Zum Charakter von Genussrechten (Obligationen- oder aktienähnlich)
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.2100535.2013
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A+B, vertreten durch Lennkh Wolff-Plottegg Urthaler Steuerberatungs GmbH, Goethestraße 45, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom 14. Juni 2013, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Im gemäß § 150 BAO über das Ergebnis einer Außenprüfung erstellten Bericht wurde unter
Tz 7 Genussscheine - Berlin & CO Capital s.a.r.l.
die Feststellung getroffen, dass Herr X (in der Folge Erblasser) am 8. Dezember 2006 den Erwerb von Genussrechten an einer Gesellschaft nach luxemburgischen Recht, im Nominale von 1 Million Euro gezeichnet habe.
Die Gesellschaft sei ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden, Anteile an der Hypo-Alpe-Adria –Group (HAAG) zu erwerben und zu verwerten. Die Gesellschaft sei eine reine Zweckgesellschaft, ein sogenanntes „special purpose vehicle“ gewesen. Um den Kauf finanzieren zu können, seien von der Gesellschaft in drei Tranchen sozietäre Genussscheine ausgegeben worden.
Der Inhalt der Rechtsbeziehungen sei in den „Genussrechtsbedingungen“ getroffen worden. Nach den Genussrechtsvereinbarungen hätten sich die Zeichner zur Leistung einer Kapitaleinlage in die Gesellschaft verpflichtet, mit der die Gesellschaft den Erwerb von Aktien der HAAG finanzieren sollte. Im Gegenzug dazu sei mit der Zeichnung der Genussrechte (equity participation rights) eine schuldrechtliche Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und den Zeichnern begründet worden und die Zeichner seien somit am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft nach einem vereinbarten Schlüssel (vgl. Punkt 13 der Genussrechtsvereinbarung) beteiligt. Dabei gehe es um den wirtschaftlichen Erfolg aus dem Erwerb, Besitz und der nachfolgenden gewinnbringenden Verwertung dieser Aktien. Aus dem Genussrecht würden keine gesellschaftsrechtlichen Rechtspositionen in der Gesellschaft resultieren, sondern lediglich schuldrechtliche Ansprüche auf Auszahlung der vereinbarten wirtschaftlichen Beteiligung.
Bereits kurz nach der Zeichnung der Aktien seien diese am 22. Mai 2007 verkauft worden. Das Closing sei am 9. Oktober 2007 gewesen und der Kaufpreis sei noch im Oktober an die Gesellschaft geflossen, deren Zweck damit erfüllt gewesen sei.
Die Aufteilung der von der Gesellschaft erzielten Erlöse im Falle eines „exit“ (Ausstieg der Gesellschaft aus dem Investment in die Aktien) sei in Punkt 13.2 der Genussrechtsbedingungen näher geregelt worden. Danach sollten zuerst alle externen Kosten bezahlt werden, danach sollten die Genussrechtsinhaber ihr eingesetztes Kapital und eine 8%ige Verzinsung pro Jahr erhalten und danach allenfalls verbleibende Erlöse sollten zu 8/10 der Gesamtheit der Genussrechtsinhaber zugewiesen werden.
Nach Punkt 13.5 sollte in keinem Fall vor dem ersten Kalendertag nach dem vollen Vergehen einer 12-monatigen Periode folgend der Emission der letzten Serie von Kapitalgewinnberechtigungen der Emittent den relevanten Ausstiegsausschüttungsbetrag auf das Konto des entsprechenden Inhabers senden. Diese 12-Monate-Periode habe nur der vermeintlichen Vermeidung der Spekulationsfrist gedient.
Durch „glückliche Umstände“ sei der Verkauf wesentlich früher als geplant, nämlich noch weit innerhalb eines Jahres ab Zeichnung der Genussrechte erfolgt.
In einem Schreiben vom 21. November 2007 an die Anteilsscheinzeichner seien diese über die steuerlichen Folgen informiert worden:
„Wie im Schreiben vom 11. Oktober 2007 mitgeteilt, konnte der Beteiligungsverkauf mit dem Closing am 9.10.2007 wesentlich schneller als erwartet abgeschlossen werden. Nun geht es schrittweise an die Abwicklung. Diejenigen Genussscheinzeichner, deren Investmentbetrag weniger als 1% der Zeichnungssumme der Tranche 1 bzw. des gesamten ausgegebenen Genussrechtskapitals (Tranche 3) ausmachte, haben die Möglichkeit ihren Gewinn steuerfrei zu realisieren, sofern die Haltedauer 1 Jahr überschreitet. In diesem Sinn soll das Gesamtinvestment voraussichtlich erst ab Mitte nächsten Jahres liquidiert und verteilt werden.
Für diejenigen Anleger, die aufgrund ihres Investments nicht in den Genuss des Steuervorteils kommen können, ist es attraktiver möglichst hohe Anteile des getätigten Investments frühzeitig zurückerhalten. Für diese Gruppe, der das Zustandekommen des Deals vornehmlich zu verdanken ist, ist es nun gelungen, eine Vorabzahlung zu strukturieren, die sich auf die bereits feststehenden Ertragsteile stützt. Um eine solche Vorabzahlung zu ermöglichen, sind die Genussscheinbedingungen („EPR`s“) allerdings mit einer Mehrheit von 75% abzuändern und eine Hauptversammlung durchzuführen.
Durch die Vorabzahlungen entstehen für die davon nicht betroffenen Genussscheinzeichner keine Nachteile. Wir bitten daher um Zustimmung.
Im Sinne einer möglichst einfachen Abwicklung bitten wir Sie, den vorformulierten Antwortbrief (Schedule 1) und die Zustimmung, die Vollmacht zur Änderung der Equity Participation Rights (Schedule II) zu unterschreiben und spätestens bis zum 23. November 2007 an die N:N: zurückzuschicken.“
Im Schreiben vom 21. November 2007, führte die Betriebsprüfung weiter aus, sei den Anteilzeichnern die Möglichkeit geboten werden, erst ab Mitte 2008 auszusteigen, um die vermeintliche Spekulationsfrist zu umgehen. Also hätten die Investoren bereits ab diesem Zeitpunkt entscheiden können, ob sie abgeschichtet werden oder nicht. Daraus ergebe sich, dass die einzelnen Genussscheinzeichner die Möglichkeit gehabt hätten, sich ihren Gewinnanteil – oder zumindest einen Großteil davon („….ist es gelungen, eine Vorauszahlung zu strukturieren, die sich auf bereits feststehende Ertragsteile stützt.“) – auszahlen zu lassen. Damit gelte aber der „Gewinn“ als zugeflossen. Es komme nicht auf die tatsächliche Zahlung, sondern auf die Verfügungsmacht über den „Gewinn“ an. Und diese sei bereits im November 2007 gegeben gewesen. Nur aus steuerlichen Gründen sei auf eine formelle Abschichtung – und dies auch nur für „Kleinanleger“ – verzichtet worden. Für die Erzielung eines Veräußerungsgewinnes durch Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte sei nicht der Besitz und die tatsächliche Verfügungsgewalt entscheidend, dazu genüge der obligatorische Anspruch. Auch wenn ein Investor auf die Abschichtung verzichtet hätte, so hätte er bereits darüber verfügen können. In dem Schreiben sei den Investoren die Gelegenheit gegeben worden, bereits im Dezember 2007 eine Abschichtung zu erhalten. Jene, die die Genussscheine im Betriebsvermögen gehalten haben, hätten diese Möglichkeit auch genutzt.
Der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung (Zufluss, Abfluss) sei für die Verwirklichung des Spekulationstatbestandes (Berechnung der Spekulationsfrist) nicht entscheidend. Es sei die wirtschaftliche Betrachtungsweise (§§ 21 bis 24 BAO) anzuwenden.
Der Gewinnanteil von 527.253,82 Euro, der formell erst am 14. August 2008 zur Auszahlung gekommen sei, gelte daher bereits im Jahr 2007 und daher innerhalb der Spekulationsfrist als zugeflossen und löse Einkommensteuerpflicht aus.
Der noch nicht an die Investoren ausgezahlte Abschichtungsbetrag werde in Luxemburg veranlagt. Im Jahr 2008 sei die endgültige Abrechnung der Genussscheine dergestalt erfolgt, dass dem Abschichtungserlös noch die in der Zwischenzeit angefallenen Veranlagungszinsen (21.922,24 Euro am 28.11.2008) zugewiesen und ausbezahlt wurden. Auch daraus sei ersichtlich, dass die Abschichtung unmittelbar nach dem Verkauf der Anteile erfolgt sei und der Betrag bereits dem Genussscheinzeichner zugerechnet worden sei.
Lt. Tz. 7 wurden folgende Beträge festgesetzt:
Einkünfte aus Spekulation 2007 527.253,82 Euro
Einkünfte aus Kapitalvermögen/Zinsen 2008 21.922,16 Euro.
In der dagegen gerichteten Berufung vom 22. Juli 2013 (nunmehr Beschwerde) bekämpfte die steuerliche Vertretung der Bf. die dem Bescheid zugrunde liegende Annahme, der Abschichtungserlös sei binnen der einjährigen Spekulationsfrist des § 30 EStG in der 2007 maßgeblichen Fassung zugeflossen.
Die Anschaffung der Genussrechte sei am 8.12.2006, die Auszahlung des Abschichtungsbetrages am 14. August 2008 erfolgt, somit mehr als zwanzig Monate nach der Anschaffung.
Die Behörde gehe davon aus, dass der Gewinn bereits im November 2007 zugeflossen sei, weil die Genussrechtsemittentin in einem Schreiben vom 21. November 2007 den Anteilszeichnern die Möglichkeit geboten hätte, eine Vorabzahlung zu erhalten (unter der Voraussetzung, dass die Genussscheinbedingungen so abgeändert werden würde, dass eine Abschichtung auch bereits innerhalb eines Jahres nach Auflage der Genussscheine durchgeführt werden könne, wozu es einer Mehrheit von 75% in einer durchzuführenden Hauptversammlung der Emittentin bedürfe). In diesem von der Behörde behaupteten Schreiben vom 21.11.2007 seien die Genussscheinzeichner angeblich gebeten worden, einen vorformulierten Antwortbrief und die Zustimmung, eine Vollmacht zur Änderung der Genussscheinbedingungen zu unterschreiben und bis spätestens 23.11.2007 an die Genussrechtsemittentin zurückzuschicken.
Dieser behördlichen Argumentation sei in mehrfacher Hinsicht entschieden entgegenzutreten:
1. Es gebe nicht den geringsten Hinweis, dass der Erblasser ein solches Schreiben tatsächlich erhalten habe. Dies konnte von der Behörde weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht werden.
Wenn aber davon auszugehen sei, dass dem Erblasser ein solches Schreiben gar nicht zugegangen sei, könne ihm auch nicht vorgehalten werden, dass er durch eine Entscheidung, die angebotenen Vorauszahlung nicht anzunehmen, über einen Anspruch verfügt hätte. Da so eine Mitteilung nicht abgegeben wurde und auch nicht abgegeben werden konnte, weil der Erblasser aller Voraussicht nach, das von der Behörde angesprochene Schreiben vom 21.11.2007 gar nicht erhalten habe, gehe die Begründung, es sei durch Ausschlagung der Vorabzahlungsangebotes über einen Anspruch verfügt worden, schon dem Grunde nach ins Leere.
Wenn somit der Erblasser weder im November noch im Dezember 2007 über einen Anspruch auf Annahme oder Ausschlagung eines Anbots auf Vorabzahlung verfügt habe, könne nicht ernstlich behauptet werden, dass noch im November oder Dezember 2007 ein Zufluss des Abschichtungserlöses erfolgt sei. Da die Spekulationsfrist am 9.12.2007 abgelaufen sei, hätte (selbst wenn die Auffassung der Behörde zutreffen sollte) die Ausschlagung des Anbots auf Vorabzahlung bis spätestens 8.12.2007 erfolgen müssen, damit eine Verfügung innerhalb der Spekulationsfrist stattgefunden haben hätte können. Konsequenter Weise müsste die Behörde – ihrer eigenen Logik folgend – darlegen können, dass der Erblasser vor dem 9.12.2007 eine Willenserklärung zu dem behaupteten Anbot abgegeben hätte.
Nach der Aktenlage sei von keinem anderen Sachverhalt auszugehen, als dass die Abschichtung am 14.8.2008, also eindeutig nach Ablauf der Spekulationsfrist erfolgt sei. Der von der Behörde ins Treffen geführte obligatorische Anspruch sei erst durch Unterzeichnung des purchase agreement durch den Verlassenschaftskurator am 7.8.2008 entstanden. Für die von der Behörde angenommene Steuerpflicht des Gewinns aus der Abschichtung der Genussrechte als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften bestehe somit keine Rechtsgrundlage.
Unter Punkt 2. setzt sich die steuerliche Vertretung mit der Frage auseinander, welche Rechtsfolgen im gegenständlichen Fall eingetreten wären, wenn das Schreiben tatsächlich zugegangen wäre und dahingehend beantwortet wäre, dass eine angebotene Vorabzahlung nicht in Anspruch genommen werde und kommt zu dem Schluss, dass ein solcher Verzicht auf eine Abschichtung keiner Verfügung über einen Abschichtungsanspruch mit der Wirkung eines Zuflusses gleichkomme.
Begründend wird dazu ausgeführt, dass weder ein Anbot auf Leistung einer Vorabzahlung noch die Ausschlagung eines solchen Anbots einen Zufluss bewirken. Wäre dem so, so müsste bei jedem Eigentümer von an der Börse gehandelten liquiden Aktien davon ausgegangen werden, dass der Verzicht auf einen jederzeit möglichen Verkauf zur Annahme des Zuflusses eines Veräußerungserlöses führen würde. Dass diese Auffassung geradezu absurd sei, sollte keiner weiteren Begründung bedürfen. Es gehe nicht an, die bloße Möglichkeit eines Verkaufes einem tatsächlichen Verkauf gleichzusetzen. Erst dann, wenn sich ein potentieller Veräußerer dazu entschlossen habe, das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut (wie hier an dem fraglichen Genussschein oder wie in dem zuletzt genannten Beispiel an einer börsennotierten Aktie) aufzugeben und einen Realisierungsakt mit allen Voraussetzungen einschließlich des Gefahrenübergangs erfolgt sei, könne von einer Veräußerung ausgegangen werden. Dies gelte nicht nur für allgemein an potentielle Verkäufer gerichtete Kaufangebote, sondern auch für spezifisch an einen bestimmten potentiellen Verkäufer gerichtete Kaufangebote wie z.B. das Anbot eines Kaufinteressenten an einen Liegenschaftseigentümer auf Abschluss eines Kaufvertrages. Erst eine konkrete Annahme eines Kaufanbotes und somit das Zustandekommen eines Veräußerungsgeschäftes (nicht aber bereits das Anbot) könne für den Veräußerer den obligatorischen Anspruch auf Zufluss eines Veräußerungserlöses begründen. Jede andere Sichtweise würde zu dem völlig absurden Ergebnis führen, dass jedes Kaufanbot für den Adressaten des Anbots die völlig unrealistische und weltfremde steuerrechtliche Folge eines tatsächlichen Verkaufes auslösen würde, obwohl ein solcher Verkauf zivilrechtlich und wirtschaftlich gar nicht stattgefunden habe. Damit würden völlig fiktive Vorgänge besteuert werden, die der Realität nicht entsprechen (ein Kaufanbot löse eben nicht den Anspruch auf Zahlung eines Kaufpreises aus; erst die Annahme des Anbots führe zu einem solchen Anspruch). Mit anderen Worten: Die bloße Möglichkeit einer vorzeitigen Abschichtung könne nicht mit einer rechtlich und wirtschaftlich tatsächlich erfolgten Abwicklung gleichgesetzt werden.
Unter 3. wies die steuerliche Vertretung darauf hin, dass die Annahme, der Erblasser hätte einen Anspruch auf eine Vorabzahlung gehabt, jeglicher Grundlage entbehre. Ein solcher Anspruch auf Leistung einer Vorabzahlung müsste in zivilrechtlich wirksamer und durchsetzbarer Form bestehen. Ein solcher Anspruch auf eine Vorabzahlung hätte aber, wie jeder Rechtskundige unschwer erkennen könne, zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Selbst wenn der Erblasser vor Ablauf der Spekulationsfrist am 8.12.2007 einen Anspruch auf eine Vorabzahlung gehabt hätte, übersehe die Behörde gänzlich, dass für die Beurteilung des Zuflusszeitpunktes differenziert werden müsse, ob ein solcher Anspruch bereits fällig wäre oder nicht. Bloß die Verschiebung der Auszahlung eines fälligen Betrages auf Wunsch des Zahlungsempfängers gelte als zuflussbegründende Vorwegverfügung; das Verfügen über einen noch nicht fälligen Anspruch löse hingegen keinen Zufluss aus. Der von der Behörde angenommene Zufluss innerhalb der Spekulationsfrist wäre daher, selbst wenn ein Anspruch auf eine Vorabzahlung innerhalb der Spekulationsfrist bestanden haben sollte, allein schon deswegen nicht gegeben, weil der von der Behörde behauptete (in Wahrheit aber nicht bestehende) Anspruch bis zum Ablauf der Spekulationsfrist am 8.12.2007 gar nicht fällig gewesen wäre (eine Fälligkeit hätte erst einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen dem Erblasser und der Genussrechtsemittentin bedurft; dass es eine solche Vereinbarung gegeben hätte, behaupte nicht einmal die Behörde).
Im Ergänzungsschreiben vom 23. Oktober 2013 nahm die steuerliche Vertretung der Bf. auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 2013, 2010/15/0212, unter Wiedergabe des Sachverhaltes und der Erwägungen Bezug und leitete daraus ab, dass die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegende Annahme, der Abschichtungserlös sei binnen der einjährigen Spekulationsfrist des § 30 EStG (in der 2007 maßgeblichen Fassung) zugeflossen, unzutreffend sei.
Selbst wenn das von der Behörde angesprochene Schreiben der Genussrechtsemittentin vom 21.11.2007 tatsächlich an den Erblasser zugegangen sein sollte und er dieses überdies mit dem Inhalt beantwortet haben sollte, dass er eine angebotene Vorabzahlung nicht in Anspruch nehmen wolle, wäre damit keineswegs gesagt, dass ein solcher Verzicht auf eine Abschichtung einer Verfügung über einen Abschichtungsanspruch mit der Wirkung eines Zuflusses gleich komme (so auch der VwGH im zitierten Erkenntnis: „Es trifft auch zu, dass ein – nicht in Anspruch genommenes - Anbot, Akontozahlungen zu leisten, für sich nicht die Rechtsfolgen eines Zuflusses bewirkt“). Die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegende Argumentation stehe somit eindeutig im Widerspruch zu den Ausführungen des VwGH im Erkenntnis 2010/15/0212 vom 26.2.2013 welche die in der Beschwerde dargelegte Rechtsauffassung bestätige.
Der Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat sowie der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Schreiben an das Bundesfinanzgericht vom 19. Mai 2016 zurückgenommen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht hat in zahlreichen dem gegenständlichen Beschwerdefall in den entscheidungswesentlichen Punkten gleichgelagerten Fällen (ua. RV/1100197/2015 vom 3. Dezember 2015) nachstehende Auffassung vertreten:
"Vermittelt ein Genussrecht weder ein Recht auf die Beteiligung am Totalgewinn noch am Liquidationsgewinn der das Genussrecht emittierenden Gesellschaft, sind die dem Genussrechtsinhaber zustehenden Gestaltungs- und Kontrollrechte minimal und liegt die faktische Laufzeit des Genussrechtsverhältnisses unter zwei Jahren, dann überwiegen nach Qualität und Quantität klar die Kriterien, die für die Obligationenähnlichkeit des Genussrechtes sprechen.
Die bloße Teilnahme am wirtschaftlichen Erfolg des sogenannten Zielgeschäftes vermittelt keine aktionärsähnliche Stellung. Denn hiefür wäre eine Beteiligung am gesamten Vermögen (einschließlich der stillen Reserven) und am Totalgewinn (einschließlich des Liquidationsgewinnes) der emittierenden Gesellschaft erforderlich. Hinzu kommt, dass die vereinbarte Konzentration auf das Zielgeschäft nur im Innenverhältnis galt und die emittierende Gesellschaft nach Abschluss des Zielgeschäftes nicht an der Entfaltung von Aktivitäten hinderte".
In den ausführlichen Erwägungen wurde begründend dargestellt, weshalb die strittige "Equitiy Participation Rights=EPR" als obligationenähnliche Genussrechte (Beteiligungsrechte) zu qualifizieren sind. Als Folge dieser Einstufung waren die Erträgnisse aus ihnen gemäß § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu erfassen und nach dem Zuflussprinzip zur Gänze im Jahr 2008 mit dem Sondersteuersatz zu besteuern.
Auch im gegenständlichen Beschwerdefall geht es grundsätzlich um die Frage, ob beim Erblasser Einkünfte aus Spekulationsgeschäft im Sinne des § 30 EStG vorliegen.
Der für das gegenständliche Beschwerdeverfahren maßgebliche Sachverhalt ist ident mit jenem im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 3. Dezember 2015, RV/1100197/2015 dargestellten, der gleichfalls mit dem Verkauf der Hypo-Alpe-Adria-Bank International (HAAG) an die Bayern Landesbank im Zusammenhang steht.
Das Bundesfinanzgericht schließt sich im gegenständlichen Fall der in diesem Erkenntnis vertretenen Rechtsauffassung an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch auf die in der Folge zu dieser Frage ergangenen gleichlautenden BFG Erkenntnisse vom 10. Dezember 2015, RV/1100324/2011, vom 18. Dezember 2015, RV/1100326/2011, vom 1. März 2016, RV/2100239/2013 und vom 15. März 2016, RV/7103137/2013 verwiesen.
Im Streitfall liegt ebenfalls kein im (im Jahr 2007 verwirklichtes) Spekulationsgeschäft vor. Die gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 gerichtete Beschwerde war somit berechtigt und der angefochtenen Einkommensteuerbescheid war daher gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern.
Die in der Berufung (nunmehr Beschwerde) aufgeworfene Frage, ob der Erblasser das gegenständliche Schreiben vom 21. November 2007 tatsächlich erhalten habe, war bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage nicht mehr von Relevanz.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (insbes. Abweichen der Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, Fehlen einer solchen Rechtsprechung, uneinheitliche Beantwortung der zu lösenden Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) zukommt.
Graz, am 31. Mai 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 27 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |