VwGH 2010/15/0212

VwGH2010/15/021226.2.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der H M als Erbin nach L M in P, vertreten durch Gerhard Friedl, Wirtschaftstreuhänder in 4707 Schlüßlberg, Marktplatz 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 10. November 2010, Zl. RV/0899-L/05, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §19 Abs1;
EStG 1988 §19 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe und Erbin nach Leopold M. Dieser war über viele Jahre stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes einer Sparkasse.

Im Jahre 1999 erkrankte Leopold M. Im Hinblick auf die Erkrankung wurde von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten ab Dezember 2000 der Anspruch auf die Berufsunfähigkeitspension ("Frühpension") anerkannt. Mit dem an den Sparkassenrat gerichteten Schreiben vom 12. Dezember 2000 ersuchte Leopold M - unter Hinweis auf die zuerkannte Berufsunfähigkeitspension - um einvernehmliche Auflösung seines Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 2000 und um Abfindung seiner Betriebspension. Dies führte zur einvernehmlichen vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses mit Ablauf des Jahres 2000.

Der Anstellungsvertrag des Leopold M hatte für den Fall der Beendigung der Funktion als Vorstandsmitglied Ruhe- bzw. Versorgungsgenüsse vorgesehen. Der Sparkassenrat bewilligte in der Sitzung vom 12. Dezember 2000 eine Abfindungszahlung, wobei ein Versicherungsmathematiker beauftragt werden sollte, unverzüglich die Berechnung des Barwertes der Pension und damit der Höhe der Pensionsabfindung vorzunehmen.

Mit Schreiben der Sparkasse vom 22. Dezember 2000 wurde Leopold M die Möglichkeit eingeräumt, eine Vorauszahlung von 1,5 Mio S auf die Pensionsabfindung in Anspruch zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat Leopold M nicht Gebrauch gemacht. Das versicherungsmathematische Gutachten, das sodann die tatsächliche Höhe der Pensionsabfindung (mit 2,818.386 S) ausweist, stammt vom 22. Februar 2001. Die tatsächliche Auszahlung des Betrages ist am 17. August 2001 erfolgt.

Im Einkommensteuerbescheid 2001 erfasste das Finanzamt die ausbezahlte Pensionsabfindung im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Dagegen wurde mit dem Einwand Berufung erhoben, der Zufluss der Pensionsabfindung sei bereits im Jahr 2000 gegeben gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Bescheid wird ausgeführt, Leopold M sei bis 31. Dezember 2000 bei der Sparkasse beschäftigt gewesen. Im versicherungsmathematischem Gutachten vom 22. Februar 2001 sei der Barwert seiner Berufsunfähigkeitspension mit 2,818.386 S ermittelt worden. In dem von Leopold M und seiner Ehefrau unterfertigten Schreiben vom 18. Juni 2001 werde um Auszahlung einer einmaligen Kapitalabfindung der Berufsunfähigkeitspension im Sinne des Beschlusses vom 12. Dezember 2000 ersucht. Nach Ansicht der belangten Behörde treffe es zu, dass in der Sitzung vom 12. Dezember 2000 die Abfindung der Berufsunfähigkeitspension grundsätzlich bewilligt worden sei. Das versicherungsmathematische Gutachten, das im Auftrag der Sparkasse zum Stichtag 31.12.2000 erstellt worden sei, liege dem Arbeitgeber erst seit dem 22. Februar 2001 vor.

Leopold M sei, nachdem er am 30. November 2000 und 22. Dezember 2000 bei der Pensionskasse erfolglos versucht gehabt habe, den Dotierungs- bzw. Abfindungsbetrag zu ermitteln, bei Bedarf bzw. nach Anforderung eine Akontozahlung bis zum Betrag von 1,5 Mio S angeboten worden.

In Beantwortung eines Vorhaltes sei der belangten Behörde bekannt gegeben worden, dass die Pensionsabfindung nicht verzinst und in der in der Bilanz zum 31. Dezember 2000 als Rückstellung eingestellt worden sei.

Das Schreiben des Leopold M vom 12. Dezember 2000 an den Arbeitgeber des habe folgenden Wortlaut:

"Ich bekam per 1.12.2000 die Berufsunfähigkeitspension von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zuerkannt. Ich ersuche daher um einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses per 31.12.2000. Von der zusätzlichen Auslagerung an die Pensionskasse ersuche ich, die Wahlmöglichkeit der Abfindung zu bewilligen."

Die Aussage eines Vorstandskollegen des Leopold M in der mündlichen Verhandlung beweise, dass im Sparkassenrat im Wesentlichen über die prinzipielle Abfindung der Sparkassenpension entschieden worden sei; dabei seien jedoch keine konkreten Maßnahmen über die Feststellung der Höhe der Abfindung, geschweige denn über eine konkrete Auszahlung eines Betrages im Jahr 2000 festgelegt worden.

Die tatsächliche Auszahlung der Abfindung der Berufsunfähigkeitspension sei erst am 17. August 2001 erfolgt. Der Zufluss sei mit der tatsächlichen Auszahlung im August 2001 anzunehmen, zumal der vom Arbeitgeber zu bezahlende Betrag am 22. Februar 2001 durch ein versicherungsmathematisches Gutachten ermittelt worden sei und Leopold M erstmals mit von seiner Ehefrau mitunterfertigtem Schreiben vom 18. Juni 2001 um Auszahlung des Betrages ersucht habe. Durch das vom Arbeitgeber am 22. Dezember 2000 gestellte Anbot, bei Bedarf bzw. nach Anforderung eine Akontozahlung bis zu 1,5 Mio S zu leisten, sei noch kein Zufluss bewirkt worden, so dass von keinem Zufluss eines Teiles der Pensionsabfindung im Kalenderjahr 2000 gesprochen werden könne. Viele Arbeitgeber würden ihren Arbeitnehmern Gehaltsvorschüsse anbieten; ein Zufluss von Arbeitslohn könne darin noch nicht gesehen werden.

Auch aus dem in der Berufung ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 2010, 2007/13/0037, sei deshalb für den gegenständlichen Fall nichts zu gewinnen, weil jenes Erkenntnis einen Mehrheitsgesellschafter einer GmbH mit entsprechender beherrschender Stellung betroffen habe. Der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH könne schon bei Fälligkeit von Schulden der GmbH an ihn iSd § 19 Abs. 1 EStG 1988 verfügen. Eine vergleichbare beherrschende Stellung in der Sparkasse sei Leopold M jedoch nicht zugekommen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Ein Betrag ist dem Abgabenpflichtigen dann als gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 zugeflossen anzusehen, wenn er über den Betrag rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann, mag er ihm vom Schuldner auch nur gutgeschrieben worden sein.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe zu Unrecht den Zufluss der Abfindung nicht schon für das Jahr 2000 angenommen. Es wird auf ein Schreiben verwiesen, das vom seinerzeitigen ersten Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse unterfertigt worden sei und Leopold M als den scheidenden zweiten Vorstandvorsitzenden die Möglichkeit eingeräumt habe, im Dezember 2000, also vor der exakten Berechnung des Abfindungsbetrages, einen namhaften Betrag zu beanspruchen. Mit Rückendeckung des Sparkassenrates hätten die Vorstandsdirektoren jede Transaktion durchführen können. Es gehe um Personalaufwand des Jahres 2000 einer zahlungswilligen und zahlungsfähigen Bank, der nicht an eine aufschiebende Bedingung geknüpft gewesen sei. In der Bankbilanz zum 31. Dezember 2000 sei der Betrag nicht als Rückstellung, sondern als Schuld ausgewiesen. Der Anspruch wäre bereits 2000 einklagbar gewesen. Im Übrigen habe die belangte Behörde zu Unrecht angenommen, dass die in Rede stehende Zahlung die gesamte Firmenpension abgegolten habe. In Wirklichkeit sei nämlich nur der "Anteil Berufsunfähigkeit" abgefunden worden und die verminderte Pension sodann ab Jänner 2001 zur Auszahlung gekommen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Der Beschluss des Sparkassenrates vom 12. Dezember 2000, auf den sich die beschwerdeführende Partei bezieht, benennt keinen konkreten Abfindungsbetrag. Erst ein Gutachten, das sodann im Februar 2001 erstellt worden ist, weist einen konkreten Betrag aus.

Dass die Vorstandsdirektoren mit Rückendeckung des Sparkassenrates jede Transaktion hätten durchführen können, wie dies in der Beschwerde vorgetragen wird, mag zutreffen. Entscheidend ist im Beschwerdefall aber, ob Leopold M bereits im Jahr 2000 oder erst im Jahr 2001 über den Betrag der Pensionsabfindung tatsächlich und rechtlich hat verfügen können.

Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde die Pensionsabfindung, deren konkrete Höhe bis zum Ablauf des Jahres 2000 weder dem Gläubiger noch dem Schuldner bekannt gewesen ist, nicht als im Jahr 2000 zugeflossen behandelt hat. Es trifft auch zu, dass ein - nicht in Anspruch genommenes - Anbot, Akontozahlungen zu leisten, für sich nicht die Rechtsfolgen eines Zuflusses bewirkt.

Ob bei der im Laufe des Jahres 2001 erfolgten Aufstellung der Bilanz der Sparkasse auf den 31. Dezember 2000 die Pensionsabfindung als Rückstellung oder als Schuld berücksichtigt wurde, ist im gegebenen Zusammenhang genauso wenig von Bedeutung wie die Frage, ob mit der Pensionsabfindung die gesamte Firmenpension oder nur ein Teil davon abgegolten worden ist.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Februar 2013

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