Änderung der Verhältnisse bei Pferdepensionshaltung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100072.2016
Anmerkungen:
Siehe auch BFG vom 27.11.2014, RV/7103619/2014, VfGH-Beschwerde zur Zl. E 89/2015 mit Beschluss vom 18.2.2016 abgelehnt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, gegen den Bescheid des Finanzamt Graz-Umgebung vom 03.11.2015, betreffend Umsatzsteuer 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer betreibt die Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen, nicht aber land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden.
Im Streitjahr 2014 wurden diese Umsätze dem 20%igen Umsatzsteuersatz unterzogen während als Vorsteuern (nur) die laufenden Vorsteuern abgezogen wurden. In den Vorjahren kam es zu einer Pauschalierung des Vorsteuerabzuges gem. § 22 UStG 1994.
Mit Beschwerde vom 3.12.2015 hat der Beschwerdeführer eine berichtigte Umsatzsteuererklärung eingebracht in der er eine Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 i.H.v. x Euro geltend machte.
Begründend führte er dazu folgendes aus:
Aufgrund der EUGH-Rechtsprechung vom 12.5.2011 Zahl C-441/09 hat das BMF die Umsatzsteuerrichtlinien geändert und qualifiziert ab 01.01.2014 die Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen, nicht land- u. forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, als Umsätze, die nicht in die Durchschnittsatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994 fallen (Rz 2877 UStR 2000).
Bis zum 31. Dezember 2013 unterlagen diese Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 22 UStG 1994, wenn diese Umsätze von nicht buchführungspflichtigen Unternehmen im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes erzielt wurden und nicht auf die Anwendung dieser Bestimmung verzichtet wurde. Die Umsätze aus der Pensionshaltung von Pferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport oder selbständigen oder gewerblichen nicht land- u. forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, sind seit 01. 01. 2014 mit dem Normalsteuersatz in der Höhe von 20 % belastet, ohne dass eine Entlastung durch einen Vorsteuerabzug für die zur Erzielung dieser Umsätze getätigten Investitionen, die in den Vorjahren notwendig waren um diese Umsätze zu erzielen, zulässig ist. Grundsätzlich sieht das Umsatzsteuergesetz in den Bestimmungen des § 12 Abs 10 und 11 UStG 1994 eine solche Entlastung durch eine Vorsteuerberichtigung bei einer Änderung der Verhältnisse vor. Eine solche Änderung der Verhältnisse liegt auch dann vor, wenn ein Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung oder umgekehrt erfolgt.
Anlässlich der Änderungen des § 12 Abs 12 UStG 1994 und des § 22 Abs 1 UStG 1994 mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, wurde eine Übergangsbestimmung im § 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 eingeführt und mit BGBL I 2013/63 erneut geändert, die bezweckt, dass Landwirte, die zur Regelbesteuerung optieren, beim Widerruf keine Vorsteuerberichtigung zu ihren Lastendurchführen müssen, wenn die Inbetriebnahme der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor dem 01.01.2014 erfolgte
Die bei wörtlicher Interpretation dieser Übergangsbestimmung zur Wirksamkeit des Abgabenänderungsgesetzes 2012 nicht zulässige Entlastung durch einen teilweise nachzuholenden Vorsteuerabzug im Wege der gesetzlichen Bestimmungen gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 widerspricht den Grundregeln des Umsatzsteuergesetzes und führt zu einer exzessiven mehrfachen Steuerbelastung, da dadurch der Vorsteuerabzug von den Lieferungen und Leistungen der Vorstufe untersagt wird. Die Übergangsbestimmung verhindert bei jenen Landwirten, die durch die geänderte Rechtsauslegung bei Umsätzen aus der Pensionshaltung von Pferden aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Regelbesteuerung ab 01. 01. 2014 gezwungen werden, bei wörtlicher Interpretation eine positive Vorsteuerberichtigung von den Investitionen der Vergangenheit nach den Regeln des § 12 Abs 10 UStG 1994. Die Übergangsbestimmung gemäß § 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 ist daher m. E. insoweit verfassungswidrig.
Aufgrund der Wirkung dieser exzessiven Besteuerung durch die Verhinderung der positiven Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG 1994 entsteht eine Gleichheitswidrigkeit in der Besteuerung, da keine Entlastung durch einen Vorsteuerabzug von Investitionen in Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über den Weg einer positiven Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers zulässig ist. Der zwingende Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung mit dem Umsatzsteuersatz von 20 % ist jedenfalls ein Fall der Änderung der Verhältnisse, der zu einer positiven Vorsteuerberichtigung führen muss.
Um steuerrechtliche Vor- oder Nachteile für den Unternehmer im Falle eines Wechsels der Besteuerung von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung oder umgekehrt zu verhindern, wurde die Änderung der § 12 Abs 12 UStG 1994 und § 22 Abs 1 UStG 1994 vom Parlament beschlossen. Die zum Schutz der in der Regelbesteuerung befindlichen Landwirte eingeführte Übergangsbestimmung, eine negative Vorsteuerberichtigung für die bis zum 31. 12. 2013 in Betrieb genommenen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu verhindern, ist eine vom Gesetzgeber gewollte Maßnahme der Billigkeit und darf nicht zum Schaden jener Unternehmer führen, die zur Regelbesteuerung gezwungen werden. Bei der Beschlussfassung dieser Gesetzesbestimmung wurde im Parlament darauf hingewiesen, dass die Übergangsbestimmung bezwecken soll, dass jene Landwirte, die zum Zeitpunkt der Gesetzwerdung Investitionen in das Anlagevermögen durchführten bzw. planten, unter den Voraussetzungen abschließen konnten, die vor Änderung durch das Abgabenänderungsgesetz 2012 gültig waren. Dadurch wurde dem Vertrauensgrundsatz entsprochen.
Dass sich diese Übergangsbestimmung nachteilig für die zur Regelbesteuerung gezwungenen Landwirte auswirken könnte, hat man anlässlich der Beschlussfassung des Abgabenänderungsgesetzes 2012 im Parlament nicht erwähnt und wahrscheinlich nicht erkannt, sodass daraus der Schluss gezogen werden kann, dass man sich über die Auswirkungen im umgekehrten Fall nicht bewusst war.
Seit 01. 01. 2014 unterliegen die Umsätze der Arbeitsmediziner dem Normalsteuersatz und sind nicht mehr umsatzsteuerfrei gemäß § 6 Abs 1 Z 19 UStG 1994. Die erwähnte Übergangsbestimmung, die die zur Regelbesteuerung gezwungen Landwirte betrifft, hat für den erwähnten Fall keine Wirkung. Die Arbeitsmediziner sind daher berechtigt, aufgrund der neuen Umsatzsteuerpflicht ihrer Umsätze ab 01. 01. 2014 eine positive Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs 10 UStG 1994 für vor diesem Zeitpunkt in Betrieb genommene Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach den Regeln des § 12 Abs 10 UStG 1994 zu ihren Gunsten durchzuführen.
Aus den genannten Gründen verletzt die Übergangsbestimmung gemäß § 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 den Gleichheitsgrundsatz und führt zu einer exzessiven Besteuerung und Belastung mit Umsatzsteuer für die betroffenen Unternehmer und Verbraucher. Diese Gesetzesbestimmung ist daher insoweit verfassungswidrig.
Da in der gegenständlichen Bescheidbeschwerde lediglich die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen behauptet wird, war gem. § 262 Abs. 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern wurde dem Bundesfinanzgericht zur weiteren Bearbeitung direkt vorgelegt.
Rechtsgrundlage:
§ 12 Abs 12 UStG 1994 idF BGBl I 112/2012: Die Bestimmungen der Abs. 10 und 11 gelten sinngemäß auch für Gegenstände, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören. Eine Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend sind, liegt auch vor, wenn die Änderung darin besteht, dass ein Wechsel in der Anwendung der allgemeinen Vorschriften und der Vorschriften des § 22 für den Vorsteuerabzug vorliegt.
§ 28 Abs 39 Z 4 UStG 1994 idF BGBl. I 63/2013: Die Änderungen in § 12 Abs. 12 sowie in § 22 Abs. 1 und Abs. 2 sind ab dem Veranlagungsjahr 2014 anzuwenden. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass die erstmalige Verwendung oder Nutzung durch den Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen nach dem 31. Dezember 2013 erfolgt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass die Umsätze aus Pferdepensionen mit dem Normalsteuersatz von 20 Prozent zu besteuern sind und nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 22 UStG 1994 fallen (vgl. EuGH 12.5.2011, Rs C-441/09 „Europäische Kommission gegen Republik Österreich“ bzw. auch BFH vom 13.1.2011, V R 65/09, BStBl. II 2011, 465 mit Verweis auf Art. 295 Abs. 1 Z 5 MwSt-RL 2006/112/EG ).
Nach § 12 Abs 12 UStG 1994 idF BGBl I 2012/112 liegt eine Änderung der Verhältnisse auch im Fall eines Wechsels von der Anwendung der Vorschriften des § 22 zu den allgemeinen Vorschriften vor. Gemäß § 28 Abs. Abs. 39 Z 4 UStG 1994 ist diese Bestimmung (§ 12 Abs 12 UStG 1994) erst ab dem Veranlagungsjahr 2014 anzuwenden. Zu einer Berichtigung kommt es aber nur, wenn die erstmalige Verwendung oder Nutzung durch den Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen nach dem 31. Dezember 2013 erfolgt. ist
Diese Inkrafttretensbestimmung hat zur Folge, dass - obwohl grundsätzlich § 12 Abs. 10 und 11 UStG 1994 eine Vorsteuerberichtigungsmöglichkeit bei einer Änderung der Verhältnisse (z.B. Wechsel von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung) vorsehen - dies im Beschwerdefall nicht zulässig ist.
Der Bf. sieht diese gesetzliche Bestimmung aus o.a. Gründen als verfassungswidrig an.
Das Bundesfinanzgerichtes kann aber im gegenständlichen Fall aus folgenden Gründen keine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 erkennen:
Zunächst geht aus den erläuternden Gesetzesmaterialien nicht hervor, dass im Begutachtungsverfahren verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden wären. Durch eine neue gesetzliche Bestimmung oder Abänderung einer bestehenden Norm wird nicht rückwirkend eine Verschlechterung oder Verbesserung der Rechtsposition eines Abgabepflichtigen bewirkt, daher treten Verbesserungen oder Verschlechterungen für einen Abgabepflichtigen auch erst mit Inkrafttreten der neuen oder abgeänderten Bestimmung ein, weshalb die Bestimmung des § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 nicht als verfassungswidrig angesehen werden kann.
Dem Gesetzgeber steht es frei Regelungen zu erlassen, ohne dabei auf jeden erdenklichen Einzelfall Bedacht nehmen zu müssen (vgl. Öhlinger, Verfassungsrecht, 7. Aufl., Rz 768). Kommt es zu Härtefällen, ist ein Gesetz oder Teile davon nicht gleichermaßen gleichheitswidrig (vgl. VfGH vom 30.9.1995, B 1535/94).
Durch die Verhinderung der positiven Vorsteuerberichtigung kommt es – entgegen den Vorbringen des Bf. – auch zu keiner Gleichheitswidrigkeit in der Besteuerung durch exzessive Besteuerung. Im Rahmen der Pauschalierung gem. § 22 UStG 1994 wurden die Vorsteuern berücksichtigt, nur in pauschaler Form. Dem Bf. wäre es frei gestanden, auf die Anwendung des § 22 UStG zu verzichten und so die Vorsteuern abzuziehen. Ob dies aufgrund einzelwirtschaftlicher Überlegungen (weil die Pauschalierung für ihn wirtschaftlich günstiger war - vgl. dazu Ruppe/Achatz, UStG 4 , § 22 Tz 5) unterlassen hat, lässt sich aufgrund der zu Recht unterlassenen Aufzeichnungen (Ruppe/Achatz, UStG 4, § 22 Tz 4) nicht feststellen.
Zur Prüfung einer Gleichheitswidrigkeit bedarf es allerdings eines Vergleichspaares, dem gegenüber die zu prüfende Rechtsnorm eine Ungleichbehandlung vornehmen könnte (vgl. Gassner, Gleichheitssatz und Steuerrecht (1970), 3 ff; Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht 10 Rz 762; Staringer, Verfassungsfragen des Abzugsverbots für Managergehälter, ÖStZ 2014, 374 mwN in FN 56).
Das zu betrachtende Vergleichspaar kann nur aus zwei Landwirten bestehen: Der erste Landwirt, der freiwillig aus der Pauschalbesteuerung ausscheidet. Der zweite Landwirt, der aufgrund der eindeutigen unionsrechtlichen Behandlung von Pensionspferdeumsätzen zu Freizeitzwecken nicht unter die Pauschalbesteuerung fällt.
Für beide Unternehmer gilt, dass für während der Pauschalbesteuerung getätigte Investitionen nur Vorsteuerbeträge die in gleicher Höhe wie deren Umsätze abgezogen werden konnten. Wechseln nun beide Unternehmer aus der Pauschalbesteuerung heraus und kommt es dadurch im Rahmen des § 12 Abs. 12 iVm § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 zu keiner Anwendung der Vorsteuerberichtigung, kann eine ungleiche Behandlung nicht erblickt werden. Denn für beide Unternehmer ist vor 1. 1. 2014 in Betrieb genommenes Anlagevermögen von der Vorsteuerberichtigung ausgenommen.
Auch die Ausführungen des Bf. betreffend der Analogie zu den „Arbeitsmedizinern“ ab 1.1.2014 ins Leere, da diese nicht mit den pauschalierten Landwirten, die nun ab 1.1.2014 der Regelbesteuerung unterliegen verglichen werden können.
Fallen Arbeitsmediziner seit 1. 1. 2014 nicht mehr unter die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 18 UStG 1994, konnten diese bis dahin für ihre Eingangsleistungen gar keinen Vorsteuerabzug vornehmen (§ 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 verwehrt als „unechte Steuerbefreiung“ den Vorsteuerabzug gem. § 12 Abs. 3 UStG 1994). Werden die Umsätze von Arbeitsmedizinern nun nicht mehr unter diese Befreiung subsumiert und unterliegen mit ihren Umsätzen auch keinen anderen Umsatzsteuerbefreiungen, sind deren Umsätze steuerpflichtig. Es entspricht der herrschenden Ansicht und vor allem auch Systematik der Umsatzsteuer, dass gerade solche Situationen zur Anwendung des § 12 Abs. 10 ff UStG 1994 führen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG 4 § 12 Tz 302).
Damit ist die Vergleichbarkeit eines Land- und Forstwirtes, der aufgrund einer unionsrechtskonformen Interpretation des § 22 UStG 1994 nicht mehr unter die Pauschalbesteuerung fällt und eines Arbeitsmediziners, der keine unecht befreiten Umsätze tätigt, ausgeschlossen. Denn dem Land- und Forstwirt stand auch im Zeitraum der Pauschalbesteuerung ein Recht auf Vorsteuerabzug zu. Nämlich in Höhe der angefallenen Umsatzsteuer. Dementgegen ist einem unecht befreiten Arbeitsmediziner der Vorsteuerabzug verwehrt. Tätigt dieser Arbeitsmediziner nunmehr steuerpflichtige Umsätze, ist im Rahmen des § 12 Abs. 10 UStG 1994 eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen.
Dieses Ergebnis entspricht auch den Zielen der Vorsteuerberichtigung als solchen. Denn das Ziel besteht darin, dass der Vorsteuerabzug getreu der dauerhaften Verwendung der Eingangsumsätze für die Zwecke der „besteuerten“ Umsätze widergespiegelt wird (vgl. EuGH 15. 12. 2005, Rs C 63/04, „Centralan Property“, Rn 77). Im Falle des Wechsels von einer unechten Steuerbefreiung zur Normalbesteuerung muss also eine Berichtigung erfolgen, um die Ziele der Berichtigungsvorschriften zu erreichen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen:
Die Umsätze aus der Einstellung von Pferden, die von ihren Eigentümern nicht für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genutzt werden, sind in unionsrechtskonformer Interpretation keine Umsätze, die der Pauschalbesteuerung des § 22 UStG 1994 zugänglich sind. Durch die Änderungen des § 12 Abs. 12 UStG 1994 kommt es beim Wechsel von der Pauschalbesteuerung zur Normalbesteuerung zur Vorsteuerberichtigung, um unbefriedigende Ergebnisse – sowohl für den Fiskus als auch für den Unternehmer – beim Wechsel zu vermeiden. Die dazu beschlossene Übergangsregelung nimmt Anlagevermögen, das vor dem 31. 12. 2013 im Unternehmen genutzt oder erstmals verwendet wurde, von der der Vorsteuerberichtigung aus.
§ 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994 zieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken nach sich. Vergleichbare Sachverhalte werden nicht unterschiedlich behandelt. Zwei Land- und Forstwirte, die aus der Pauschalbesteuerung herauswechseln, werden durch die Übergangsregelung nicht unterschiedlich behandelt.
Ein Vergleichspaar zwischen einem Land- und Forstwirt, der aus der Pauschalbesteuerung herausfällt und einem Steuerpflichtigen, der anstelle unecht befreiter Umsätze nunmehr steuerpflichtige Umsätze erbringt, kann nicht gezogen werden. Denn dem Land- und Forstwirt stand bereits in der Pauschalbesteuerung das Recht auf Vorsteuerabzug zu, das in Höhe der angefallenen Umsatzsteuer entstanden ist. Demgegenüber ist dem Steuerpflichtigen, der unecht befreite Umsätze erbringt, das Recht auf Vorsteuerabzug gänzlich verwehrt. Erbringt dieser aber nun steuerpflichtige Umsätze, muss, um den Zielen der Vorsteuerberichtigung Rechnung zu tragen und die umsatzsteuerliche Neutralität herzustellen, eine Vorsteuerberichtung stattfinden.
Dem Bf. stand es im Übrigen in den Jahren der Beschaffung der Anlagegüter offen, seine Besteuerungsart zu ändern. Durch einen Wechsel von der Pauschalierung in die Regelbesteuerung wäre der Vorsteuerabzug zur Gänze möglich gewesen.
Da somit eine Verfassungswidrigkeit nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im gegenständlichen Fall nicht vorliegt, war ein Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof nicht einzuleiten (so auch BFG 27.11.2014, RV/7103619/2014).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am 4. März 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 28 Abs. 39 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise: |