestimmung gemäß § 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 den Gleichheitsgrundsatz und führt zu einer exzessiven Besteuerung und Belastung mit Umsatzsteuer für die betroffenen Unternehmer und Verbraucher. Diese Gesetzesbestimmung ist daher insoweit verfassungswidrig."
Die Bf beantragte, der Beschwerde in verfassungskonformer Interpretation des Gesetzes statt zu geben und die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 iHv 3.244,67 Euro zu gewähren.
Für den Fall, dass das Bundesfinanzgericht zu dem Ergebnis gelange, dass die angeführten gesetzlichen Bestimmungen verfassungswidrig sein könnten, aber eine stattgebende Erledigung der Beschwerde nicht möglich sei werde ersucht, die Beschwerde bzw. die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen dem Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung vorzulegen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass die Umsätze aus Pferdepensionen mit dem Normalsteuersatz von 20 Prozent zu besteuern sind und nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 22 UStG 1994 fallen (vgl. EuGH 12.5.2011, Rs C-441/09 „Europäische Kommission gegen Republik Österreich“ bzw. auch BFH vom 13.1.2011, V R 65/09, BStBl. II 2011, 465 mit Verweis auf Art. 295 Abs. 1 Z 5 MwSt-RL 2006/112/EG ).
Nach § 12 Abs 12 UStG 1994 idF BGBl I 2012/112 liegt eine Änderung der Verhältnisse auch im Fall eines Wechsels von der Anwendung der Vorschriften des § 22 zu den allgemeinen Vorschriften vor. Gemäß § 28 Abs. Abs. 39 Z 4 UStG 1994 ist diese Bestimmung (§ 12 Abs 12 UStG 1994) erst ab dem Veranlagungsjahr 2014 anzuwenden. Zu einer Berichtigung kommt es aber nur, wenn die erstmalige Verwendung oder Nutzung durch den Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen nach dem 31. Dezember 2013 erfolgt ist.
Diese Inkrafttretensbestimmung hat zur Folge, dass - obwohl grundsätzlich § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 eine Vorsteuerberichtigungsmöglichkeit bei einer Änderung der Verhältnisse (z.B. Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung) vorsehe - dies im Beschwerdefall nicht zulässig ist.
Die Bf. sieht die Übergangsbestimmung nach § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994, wonach eine Vorsteuerberichtigungsmöglichkeit für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die vor dem 1.1.2014 in Betrieb genommen wurden, nicht zulässig ist, als verfassungswidrig an.
Dazu hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom 4.3.2016, RV/2100072/2016 die Rechtsmeinung vertreten - der sich das Bundesfinanzgericht auch im vorliegenden Fall anschließt -, dass die Bestimmung des § 28 Abs. 28 Z 4 UStG 1994 keine Verfassungswidrigkeit nach sich ziehe und folglich auch kein Normenprüfungsverfahren einzuleiten sei. Dies im Wesentlichen mit nachstehender Begründung:
"Die Umsätze aus der Einstellung von Pferden, die von ihren Eigentümern nicht für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden, sind in unionsrechtskonformer Interpretation keine Umsätze, die der Pauschalbesteuerung des § 22 UStG 1994 zugänglich sind. Durch die Änderungen des § 12 Abs. 12 UStG 1994 kommt es beim Wechsel von der Pauschalbesteuerung zur Normalbesteuerung zur Vorsteuerberichtigung, um unbefriedigende Ergebnisse – sowohl für den Fiskus als auch für den Unternehmer – beim Wechsel zu vermeiden. Die dazu beschlossene Übergangsregelung nimmt Anlagevermögen, das vor dem 31. 12. 2013 im Unternehmen genutzt oder erstmals verwendet wurde, von der der Vorsteuerberichtigung aus.
§ 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 zieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken nach sich. Vergleichbare Sachverhalte werden nicht unterschiedlich behandelt. Zwei Land- und Forstwirte, die aus der Pauschalbesteuerung herauswechseln, werden durch die Übergangsregelung nicht unterschiedlich behandelt.
Ein Vergleichspaar zwischen einem Land- und Forstwirt, der aus der Pauschalbesteuerung herausfällt und einem Steuerpflichtigen, der anstelle unecht befreiter Umsätze nunmehr steuerpflichtige Umsätze erbringt, kann nicht gezogen werden. Denn dem Land- und Forstwirt stand bereits in der Pauschalbesteuerung das Recht auf Vorsteuerabzug zu, das in Höhe der angefallenen Umsatzsteuer entstanden ist. Demgegenüber ist dem Steuerpflichtigen, der unecht befreite Umsätze erbringt, das Recht auf Vorsteuerabzug gänzlich verwehrt. Erbringt dieser aber nun steuerpflichtige Umsätze, muss, um den Zielen der Vorsteuerberichtigung Rechnung zu tragen und die umsatzsteuerliche Neutralität herzustellen, eine Vorsteuerberichtung stattfinden.
Dem Bf. stand es im Übrigen in den Jahren der Beschaffung der Anlagegüter offen, seine Besteuerungsart zu ändern. Durch einen Wechsel von der Pauschalierung in die Regelbesteuerung wäre der Vorsteuerabzug zur Gänze möglich gewesen."
Bereits mit Erkenntnis vom 27.11.2014, RV/71031619/2014 hat das Bundesfinanzgericht in einem gleich gelagerten Fall entschieden, dass keine Verfassungswidrigkeit vorliege, weshalb auch kein Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten sei.
Dagegen wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Mit Beschluss vom 18. Februar 2016, E 89/2015-11, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Aus der Begründung:
"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, dass das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt (VfSlg. 15.739/2000 und 13.657/1993), die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine Aussicht auf Erfolg hat, zumal die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Investition die Möglichkeit hatten, gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 einen Regelbesteuerungsantrag zu stellen vgl. VfSlg. 11.260/1987, 8942/1980)."
Kommen das Bundesfinanzgericht und in der Folge der Verfassungsgerichtshof jedoch in vollkommen gleich gelagerten Fällen zu der Auffassung, dass die auch im gegenständlichen Fall behauptete Verfassungswidrigkeit nicht vorliegt, da durch einen Wechsel in die Regelbesteuerung der Vorsteuerabzug möglich gewesen wäre, sieht sich das Bundesfinanzgericht auch im vorliegenden, gleichgelagerten Fall in seiner Auffassung bestärkt, dass keine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 gegeben ist. Die begehrte Vorsteuerberichtigung kann nicht gewährt werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen das Erkenntnis des BFG ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig, da zu der diesbezüglich angesprochenen Rechtsfrage, dass ein ab 1.1.2014 zur Regelbesteuerung wechselnder bisher pauschalierter Landwirt gem. § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 keine positive Vorsteuerberichtigung durchführen darf, eine Rechtsprechung des VwGH fehlt.
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, am 25. September 2018
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise: | BFG 27.11.2014, RV/7103619/2014 |